Neue Studie enthüllt Schmelzschicht

Unter der Erdkruste wurde eine Schicht aus Schmelze entdeckt

Eine neue Studie von Wissenschaftlern der Universität Texas enthüllt eine Schicht aus teilweise geschmolzenem Gestein unter der Erdkruste. Sie befindet sich in einer Tiefe von gut 150 Kilometern und liegt somit in der Asthenosphäre. Diese bildet die Grenzschicht zwischen Erdkruste und Erdmantel. Schon früher vermutete man so eine Schmelzschicht, doch bis jetzt waren nur begrenzte Schmelzzonen bekannt.

Schon relativ lange diskutiert die Wissenschaft über die Möglichkeit einer solchen Schicht und ihren Einfluss auf die Plattentektonik. Man stellt sich die Frage, ob die Erdkrustenplatten auf einer Schicht aus Schmelze treiben. Generell wird diskutiert, ob der Asthenosphäre diese Rolle zukommt, da sie eine geringere Dichte als Mantelmaterial hat.

Schmelzschicht in der Asthenosphäre. © Credit: Junlin Hua/UT Jackson School of Geosciences

Der Leiter der Studie Postdoktorand Junlin Hua von der Jackson School of Geosciences an der Universität Texas meint, dass der Einfluss des Schmelzanteils in der neuentdeckten Schicht auf die Plattentektonik nicht nachweisbar sei. Sie würde den Fluss des plastischen Mantelgesteins nicht wesentlich beeinflussen. Demnach bleiben die Konvektionsströme des Erdmantels Motor der Plattentektonik.

Ich kann mir dennoch vorstellen, dass die Schmelzschicht wie eine Art Schmiermittel zwischen Erdkruste und Erdmantel fungiert, selbst wenn die Schmelze eine relativ hohe Viskosität haben sollte und nur partiell vorhanden ist. Wie es zur Bildung der Schmelze in 150 km Tiefe kommt, ist noch unklar. Möglicherweise spielen Reibung und Wassereintrag eine Rolle.

Junlin Hua kam der neuen Schmelzschicht auf die Spur, als er Seismogramme der Türkei auswertete. Er entdeckte Laufzeitunterschiede von Erdbebenwellen, die auf die Schmelze hindeuteten und untersuchte daraufhin Seismogramme anderer Regionen, wo er die gleiche Anomalie entdeckte. Immer wenn eine Erdbebenwelle Material unterschiedlicher Dichte durchläuft, ändert die Welle ihre Geschwindigkeit. Schmelze ist deutlich weniger dicht als festes Gestein und daher verlangsamt sich eine Erdbebenwelle signifikant. der Fachmann spricht dann von einer „low-velocitiy-zone“ also einer Zone mit verringerter Geschwindigkeit.

Studien-Co-Autor Thorsten Becker sagte, dass man nicht ganz ausschließen könne, dass die lokale Schmelze keine Rolle bei der Plattentektonik spielt. Aber er meint: „Die Entdeckung bringt uns dazu, diese Beobachtungen von Schmelze als einen Marker für das zu sehen, was in der Erde vor sich geht, und nicht unbedingt als aktiven Beitrag zu irgendetwas.“

Worauf die Forscher in ihrer Arbeit nicht näher eingegangen sind, ist die Rolle der Schmelze auf den Vulkanismus. Ich stelle mir die Frage, ob nicht ein Teil des Magmas, das an Vulkanen eruptiert wird, aus dieser Schmelzschicht stammen könnte. In diesem Zusammenhang, habe ich schon öfters auf Erdbeben in ca. 170 km Tiefe verwiesen, die gehäuft im tyrrhenischen Meer auftreten, bevor es zu ungewöhnlichen Eruptionsphasen am Stromboli kommt. Ich kann mir vorstellen, dass sich Schmelze an tektonischen Fallen sammelt, die sich infolge von Subduktion im Untergrund bilden. (Quelle: nature.com, phys.org)

Erdkern dreht sich langsamer

Studie entdeckt Schwankungen in der Drehgeschwindigkeit des Erdkerns

Eine neue Studie chinesischer Wissenschaftler will Belege für Schwankungen der Rotationsgeschwindigkeit des Erdkerns gefunden haben. Sie soll ebensolche Schwankungen der Tageslänge erklären, die durch Anpassungen der Weltzeit korrigiert werden.

Zum Anfang des Jahrzehnts titelten viele Zeitschriften, dass die Tage kürzer werden statt länger. Die Schwankungen lagen zwar nur im Millisekundenbereich, doch sie wirkten sich auf die Weltzeit aus und man diskutierte eine Schaltsekunde. Normalerweise verlängert sich die Tageszeit jedes Jahr ein wenig, weil die Geschwindigkeit der Erdrotation abnimmt. Eine Folge der Mondgravitation, die uns abbremst. Doch wodurch die Verkürzung der Tageszeit bzw. die Beschleunigung der Erdrotation verursacht werden könnten, blieb spekulativ. Das könnte sich nun geändert haben, denn die Forscher Yi Yang und Xiaodong Song fanden heraus, dass die Rotationsgeschwindigkeit des Erdkerns variiert, was weitreichende Folgen bis hin zur Beschleunigung und Abbremsung der gesamten Erde haben könnte.

Diesem Phänomen kamen die Forscher durch Untersuchungen von Erdbebenwellen auf die Spur. Sie nahmen die Daten von Erdbeben unter die Lupe, die sich in zwei unterschiedlichen Zeitabschnitten an ähnlichen Orten zutrugen. Als Perioden wählten sie die Intervalle zwischen 1995 bis 2008 und 2009 bis 2020 aus. Die Erdbebenwellen durchliefen den gesamten Planeten und passierten dabei auch den Erdkern. Sie fanden heraus, dass es während der ersten Periode Laufzeitunterschiede der Erdbebenwellen zweier Erdbeben in der gleichen Region gab, während das während der zweiten Periode kaum der Fall war. Daraus folgerten die Wissenschaftler, dass sich der Erdkern während der ersten Periode schneller drehte als der Erdmantel. In der zweiten Periode war der Unterschied der Rotationsgeschwindigkeiten deutlich kleiner, was auf eine fast gleichschnelle Rotation von Erdkern und Erdmantel hindeutet. Yi Yang und Xiaodong Song folgerten, dass die Rotationsgeschwindigkeit des Erdkerns einem Zyklus unterliegt und postulierten, dass er gut 70 Jahre dauern könnte. Dieser Zyklus könnte zum Ende des letzten Jahrzehnts ausgelaufen sein und sich nun wieder beschleunigen.

Unterschiede in der Rotationsgeschwindigkeit des Erdkerns könnten sich auch auf das Erdmagnetfeld auswirken. Ob sie auch Erdbeben und Vulkanausbrüche beeinflusst, ist eine offene Frage. Kontrovers diskutierte Forschungen wollen zeigen, dass es auch hier eine gewisse Zyklizität gibt. (Quelle: nature.com)

Neue Forschung enthüllt Magmenintrusionen am Fournaise

  • Forscher führten 3 Jahre lang Magnetfeldmessungen am Fournaise durch.
  • Sie detektierten durch Hitzeeinwirkung entstandene Entmagnetisierungszonen im Untergrund.
  • Sie korrelierten zeitlich und räumlich mit Magmenintrusionen unter dem Vulkan.

Mit Hilfe von Magnetfeldmessungen wurden Intrusionen am Fournaise kartiert

Immer mehr Forschungen bemühen sich darum, den Untergrund unter Vulkanen sichtbar zu machen, um Magmenkörpern und den Förderwegen des Magmas auf die Spur zu kommen, in der Hoffnung, ein besseres Verständnis der im Verborgenen ablaufenden vulkanischen Prozesse zu erlangen. In diesem Kontext ist eine Studie zu verstehen, die von Forschern zweier französischer Universitäten durchgeführt wurde. Bei diesen Einrichtungen handelt es sich um die Universität Clermont Auvergne und die Universität La Réunion. Kein Wunder, dass die Forschenden sich als Studienobjekt den Vulkan Piton de la Fournaise aussuchten, der im französischen Überseedepartment der Insel La Réunion liegt. Beim Piton Fournaise handelt es sich um einen sehr aktiven Schildvulkan vom Hawaii-Typ, der im letzten Jahr zweimal ausbrach.

In der Studie ging es um die Beeinflussung des Magnetfeldes infolge magmatischer- und vulkanischer Aktivität. Insbesondere wirkt sich ein verstärkter Wärmefluss auf die Stärke des lokalen Magnetfeldes aus und eine Änderung in der Gesteinsmagnetisierung lässt Rückschlüsse auf das magmatische Geschehen im Untergrund zu. Auch Risse durch vulkanotektonische Beben lassen sich so aufspüren. Neu ist der Ansatz mit den gewonnen Magnetisierungsdaten mittels KI-gestützter Bildgebungsverfahren ein Abbild des Untergrunds zu erzeugen, das insbesondere Aufstiegswege und Akkumulationen von Gesteinsschmelzen darstellen kann: eine Aufheizung des Gesteins entmagnetisiert dieses, wodurch man entlang von zweidimensionalen Profilen Entmagnetisierungszonen detektieren kann, entlang derer Schmelze aufgestiegen ist und sich ggf. akkumulierte. Zusammen mit anderen geophysikalischen Methoden wie der Messung des elektrischen Widerstandes des Untergrunds und InSAR Bodendeformationsmessungen lassen sich Schmelzansammlungen gut lokalisieren und können zur Volumenbestimmung intrudierter Schmelzkörper herangezogen werden. Ein Fokus der Forscher bestand auch darin, die zeitlichen Veränderungen der Untergrundstrukturen des Vulkans zu erfassen. So wurden im Zeitraum 2017-2020 zahlreiche Messungen entlang eines 3780 m langen Profils durchgeführt, das in Ost-Westrichtung verlief und den Hauptkrater Dolomieu schnitt. Den Forschern gelang es dabei 18 Intrusionen festzustellen, von denen 13 mit Eruptionen assoziiert waren.

Die Forscher fanden heraus, dass „die zeitliche Entwicklung der magnetischen Anomalien stark mit den Tiefen und Volumina der magmatischen Intrusionen entlang des aktiven Hauptgebiets korrelieren. Die Forschungsergebnisse eröffnen neue Perspektiven für die Untersuchung der räumlich-zeitlichen Veränderungen magmatischer, hydrothermaler und mechanischer Veränderungen und Alterationsprozesse innerhalb vulkanischer Gebilde.“ (Quelle: AGU)

Vulkan Kolumbos mit neuer Entdeckung am 13.01.23

Unterseeische Vulkanaktivität entlang eines Abschnitts des Kolumbos-Kraters. © SANTORY

Neue Magmakammer unter griechischem Unterwasservulkan Kolumbos entdeckt

Kaum einer kennt ihn, obwohl er sich in guter Nachbarschaft befindet: sieben Kilometer nordöstlich des Inselvulkans Santorin befindet sich der submarine Vulkan Kolumbos. Er brach zuletzt im Jahr 1650 groß aus und schuf eine temporäre Insel. Bei dem Ausbruch kamen 70 Menschen auf der Nachbarinsel Santorin ums Leben. Dieses Ereignis zeigt, dass vom Unterwasservulkan eine latente Gefahr ausgeht und war daher ein Forschungsobjekt von Wissenschaftlern des Imperial College London. Sie wurde unter Federführung des Geophysikers Kajetan Chrapkiewicz durchgeführt. Die Forscher wendeten erstmals ein neues Verfahren der seismischen Bildgebung an, um den Untergrund des Vulkans sichtbar zu machen. Bei diesem Verfahren handelte es sich um die Vollwellenforminversion, bei der von einem Forschungsschiff aus seismische Profile des Untergrunds erstellt wurden. Mit Hilfe einer Luftdruckkanone wurden Explosionen erzeugt, deren Schallwellen sich unter Wasser fortpflanzten und seismische Wellen im Meeresboden erzeugten. Seismometer, die vorher am Meeresboden ausgelegt wurden, fingen die seismischen Wellen auf und konnten durch Laufzeitunterschiede verschiedene unterirdische Gesteine und Strukturen identifizieren. Im Prinzip handelt es sich bei dem Verfahren um eine Weiterentwicklung des Vibroseis-Verfahrens, das schon seit Jahrzehnten zur Aufspürung von Lagerstätten verwendet wird. Hierbei werden seismische Signale über große Rüttelplatten in den Boden geschickt. Das Bildgebungsverfahren der seismischen Tomografie, dass dem hier angewendeten Verfahren ähnelt, beschert uns und der Wissenschaft in den letzten Jahren viele neue Erkenntnisse über das, was sich unter den Vulkanen verbirgt. Der Zweitautor der Studie, Vulkanologe Michele Paulatto vom Imperial College London erklärte, dass die Inversion der vollständigen Wellenform einem medizinischen Ultraschall ähnelt. Es werden Schallwellen verwendet, um ein Bild der unterirdischen Struktur eines Vulkans zu erstellen. Die Forscher entdeckten unter Kolumbos eine Zone im Meeresboden, in der sich seismische Wellen mit einer deutlich verringerten Geschwindigkeit ausbreiteten. Diese Verlangsamung der Wellen ist typisch für Zonen mit geringerer Dichte, was bei Vulkanen auf das Vorhandensein von Gesteinsschmelze in einem Magmenkörper hindeutet.

Der entdeckte Magmenkörper wächst langsam aber stetig. Die durchschnittliche Wachstumsrate liegt bei etwa 4 Millionen Kubikmetern pro Jahr. So haben sich bereits 1,4 Kubikkilometer Schmelze unter Kolumbos angesammelt. Sollte die aktuelle Wachstumsrate anhalten, dann hätte der Magmenkörper innerhalb von 150 Jahren das Schmelzvolumen von 2 Kubikkilometern erreicht, das schätzungsweise während des Ausbruchs von 1650 n. Chr. ausgestoßen wurde. Je weiter man sich diesem Wert annähert, desto wahrscheinlicher wird ein erneuter Vulkanausbruch.

Die Geschichte der Vulkane von Santorin und Kolumbos zeigt, dass es sich bei der Schmelze vermutlich um zähflüssiges Magma handelt, das zu explosiven Ausbrüchen neigt. Besonders wenn Wasser involviert ist, können so gewaltige phreatomagmatische Eruptionen entstehen, die ein großes Zerstörungspotenzial innehaben. Erst im Januar letzten Jahres zeigte uns die teils submarine Hunga Tonga-Hunga Ha’api-Eruption, welch katastrophale Folgen so ein Ausbruch haben kann. Es wurden nicht nur große Zerstörungen in Tonga angerichtet, sondern es sieht so aus, als hätte die Eruption große Auswirkungen auf das Weltklima. So könnten die aktuellen Wetterkatastrophen in den USA zum Teil von diesem Vulkanausbruch ausgelöst worden sein. Daher schließt der Studienleiter Chrapkiewicz: „Wir brauchen bessere Daten darüber, was sich tatsächlich unter diesen Vulkanen befindet. Kontinuierliche Überwachungssysteme würden es uns ermöglichen, besser abzuschätzen, wann ein Ausbruch stattfinden könnte. Mit diesen Systemen würden wir wahrscheinlich einige Tage vor dem Ausbruch von einem Ausbruch erfahren und die Menschen könnten evakuieren und in Sicherheit bleiben.“ (Quelle: AGU)

Vulkan Ätna: Neue Studie belegt Aufladungsphasen

Studie kommt Auflade/Entlade Zyklen am Ätna auf die Spur und identifiziert Magmenquelle

Eine neue Studie von INGV-Wissenschaftlern kommt den Aufladungsphasen des sizilianischen Vulkans Ätna auf die Spur und zeigt, dass sich mehr Magma in einem Magmenköper sammelte, als man alleine anhand von Bodenhebungsdaten angenommen hätte. Mit Hilfe gravimetrischer Messungen kam man auch den Paroxysmen ein Stück weit auf die Spur.

Die Forscher beobachteten den Ätna zwischen 2009 und 2018. In mehreren Messkampagnen wurden mittels GPS Höhenmessungen durchgeführt, mit denen der vertikale Versatz der Ätnaflanken bestimmt wurde. Parallel dazu wurden Schweremessungen durchgeführt. Es wurden absolute Messwerte der Beschleunigung der Erdschwerkraft vorgenommen. Bei den Messungen kam heraus, dass es zwischen 2009 und 2011 zu einer Zunahme der Schwerkraft kam und sich auch der Boden hob. 2011 begann dann eine Serie von Paroxysmen, die bis 2014 dauerte. In dieser Zeit nahmen Gravitation und Bodenhebung ab.

Anhand der Messdaten entwickelten die Forscher ein Modell des Ätna-Untergrundes mit einem größeren Magmenkörper in 5 km Tiefe unter dem Meeresspiegel und einem deutlich kleineren Magmenkörper, der sich vermutlich 600 m unter dem Gipfel befindet. In der Aufladungsphase sammelte sich Magma in der mittleren Magmakammer in 5 km Tiefe, das aus einem weiteren Magmenkörper in größerer Tiefe aufstieg. Dieser könnte sich in 8 km Tiefe befinden.

Ein Modell schlägt einen Recycling-Prozess vor, in dem Magma bis in den oberen Magemnkörper aufsteigt, entgast und wieder bis in den mittleren Köper absinkt. Dadurch kommt es zu einer stärkeren Entgasung der Schmelze im mittleren Magmenkörper, wodurch die Schmelze zunehmend unter Druck der freigesetzten Gase geriet und komprimiert wurde. Dadurch konnte sich mehr Schmelze in diesem Magmenkörper ansammeln, als man anhand der Bodenhebung vermutet hätte. Als der Druck im mittleren Magmenkörper zu groß wurde, stieg das Magma schnell bis in den flach gelegenen oberen Magmenkörper auf und wurde kurz darauf in den Lavafontänen der Paroxysmen eruptiert. Immer, wenn dieser obere Magmenkörper voll war, kam es zu einem neuen Paroxysmus. Aus der Kombination von Bodensenkung und Gravitationsabnahme während des eruptiven Zyklus berechnete man das Magmenvolumen des mittleren Magmenkörpers. Die Größenordnung stimmte mit der des eruptierten Materials überein, sodass man davon ausgehen kann, dass die Paroxysmen aus dem mittleren Magenkörper gespeist wurden.

Nach Beendigung des Eruptionszyklus und der damit einhergehenden Entladung des Magmenkörpers begann die Schwerkraft zwischen 2014 und 2016 wieder zu steigen. Eine Bodenhebung konnte erst im Jahr 2016 festgestellt werden. Sie hielt bis zum Ende des Beobachtungszeitraums im Jahr 2018 an. An den meisten Messstationen hob sich der Boden um ca. 2 cm. Paroxysmen blieben aber erst einmal aus, sodass die Forscher vermuteten, dass es nur zu Paroxysmen kommt, wenn ein Anstieg der Gravitation mit der Bodenhebung gekoppelt ist. Im Jahr 2019 kam es dann zu Aktivität in der Bocca Nuova. Wie wir heute wissen, folgten in den Jahren 2020 und 2021 neue Paroxysmen. Aktuell befindet sich der Ätna wieder in einer Hebungsphase und es wird ein Lavastrom gefördert, der sehr wahrscheinlich aus dem oberen Magmenreservoir gespeist wird.

(Quelle: Springer und INGVulcani. Autoren der Studie: Filippo Greco, Alessandro Bonforte, Daniele Carbone)

Studie zeigt Magmen-Transportwege unter Hawaii

Neue Studie identifiziert seismische Mantelschwellen als Knotenpunkte des Magmentransports unter Hawaii

Die Vulkane auf Hawaii zählen zu den am besten erforschten Feuerbergen der Welt. Dennoch sind ihre Geheimnisse noch nicht komplett entschlüsselt. Geowissenschaftler versuchen immer noch zu verstehen, wie der Magmentransport in größeren Tiefen funktioniert. Die beiden aktiven Vulkane Mauna Loa und Kilauea scheinen über ein gemeinsames Magmen-Transportsystem zu verfügen, was auch nicht weiter verwundert, werden sie doch von einem gemeinsamen Hotspot gespeist, der für die Entstehung aller Inseln Hawaiis verantwortlich ist. Der gängigen Theorie nach wandert die Ozeankruste über diese ortsstabile Mantelplume hinweg, wodurch eine vulkanische Inselkette entsteht. Aktiv sind immer nur die jüngsten Vulkane dieser Kette. Im Fall von Hawaii sind 3 Vulkane aktiv: Mauna Loa, Kilauea und der Kama’ehuakanaloa (früher Loihi) Seamount. Jetzt ist es Forschern gelungen, einem unterirdischen Magmen-Speicher- und Transportsystem ein Stück weit auf die Schliche zu kommen. Dabei half die Analyse eines ungewöhnlich intensiven Schwarmbebens, dass hier auf vulkane.net öfters im Fokus der Berichterstattung stand: die Rede ist von den Beben bei Pāhala, einem Küstenort auf der unteren Südflanke des Vulkans Kilauea.

Seit dem Ende der Leilani-Eruption im Jahr 2018, bei der es sich um die größte Eruption auf Hawaii seit 200 Jahren gehandelt hatte und es zum Kollaps der Gipfelcaldera kam, manifestierten sich in der Nähe von Pāhala fast 200.000 schwache Erdbeben. Diese Erdbeben analysierten die Forscher mit Hilfe von Deep-Learning-Algorithmen und konstruierten Computermodelle des Untergrunds. Bei den Erdbeben handelte es sich überwiegend um vulkanotektonische Erschütterungen und um langperiodische Erdbeben, die sich in Tiefen zwischen 36 und 51 km abspielten und damit bereits in einem Teil der Asthenosphäre lagen, der von den Wissenschaftlern der Studie dem oberen Erdmantel zugeordnet wurde. Tatsächlich soll die aktive Mantelplume des Hotspots bei Pāhala liegen.

Mithilfe der Erdbeben konnten die Wissenschaftler 2 seismische Hauptkörper unterscheiden. Der obere Komplex liegt in einer Tiefe von 36-43 km und wird überwiegend durch vulkanotektonische Erdbeben definiert. Der zweite Körper erstreckt sich in einer Tiefe von 45-51 km. In ihm finden hauptsächlich die langperiodischen Beben statt. Dort gibt es auch Tremorquellen, von denen man annimmt, dass sie von Magmenbewegungen im Mantelplume stammen. Im oberen Körper identifizierten die Forscher anhand der Erdbeben horizontale Platten, die jeweils von 500 m dicken Zonen getrennt sind, in denen es weniger Erdbeben gab. Einzelne Platten messen bis zu 6 km mal 5 km und haben eine Mächtigkeit von bis zu 300 m. Die Platten fallen in einem Winkel von 25 Grad nach Westen ein. Sie sind nicht alle wie Pfannekuchen übereinander gestapelt, sondern sind seitlich ein wenig versetzt, sodass sie sich über eine Fläche von 17 km erstrecken. Die Forscher bezeichnen diese Struktur als Mantelschwellen bzw. als Pāhala-Sill-Komplex. Die Ergebnisse der Studie deuten darauf hin, dass dieser Mantelschwellenkomplex ein Knotenpunkt für den Magmatransport unter Hawaii ist und deuten außerdem auf eine weit verbreitete magmatische Konnektivität im Vulkansystem hin. Vom Pāhala-Sill-Komplex ausgehend konnten die Forscher weitere seismische Zonen verfolgen, entlang derer sich die Magmen zu den einzelnen Vulkanen verteilen. Das Prominenteste ist das 25 km lange Pāhala-Mauna Loa-Seismizitätsband, entlang dem ein unterirdischer Magmenstrom bis in einer Tiefe von 10 km verfolgt werden konnte, der ca. 20 km südlich des Mauna Loa-Gipfels in einen Magmenkörper mündet.

(Quelle: Science. Autoren der Studie: JOHN D. WILDING, WEIQIANG ZHU, ZACHARY E. ROSS, JENNIFER M. JACKSON)

Antikorrelative Interaktion zwischen Mauna Loa und Kilauea

Poland, M. P., Miklius, A. & Montgomery-Brown, E. Magma supply, storage, and transport at shield-stage Hawaiian volcanoes. Charact. Hawaii. Volcanoes 179, 179–234 (2015).
Karte von Mauna Loa und Kilauea. © Poland, M. P., Miklius, A. & Montgomery-Brown, E.

Studie weist Wechselwirkung zwischen Mauna Loa und Kilauea nach

Eine weitere Studie zum Thema Vulkanismus ist in diesen Tagen erschienen. Sie wurde von Forschern von INVOLCAN und CNR-IREA durchgeführt und hatte die beiden hawaiianischen Vulkane Mauna Loa und Kilauea zum Forschungsobjekt. Obwohl beide Vulkane als eigenständig gelten, wurde schon lange vermutet, dass sich die Vulkane gegenseitig beeinflussen, doch einen Nachweis dafür gab es bis jetzt nicht. Statistiken zeigen, dass es eine Wechselwirkung zwischen den beiden Vulkanen geben könnte, denn wenn der eine Feuerberg aktiv ist, ruht der andere meistens. In der Studie mit dem Titel „Elastische Wechselwirkung zwischen Mauna Loa und Kilauea, nachgewiesen durch unabhängige Komponentenanalyse“ verwendeten die Wissenschaftler Daten der Satelliteninterferometrie des Zeitraums 2003-2010 und untersuchten sie mit einer mathematischen Methode, die als Analyse der unabhängigen Komponenten bekannt ist. Das so entstandene mathematische Modell der Vulkanaktivität zeigt, dass es eine Antikorrelation der Aktivität gibt: Meistens verhält es sich so, dass sich der Boden des einen Vulkans senkt, während sich der Untergrund am anderen Vulkan hebt. Es sieht so aus, als würden die beiden Vulkane miteinander kommunizieren. Diese Kommunikation ist ein Effekt der elastischen Verformung der Erdkruste. Im Untergrund beider Vulkane sitzen mehrere vertikal angeordnete Magmenkörper. Immer wenn sich der flach-liegende Magmenkörper unter einem der beiden Vulkane füllt, dehnt sich auch das umliegende Krustengestein aus und verengt den Aufstiegskanal des Magmas unter dem anderen Vulkan und würgt ihn praktisch ab.

Der regelmäßige vulkane.net Leser weiß aber auch, dass in den letzten Monaten sowohl am Kilauea als auch am Mauna Loa Bodenhebungen detektiert werden. Laut der Analyse der Wissenschaftler dürfte das eigentlich nicht geschehen, oder doch? In ihrer Arbeit weisen die Forscher darauf hin, dass es auch Magmen-Aufstiegswege am Kilauea zu geben scheint, die nicht von der beschriebenen Wechselwirkung betroffen sind. Die Förderkanäle unter dem Kilauea sind komplexer aufgebaut als unter dem Mauna Loa, obwohl das der ältere und größere Feuerberg ist. So ist es durchaus möglich, dass beide Vulkane zugleich ausbrechen könnten. Wir können gespannt sein, ob der Kilauea seine Aktivität nicht doch einstellt, sobald der Mauna Loa wieder aktiv werden wird.

Subsidenz am Kilauea

Interessant ist, dass die Erdbebenaktivität und die Bodendeformation am Kilauea in den letzten Tagen deutlich nachgelassen haben. Tatsächlich zeigen die Tiltmeter eine Subsidenz an, obwohl der Lava-Ausstoß im Halema’uma’u-Krater nicht größer geworden ist. Am Mauna Loa hingegen ist der aktuelle Trend antikorrelativ und Seismizität und Bodenhebung bleiben erhöht. (Quelle: nature.com)

Erdbeben durch Wirkung der Gezeiten auf Magmenkörper

Gezeiten-Erdbeben am pazifischen Rücken infolge von Magmen-Ausdehnung

In der Wissenschaft wird der Einfluss der Gezeiten auf Erdbeben und Vulkanausbrüche kontrovers diskutiert. Die wissenschaftliche Fachwelt ist in Befürworter und Gegner der Theorie gespalten, dass die Gezeitenkräfte Erdbeben verursachen können. Die Gegner der These waren lange in der Überzahl und gehen davon aus, dass die Gezeitenkräfte nicht stark genug dafür seien. Zudem ließen sich statistisch bislang keine eindeutigen Beweise für die These finden. Einige Studien zeigten, dass nur 0,2-0,3% der Erdbeben in einem Zusammenhang mit den Gezeiten stehen könnten. Doch nach und nach tauchen mehr Studien auf, die einen Zusammenhang sehen. So auch die Studie von Christopher Scholz, einem Seismologen vom Lamont-Doherty Earth Observatory der Columbia University, dessen Erkenntnisse ich hier kurz vorstellen möchte.

Die Gezeitenkräfte werden von der Anziehungskraft von Sonne und Mond verursacht und sind für Ebbe und Flut der Ozeane verantwortlich. Sie sind bei Voll- und Neumond am stärksten, da dann Sonne-Erde-Mond auf einer Linie stehen. Außerdem schwankt die Entfernung des Mondes zur Erde, was die Stärke der Gezeitenkräfte ebenfalls beeinflusst. Ich selbst stellte bei meinen Recherchen zu den Newsberichten öfters fest, dass es eine Häufung stärkerer Erdbeben an den Tagen von Neu- und Vollmond zu geben scheint, doch dass der normale Rhythmus von Ebbe und Flut das Auftreten von Erdbeben beeinflussen könnte, ist mir entgangen. Bislang galt die These, dass es die meisten Erdbeben während der Flutphase geben soll, doch Christopher Scholz fand heraus, dass es sich am Mittelozeanischen Rücken genau anders herum verhält, was zunächst einmal Paradox erscheint: Erdbeben sollen ausgerechnet dann entstehen, wenn die Gezeitenkräfte am schwächsten auf die Störungen wirken? Um diesem Phänomen nachzugehen, studierte der Seismologe den Unterwasservulkan Axial, der sich in einer submarinen Vulkankette befindet, die sich im Ostpazifik am Juan de Fuca Rücken aufreiht. Der Vulkan gilt als seismisch sehr aktiv und war daher ein geeignetes Studienobjekt.

Die Studien ergaben, dass sich der Magmenkörper unter dem Vulkan ausdehnte, je geringer der Wasserdruck war, der auf die ozeanische Kruste drückte. Bei Ebbe ist die Wasserbedeckung am geringsten und zu dieser Zeit war der Untergrund seismisch am aktivsten. Durch die Ausdehnung des Magmas wurde das umgebende Gestein unter Spannung gesetzt und ein tektonischer Block am Grund der Spreizungszone des Ozeanrückens nach oben geschoben, was schwache Erdbeben auslöste. Der Autor der Studie sagt aber auch, dass das entwickelte Modell nicht allgemeingültig sein muss und dass durch den Effekt der Magmenausdehnung alleine, sehr wahrscheinlich keine Starkbeben ausgelöst werden.

Ich sehe in diesem Forschungsergebnis eine Bestätigung darin, dass sich die Gezeitenkräfte auch direkt auf das eruptive Verhalten eines Vulkans auswirken könnten. (Quelle: Nature)

Vulkan Hunga Tonga-Hunga Ha’apai am 04.11.22

Staat: Tonga | Koordinaten: -20.545; -175.393 | Eruption: Hydrothermal

Hunga Tonga-Hunga Ha’apai eruptierte im Januar höchste jemals beobachtete Aschewolke

Der submarine Inselvulkan Hunga Tonga-Hunga Ha’apai eruptiert am 15. Januar dieses Jahres mit bislang unbeobachteter Wucht. Bei der Eruption vernichtete sich der junge Inselvulkan selbst und ist nun wieder ein submariner Vulkan. Die Druckwelle der Explosion umrundete den Erdball mehrmals. Es wurden Tsunamis generiert, die umliegende Inseln verwüsteten und selbst in der Nordsee messbare Wellen generierten. Die Eruptionswolke hatte einen Durchmesser von 500 km. Dass es sich um die größte Eruption seit Anak Krakatau handelte ist unumstritten. Nicht ganz klar ist bis jetzt, ob der Ausbruch in Tonga auch diese Eruption toppte und sich an die des Tambora annäherte. Dieser Vulkanausbruch ereignete sich 1815 auf der indonesischen Insel Sumbawa. Das Folgejahr ging in die Geschichtsbücher als „Jahr ohne Sommer“ ein. Es löste sogar in Europa eine Hungersnot aus. Damals gerieten sehr große Mengen Asche und Schwefel-Aerosole in die Atmosphäre, die das Klima nachhaltig beeinflussten und einen globalen Temperaturrückgang verursachten. Es gab praktisch keine Augenzeugen, die den Ausbruch aus nächster Nähe erlebten und anschließend darüber berichten konnten. Anders sah es bei der Eruption im Januar dieses Jahres aus. Die Katastrophe wurde gut dokumentiert, nicht nur von Berichterstattern auf See und auf den Nachbarinseln, sondern auch von den allsehenden Satelliten im All.

Eruptionswolke erreichte die Mesosphäre

Eine Studie von Forschern der University of Oxford wertete nun die Daten aus. Studienleiter Simon Proud konnte auf Fotos von gleich 3 geostationären Satelliten zugreifen, die das Geschehen aus unterschiedlichen Perspektiven dokumentierten. Mithilfe der Parallaxenverschiebung konnten die Wissenschaftler nun die exakte Höhe der Eruptionswolke des Vulkans Hunga Tonga-Hunga Ha’apai ermitteln: nach den ersten 25 Minuten der Haupteruption drang die Vulkanasche bis in 40 km Höhe vor. Damit befand sie sich in der Stratosphäre und war auf Augenhöhe mit der Aschewolke, die 1991 vom Pinatubo ausging und bislang als Referenz herhalten musste. Nur wenig später erreichte die Eruptionswolke eine Höhe von 57 km und war somit bis in die Mesosphäre vorgedrungen. Man wusste zwar, dass besonders starke Eruptionen ihre Aschewolken bis zu 60 km hoch schicken könnten, doch beobachtet und bewiesen wurde das bisher nicht.

Klimatische Langzeitfolgen ungewiss

Bei der Eruption wurde vergleichsweise wenig Schwefeldioxid freigesetzt, dafür aber umso mehr Wasserdampf. Der Wasserdampf wirkt in den unteren Luftschichten wie ein Treibhausgas und sogt dort für eine Temperaturerhöhung, während er die Stratosphäre der Südhalbkugel abkühlt. Die Folgen der Gase und Aschepartikel in der Mesosphäre sind noch nicht erforscht. Verstärkt könnte ein globaler Treibhauseffekt eintreten, sobald der Wasserdampf aus der Stratosphäre absinkt. Hier werden weitere Forschungen vielleicht bald Aufklärung schaffen. (Quelle: science.com)