Delle im Ozean durch Magmablase im Erdmantel

Die Karte zeigt die Schwerkraftanomalien des Geoids. Die Schwerkraft-Anomalie vor Indien ist Blau eingezeichnet. Dort vermuten Geowissenschaftler eine gigantische Magmablase.
1000-fach überhöht dargestellte Schwerkraftverteilung des Geoids. © ASU-MATLAB

Dass das Geoid der Erde eher einer schrumpeligen Kartoffel gleicht, anstatt einer glatten Murmel ist keine neue Erkenntnis. Exakte Messungen des Schwerefelds der Erde enthüllten dies schon vor einigen Jahren. Das mittlere Niveau des Meeresspiegels gilt als Referenzwert des Geoids. Ungeachtet des Tidenhubs weicht auch der Meeresspiegel vom Ideal des Geoids ab. So gibt es mitten auf den Weltmeeren Gebiete, in denen der Meeresspiegel höher, oder tiefer ist, als der Referenzwert. Seefahrer bemerken diese seltsame Berg-und Talfahrt mitten im Ozean nicht, da die Gebiete so groß sind, dass es nur seicht bergab und bergauf geht.

Vor der Südspitze Indiens liegt die tiefste Delle der Ozeane: in einem riesigen Areal liegt der Meeresspiegel mehr als hundert Meter unter dem normalen Niveau. Diese Delle im Meeresspiegel wird durch eine Schwerkraftanomalie hervorgerufen. Doch wie diese Schwerkraftanomalie zustande kommt, blieb lange ein Rätsel. Nun haben indische Wissenschaftler ein Modell entwickelt, das die Anomalie erklären könnte. Demnach soll eine gigantische Magmablase im Erdmantel für die Delle verantwortlich sein. Die Forscher um Attreyee Ghosh (Indian Institute of Science in Bangalore) sind dieser Magmablase auf die Spur gekommen, indem sie globale Konvektionsmodelle berechneten. Bei ihren Computersimulationen variierten sie die angenommene Viskosität des Mantelmaterials, welches in gigantischen Zellen rotiert. Bei einigen Modellrechnungen stimmten die Viskositäts-Parameter ziemlich genau mit den gemessenen Abweichungen des Geoids überein.

Wenn es im Erdmantel unter der Meeresdelle ein großes Magmareservoir gibt, stellt sich natürlich die Frage woher dieses kommt. Die Wissenschaftler vermuten unter Ostafrika den aufsteigenden Arm einer Konvektionszelle, der Gesteinsschmelze aus dem unteren Mantel in den Oberen transportiert. Der Strom geschmolzenen Gesteins schert im oberen Bereich des Erdmantels ab und transportiert die Schmelze wie in einem gigantischen Förderband Richtung Nordosten. Warum sich das Material aber vor der Südspitze Indiens sammelt ist unklar. Vielleicht blockiert subduziertes Krustenmaterial einer -inzwischen inaktiven- Subduktionszone das Förderband, so dass sich die Gesteinsschmelze aufstaut. Submarine Vulkane gibt es in diesem Gebiet allerdings nicht.

In diesem Zusammenhang fällt mir ein anderes Phänomen des indischen Subkontinents ein: die Dekkan-Trappbasalte. Diese bis zu 2000 Meter mächtige Basaltdecke bedeckt eine Fläche von 1,5 Millionen Quadratkilometern. Die heutigen Ablagerungen sind zum Teil erodiert und haben noch ein Volumen von 500.000 Kubikkilometern. Sie wurden in einem recht großen Zeitraum eruptiert. Wie groß dieser war ist umstritten und man gibt eine gewaltige Zeitspanne von 500.000 – 9.000.000 Jahren an. Der Höhepunkt der Eruptionen ereignete sich vor 66 Millionen Jahren. Ein Zeitraum, der mit dem Aussterben der Dinosaurier korreliert. Der Ausstoß von soviel Lava hat das globale Klima massiv beeinflusst, es kam zu einem Pflanzensterben, so dass die Dinos ihrer Lebensgrundlage beraubt wurden. Einer neuen Theorie zufolge, kam es möglicher Weise  zu einer doppelten Katastrophe von Meteoriteneinschlag und der Eruption des Flutbasalts. Die seismische Schockwelle des Meteoriteneinschlags könnte die Hochphase der Dekkan-Trapp-Eruption ausgelöst haben. Für die Quelle des Flutbasalts wird gerne der La Réunion hot-spot verantwortlich gemacht. Doch lässt man die Kontinente wandern, so sieht man, dass Indien auch über die Stelle der heutigen Schwerkraftanomalie wanderte, wobei unklar ist, ob sie zu dieser Zeit bereits existierte. Vielleicht stieg ein Teil des Magmas aus der Blase auf und schuf den Dekkan Trapp.


Quelle: Geophysical Resarch Letters: The Importance of Upper Mantle Heterogeneity in Generating the Indian Ocean Geoid Low, Attreyee Ghosh, G. Thyagarajulu, Bernhard Steinberger. Die Abbildungen stammen vom ASU MATLAB und Fotolia.