Fuego: Lage nach Eruption dramatisch

Langsam wird das gesamte Ausmaß der Katastrophe am Fuego in Guatemala sichtbar: mehrere Dörfer wurden von pyroklastischen Strömen getroffen. Diese waren bis zu 12 km lang und somit 4 km länger, als bisher berichtet wurde. Zudem gingen Lahare nieder. Am schlimmsten betroffen ist der Ort El Rodeo. Bisher wurden 69 Todesopfer geborgen, zahlreiche Personen werden noch vermisst. Es gibt viele Verletzte. Bei Regen drohen weitere Lahare. Es gab zudem bereits eine neue explosive Eruption, wobei mir nicht bekannt ist, ob auch pyroklastische Ströme generiert wurden.

An der SW-Flanke entstand eine Depression (Vertiefung), welche durch Erosion entstanden sein kann: die pyroklastischen Ströme und Lahare haben das lockere Material der Flanke abgetragen und mitgerissen, was die katastrophalen Auswirkungen verstärkte. Im mittleren Bereich der Depression entstand ein Loch, welches meiner Meinung nach auf einen zusätzlichen Kollaps hindeutet. Sollte das Loch ein Krater sein und eine Verbindung zum Förderschlot besitzen, dann könnte hier demnächst Lava austreten. Eine seitwärts gerichtete Explosion ist ebenfalls nicht auszuschließen. Die Situation bleibt gefährlich.

Auffällig ist, dass MIROVA keine besonders hohe thermische Strahlung feststellte. Dies kann an starker Bewölkung gelegen haben, oder und daran, dass keine Lavaströme gefördert wurden. Es war eine rein explosive Eruption und kein Paroxysmus, bei dem typischerweise auch ein Lavastrom gefördert wird. Allerdings sagt Physiker und Blogger Carl Rehnberg (Volcanocafe), dass die Eruption laut Instrumenten-Angaben 18 Stunden dauerte. Dabei wären wir bei der Frage, ob es vor der Eruption Anzeichen der bevorstehenden Katastrophe gab, oder ob sich diese tatsächlich komplett spontan ereignete. Denkbar wäre dies, bei einer phreatomagmatischen Eruption, wenn Magma mit einer großen Menge Grundwasser in Kontakt kommt. In solchen Fällen gibt es oft nur wenige Stunden/ Minuten vor der Explosion eine erhöhte Seismik. Allerdings war in den letzten Wochen auffällig, dass es seit Anfang Februar keinen Paroxysmus mehr gab und dass sich die Stärke einzelner Eruptionen vergrößerte. Dies deutet auf eine längerfristige Änderung im Vulkanverhalten hin, welche sich möglicherweise auch in Messdaten widergespiegelt haben könnte. Das öffentlich zugängliche Seismometer (bei der LiveCam) war seit Jahren praktisch unbrauchbar, da entweder defekt, oder falsch skaliert. Das Gleiche gilt für das Seismogramm vom Pacaya. Meiner Meinung nach benötigen die Vulkanologen in Guatemala ein wesentlich höheres Budget für die Überwachung der Vulkane.

Tambora: die Entdeckung eines Königreiches

Die Eruption des Vulkans Tambora auf der indonesischen Insel Sumbawa war eine Katastrophe unvorstellbaren Ausmaßes: mehr als 12.000 Menschen starben während des größten Vulkanausbruches in geschichtlicher Zeit. An den Spätfolgen gingen nochmal 71.000 Menschen zugrunde. Die Spätfolgen wurden durch die gigantischen Aschemassen und Aerosole hervorgerufen, die der Vulkan bis hoch in die Stratosphäre schleuderte. Die Partikel verteilten sich global und sorgten für einen Temperaturrückgang, in dessen Folge es zu Missernten und Hungersnöten in Europa und Nordamerika kam.

Die direkten Opfer des Vulkanausbruches bevölkerten ein legendäres Königreich das am Fuße des Vulkans lag und seinen Namen trug: Tambora. Lange Zeit kusierten nur Mythen und Gerüchte um Tambora, die in den 1980iger Jahren durch vereinzelte Funde von Knochen und Tonscherben genährt wurden. Von diesen Artefakten angelockt begann der Vulkanologe Haraldur Sigurdsson mit ersten Ausgrabungen Am Fuße des Vulkans. Das war im Jahr 2004. Während dieser ersten Grabung förderte man die Grundrisse eines Gebäudes zu Tage in dem 2 skelettierte Opfer der Katastrophe lagen. Die Gebäudereste befanden sich unter einer 3 Meter mächtigen Schicht aus Ablagerungen pyroklastischer Ströme, deren Gluthitze nur wenig wiederstehen konnte. Die Holzbalken des Hauses wurden total verkohlt, eines der Skelette befand sich in einem üblen Zustand. Nur chinesisches Porzellan, Eisenwerkzeuge und Kupfertöpfe überstanden die Hitze.

Seit der ersten Grabung wurden mehrere Grabungskampangen durchgeführt, die unter der Leitung von Dr M. Geria (Universität von Bali) und unter Miarbeit von Emma Johnston (Uni Bristol) stattfanden. Nach und nach gewannen die Wissenschaftler ein immer umfassenderes Bild vom einstigen „Königreich Tambora“, das scheinbar eher eine dörfische Struktur hatte. Allerdings zeugen neue Funde, zu denen auch Juwelen gehören, vom Wohlstand der Tamboraner, die ihrem Reichtum vermutlich dem Handel mit Sandelholz, Pferden und Honig verdankten. Bei den Ausgrabungen kamen auch weitere Skelette zutage. Eines davon bedeckt seinen Kopf mit der Hand, vermutlich um sich zu Schützen. Diese Haltung entdeckte man auch bei zahlreichen Opfern aus Pompeji und Herculaneum, die Städte, die beim Ausbruch des Vesuvs im Jahre 79 n. Chr. untergingen.

Das Wissenschaftlerteam wird auch diesen Sommer nach Sumbawa zurückkehren und versuchen, Vulkan und Königreich weitere Geheimnisse zu entlocken. Mit von der Partie wird auch der gebürtige Niederländer Rik Stoetman sein, der die Expeditionen nach Tambora leitet.