Hurrikan Lorenzo wirbelte die Azoren durch

Hurrikan Lorenz erreihte gestern das Archipel der Azoren und wirbelte die westlichen Inseln gut durch: Bis zu 20 Meter hohe Wellen brandeten an die Küsten und überfluteten die Küstenregionen. Auf Flores wurde der Hafen der Gemeinde Lajes das Flores zum größten Teil zerstört. Der Sturm entwurzelte Bäume und knickte Strommasten um. In der Folge fiel in zahlreichen Haushalten der Strom aus. Zahlreiche Strassen wurden überflutet, Keller liefen voller Wasser und Dächer wurden abgedeckt. Insgesamt entstand ein großer Sachschaden. Meldungen über menschliche Opfer liegen nicht vor.

Die Hauptinsel Sao Miguel und andere Inseln im Osten streifte Hurrikan Lorenzo nur. Der Ministerpräsident António Costa kommentierte die Lage und meinte „Am Ende war es nicht so schlimm wie erwartet“.

Die Azoren sind vulkanischen Ursprungs und liegen im Atlantik, gut 1400 km westlich der portugiesischen Hauptstadt Lissabon. Untypisch für die Lage der Insel ist, dass sich Hurrikane soweit im Nordosten des Atlantiks bewegen. Als Lorenzo die Inseln traf, war der Sturm ein Hurrikan der Kategorie „2“. Nun zieht der Wirbelsturm weiter in Richtung Irland und Großbritannien. Auf seinem Weg wird er sich weiter abschwächen und als normales Sturmtief die Insel treffen. Dennoch muss man dort mit Sturmschäden und Überschwemmungen durch heftige Regenfälle rechnen.

Starke Gewitter über Europa

Teile Europas wurden in den letzten 2 Tagen von ungewöhnlich starken Gewittern heimgesucht. Besonders betroffen waren Italien und Frankreich, nebst den Inseln im Mittelmeer. Satelliten registrierten mehr als 240.000 Blitze. Wettermodelle für die nächsten Tage zeigen, dass eine arktische Kaltluftfront Mitteleuropa erreichen wird. Dies führt zu einer Zweiteilung des Kontinents: Während es im Westen noch ungewöhnlich warm ist, werden für den Osten Europas unterdurchschnittliche Temperaturen vorhergesagt. In Teilen Osteuropas fiel bereits der erste Schnee des Herbstes.

Vulkanische Blitze und Gewitter

Vulkanische Gewitter entstehen besonders in den Eruptionswolken vulcanischer und plinianischer Vulkanausbrüchen. Vereinzelt treten Blitze aber auch bei kleineren Eruptionen auf.  Bei verschiedenen Gelegenheiten auf Anak Krakatau, am Ätna, Sinabung und Sakura-jima konnte ich schon vulkanische Blitze beobachten. Sie bildeten sich in den Aschewolken strombolianischer Eruptionen. Die Blitze entstanden meistens zwischen 5 und 10 Sekunden nach der Explosion.

Bei diesen vulkanischen Gewittern stören die neuen Oberflächen der fragmentierten Lava das elektrostatische Gleichgewicht. Neben der Anzahl der Partikel scheint die Anfangsgeschwindigkeit der aufsteigenden Tephra entscheidend für die Bildung von vulkanischen Blitzen zu sein. Zumindest bei den strombolianischen Eruptionen traten die Blitze vornehmlich auf, wenn die Eruptionswolke ungewöhnlich schnell aufstieg, der Gasdruck der Explosion also besonders hoch war.

Tagsüber sind elektrischen Entladungen in einer Eruptionswolke kaum zu sehen, wohl aber zu hören! An Gewittergrollen kann ich mich nur schwach erinnern, was in meinem Gedächtnis haften geblieben ist, ist das knisternde Geräusch statischer Elektrizität, das einem die Nackenhaare aufstellt.

Indes sind wissenschaftliche Untersuchungen dieses Naturphänomens recht selten, denn auch bei großen Eruptionen treten Blitze nicht zwangsläufig auf. So scheint es auch auf die atmosphärischen Bedingungen anzukommen, ob vulkanische Gewitter entstehen, oder nicht. Ronald Thomas vom NMT in Socorro ging dieser Frage im Januar 2006  am Mount St. Augustine in Alaska nach und installierte in 100 km Entfernung zum Vulkan zwei Messgeräte. Diese zeichneten die Richtung der Radiowellen-Emissionen auf, die bei elektrischen Entladungen entstehen. Am 28 Januar brach der Augustine aus und produzierte 4 größere Eruptionen, von denen Aschewolken, mehrere Kilometer hoch aufstiegen. Die Detektoren registrierten gleich in der ersten Eruptionswolke zwei Phasen elektrischer Entladungen. Als erstes wurden zu Beginn der Eruption direkt über dem Krater unzählige Mikroentladungen registriert, die in einigen sehr energiereichen Blitzen gipfelten. Daraus folgerten die Forscher, dass die heiße Tephra bereits im Förderschlot eine starke positive Ladung aufwies.

Während einer zweiten Blitzphase, die ca. 3 Minuten nach der ersten Explosion begann, registrierte Thomas über 300 Blitze, die von der Eruptionswolke ausgingen. Der längste Blitz war dabei 15 km lang. Dieses vulkanische Gewitter ähnelte einem Konventionellen. Neben der elektrischen Restladung der Tephra aus dem Initialstadium der Eruption, bauten sich in der Aschewolke elektrische Ladungen durch den Zusammenstoß der Aschepartikel auf. Ähnliches geschieht bei normalen Gewittern in Wolken, wenn Eiskristalle aufeinander treffen.

Zusätzlich registrierten die Messgeräte einen ca. 4 km langen Blitz, der vom Gipfel des Vulkans senkrecht in den Himmel schoss, um dann horizontal in die abdriftende Aschewolke  abzuknicken. Das lässt die Schlussfolgerung zu, dass sich am Gipfel selbst negativ Ladungen aufbauten, die sich hin zu einer positiv geladenen Aschewolke entluden.

Vulkanische Blitze spielen auch eine Rolle bei einer Theorie zur Entstehung des Lebens auf der Erde. Die Prozesse, bei denen aus anorganischer Materie organische Moleküle entstehen, wurden mittlerweile zum Teil in Laborversuchen nachempfunden. Bereits 1953 wiesen die Chemiker Miller und Urey in ihrem „Ursuppen-Experiment“ nach, dass aus Ammoniak, Wasserstoff und Methan Aminosäuren und Fettsäuren entstehen, wenn ihnen Energie in Form von Blitzen zugeführt wird. Das funktioniert aber nur unter dem Einfluss eines reduzierenden Milieus, also einer Atmosphäre – ohne freien Sauerstoff. Allerdings zerfallen die empfindlichen Bausteine des Lebens unter solchen Bedingungen schnell. Damit sie stabil bleiben, ist eines notwendig: Wasser.

Bedingungen, wie sie zur Entstehung von Leben notwendig sind, gab es nur in der Nähe urzeitlicher Vulkane. Dort konzentrierten sich nicht nur die erforderlichen anorganischen Verbindungen, sondern es herrschte auch das notwendige reduzierende Milieu vor. Zudem spien die Vulkane Wasser in Form von Wasserdampf aus, der schnell an feinen Partikeln kondensierte. Unter Energiezufuhr in Form von Blitzen, die häufig mit Vulkanausbrüchen einhergehen, entstehen unter diesen Bedingungen tatsächlich stabile organische Moleküle.

Fantastische Fotos eines vulkanischen Gewitters am Eyjafjallajökull stammen von Thorsten Böckel. Er hat sie bei den Geonauten gepostet.