Japan: Erste Evakuierungen in der Tokara-Inselgruppe

Anhaltender Erdbebenschwarm veranlasst Menschen der Tokara-Inselgruppe zur Flucht

Kagoshima – 04.07.2025Der anhaltende Erdbebenschwarm rief unter den 700 Bewohnern der Tokara-Inselgruppe Sorgen um ein möglicherweise bevorstehendes Starkbeben hervor und veranlasste jetzt die ersten 13 Menschen zur Flucht von der Insel Akusekijima. Dort leben 76 Personen.

Erdbeben Tokara, © EMSC

Bei den Geflüchteten handelt es sich überwiegend um Kinder und ältere Personen, die mit einer Fähre nach Kagoshima gebracht werden. Die Evakuierungsmaßnahme erfolgte auf freiwilliger Basis, wobei der japanische Zivilschutz zuvor in Kagoshima Notunterkünfte bereitstellte. Die Fahrt dorthin dauert 12 Stunden und ist vom Wetter abhängig. Regulär gibt es nur 2 Fährverbindungen zwischen dem Archipel und Kagoshima.

Die Situation in Japan erinnert mich zum einen an Santorin, wo es im Frühjahr einen ähnlichen Erdbebenschwarm in einem vulkanisch aktiven Gebiet gegeben hatte. Zum anderen gibt es Analogien zu Neapel und dem Archipel der Liparischen Inseln. Neapel liegt im Schatten des Sommavulkans Vesuv, während Kagoshima nur 10 Kilometer vom Sakurajima entfernt liegt, bei dem es sich ebenfalls um einen Sommavulkan handelt. Im Winter werden die Liparischen Inseln mit den Vulkanen Vulcano und Stromboli auch nur 2–3 Mal wöchentlich angesteuert und die Überfahrt dauert ähnlich lange. Allerdings ist das Wetter in Japan meistens rauer und der Seegang höher.  Im Falle einer Naturkatastrophe ist man in der Tokara-Inselgruppe, die zum Ryukyu-Inselbogen gehört, noch schlechter aufgestellt als Italien, da die Inseln dort in der Regel von Sizilien aus mit dem Tragflächenboot schnell erreichbar sind.

Die Erdbeben im Tokara-Archipel gehen auch heute weiter, doch der Erdbebenschwarm scheint etwas an Schwung verloren zu haben. Das stärkste Beben heute hatte eine Magnitude von 4,7. Seit dem 21. Juni ereigneten sich 9 Beben mit Magnituden zwischen 5,0 und 5,5. Insgesamt waren es mehr als 1000 Erschütterungen. Die Epizentren verlagerten sich langsam in Richtung Osten. Offenbar wurden Störungszonen unterschiedlichen Charakters aktiviert, die sich westlich der in Nord-Süd-Richtung streichenden Subduktionszone des Ryukyu-Grabens befinden. Möglicherweise wurden diese Störungen durch Druckänderungen infolge von Magmenaufstieg und einer seitlichen Fluidmigration ausgelöst.

Wie sich die Situation weiter entwickeln wird, ist genauso unklar, wie es bei Santorin der Fall gewesen ist. Am wahrscheinlichsten ist, dass der Erdbebenschwarm, ohne weiteres Chaos zu verursachen, abklingt. Es bleibt aber ein Restrisiko bestehen, dass sich ein Starkbeben oder sogar eine Unterwassereruption ereignen werden.

Popocatépetl stößt am 4. Juli Vulkanasche aus

Popocatépetl eruptiert regelmäßiger – Vulkanasche in 6000 m Höhe

Mexiko Stadt, 04.07.2025In Mexiko eruptiert der Popocatépetl wieder regelmäßiger, als es in den letzten Monaten der Fall gewesen ist. Das VAAC Washington veröffentlichte seit gestern 5 VONA-Warnungen, nach denen Vulkanasche bis auf eine Höhe von 6700 m aufstieg und in Richtung Nordwesten driftete. Da der Popocatepetl selbst gut 5400 m hoch ist, stieg die Aschewolke ca. 600 m über Kraterhöhe auf.

Popocatepetl mit Aschewolke

Auf den Livecam-Aufzeichnungen konnte ich im Schnelldurchgang nur eine Ascheeruption ausmachen. Diese war nicht sonderlich stark und förderte eine dünne Aschewolke, die schnell vom Wind erfasst und verdriftet wurde. Nachts stieg Dampf auf, der zeitweise rot illuminiert wurde. Im Förderschlot steht also immer noch rotglühende Lava, wahrscheinlich in Form eines kleinen Doms.

Die Vulkanologen von CEANPRED berichteten, dass gestern 65 Exhalationen von Asche-Dampf-Wolken festgestellt wurden. Zudem gab es 600 Minuten Tremor. Intensiver Tremor wird von Fluidbewegungen im Fördersystem verursacht und tritt in Phasen mit Domwachstum besonders häufig auf, da der vom Magma ausgestoßene Dampf nicht ungehindert entweichen kann und so der Druck im System steigt. Das ist vergleichbar mit einem Topf mit kochendem Wasser, auf den man einen Deckel packt. Der fängt an zu klappern und das Wasser kocht über.

Der Alarmstatus des Popocatépetl steht seit Jahren auf „Gelb Phase2“ und es gibt eine 12 Kilometer große Sperrzone um den Krater. Eine Besteigung des Vulkans ist untersagt: Auf den Flanken drohen Steinschläge und Schuttlawinen, am Krater selbst könnte man von Tephra erschlagen werden. Dennoch wird der Vulkan immer wieder bestiegen. Wer dabei erwischt wird, muss mit empfindlichen Geldstrafen rechnen. Oft werden diese Leute auch öffentlich vorgeführt und angeprangert, so wie man es teilweise auch in Indonesien macht. Meine Einstellung dazu kennt Ihr ja.

Campi Flegrei: Weitere Erdbeben am 4. Juli

Die Pisciarelli-Fumarole gilt als möglicher Ort phreatischer Eruptionen. © Marc Szeglat

Weitere Erdbeben erschüttern Campi Flegrei – Steigender Druck schürt Sorgen

Pozzuoli, 04.07.2025In den Campi Flegrei kam es zu einem weiteren Schwarmbeben. Italienische Geowissenschaftler befürchten, dass steigernder Druck stärkere Erdbeben hervorbringen werden. Es besteht die Gefahr phreatischer Explosionen.

Erdbeben CF

Campi Flegrei – hinter diesem Namen verbirgt sich ein Vulkan, von dessen tatsächlicher Größe frühe Siedler der Gegend südwestlich von Neapel nichts ahnten. Diese Ahnungslosigkeit veranlasste sie dazu, sich mitten in der größten Caldera Europas niederzulassen – eine folgenschwere Entscheidung, wie sich in den letzten Jahren herausstellt: Seit 20 Jahren kommt es immer wieder zu Schwarmbeben, die seit 2018 stetig an Intensität und Stärke zunehmen. Die Beben gehen einher mit einem Phänomen, das als Bradyseismos bezeichnet wird. Hierunter versteht man Hebungen und Senkungen des Bodens, die sich noch im letzten Jahrhundert abwechselten. Doch seit 2005 kennt der Boden nur noch eine Richtung und die ist oben. Diese Hebung verursachte in den letzten Monaten zwei der stärksten Beben, die hier seit Beginn der Messungen registriert wurden. Sie hatten die Magnituden 4,6 und manifestierten sich am 13. März und am 1. Juli. Doch auch das jüngste dieser Beben reichte nicht aus, um die Spannungen im Boden abzubauen, denn gestern gab es einen weiteren spürbaren Erdstoß der Magnitude 2,6. Das Epizentrum befand sich nordöstlich der Solfatara und südlich vom Astroni-Krater. Die Herdtiefe lag bei 2200 m. Es folgten 19 weitere Beben, die überwiegend im Bereich der Solfatara lagen.

Steigender Gasdruck besorgt zwei Geowissenschaftler

Die Bewohner der Caldera reagieren zunehmend nervös und auch die Wissenschaftler werden immer unruhiger. Der neapolitanische Vulkanologe Giuseppe Mastrolorenzo gab gegenüber lokalen Medien zu, dass sich die aktuelle Situation von den vorherigen Bradyseismos-Phasen unterscheidet, und findet das beunruhigend. Die vorherigen Hebungsphasen dauerten meistens keine 2 Jahre. In dieser Zeit hob sich der Boden deutlich schneller als es jetzt der Fall ist, die Erdbeben erreichten aber nicht so hohe Magnituden wie jetzt. Beunruhigend ist auch, dass das Beben vom 1. Juli im Randbereich der Hebungszone lag und nicht in ihrem Zentrum. Zudem manifestierte sich das Beben in fast 5 Kilometern Tiefe, was ebenfalls ungewöhnlich ist. Nach Meinung des Wissenschaftlers belegt dies, dass der Gasdruck stärker ist als bei früheren Phasen und dass auch eine Gefahr noch stärkerer Erdbeben für den Randbereich der Caldera besteht.
Der höhere Druck könnte ein weiterer Beleg dafür sein, dass das Gas von einer flacher liegenden Magmaquelle stammt, als es bei den vorherigen Phasen der Fall gewesen ist.

Ein anderer INGV-Vulkanologe – Roberto Isaia – arbeitete an einer Studie mit, die mit Hilfe von geoelektrischen Messmethoden die Verwerfungen im Bereich von Solfatara und Pisciarelli eingehender untersucht. Diese Verwerfungen dienen als Aufstiegswege magmatischer Fluide und münden in den Fumarolengebieten, die einen Teil des Gasdruckes abbauen. Vor Jahrtausenden gab es hier verstärkt phreatische Eruptionen, deren Spuren noch heute nachweisbar sind. Roberto fand heraus, dass diese Aufstiegswege durch Rutschungen und Erdbewegungen verstopfen könnten, wodurch auch heute die Gefahr phreatischer Eruptionen steigen würde: Mit ein Grund, warum der Zugang zur Solfatara und dem Pisciarelli-Gebiet bereits vor Jahren gesperrt wurde.

Tatsächlich ließ vor 3 Wochen der Gasausstoß bei Pisciarelli überraschend nach, ein Indiz, dass es zu einer Blockade der Aufstiegswege gekommen sein könnte.

Deutschland: Mehrere Waldbrände im Osten

Große Waldbrände in Thüringen und Sachsen: Lage nur teilweise unter Kontrolle

Gösselsdorf, 04.07.2025In Thüringen, Sachsen und Brandenburg gibt es mehrere Waldbrände, von denen einer außer Kontrolle ist. Ein zweiter ist größtenteils unter Kontrolle und einer wurde fast gelöscht.

Außer Kontrolle ist der Waldbrand in der Gohrischheide bei Meißen, der am Dienstag ausbrach und sich inzwischen auf eine Fläche von gut 1000 Hektar ausgebreitet hat. Hunderte Feuerwehrleute und andere Einsatzkräfte sind an den Löscharbeiten beteiligt und versuchen, ein Ausbreiten der Flammen zu verhindern. Dabei wurden 2 Feuerwehrmänner schwer verletzt. Es kam zu einer Evakuierung des Ortes Neudorf, die inzwischen aber aufgehoben wurde. Aktuell muss aber die Siedlung Heidehäuser nebst einem Heim für Schwerbehinderte geräumt werden.

Die Löscharbeiten werden dabei mit Hubschraubern der Polizei unterstützt. Zum Einsatz kommen auch Spezialfahrzeuge wie Wasserwerfer.

Seit Mittwoch tobt zudem ein Waldbrand bei Gösselsdorf in Thüringen. Er bleibt trotz schwieriger Bedingungen größtenteils unter Kontrolle. In der Nacht zu Freitag konnte eine weitere Ausbreitung verhindert werden. Die Flammen haben sich auf einer Fläche von rund 270 Hektar ausgebreitet – es ist damit der größte Waldbrand in Thüringen seit mehr als drei Jahrzehnten.

Zur Unterstützung der Einsatzkräfte vor Ort sind am Freitagmorgen drei Löschzüge aus Bayern eingetroffen. Weitere Kräfte werden im Laufe des Tages erwartet. Insgesamt sind rund 560 Feuerwehrleute sowie zahlreiche Helfer von Polizei, Technischem Hilfswerk, Deutschem Roten Kreuz, Bundeswehr, Thüringenforst und Bergwacht im Einsatz. Der Landkreis Saalfeld-Rudolstadt hatte am Mittwochabend den Katastrophenfall ausgerufen, um schnell und flexibel reagieren zu können.

Auch hier ist ein Polizeihubschrauber fortlaufend im Einsatz. Jeder Flug transportiert rund 1000 Liter Wasser. Aufgrund der schwierigen Topografie und der angespannten Wasserversorgung wird derzeit eine Schlauchleitung bis zum Bach Loquitz in Marktgölitz verlegt, um das Löschwasser effizienter an den Brandherd zu bringen.

Der Brand ist auf einem ehemaligen Truppenübungsplatz bei Gösselsdorf ausgebrochen. Das Gebiet ist zum Teil munitionsbelastet. Es ist eine ähnliche Situation wie beim Brandgeschehen in Jüterbog in Brandenburg, wo ebenfalls nur aus der Luft gelöscht werden kann. Auch dort wurde das Feuer zwar unter Kontrolle gebracht, Glutnester bleiben jedoch aktiv und stellen eine Gefahr dar, denn bei starkem Wind könnten sie neue Feuer anfachen.

Waldbrände auf ehemaligen Truppenübungsplätzen kommen oft vor und verschärften sich seit den Dürrejahren vor der Coronazeit: Dem Wald geht es schlecht und mit einer Zunahme von Totholz verschärft sich auch die Waldbrandgefahr. Aktuell sieht es nicht so aus, als würde sich an der Situation grundlegend etwas ändern. Im Gegenteil, nicht nur in Deutschland stirbt der Wald. Schuld daran sind nicht nur geänderte klimatische Bedingungen, sondern auch der Raubbau an der Natur und das Abholzen riesiger Waldflächen weltweit. Hinzu kommen um sich greifende Waldbrände, etwa in Nord- und Südamerika. Eine neue Studie zeigt, dass ein Massensterben vor 252 Millionen Jahren zwar durch den Ausbruch des Sibirischen Trapps verursacht wurde, aber durch den Zusammenbruch der Wälder infolge klimatischer Überhitzung verstärkt wurde.