Santorin: Schwarmbeben legt Bausünden offen

Dicht drängen sich die Häuser entlang der Steilküste von Santorin. © Marc Szeglat

Erdbebenschwarm geht etwas abgeschwächt weiter – Katastrophenszenario enthüllt Bausünden

Der Erdbebenschwarm nordöstlich der griechischen Insel Santorin ist noch voll im Gange, allerdings sind Erdbeben mit Magnituden im Fünferbereich seit gestern Abend nicht mehr aufgetreten. Das letzte dieser Beben hatte eine Magnitude von 5,1 und manifestierte sich um19:38 UTC in nur 4 Kilometern Tiefe. Das stärkste Beben heute brachte es auf Mw 4,6. Es ereignete sich in den frühen Morgenstunden. Seitdem hat die Energie der Beben etwas nachgelassen. Dennoch kann man noch nicht von einer Entspannung der Situation sprechen. Massive, magmatisch bedingte Schwarmbeben kommen in Schüben und dauern lange an, können aber auch schnell nachlassen, wenn der Magmennachschub ins Stocken kommt.

Ich bin mir inzwischen ziemlich sicher, dass die Beben durch eine Intrusion magmatischer Fluide ausgelöst werden, die eine Störungszone aktivieren. Damit widerspreche ich der Einschätzung der meisten griechischen Seismologen, die von rein tektonischen Beben ausgehen. Tektonisch bedingte Schwarmbeben dauern für gewöhnlich nicht so lange, es sei denn, es ging ein Starkbeben voran, doch dann spricht man nicht von einem Schwarmbeben, sondern von Nachbeben. Die Wahrscheinlichkeit des Auftretens eines Starkbeben halte ich zwar nicht für ausgeschlossen (das ist es im Wirkungsbereich des Hellenischen Bogens nie), aber auch nicht für dramatisch höher als sonst, denn wenn sich Starkbeben durch Vorbeben ankündigen, dann nicht durch so einen extensiven Schwarm wie diesen. Rein tektonisch bedingte Schwarmbeben geht irgendwann die Energie aus bzw. haben die Spannungen im Gestein abgebaut. Im vorliegenden Fall wurde bereits so viel Energie freigesetzt, dass es einem starken Beben entspricht. Für solch eine Bebenserie braucht es eine beständige Energiequelle, die immer neue Spannungen aufbaut, und diese Energiequelle heißt Magma! Aber auch im Falle magmatisch bedingter Schwarmbeben können starke Beben mit Magnituden im Sechserbereich auftreten und dann ist es besser, nicht in deren Nähe zu sein.

Besonders starke, magmatisch bedingte Schwarmbeben können Wochen dauern und gipfeln dann oft (aber nicht immer) in einer Eruption. Jüngste Beispiele hierfür sind die isländischen Vulkane Eyjafjallajökull, Bardarbunga und die Spaltenvulkane auf Reykjanes. Aber auch vor der submarinen Mayotte-Eruption gab es langanhaltende Schwarmbeben, wie wir sie jetzt sehen. Das sind Vulkane, die überwiegend basaltische Schmelze eruptieren. Hier könnte aber eine weniger fließfähige Schmelze involviert sein, was einen Ausbruch infolge einer Intrusion weniger wahrscheinlich macht. Doch sollte das Magma die Oberfläche erreichen, steht ein explosives Ereignis an. Der letzte starke Erdbebenschwarm ohne magmatische Eruption ereignete sich übrigens im Januar im äthiopischen Riftvalley.




Steinschläge gefährden Gebäude auf Santorin

Die Erdbeben lösten auf Santorin vermehrt Steinschläge aus, und auf einmal wird es dem dümmsten Bauherren klar, dass so manches Gebäude und sogar ganze Ansiedlungen am Fuß von Klippen besser nicht gebaut worden wären! Im Prinzip gilt das nicht nur für die Gebäude am Fuß der Klippen, sondern auch für die oben auf den Klippen. Und das sind auf Santorin verdammt viele! Der gesamte Calderarand, der die pittoreske Steilküste von Thira bildet, ist bei einem Starkbeben potenziell partiell abrutschgefährdet. Und spätestens bei einem starken Ausbruch liegt man im Trajektor großer Lavabomben und ist dem Ascheregen vollends ausgesetzt. Geht man rein vom Sicherheitsaspekt aus, dessen Messlatte ja zumindest in Bezug auf Vulkanbesteigungen immer höher gesteckt wird, dürften solche Vulkaninsel aber auch Gegenden wie die Campi Flegrei überhaupt nicht besiedelt sein. Die größten Katastrophen ereignen sich meisten übrigens, wenn niemand damit rechnet.

Stromboli mit Lavaüberlauf am 06.02.24

Winzige thermische Anomalie am Stromboli. Foto vom 5. Februar. © Copernicus

Lavaüberlauf am Stromboli – Tremor leicht erhöht

In den letzten Wochen war es am Stromboli relativ ruhig und der Vulkan bestach durch seine schwachen strombolianischen Eruptionen, die man früher schön vom Rand der Cima aus aus nächster Nähe beobachten konnte. Spätestens seit dem Einsetzen der paroxysmalen Phasen 2018 ist damit Schluss gewesen und der Zugang zum Krater wurde gesperrt. In ruhigen Zeiten darf man noch in geführten Touren bis zum Aussichtspunkt auf Quota 400 m steigen. Wer ohne Führer geht, für den ist bei 290 Höhenmetern Schluss. Ob es mit diesen Reglementierungen bald noch genug Nachwuchs an Vulkanologen geben wird? Für viele dieser vom Aussterben bedrohten Spezies war Stromboli der Einstieg ins Vulkangeschäft. Heute dürfte es immer schwieriger sein, junge Menschen für den Vulkanismus zu begeistern, denn in fast allen Staaten der Welt wurden die Daumenschrauben angezogen, so dass man von einer weltweiten Verbotskultur sprechen kann. Sicherlich gibt es noch ein paar entlegene Vulkane, die man auf eigene Faust besteigen kann, doch Reisen hierhin sind meistens teuer und aus politischer Sicht nicht unbedingt empfehlenswert. Aber zurück zum Stromboli und dem eigentlichen Grund für diesen Artikel.

Das Nationale Institut für Geophysik und Vulkanologie (INGV), Observatorium Etneo, teilt mit, dass anhand der Überwachungskameras seit 06:08 UTC ein effusiver Lavaüberlauf aus dem nördlichen Kraterbereich stattfindet. Diese Aktivität ist auf eine in den vergangenen Tagen verstärkte Spattering-Phase zurückzuführen. Der Lavastrom erreicht derzeit den oberen Abschnitt der Sciara del Fuoco. Gleichzeitig setzt die gewöhnliche explosive Aktivität sowohl im nördlichen als auch im zentral-südlichen Kraterbereich fort.

Aus seismischer Sicht schwankte die mittlere Amplitude des vulkanischen Tremors im Tagesverlauf zwischen mittleren und hohen Werten und liegt aktuell auf mittlerem Niveau. Es sind keine bedeutenden Veränderungen in der Häufigkeit oder Stärke der Explosionsbeben zu verzeichnen. Die Deformationsmessungen zeigen derzeit keine signifikanten Veränderungen.

Aus den täglichen Updates des LGS geht hervor, dass der Aktivitätsindex auf Mittel hoch steht. Es gibt eine vergleichsweise geringe Anzahl an VLP-Erdbeben, die am unteren Durchschnittsbereich angesiedelt ist. Messdaten zu der eruptiven Aktivität lagen zuletzt nicht vor. Auch der Gasflux ist relativ unauffällig. Einzig der Tremor ist erhöht. Ob sich die Aktivität weiter steigern wird, lässt sich nicht prognostizieren. Allerdings gab es in den letzten Tagen tief sitzende Erdbeben in der Nähe des Strombolis. Gut möglich, dass diese den Lavaüberlauf triggerten.

Ätna mit Thermalstrahlung am 6. Februar

Moderate Thermalstrahlung nach Tremor-Peak am Ätna-Gipfelkrater

Der Ätna auf Sizilien scheint langsam aus seinem mehrmonatigen Dornröschenschlaf zu erwachen und zeigt Anzeichen des Aufheizens. Zu diesen Anzeichen gehört ein Tremoranstieg, der gestern sogar in einem Peak gipfelte, der um 19:00 UTV bis in den roten Bereich hineinragte, inzwischen aber seinen Zenit überschritten hat. Dennoch bewegt sich der Tremor heute Morgen im oberen gelben Bereich. Verhält er sich wie bei früheren Aufheizungsphasen, müsste er bald die Talsohle erreicht haben und wieder steigen.

Letzte Nacht registrierten die Satelliten eine moderate Thermalstrahlung. Sie hatte laut MIROVA eine Leistung von 12 MW und ging vom Gipfelbereich aus. Auf dem letzten Sentinel-Bild von gestern erkennt man noch keine Hotspots in den Kratern, so dass unklar bleibt, welcher Gipfelkrater erwacht. Zuletzt war im Sommer der Zentralkrater aktiv, als von der Voragine ausgehend ein neuer Schlackenkegel wuchs, der den neuen Gipfelpunkt des Ätnas markiert. Im Zuge dieser Eruption ereigneten sich auch einige Paroxysmen. Der letzte manifestierte sich am 10. November. Der Südostkrater ist schon seit mehreren Monaten kalt, zeigt aber heute starke Entgasungen, die sicher aufgrund der kalten Luft besonders gut sichtbar sind, weil es zu vermehrter Dampfbildung kommt. Dennoch lässt sich nicht ausschließen, dass dieser Krater bald wieder erwachen könnte. Dafür spricht auch die Verlagerung der Tremorquelle, weg vom Zentralkrater in Richtung Südostkrater.





Neue Meldungen vom INGV gibt es nicht und auch Wochenberichte zum Ätna werden zurzeit nicht veröffentlicht. Dafür gab es vorgestern den neuen Monatsbericht für Januar. Die meisten geophysikalischen und chemischen Parameter waren unauffällig, dennoch lieferte der sich verlagernde Tremor ein Abbild der Magmenbewegungen im oberen Speicherreservoir unter dem Gipfel. Dort gab es einiges an Aktivität, was auf Magma-Akkumulation hindeutet. Außerdem wurden hohe Kohlendioxid-Emissionen festgestellt und ein steigendes Helium-Isotopenverhältnis. Das sind Frühindikatoren für Magmenaufstieg aus größerer Tiefe. Gepaart mit den Erdbebenschwärmen im Januar lässt sich daraus schließen, dass der Ätna nicht mehr lange ruhig bleiben wird.