Ätna und die Sicherheit am Vulkan

Das gestrige Ereignis am Ätna, bei dem 10 Personen leicht verletzt wurden, löst eine erneute Diskussion darüber aus, ob man den Ätna (und andere Vulkane) nicht komplett sperren sollte, wenn sie eruptieren. Die 10 Verletzten waren Teil einer größeren Reisegruppe aus Vulkanologen und Journalisten, die den Lavastrom aus nächster Nähe erforschten, bzw. dokumentierten. Völlig unerwartet kam es zu einer phreatischen Explosion, als die Lava mit einer größeren Menge Schmelzwasser in Kontakt kam. Aus dem Lavastrom schossen Dampf und Lavabrocken hervor, welche auf die Gruppe niederprasselten. Dies hatte zur Folge, dass sich 10 Personen Kopfverletzungen zufügten. Die Gruppe flüchtete in eine Pistenraupe, bei der auch eine Scheibe zu Bruch ging. So ein Ereignis ist praktisch nicht Vorhersagbar und dass selbst die Vulkanologen des INGV überrascht wurden verdeutlicht dies umso mehr. Auch die Bergführer konnten die Gruppe nicht vor Schaden bewahren. Sicherheit am Vulkan ist immer relativ!

Generell gilt die Empfehlung den Ätna nur mit Bergführer zu besteigen. Den Kraterbereich darf man nur mit einem Guide erklimmen. In Eruptionszeiten darf man offiziell alleine nur bis auf die Montagnola über der oberen Seilbahnstation steigen. Das Tragen eines Helmes hätte in diesem Fall allerdings die Neugierigen vor den meisten Schäden bewahrt. Ich halte das Mitführen eines Helmes und einer Gasmaske auf einem aktiven Vulkan für obligatorisch. Allerdings muss ich zugeben, dass ich einen Helm meistens nur in Kraternähe trage, oder wenn ich größere Explosionen erwarte. An einem Lavastrom, oder Lavasee hatte ich bisher auch sehr selten einen Helm auf. Dabei sind vergleichbare Ereignisse wie gestern gar nicht mal so selten: Thorsten Böckel wurde bereits im Jahr 2002 Zeuge einer phreatischen Explosion am Ätna. Diese sekundären Explosionen (sekundär, weil sie nicht direkt aus einem Förderschlot stammen) können immer dann auftreten, wenn Lava in den Kontakt mit Wasser kommt. Auch in Gebieten mit den Ablagerungen pyroklastischer Ströme können solche litoralen Eruptionen vorkommen. Ein Beispiel hierfür ist der Mount St. Helens. Nicht zu vergessen sind die litoralen Eruptionen an „ocean entrys“ wie auf Hawaii, oder am Stromboli, wenn Lavaströme ins Meer fließen. Weitere Gefahren, bei denen man sich unerwartete Kopfverletzungen zuziehen kann gehen von Lavaseen aus, wenn es zu großen Steinschlägen kommt. Fallen große Gesteinsmengen vom Kraterrand in einen Lavasee, dann können ebenfalls unerwartete Explosionen auftreten.

Ein wenig bekanntes Phänomen tritt immer dann auf, wenn große Lavaströme, oder pyroklastische Ströme unterwegs sind: Windhosen und Minitornados. Am Pico do Fogo bin ich einmal selbst in eine kleine Windhose gekommen, die allerlei Gegenstände durch die Luft wirbelte. Die größte Gefahr ging dabei von einem Blech einer Dacheindeckung aus, dass einen hätte enthaupten können. Natürlich habe ich dort auch keinen Helm getragen, dafür aber eine Mütze die anschließend weg war. Diese Beispiele zeigen, dass man eigentlich immer einen Berghelm tragen sollte, wenn man sich einem aktiven Vulkan nähert. Der Helm schützt natürlich auch vor Steinschlägen am Hang. Diese kommen gerade an Vulkanen häufig vor. Neben der bereits erwähnten Gasmaske sollten auch immer Arbeitshandschuhe aus Leder, oder Kevlar getragen werden, eine Schutzbrille und robuste Bergschuhe gehören ebenso zur Ausrüstung auf einem aktiven Vulkan.

Von einer Sperrung des aktiven Ätnas halte ich persönlich natürlich nichts. Sich einer geführten Gruppe anzuschließen ist für Touristen mit weniger Vulkan-Erfahrung natürlich sinnvoll, aber auch ein Bergführer stellt keinen Schutz vor unerwarteten Ereignissen am Vulkan dar. Im Gegenteil, er kann sogar ein falsches Gefühl von Sicherheit vermitteln und die eigene Wachsamkeit reduzieren. Anstatt immer mehr Verbote auszusprechen, sollte eigenverantwortliches Handeln gefördert werden und mehr in Aufklärung und Bildung investiert werden. Vielleicht wäre eine Registrierungspflicht für Bergwanderer sinnvoll. Diese sollte einhergehen mit einer Verzichtserklärung auf Entschädigungsansprüchen im Falle von höherer Gewalt oder selbst verschuldeter Unfällen.

Weiterführender Link: Vulkanbesteigungen