Ätna: Evakuierung wegen Spalte

Am Ätna auf Sizilien wurde die kleine Siedlung Aci Platani evakuiert, da sich bei dem Erdbeben eine Spalte gebildet hatte. Diese vergrößerte sich in den letzten Tagen weiter. Von den Evakuierungen sind zunächst 10 Familien betroffen. Aci Platani liegt sehr Küstennahe, daher vermute ich, dass die Spalte tektonischen Ursprungs ist und nicht direkt mit dem Magmatischen Gang in Verbindung stehe, welcher das Erdbeben indirekt auslöste. Würde die Spalte weiter oben am Vulkan liegen, würde ich sagen, dass sie sich zu einer Eruptionsspalte entwickeln könnte.

Inzwischen wurde der Notstand für das betroffene Gebiet erklärt, so dass der Staat schnelle Hilfe leisten kann. Die Ausrufung des Notstandes bedeutet nicht zwangsläufig, das man vor Ort mit weiteren Beben rechnet. Diese können jedoch nicht ausgeschlossen werden.

Das INGV veröffentlichte gestern eine erste Analyse von Satelliten-Aufnahmen. Mittels Radar-Interferometrie wurden die Bodenverformungen genauer bestimmt, welche sich durch Magmenintrusion und Erdbeben ergaben. Am 24. Dezember drang ein Magmatischer Gang in den Oberen Bereich des Valle del Bove ein und führte zur kurzlebigen Eruption. Der Boden verschob sich im Valle del Bove um 16 cm nach Westen und 20 cm nach Osten.

Entlang der verschiedenen Störungszonen des Ätnas gab es ebenfalls deutliche Verschiebungen:

  • Fiandaca-Pennisi-Bruch (FPF, Südost-Seitenhang), der eine relative maximale Verschiebung zwischen den beiden Seiten von 20 cm zeigt.
  • An der Pernicanca-Störung ergab sich eine Verschiebung zwischen den beiden Seiten von etwa 3 cm.
  • An der Ragalna-Störung, sowie an der Borello-Ognina Störung verschob sich der Boden um 2 cm.

Erstaunlich ist nicht nur der Versatz an praktisch jeder größeren Störung, sondern auch die Geschwindigkeit der Intrusion. Magmatische Gänge intrudierten am Ätna schon oft, allerdings war es die erste Intrusion, die mit den neusten Messtechniken dokumentiert werden konnte. Die Vulkanologen arbeiten mit Hochdruck und sind noch mit der Auswertung der Daten beschäftigt. Sie fertigten bereits eine Karte der Spalten an, welche sich während der Eruption im Bereich des Neuen-Südostkrater-Kegels und des Valle del Bove öffneten. Nach ersten Abschätzungen wurden zwischen 3 und 6 Millionen Kubikmeter Lava gefördert, was nicht besonders viel ist.

Die Spalten und Lavastrom am NSEC. © INGV / Marco Neri

Wie immer sind mehrere Szenarien denkbar, wie es nun kurzfristig am Ätna weitergehen wird. Es wurde nur ein Teil des Magmas eruptiert, welches sich in den letzten Monaten unter dem Vulkan ansammelte. Bisher ist auch noch nicht geklärt, ob das neu aufgestiegenen Magma als Lava austrat, oder ob es sich evtl. um Material handelte, welches sich im Fördersystem des Vulkans befand. Schließlich eruptierte der Neue Südostkrater seit einem Monat einen Lavastrom.

Der Magmatische Gang kann im Vulkan stecken bleiben und langsam abkühlen. Es kann aber auch noch Nachschub kommen, welches dann zu einer weiteren Eruption führen könnte. Mittelfristig halte ich weitere Ausbrüche für wahrscheinlich. Eine große Flankeneruption ist ebenfalls denkbar, besonders wenn sich weiteres Magma akkumulieren sollte. Die Seismik ist aktuell rückläufig, aber es gibt immer noch Erdbeben.

Quelle: INGV, Studio 7