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Rheologie

Rheologie ist die Lehre vom Fließ- und Verformungsverhalten von Materialien und spielt in der Vulkanologie eine zentrale Rolle. Im Falle der Vulkanologie sind es magmatische Fluide die fließen und sich verformen. Allem voran beschäftigt den Vulkanologen die Fließfähigkeit von Magma und Lava. Hier die Viskosität ein wichtiger Faktor, wie ein Vulkan ausbricht.

Magma ist kein einfacher Flüssigkeitskörper, sondern ein komplexes Gemisch aus Schmelze, Kristallen und Gasen. Sein rheologisches Verhalten bestimmt, wie es im Untergrund aufsteigt, an der Oberfläche austritt und welche Art von Vulkanausbruch stattfindet. Entscheidend ist dabei vor allem die Viskosität, also die Zähigkeit der Schmelze. Dünnflüssige, basaltische Magmen mit geringem Kieselsäuregehalt können leicht aus dem Vulkan austreten und bilden lange, flache Lavaströme. Solche effusiven Ausbrüche sind etwa auf Hawaii typisch. Rhyolithische Magmen hingegen enthalten sehr viel Siliziumdioxid und sind dadurch stark polymerisiert, also strukturell „vernetzt“. Dies führt zu einer extrem hohen Viskosität, die das Ausströmen der Schmelze hemmt. Oft kommt es statt flüssiger Ströme zur Bildung von Lavadomen oder zu explosiven Eruptionen, weil sich Gase im zähflüssigen Magma stauen und schlagartig freigesetzt werden. Andesitische Magmen liegen rheologisch dazwischen, was zu einer Mischung aus Lavaflüssen und explosiven Phasen führen kann, wie man es an vielen Stratovulkanen der Subduktionszonen beobachtet.

Ein weiteres wichtiges Element ist das nicht-Newtonsche Verhalten des Magmas. Anders als Wasser verhält es sich nicht linear: Mit zunehmendem Kristall- oder Gasgehalt kann Magma abrupt fester oder sogar spröde werden. Das erklärt, warum manche Lavaströme plötzlich erstarren oder warum Magma im Aufstieg im Förderschlot stecken bleibt. Die Rheologie spielt damit auch für die Dynamik von pyroklastischen Strömen, Ascheeruptionen und den Kollaps von Lavadomen eine Rolle.

Neben der Zusammensetzung beeinflussen auch Temperatur und Druck die rheologischen Eigenschaften. Je heißer ein Magma ist, desto geringer seine Viskosität, was den Fluss begünstigt. Mit Abkühlung und zunehmender Kristallisation steigt die Zähigkeit stark an. Im Untergrund steuert die Rheologie des Magmas, ob es in Gängen und Spalten weiter aufsteigen kann oder ob es stockt und in Magmakammern verharrt.

Zusammengefasst erklärt die Rheologie, warum Vulkane so unterschiedliche Erscheinungsformen zeigen: von ruhigen Lavaschilden über steile Stratovulkane bis hin zu plötzlichen, hoch explosiven Ausbrüchen. Sie ist somit ein Schlüssel zur Vorhersage und zum Verständnis vulkanischer Prozesse.