Campi Flegrei: Studie enthüllt Schwachstelle des Vulkans

Weitere Erdbeben, Reduzierung der Hebegeschwindigkeit und Identifizierung einer Schwachstelle in den Campi Flegrei

Obwohl es in der süditalienischen Caldera Campi Flegrei heute wieder mehrere Erdbeben gab – das stärkste hatte eine Magnitude von 2,3 –, deuten die geophysikalischen und geochemischen Parameter auf eine kurzfristige Entspannung der Situation hin: Laut dem heute veröffentlichten Bulletin wurden im Beobachtungszeitraum vom 28. April bis 4. Mai 2025 43 Erdbeben detektiert und eine leichte Reduzierung der Bodenhebungsgeschwindigkeit von 20 mm im Monat auf 15 mm festgestellt. Außerdem hat sich der Kohlendioxid-Ausstoß weiter reduziert, bewegt sich aber immer noch über dem Durchschnittsniveau des letzten Jahres. Die Gas-Temperatur der Pisciarelli-Fumarole lag bei 97 Grad.

Entgegen den Aussagen des INGV-Direktors Mauro de Vito, der bereits letzte Woche in einem Interview meinte, dass die neusten Daten Grund zum Optimismus gäben, sehe ich in dem leichten Rückgang der Aktivität kein Anzeichen für eine grundlegende Änderung im Geschehen. Vielmehr handelt es sich um das übliche Verhalten des Vulkans, nachdem es eine Verstärkung der seismischen Krise gegeben hat, die mit einer signifikanten Beschleunigung der Bodenhebung und einer Erhöhung des Gasausstoßens einherging. Die gemessenen Werte liegen immer noch über dem Durchschnitt dessen, was wir seit 2018 praktisch als normal ansehen, was an anderen Vulkanen aber bereits Grund für Alarmismus wäre.

De Vitos Optimismus steht konträr zu den Forschungsergebnissen der letzten Monate, die immer mehr zu bestätigen scheinen, dass der Motor hinter dem Bradyseismos, der seit jeher für Bodenhebung und Erdbeben in den Campi Flegrei verantwortlich gemacht wird – Magma ist, das nicht nur Fluide aufsteigen lässt, sondern auch selbst bis in 4 Kilometer Tiefe unter dem Vulkan migriert ist. Die neuesten Studienergebnisse, die heute in einem Blogartikel des INGV vorgestellt wurden, zeigen, dass es sogar eine bislang unbekannte Schwachstelle in Form einer instabilen Gesteinsschicht gibt, in der bereits Magma intrudierte.

Neue Studie identifiziert poröse Gesteinsschicht

Die fragile Zone in der Erdkruste unter der Caldera wurde mit Hilfe von hochauflösenden 3-D-Bildern des Untergrunds und der Analyse von Gesteinsproben einer Tiefenbohrung identifiziert, die 3 Kilometer hinab reichte und als Geothermie-Explorationsbohrung angelegt wurde. Die neu entdeckte Schwächezone liegt in 3–4 Kilometern Tiefe und umfasst einen Übergangsbereich aus porösem Gestein, der in 2500 bis 2700 m Tiefe beginnt. Diese Zone ist für Fluide durchlässiger als die darüberliegenden Gesteinsschichten aus vulkanischem Material und nicht so widerstandsfest wie die in größeren Tiefen liegenden Kalksteinschichten. Daher sammeln sich in dieser Schwächezone magmatische Fluide, was zur Bodenhebung und zu Erdbeben führt.

Numerische Simulationen deuten darauf hin, dass frühere Magmaintrusionen genau in dieser Zone gestoppt wurden, was die Schwächung weiter begünstigte. Kleinere Magmamengen erstarren dort häufig, ohne die Oberfläche zu erreichen. Größere oder schnell aufsteigende Magmamengen könnten jedoch nach einer Akkumulationsphase diesen Bereich überwinden – wie beim Ausbruch des Monte Nuovo im Jahr 1538. Außerdem ist es nicht ausgeschlossen, dass größere Magmamengen, die aus einem großen Reservoir in 8 Kilometern Tiefe aufsteigen, diese Schwäche- und Zwischenspeicherschicht in einem Rutsch überwinden.

Obwohl die Studie keine unmittelbaren Prognosen ermöglicht, liefert sie wichtige Erkenntnisse über die Dynamik der Campi Flegrei. Sie unterstreicht die Bedeutung kontinuierlicher und interdisziplinärer Überwachung, um kritische Veränderungen frühzeitig zu erkennen und das Risiko für die Bevölkerung zu verringern.

Ontake: Neue Prognose-Methode zu Vulkanausbrüchen entwickelt

Studie am Ontake lieferte neue Methode für Prognose von Vulkanausbrüchen – Variation der Scherwellenaufspaltung liefert Warnhinweis

Für Menschen, die in der Nähe aktiver Vulkane leben, sind zuverlässig funktionierende Frühwarnsysteme essentiell. Doch noch immer ist es schwierig jeden Vulkanausbruch vorherzusagen, besonders, da es manchmal zu Eruptionen kommt, die keine der üblichen Warnsignale aussenden und die Menschen überraschen. Ein Forschungsteam der Universität Oxford hat nun einen vielversprechenden Ansatz entwickelt, um bevorstehende Ausbrüche besser vorhersagen zu können, die durch die üblichen Raster fallen.

Als es im September 2014 zu einer unerwarteten Eruption des japanischen Vulkans Ontake kam, war das Entsetzen groß: 36 Menschen – überwiegend Wanderer, Pilger und Skifahrer, die am Vulkan unterwegs waren – starben, zahlreiche Personen erlitten Verletzungen. Offiziellen Angaben zufolge soll es sich um eine phreatische Eruption gehandelt haben, die entgegen allen Regeln der Vulkanologie nicht nur Vulkanasche über 10 Kilometer hat aufsteigen lassen, sondern auch einen über 3 Kilometer langen pyroklastischen Strom hervorbrachte. Aufgrund dieser Katastrophe und der offenbar fehlenden Anzeichen einer bevorstehenden Eruption wählten Wissenschaftler der Universität Oxford den Ontake als Studienobjekt aus. Ein weiterer Grund hierfür war der Umstand, dass es bereits im Jahr 2007 eine kleinere Eruption gegeben hatte und man so Vergleichswerte hatte.

Das Forscherteam um Professor Mike Kendall stellte die Theorie auf, dass aufsteigendes Magma Spannungen im umgebenden Gestein erzeugt, die sich auf Brüche und Verwerfungen auswirken. Diese Veränderungen zeigen sich in der sogenannten seismischen Anisotropie – also der richtungsabhängigen Ausbreitung von Erdbebenwellen. Die durch das Magma verursachten Spannungen führen dazu, dass sich Risse und Brüche im Gestein verändern, was die Ausbreitungsgeschwindigkeit seismischer Scherwellen beeinflusst. Dabei kann es zur Scherwellenaufspaltung kommen, insbesondere wenn sich Risse öffnen und schließen. Werden diese Veränderungen in den seismischen Signalen regelmäßig erfasst, könnten sie Hinweise darauf liefern, ob ein Ausbruch bevorsteht – und wie heftig dieser ausfallen könnte.

Die erneute Analyse der seismischen Daten vom Ontake zeigte, dass es während des ersten Ausbruchs keine größeren Veränderungen im seismischen Signal gab, aber kurz vor der Eruption von 2014 verdoppelte sich die Scherwellenaufspaltung. Die Forschenden schließen daraus, dass dieses Signal ein wertvoller Frühindikator zur Erkennung von sich anbahnenden Vulkanausbrüchen sein könnte.

Die Methode soll künftig auch bei anderen Vulkanen getestet werden. Ihr großer Vorteil: Sie könnte nicht nur rechtzeitig vor einem Ausbruch warnen, sondern auch helfen, dessen mögliche Heftigkeit einzuschätzen – ein wichtiger Schritt, um Leben besser zu schützen.

Meiner Meinung nach belegt die Studie auch, dass es sich bei der Ontake-Eruption von 2014 nicht um einen phreatischen Ausbruch gehandelt hat, sondern um einen phreatomagmatischen oder um einen, der von magmatischen Gasen getriggert wurde. Denn wenn Spannungen durch aufsteigendes Magma zur Bildung von Verwerfungen und Rissen führte, die Variationen in den Scherwellen auslösten, dann gab es wahrscheinlich auch einen Ausstoß frischer Lava. Bei phreatischen Eruptionen werden die Explosionen von schlagartig verdampftem Wasser ausgelöst, das allein aufgrund eines hohen geothermischen Gradienten vaporisiert, ohne dass es zum Kontakt mit der Schmelze kommt. Doch diese Eruptionen sind für gewöhnlich deutlich schwächer, als es 2014 der Fall gewesen war. Meiner Beobachtung nach werden magmatische Eruptionen oft als phreatisch bezeichnet, wenn sie plötzlich und ohne Vorwarnung auftraten oder diese Vorwarnungen von den Vulkanologen verschlafen wurden. (Quelle: https://seismica.library.mcgill.ca/article/view/1101)

Bardarbunga: Erdbeben Mb 4,8 am Abend

Datum: 05.05.2025 | Zeit: 21:14:01 UTC | Koordinaten: 64.613 ; -17.387 | Tiefe: 8 km | Mb 4,8

Erhöhte seismische Aktivität unter der Bardarbunga-Caldera und in Westisland

Unter der subglazialen Bardarbunga-Caldera wurde gestern Abend ein mittelstarkes Erdbeben der Magnitude 4,8 registriert. Der Erdstoß ereignete sich um 21:14 UTC in einer Tiefe von 7700 Metern. Das Epizentrum wurde 7,4 km östlich von Bardarbunga verortet. Es folgten mehrere Nachbeben Das Hauptbeben war deutlich in der dünn besiedelten Region südlich des Vatnajökull-Gletschers spürbar, verursachte jedoch keine Schäden.

Bereits am Morgen desselben Tages, um 5:34 Uhr, hatte sich ein Erdbeben der Magnitude 3,5 ereignet. Das Epizentrum lag im nordöstlichen Teil der Bardarbunga-Caldera. Solche Beben sind in dieser Caldera nicht ungewöhnlich und spiegeln die ständige Bewegung und den Druckaufbau unter dem Gletschereis wider. Die Seismizität unter Bardarbunga war in den vergangenen Tagen bereits deutlich erhöht, was von einem verstärkten Magmenzustrom aus der Tiefe herrühren könnte.

Bardarbunga ist ein aktiver Zentralvulkan unter dem mächtigen Eisschild des Vatnajökull im isländischen Hochland und bekannt für seine ausgeprägte seismische Aktivität. Zuletzt hatte sich im Februar 2025 ein noch stärkeres Beben mit einer Magnitude von 5,2 ereignet. In diesem Jahr jährt sich zudem das Ende des Holuhraun-Ausbruchs zum zehnten Mal – jener Ausbruch, der zwischen 2014 und 2015 das größte Lavafeld in Island seit der Laki-Eruption von 1783 bildete und mit einer massiven magmatischen Intrusion aus der Bardarbunga-Caldera verbunden war.

Bereits am 4. Mai wurde um 16:17 Uhr ein Erdbeben der Magnitude 3,1 in der Nähe von Grjótárvatn festgestellt. Dieses Gebiet liegt im Westen Islands, im Landesinneren zwischen dem Lavafeld Hallmundarhraun und dem Langjökull-Gletscher. In dieser Region kommt es regelmäßig zu seismischen Ereignissen, die in den letzten Monaten an Häufigkeit und Stärke zugenommen haben – ein vergleichbares Beben wurde zuletzt am 23. April gemeldet.

Die Anzahl der seismischen Ereignisse auf der Reykjaneshalbinsel war in den letzten Stunden nicht mehr ganz so hoch wie noch am Wochenende. Allerdings hat sich das Wetter verschlechtert, sodass schwache Erschütterungen möglicherweise nicht registriert werden. Beben wurden vor allem im Osten der Halbinsel dokumentiert; ein kleiner Erdbebenschwarm wurde bei Raufarhólshellir beobachtet.

Die Bodenhebung bei Svartsengi hält weiterhin an, zeigt jedoch je nach Messreihe gewisse Schwankungen, die auf Abweichungen in den Satellitenbahnen zurückzuführen sein könnten. Weitere Messungen werden zeigen, ob tatsächlich eine Trendänderung vorliegt.

White Island: Whakaari in Eruption

Aktivitätssteigerung am Whakaari auf White Island – Vulkanologen dürfen wohlmöglich bald wieder die Insel betreten

Der neuseeländische Vulkan Whakaari auf der Insel White Island ist in den letzten Tagen aktiver geworden und eruptiert Vulkanasche, die laut einer VONA-Meldung des VAAC Wellington bis auf eine Höhe von 1000 Metern über dem Meeresspiegel aufsteigt. Da sich der Kraterboden nur wenige Dutzend Meter über dem Meeresspiegel befindet, entspricht das auch ungefähr der Höhe der Aschewolke über dem Krater.

Die Livecam bei Whakatāne an der Nordküste der Nordinsel liefert eine Fernaufnahme des Geschehens. Ansonsten gibt es überraschend wenige Informationen, da die Messinstrumente auf der Insel seit sechs Jahren außer Betrieb sind. Das zuständige Observatorium GeoNet hat bislang nicht über die Aktivitätssteigerung berichtet – das letzte Update zu Whakaari liegt bereits drei Wochen zurück. Damals wurde vor gelegentlichen Explosionen mit Ascheemissionen gewarnt, und der Alarmstatus wurde auf Stufe 3 erhöht.

Seit der verhängnisvollen Eruption im Jahr 2019 sind die Vulkanologen auf Daten der Fernerkundung angewiesen. Damals ereignete sich eine starke phreatomagmatische Eruption, bei der 22 Touristen starben und 25 schwer verletzt wurden. Sie befanden sich in geführten Gruppen auf der Insel. Der Ausbruch bedeutete nicht nur das abrupte Ende des Vulkantourismus auf White Island, sondern zerstörte auch fast die gesamte Überwachungsausrüstung. Diese hatte zwar deutliche Warnsignale geliefert, doch wurden diese von den Vulkanologen ebenso wie von den Reiseveranstaltern, die Touristen zur Insel brachten, nicht ausreichend ernst genommen. Eine dritte beteiligte Partei ist die Familie Buttle, in deren Besitz die Insel steht. Es kam zu einem Prozess, bei dem sowohl Reiseveranstalter als auch die Inselbesitzer zunächst für schuldig befunden wurden. Die Angehörigen der Opfer und die Überlebenden erhielten insgesamt zehn Millionen Neuseeland-Dollar Entschädigung. Vulkanologen wurden ebenfalls angeklagt, jedoch freigesprochen.

Seitdem ist Forschern der Zugang zur Insel untersagt. Laut neuseeländischen Medien laufen derzeit Gespräche zwischen Regierungsvertretern und der Eigentümerfamilie, um eine Rückkehr von Wissenschaftlern zu ermöglichen, damit neue Instrumente installiert werden können. Zwar existieren auf der Nordinsel einige Überwachungsgeräte, doch da White Island rund 50 Kilometer vor der Küste liegt, sind diese zu weit entfernt, um Tremor oder Bodendeformationen am Whakaari zu registrieren. Auch visuelle Überwachung durch Fernrohre und Livecams funktioniert auf diese Entfernung nur eingeschränkt. So blieben viele kleinere Eruptionen unbemerkt, und morphologische Veränderungen im Krater wurden nur bei seltenen Überwachungsflügen festgestellt. Eine verlässliche Überwachung der vulkanischen Aktivität ist aus Sicht des Katastrophenschutzes auf Dauer unverzichtbar.

Juristische Wende auf Neuseeland

Sehr wahrscheinlich zeigt sich die Familie Buttle nun verhandlungsbereit, weil das Gerichtsurteil gegen sie am 28. Februar dieses Jahres in der Revision aufgehoben wurde. Der neuseeländische High Court hob die Verurteilung der Whakaari Management Limited (WML) auf. Das Unternehmen, das sich im Besitz der Brüder Andrew, James und Peter Buttle befindet, war zuvor wegen Verstößen gegen das neuseeländische Arbeitsschutzgesetz im Zusammenhang mit dem Vulkanausbruch verurteilt worden. Das Gericht folgte jedoch der Argumentation, dass man als Landbesitzer keine Kontrolle über die touristischen Aktivitäten auf der Insel ausgeübt habe und somit nicht gegen arbeitsrechtliche Vorschriften verstoßen habe.

Das Urteil ist insofern wegweisend, als es deutlich macht, dass Eigentümer, die lediglich Land zur Verfügung stellen, nicht automatisch für die Sicherheit von touristischen Aktivitäten verantwortlich sind, die von Dritten organisiert werden. Ein Gedankenkonzept, das vielleicht auch auf andere Vulkane wie Stromboli übertragbar wäre – und damit zumindest Individualreisenden wieder ermöglichen könnte, solche Orte eigenverantwortlich zu betreten.

Weiterführende Links: White Island in Neuseeland