Stromboli: Insel der verbotenen Patina

-Eine ernst gemeinte Gesellschaftssatire-

Stromboli ist der aktivste Vulkan der Liparischen Inseln nördlich von Sizilien. Gut 924 Meter erhebt sich der Inselvulkan über das Tyrrhenische Meer. Stromboli ist mindestens seit der Römerzeit daueraktiv und als Leuchtfeuer des Mittelmeers bekannt. Diesen Ruf verdiente sich der Lavaspeier wegen seinen zuverlässigen Eruptionen, die mehrmals in der Stunde glühende Schlacken in die Luft speien. Manchmal fliegen die Lavabrocken dabei bis zu 300 m hoch. Selten kommt es zu stärkeren Explosionen, bei denen die gesamte Kraterterrasse nebst dem Pizzo, der sich gut 200 m über den Krater erhebt, mit vulkanischen Förderprodukten eingedeckt wird. Eigentlich unnötig zu erwähnen, dass es dann für etwaige Vulkanbeobachter brenzlig wird. Über die Jahre hinweg kamen so mehrere Personen zu Schaden bzw. ums Leben. Doch das hielt kaum jemanden davon ab, den Gipfel des Vulkans zu erstürmen, um einen Blick in den Höllenschlund zu werfen.

Stromboli: Schicksalstage einer Vulkaninsel

So war das zumindest bis zum Jahr 2019, als Stromboli begann eine Serie paroxysmaler Eruptionen zu erzeugen, bei denen sogar pyroklastische Ströme entstanden, die über die Feuerrutsche Sciara del Fuoco glitten und aufs Meer hinaus liefen. Spätestens seitdem ist alles anders am Stromboli, der über Jahrzehnte hinweg ein Magnet für Vulkanbeobachter war, die sich auf Neudeutsch Volcano-Spotter oder Vulkanspotter schimpfen. Für viele dieser vom Aussterben bedrohten Art war Stromboli der Einsteigervulkan: Hier ging man auf Tuchfühlung mit dem Vulkan und stellte den ersten Kontakt mit rotglühender Lava her! Doch wie heißt es so schön? Alles Gute hat ein Ende! Im Jahr 2019 wurde der Aufstieg endgültig untersagt. Genau genommen wurde der Aufstieg ohne Führer schon im Jahr 2007 unter Bußgeldandrohung offiziell verboten, doch tatsächliche Sanktionen wurden selten verhängt. Der Niedergang der Freiheit auf Stromboli begann tatsächlich noch früher: Aufstiegsverbote wurden bereits nach einem Vorfall zur Jahreswende 2002/03 eingeführt. Bis zu diesem Zeitpunkt war man auf Stromboli so gut wie frei. Individualtouristen teilten sich den Vulkan mit geführten Gruppen und es gab eine (fast) friedliche Koexistenz. Natürlich wurde es im Sommer oftmals zu voll am Gipfel und auf der Cima, jenem Grat, der zum Gipfel führte und einen aufsteigenden Viertelkreis um den Krater zieht. Im Dezember 2002 kam es zu einer Flankeneruption, in dessen Folge ein Teil der Kraterwand kollabierte und ins Meer rutschte, was einen kleinen Tsunami verursachte, der die Küstenpromenade von Stromboli-Ort verwüstete. Das war der eigentliche Schicksalstag von Stromboli, denn nach dem Tsunami kamen die Vulkanologen, der Zivilschutz und die Polizei. Die einen spickten den Vulkan mit ihren Instrumenten, die anderen mit Verbotsschildern und Bußgeldzetteln. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde der italienische Inselvulkan- von dem man zu Unrecht annahm, er sei harmlos- nur rudimentär überwacht. Jahrelang befand sich der einzige analoge Seismograf in der Obhut eines deutschen Vulkanfotografen, der auf Stromboli lebte und den Vulkan als sein Künstleratelier betrachtete. Nach dem Mini-Tsunami durfte man nur noch in geführten Gruppen zum Krater aufsteigen, die sich nur kurze Zeit dort aufhielten. Für alle anderen war an einem Aussichtpunkt auf 400 Höhenmeter Schluss. Wer alleine aufstieg und oben erwischt wurde, wurde für gewöhnlich postwendend wieder runtergeschickt, nachdem seine Personalien aufgenommen wurden. Wiederholungstäter wurden mit einem Bußgeld sanktioniert. Trotzdem hatte man in der Nachsaison noch eine Chance auf ein unbeschwertes Vulkanerlebnis.

Sperrung eines Vulkans

Nach den Paroxysmen von 2019 also das offizielle Besteigungsverbot für alle, auch für geführte Gruppen. Seitdem kam und kommt es immer wieder zu Phasen erhöhter Aktivität am Stromboli, die einen Aufenthalt in der Gipfelregion tatsächlich gefährlicher machen als es zuvor der Fall gewesen war. In ruhigeren Phasen wurden einige Versuche unternommen, den Vulkan wieder für Gruppen zu öffnen, doch diese währten nicht lange. Immerhin konnten Individualtouristen noch bis zu einem ersten Aussichtspunkt auf 290 Höhenmeter wandern. Gruppen wurden bis auf 400 Höhenmeter geführt. Der Strom an Vulkantouristen ließ merklich nach. Dann folgten die weltweit unsäglich dumm gemanagten Coronajahre und der Tourismus brach völlig zusammen. Im letzten Jahresviertel 2022 erfolgte eine neue Phase erhöhter Aktivität, bei der Lavaströme aus dem Krater überliefen. Bei einigen dieser Ereignisse entstanden abermals pyroklastische Ströme. Soviel zur apokalyptischen Vorgeschichte der letzten Jahre.

Alte Liebe rostet!

Die Hauptgeschichte ist schnell erzählt: im März 2023 kehrte ich nach 7-jähriger Abstinenz auf Stromboli zurück. Es war wie die zufällige Begegnung mit einer alten Liebschaft. Zuerst verhält man sich ein wenig verlegen, um dann wieder vertraut und ein wenig wärmer zu werden. Erinnerungen an die gemeinsame Zeit werden wach, doch die alte Leidenschaft ist verblasst. Zu weit entfernt loderte das Erdfeuer von Quota 400 aus gesehen, als dass ich voll entflammt wäre, obwohl die Eruptionen durchaus ansehnlich waren und mit einem Teleobjektiv mit 200 mm Brennweite eingefangen werden konnten. Dabei bewegte ich mich bereits auf Quota 400 im verbotenen Areal. Ein umgekipptes Schild am Aussichtspunkt auf 290 Höhenmeter wies darauf hin, dass man sich in höheren Lagen nicht erwischen lassen sollte, denn das könnte mit Geldbußen von 500 € bestraft werden. Aufgrund des Verbots, des starken Windes und dem kontinuierlichen Lavaspattering aus einem Schlot im Nordkrater sah ich von einem Aufstieg bis zum Gipfel ab. Zwar kann man eine Aktivitätssteigerung am Stromboli nicht immer anhand geophysikalischer Parameter prognostizieren, aber das Lavaspattering ist ein recht sicheres Vorzeichen, dass sich die Aktivität innerhalb von Tagen oder Stunden ändern wird. So kam es auch, denn am nächsten Morgen lief ein Lavastrom aus dem Krater über. Doch zu dieser Zeit schlummerte ich selig in meinem Pensionszimmer.

Sanktioniertes Stromboli

Mein Pensionsgastgeber erzählte, dass die Sanktionen von Seiten der Polizei völlig willkürlich verhängt werden und dass es kein festes Muster der Kontrollen gäbe: Erst letztens musste ein Paar 1000 € bezahlen. Tatsächlich empfing ich ein paar Tage später eine E-Mail von einer befreundeten Vulkanfotografin, dass sie und ihre Begleitung erwischt worden seien und mit 1000 € sanktioniert wurden. Allerdings haben sie sich nicht auf Quota 400 befunden, sondern am unteren Aussichtspunkt auf 290 Höhenmetern. Nach ihrer Aussage sind Wanderungen bis auf 290 Höhenmeter jetzt nur noch mit Führer erlaubt. Die Quota 400 ist bereits für alle Sperrgebiet. Explizite Warnschilder gibt es bis zur Quota 290 nicht, sieht man einmal davon ab, dass der Aufstiegsweg kurz vor der Pizzeria am Punta Labronza wegen Bauarbeiten gesperrt ist. Bei den verheerenden Unwettern letztes Jahr wurde ein gutes Stück des Weges weggeschwemmt. An einer Stelle klafft ein fast 3 m tiefer Abgrund, an dem man sich auf einem schmalen Streifen vorbeiquetschen muss. Wer hier nachts nicht aufpasst, stürzt schnell ab. Auch an anderen Stellen am Ortsrand klafften Erdfälle. Einige Haustüren waren im unteren Bereich mit Brettern verbarrikadiert, als Schutz vor etwaigen Schlammmassen, sollte es zu weiteren Unwettern kommen. Die Piazza zwischen Kirche und Café Ingrid wurde komplett aufgerissen und saniert. Die verbrannten Hänge infolge des Macchiabrandes vom Mai 2022 waren bei bestem Willen nicht zu ignorieren. Zwar gab es an einigen Stellen wieder zartes Grün niedriger Bodenbedecker, doch das ägyptische Schilf und die Ginsterbüsche schlagen wohl so schnell nicht mehr aus.

Paradoxe Sicherheitspolitik

Der Zustand der meisten Gebäude war etwas besser als ich es kurz zuvor noch auf Vulcano erlebte, doch auch hier war die Patina, die vielen Gebäuden anhaftete, kaum zu übersehen und für meinen Geschmack etwas dick aufgetragen. Was mich auch ein wenig erstaunte, war der Umstand, dass jegliche Innovationen an Stromboli vorbeigegangen zu sein scheinen. Anstatt Energie über Erdwärme, Solarzellen und kleine Windturbinen zu generieren, befeuert man noch das alte Heizölkraftwerk an der Küstenpromenade. Wer einen Kamin hat, heizt mit Holz, das umweltfreundlich per Schiff zur Insel transportiert werden muss. Die Gästezimmer werden ebenfalls umweltfreundlichst per stromsparender Klimaanlage geheizt. Und das zu Zeiten, in denen man uns in Deutschland immer weiter knebeln will! Doch geknebelt sind die Strombolianer genug, das Aufstiegsverbot trifft viele Menschen hart, denn zum großen Teil lebte man hier bislang vom Vulkantourismus. Nicht nur ich stelle die Frage, in was sich unsere sicherheitsverwöhnte Gesellschaft da hineinmanövriert, indem man die Sicherheit der Menschen dadurch gewährleisten will, dass man jene, die bereit sind Risiken einzugehen, mit Bußgeldern belegt und wie Verbrecher verfolgt?! Eine Praxis, die sich seit der Einführung der (sicher sinnvollen) Anschnallpflicht wohl immer weiter durchsetzt. Neben Freiheitseinschränkungen für Vulkanspotter und Fotografen werden hunderte Menschen ihrer finanziellen Lebensgrundlage beraubt, darunter fallen nicht nur die Gastronomen, Hoteliers und Vulkanführer von Stromboli, sondern auch reisende Vulkanfotografen und Schreiberlinge wie ich einer bin. Ob man mit dieser Mentalität den Wilden Westen besiedelt hätte oder Menschen zum Mond geflogen wären? Wohl kaum!

Rauchen gefährdet ihre Gesundheit

Nicht nachvollziehbar und geradezu paradox ist es für mich unter Sicherheitsaspekten, dass Bergsteiger ungehindert halsbrecherische Gratwanderungen machen können und Skifahrer Lawinen auslösen dürfen ohne bestraft zu werden. Warum schließt man nicht alle Gipfel des Hochgebirges? Unfälle mit Todesfolge sind an Vulkanen bestimmt nicht dramatisch höher als im alpinen Extremsportbereich. Und wie viele Menschen ertrinken jährlich in Flüssen, Seen und der Brandung gefährlicher Ozeane? Trotzdem gibt es (noch) kein generelles Badeverbot. Würde es nicht reichen, Vulkantouristen über die Gefahren aufzuklären, die sie an einem aktiven Vulkan erwarten? Vielleicht sollte man dem Beispiel der Zigarettenindustrie folgen und abschreckende Bilder verbrannter Leichen am Vulkanaufstieg aufhängen, ganz nach dem Motto „Rauchen gefährdet ihre Gesundheit und endet meistens tödlich“. Wobei eins sicher ist: Lebendig kommen wir alle nicht aus dem Leben raus! Der Konsum von gesundheitsschädlichen Drogen, Extremsport und schnellfahrenden Autos sind gesellschaftlich akzeptiert. Sogar Sex kann tödlich enden, nicht nur für männliche Spinnen und Gottesanbeter. Wird er deshalb verboten? (O.K. das kommt bestimmt auch noch, in manchen Bereichen mischt sich der Gesetzgeber ja dort bereits ein und ich frage mich generell, wer schützt uns vor dem Schutz?) Die Kosten für Folgeschäden teilt sich die Gesellschaft. Wer einen aktiven Vulkan besteigt, gilt oftmals als verantwortungsloser Idiot. Aus einem einzigen Grund: Die meisten Menschen haben einfach keine Ahnung vom Vulkanismus (allerdings auch nicht von männlichen Spinnen und Gottesanbetern) und können die tatsächlichen Gefahren nicht einschätzen. Dazu zählen scheinbar auch Behörden, die wahrscheinlich weniger an die Sicherheit der Vulkanstürmer interessiert sind, als daran, sich juristisch unangreifbar zu machen. Man fürchtet (zu recht) Anwälte der Angehörigen potentieller Opfer des Vulkans und das vermeintlich Unbekannte. Und klar, Vulkane haben keine Lobby. Das zu ändern versuche ich seit über 30 Jahren. Leider mit bescheidenem Erfolg bei den betreffenden Behörden.

Alternative Ziele für potenzielle Selbstmörder

Was bleibt? Für mich ein fahler Nachgeschmack! Sollten die Restriktionen am Stromboli nicht deutlich gelockert werden, sehe ich für den Vulkantourismus dort schwarz, was natürlich Ziel einer kommunalen Regierung ist, die den Menschen keine brauchbaren Alternativen bietet und die Insel bestimmt am liebsten räumen würde. Um ein wenig Baden zu gehen, gibt es attraktivere Ziele, die schneller zu erreichen sind, mehr Komfort bieten und billiger sind. Um es attraktiver zu machen, müsste man zum Zustand vor 2019 zurückkehren und Individualtouristen wenigstens nicht jagen und bestrafen, wenn sie trotz offiziellem Verbot das Risiko in Kauf nehmen zum Gipfel aufsteigen. Ansonsten kann ich echten Vulkanspottern keine Empfehlung für Stromboli aussprechen, außer vielleicht, wenn sie mit Kindern unterwegs sind, die einmal die Lavagaben aus der Ferne sehen sollen. Der Ätna ist nur in aktiven Zeiten eine Alternative zum Stromboli, denn hier sieht man vergleichsweise selten eruptive Tätigkeit. Sicher kann man beide Vulkane besuchen, wenn man ein wenig Vulkanluft schnuppern will und die Landschaften genießen möchte, doch echtes Vulkanfeeling kommt nur bedingt auf. Wer einen ersten Vollkontakt mit einem daueraktiven Vulkan sucht, der ist im Augenblick am Fuego in Guatemala ganz gut aufgehoben. Die Anreise dauert kaum länger, als wenn man sich zum Stromboli aufmacht, ist dafür aber natürlich teurer. Zwar ist man am Fuego im Camp am Acatenango auch relativ weit von den Eruptionen entfernt, aber man befindet sich wenigstens (fast) auf Augenhöhe mit dem Gipfel und den Verantwortlichen vor Ort. Zudem sind die Eruptionen oft stärker als am Stromboli. Wer es wagt, kann auch auf den Grat zwischen Fuego und Acatenango steigen und die Eruptionen aus nächster Nähe erleben, geht dabei aber ein entsprechendes Risiko für Leib und Leben ein. Diese Annäherung ist zwar auch Verboten, wird aber oft praktiziert und wurde bis jetzt meins Wissens nach noch nicht sanktioniert. Und bitte, springt nicht gleich in den Krater! Respekt erlangt man weder durch Selbstmord, noch dadurch einfach alt zu werden und zu sterben.

Sicherlich kann man diesen Artikel und meine Meinung zu der Überreglementierung unserer Gesellschaft kontrovers diskutieren. Im neuen Forum könnt ihr das gerne tun! Vielleicht habt ihr auch andere Informationen zu den Aufstiegsbedingungen?

Vulcano: Maggi, Bohnen und ein gefährlicher Vulkan

Blick über den Krater Fossa 2 und das Liparische Archipel. Stromboli ist ganz Rechts zu sehen. © Marc Szeglat

Vorsicht: Dieser Artikel enthält Satire, aber keine bezahlte Werbung!

Mittlerweile ist es eine Ewigkeit her, dass ich zuletzt auf der Lipareninsel Vulcano war, dabei zählte sie einst zu meinen italienischen Lieblingszielen. Seit 1990 stattete ich der Insel zahlreiche Besuche ab. Tatsächlich bestieg ich den Vulkan auf Vulcano noch vor dem Stromboli, der einige Inseln weiter liegt. Der zuletzt aktive Vulkankrater auf Vulcano heißt Fossa 2 und ist für seine Fumarolenfelder bekannt, die vor lauter Schwefelkristalle gelb leuchten.

Magmenintrusion auf Vulcano

Vulcano steht seit September 2021 häufig in den Schlagzeilen, denn damals gab es eine Magmenintrusion, die von einem Schwarmbeben und erhöhtem Gasausstoß begleitet wurde. Man fürchtete, dass sich der Vulkan auf eine Eruption vorbereiten würde, sperrte den fast 400 m hohen Aufstieg zum Krater und riegelte auch das Fangobad am Strand ab, denn auch dort gab es erhöhte Kohlendioxid- und Schwefelgaskonzentrationen. Einige Gebäude mussten sogar evakuiert werden, da sich in deren Kellern viel Kohlendioxid ansammelte. Letztes Jahr im Sommer schien sich die Situation allmählich zu entspannen, als plötzlich wenige Hundert Meter vor dem Strand von Vulcano Porto ein enormer Gassprudel entstand und sich das Wasser verfärbte, da Schwefelverbindungen aus dem Gas kondensierten und ausflockten. Schon damals war ich drauf und dran eine Reise nach Vulcano anzutreten, doch erst jetzt, im März 2023 fand ich tatsächlich die Gelegenheit dazu. Zusammen mit Manfred, der Mitglied der Vulkanologischen Gesellschaft e.V. und ein langjähriger Freund und Wegbegleiter von mir ist, machte ich mich auf den Weg, die Situation auf den Liparischen Inseln genauer unter die Lupe zu nehmen. Neben dem Vulkanismus interessierte mich, wie das Eiland nicht nur die erhöhte magmatische Aktivität im Untergrund verdaute, sondern wie es dort nach 3 Jahren Corona-Restriktionen aussah und ob der Aufstieg zur Fossa immer noch gesperrt ist.

Corona und Magma: Eine Insel im Abwind

Am Sonntag Vormittag kamen wir mit dem Tragflügelboot von Milazzo aus an und wurden von dem vertrauten Geruch fauler Eier empfangen, der so typisch für Vulcano ist: die Luft nahe des Fangobads ist mit dem Aroma von Schwefelwasserstoff erfüllt, ein Geruch, den viele vulcanophile Sünder lieben. Ein wenig erstaunt waren wir über den Umstand, dass mit uns nur 2 weitere Touristen das Boot verließen. Sicher, während der kalten Jahreszeit scheinen die Liparischen Inseln generell einen Winterschlaf zu halten, aber so still habe ich es hier noch nie erlebt. So hatte offiziell nur ein Hotel am Hafen geöffnet und ich musste fast eine Stunde durch den Ort streifen, um ein Zimmer in einer Pension aufzutreiben. Bei meinem Rundgang überkam mich eine erste Depression: Das Fangobad war gesperrt und viele Hotels in der Bucht von Porto di Levante scheinen für immer ihre Pforten geschlossen zu haben. Verfall, wo man auch hinsieht. Viele Häuser sahen so aus, als wären sie schon vor der Aktivitätssteigerung verlassen worden, nicht nur für die übliche Winterschließung, sondern dauerhaft. Ein Indiz, dass dem so ist, lieferte dann auch ein Bauschild am Rand des abgesperrten Fangobeckens: Im Herbst 2019 hatte man eine Baugenehmigung für eine Therme erhalten, doch mehr als ein Bauzaun und ein paar Betonmauern wurden seitdem dicht errichtet. Kunststück, ein paar Monate später stand Corona auf der Matte. Ein wenig erfreulicher Gast für die Menschen einer Insel, die zum großen Teil vom Tourismus lebt. So erzählte mir eine freundliche Inselbewohnerin dann auch, dass der Tourismus selbst im Sommer um mehr als ein Drittel zurückgegangen sei. Während ich mich so umschaute, dachte ich mir, dass es wohl eher Zweidrittelrückgang waren. Die Bewohner der Insel zeigten sich ziemlich unzufrieden damit, wie die Situation gehandhabt wurde, besonders die lange Sperrung von Vulkan und Fangobad, den beiden Hauptattraktionen von Vulcano, konnte man auf der Insel selbst wenig abgewinnen. Das ganze war zumindest skurril und erinnert mich ein wenig an behördlich angeordnete Sabotage! Dazu gesellten sich dann noch willkürlich verhängte Bußgelder für allzu neugierige Vulkanstürmer, die sich an die Verbote nicht hielten. Bis zu 500 € Strafe wurden bereits kassiert und erst in der letzten Woche hätte man 2 Vulkanwanderer erwischt und die Personalien aufgenommen, erzählte mir die Frau weiter. Das waren ja schlechte Vorzeichen für meinen geplanten Aufstieg zum Krater, denn ich wollte nachts hochsteigen, um zu gucken, ob es nicht etwa Schwefelbrand gäbe, denn die von den Vulkanologen gemessenen Gastemperaturen lagen zuletzt bei 390 Grad. Damit waren die Temperaturen zwar noch niedriger, als sie für die Entzündung von Schwefel nötig sind, aber man weiß ja nie.

Kritisch sind übrigens Gastemperaturen jenseits der 500-Grad-Marke. Treten dann noch permanent Schwarmbeben auf und wird Inflation nachgewiesen, dann droht tatsächlich eine Eruption. Meiner Meinung nach wird der Vulkan auf Vulcano noch ein wenig schlummern, bevor er wieder ausbricht. Dazu muss das Magma im Magmenkörper erst reifen. Kommt es dann zu einer weiteren Magmenintrusion, droht in der Tat eine explosive Eruption. Vulkangesteine, die ich bei einem Inselrundgang fand, weisen darauf hin, dass es bei einem der letzten Ausbrüche tatsächlich zu einer Vermischung zweier Magmen kam, bevor der Vulkan explodierte.

Gesperrter Aufstieg zum Krater

Nachdem Manfred und ich unser Zimmer bezogen hatten, machten wir einen kleinen Explorationsspaziergang zum Beginn der Aufstiegsroute. Sie war unübersehbar abgesperrt. Flatterband, ein rotes Absperrnetz und 2 Schilder zeugten davon, dass Wanderer hier nicht willkommen sind! Es wurde nicht nur vor den hohen Gaskonzentrationen gewarnt, sondern auch ein Bußgeld undefinierter Höhe angedroht, sollte man das Verbot missachten. Ein paar Hundert Meter entfernt gab es eine zweite Wegsperre, an der sich gerade zwei Polizisten zu schaffen machten. Ok, das sah schlecht aus! Langsam zweifelte ich daran, ob der geplante Aufstieg in der Vollmondnacht ein kluges Unterfangen sei.

Maggi ist giftig!

In der Mittagspause recherchierte ich ein wenig im Internet und bekam eine sehr interessante Meldung im Google-Browser meines Smartphones angezeigt: Maggie ist schädlich für die Gesundheit, hieß es in der Schlagzeile. Grund hierfür sind 2 Arten Glutamat und ein hoher Salzgehalt der Würze. Bluthochdruck und allergische Reaktionen seien möglich, wenn man zu viel von dem Zeug konsumierte. Das wollte ich zwar gar nicht wissen, fand es aber trotzdem sehr aufschlussreich, weil ich noch vor ein paar Tagen zuhause sagte: „Maggi ist alle“! Entweder sind die Google-Algorithmen gedankenlesend oder die KI hört über das Smartphone tatsächlich mit! So machte ich mir natürlich Gedanken, ob die KI nicht auch von meinem nächtlichen Vorhaben wusste und die Polizei alarmieren würde, doch diese Gedanken drückte ich erstmal beiseite.

Nordstream auf Vulcano

Nachmittags ging es dann zum Strand am Fangobad, in dessen Nähe doch tatsächlich noch ein beeindruckender Gassprudel aktiv war. Der unterseeische Gasaustritt erinnerte aus der Luft betrachtet ein wenig an die Bilder, die man noch von der Sprengung der Nordstream-Pipeline in Erinnerung hat. Gegenüber dem Sommer trat hier zwar nur noch ein Bruchteil der ursprünglichen Gasmenge aus, doch beeindruckend war es allemal. Natürlich fragt man sich dann als vulkanologischer Laie, ob das nicht etwas gefährlich sein könnte und ob hier am Strand eher phreatische Explosionen drohen, als oben am Krater? Erstaunlicherweise war das Areal nicht abgesperrt und daher nutzte ein Touristenpärchen gleich die Gelegenheit, den natürlichen Whirlpool auszuprobieren. Während ich ein wenig fassungslos auf das Bild meiner Drohne starrte, dass mir das fliegende Auge auf den Bildschirm des Telefons übertrug, kam mir eine andere Geschichte in den Sinn: letztens war Elternabend in der Schule meines Sohns gewesen. Es ging um die Klassenfahrt, die im Mai stattfinden soll. Eine Lehrerin wies die Eltern darauf hin, dass ein Schüler eine schlimme Nussallergie hat und die Kinder deswegen keine Snacks mit Nüssen auf die Klassenfahrt mitbringen dürfen. Also auch keine Erdnüsse und Snickers. Ob das schwimmende Paar da draußen ahnte, dass die Gase mindestens genauso schädlich sind wie Maggi?

Ein nicht angetretener Aufstieg

Um die Geschichte ein wenig abzukürzen: Mein Wecker schellte nicht nachts um Drei und ich stiefelte nicht im Vollmondlicht zum Krater hinauf, denn dann hätte ich Verbote übertreten müssen. Stattdessen bat ich einen namenlosen Zufallsbekannten -nennen wir ihn Mystic- hoch zu gehen und ein paar Nachtaufnahmen vom Krater zu machen, damit ich sehen konnte, ob dort Schwefel brennt, was nicht der Fall war. Also, statt mitten in der Nacht aufzustehen und ohne Taschenlampenlicht sinnbefreit auf einem Berg rumzustolpern, schlief ich aus und stiefelte morgens zum einzigen Café, das auf Vulcano geöffnet hatte, als ich plötzlich seltsam röchelnde Laute vernahm: Nussallergie, schoss es mir sofort durch den Kopf, doch als ich mich erschrocken umdrehte, sah ich nur Mystic, der versuchte auf Italienisch ein mit Puddingcreme gefülltes Croissant zu bestellen. Erdnüsse sind übrigens mit Bohnen verwandt!

Ätna: 20. Jahrestag der Eruption 2002

Vor 20 Jahren gab es die letzte wirklich große Flankeneruption am Ätna. Sie erlangte nicht nur große mediale Aufmerksamkeit, sondern richtete auch vergleichsweise große Zerstörungen an. Die Eruption stellte eine Zäsur für den Tourismus im Norden des Vulkans dar, denn praktisch die gesamte Touristen-Anlage an der Piano Provenzana wurde Opfer der Lava. Von den Einnahmen des Tourismus lebten viele Menschen der Ätna-Nordflanke und des Ortes Linguaglossa, sodass sich das Leben dort auch veränderte. Obwohl die Anlage Etna Nord in kleinerem Umfang wieder aufgebaut wurde, erreichte sie nie mehr die Bedeutung von früher. Dafür geht es dort beschaulicher zu, als im Süden des Vulkans und man kann sich abseits des Massentourismus bewegen. Landschaftlich gefällt mir persönlich die Ätna-Nordseite besser als der Süden, denn die Seite des Vulkans ist bis hin zur Touristenstation bewaldet.

Die große Ätna-Flankeneruption 2002

Doch was war damals geschehen? Am 26. Oktober 2002 begann ein starker Erdbebenschwarm unter der Nordostflanke des Ätnas und es entstanden erste Risse, die sich schnell erweiterten. Kurz vor Mitternacht öffneten sich dann große Eruptionsspalten oberhalb von Piano Provenzana und der Vulkanausbruch begann. Die Spalten lagen in Höhen zwischen 2500 und 1850 m und waren mit der bekannten Pernicana-Störungszone assoziiert. Lavafontänen stiegen in den Himmel und Lavaströme wälzten sich über die Flanke und erreichten in kurzer Zeit die Touristenstation und zerstörten sie komplett. Doch dem nicht genug, manifestierte sich am 29. Oktober ein Erdbeben der Magnitude 4,4. Das Epizentrum lag beim Ort Santa Venerina und richtete dort beachtliche Schäden an. Mehrere ältere Häuser stürzten komplett ein. Zahlreiche Häuser in einem Gürtel zwischen Acireale, Zafferana bis nach Giarre wurden beschädigt und konnten nicht mehr bewohnt werden. Gut 1400 Personen mussten ihre Wohnungen verlassen und wurden in Notunterkünften untergebracht. Die Vulkanologen vom INGV fanden heraus, dass sich die gesamte Vulkanflanke angefangen hatte zu bewegen, was große Besorgnis auslöste, denn die Befürchtung stand im Raum, dass die Ostflanke abscheren könnte. Dieses Ereignis blieb zum Glück aus. Die Eruption auf der Ätna-Nordseite dauerte bis zum 5. November. Als sie langsam abnahm, öffnete sich auf der Oberseite der Südflanke Eruptionsspalten. Es bildeten sich mehrere Schlote heraus, die kurz unterhalb der Gebäude am Torre del Filosofo lagen. Neben Lavafontänen und Aschewolken wurden mehrere Lavaströme gefördert. Schon bei der Flankeneruption im Vorjahr hatte sich die Landschaft dramatisch geändert, was bei der Eruption von 2002 nochmals getoppt wurde. Während die Lavaströme auf beiden Seiten des Vulkans ein Gesamtvolumen von gut 30 Millionen Kubikmeter Lava förderten, brachten die Explosionen fast 50 Millionen Kubikmeter Tephra hervor. Ein Superlativ für den Ätna. Die Eruption endete am 28. Januar 2003.

Wie ich den Vulkanausbruch erlebte

Ich erreichte den Vulkan am 4 Tage nach Eruptionsbeginn und fand die Ätna-Nordseite in einem Ausnahmezustand vor. Alles war abgeriegelt und es bestand keine Möglichkeit bis zur Lava vorzudringen. An den Straßensperren fragte ich mich bis zum Operationszentrum durch und besorgte mir eine Sondergenehmigung. Zusammen mit meiner damaligen Partnerin machte ich mich auf den Weg zur Piano Provenzana. Den Wagen mussten wir in einiger Entfernung parken und gut 3 km durch den Pinienwald marschieren. Am Lavastrom angekommen guckte ich ziemlich verdutzt, denn die ehemalige Touristenstation war vollkommen eingeebnet. Natürlich wollten wir bis zum Eruptionszentrum vordringen und mussten dafür die frischen Lavaströme queren. Sie waren ziemlich breit und die flimmernde Luft über ihnen signalisierte, das sie noch verdammt heiß waren. Eine wahre Freude ist es nie, über Aa-Lava zu gehen, erst recht nicht, wenn die Schuhsohlen heiß werden und es nach verbranntem Gummi riecht. Zu allem Überfluss gerieten wir in eine Zone, in der sich die Lava noch leicht bewegte. Umkehren kam aber nicht infrage und so schafften wir es dann zum aktive Förderschlot. Das ganze hatte schon was Kraft-mäßiges, als wir gut 100 m vom aktiven Schlot entfernt standen und die Explosionen filmten. Kurz bevor es dunkel wurde, machten wir uns auf den Rückweg, querten die Lavastrom und marschierten über kleine Waldwege zurück zum Auto. Nicht ohne uns im dunklen Pinienwald zu verlaufen, trotzdem schafften wir es irgendwie zurück. Vielleicht ist es noch erwähnenswert, dass ich zu dieser Zeit gerade zum ersten Mal ein Handy dabei hatte, was natürlich ausgerechnet dann klingelte, als wir die heißeste Zone des Lavastroms querten. Natürlich ging ich trotz dampfender Sohlen dran, was zu einigem Kopfschütteln führte.

Am nächsten Tag dokumentierten wir das Treiben in den Orten, deren Anwohner sich bedroht fühlten. Man startete eine Prozession mit einer Figur der Jungfrau Maria, um die Lava zu stoppen. Scheinbar hatte Gott ein Ohr und stoppte am Folgetag tatsächlich die Lava auf der Ätna Nordseite. Zu dieser Zeit waren wir mit einem RTL-Team unterwegs. Das Wetter war schlecht und wir konnten nur die atmende Lava am Rand des großen Lavastroms filmen, der langsam zu versiegen schien. Uns kam das Gerücht zu Ohren, dass auf der Ätna-Südseite Eruptionen begonnen hätten. Da unser Team in Begleitung des Sohns des Seilbahnbetreibers von Ätna Süd war, konnten wir über die Forststraßen zischen, die sonst gesperrt sind. Während die Fernseh-Leute in einem Jeep unterwegs waren, jöckelten wir in unserem geliehen Fiat Uno hinterher, schafften die Strecke aber dennoch, was die Einheimischen verwunderte. An der Seilbahnstation angekommen, hörten wir das Grollen von Eruption. Aber das Wetter war schlecht und an einem Aufstieg nicht zu denken. Er gelang uns erst 2 Tage später. Wir versanken bei jedem Schritt tief in die frische Tephra und wagten uns bis zum Krater vor, der im Vorjahr entstanden war. Der Anblick der Lavafontänen und Aschewolken, die von dem sich neu bildenden Kegel am Torre del Filosofo ausgingen war atemberaubend. Ein Stück Schöpfungsgeschichte unseres Planeten und gleichzeitig eine Säuberung, bei der die Hinterlassenschaften des Menschen ausradiert wurden. Damals dachte ich, dass ich so etwas noch öfters am Ätna erleben würde, doch dem war bis jetzt nicht so. Umso kostbarer erscheinen mir die Erinnerungen an diesem Ereignis, dass heute vor 20 Jahren begann.

Schlammvulkane in der Salse di Nirano


Bei der Salse di Nirano handelt es sich um ein Naturschutzgebiet in der italienischen Region Emilia-Romagna. Inmitten eines Tals, dass von bis zu 300 m hohen, bewaldeten Hügeln umgeben ist, gibt es eine Ansammlung von 5 eigenartigen Kegeln, bei denen es sich um Schlammvulkane handelt. Die Salse befindet sich etwas außerhalb der Großstadt Modena und präsentierte sich mir im Juli 2022 erstaunlich entschleunigt. Trotz der Nähe zur Großstadt fand ich einen Ort der Ruhe vor, dessen Stille nur durch ein gelegentliche Ploppen unterbrochen wurde. Das Ploppen stammte von platzenden Schlammblasen, die so ohne weiteres nicht einsehbar waren. Erst der Einsatz meiner Mini-Drohne (die allerdings die Ruhe störte) enthüllte die Quelle des Ploppens: an der Spitze eines gut 2,5 m hohen Kegels aus getrocknetem Schlamm lag ein kleiner Krater. In ihm gab es einen Schlammtümpel in dem Gasblasen aufstiegen. Nur wenige Zentimeter breite Rinnen entwässerten den Schlammtümpel im Krater des Kegels. Der Schlamm floss einige Dutzend Meter weit und trocknete schnell, so dass sich Trockenrisse in der wachsenden Schlammschicht bildeten.

Treibende Kraft der Schlammvulkane ist Methan-Gas

Obwohl der Schlammkegel an einen vulkanischen Hornito erinnert, handelt es sich bei den Schlammvulkanen der Salse di Nirano nicht um ein Phänomen vulkanischen Ursprungs. Stattdessen verdanken die Schlammvulkane ihren Ursprung Methangas, dass sich in der Tiefe ansammelt und salzige Tiefenwässer nach oben drückt. Während des Aufstieg interagiert das Wasser mit tonhaltigen Sedimenten, sodass Schlamm entsteht. Das Methangas stammt aus einer Sedimentschicht, in der viele organische Substanzen eingebettet sind. Natürlich nagt die Erosion an den Schlammkegeln, doch die Förderrate des Schlamms und die (regenbedingte) Erosion halten sich in etwa die Waage.

Ich besuchte die Salse di Nirano zusammen mit meiner Familie auf den Weg in die Toskana. Eigentlich wollten wir unseren Urlaub in Kenia verbringen, doch unsere Pläne wurden von einem positiven Corona-Test meines Sohns in letzter Minute vereitelt, so dass wir umdisponieren mussten, doch das ist eine andere Geschichte.

Salse di Nirano: ein gepflegtes Naturreservat

Wir fanden das gepflegte Naturreservat verwaist vor und waren die einzigen Besucher. Der große Parkplatz und die Holzstege, auf denen man zwischen den Schlammvulkanen bequem wandeln kann, deuten an, dass man hier mit deutlich mehr Besucher gerechnet hatte. Als ich im Jahr 2008 zum ersten Mal dort unterwegs war, sah das Areal weit weniger gepflegt aus. Die Vegetation zwischen den Schlammvulkanen wurde damals plattgelatscht, doch sie hat sich seit der Errichtung der Holzwege sichtlich erholt. Vor allem wachsen salz-resistente Gräser, denn wie der Name Salse schon andeutet, handelt es sich um eine salzhaltige Tunke, die aus den tiefen der Erde aufsteigt.

Leroy steckte seine Finger dann auch in den Schlamm, der an einer Stelle über einen Pfad floss und stellte fest, dass der Schlamm kalt ist. Ein weiteres Indiz dafür, dass hier Hephaistos (der Gott der Schmiede) seine Finger nicht im Spiel hat. Dennoch, für Volcanoholics ist die Salse di Nirano eine sehenswerte Manifestation der Kräfte des Erdinneren, die einen Abstecher wert ist.

Cumbre Vieja: Im Bann der Lava auf La Palma


Am 19 September 2021 begann auf der Kanareninsel La Palma ein Vulkanausbruch. Der Eruption voran ging eine seismische Krise, die mehrere Tage anhielt und von aufsteigendem Magma verursacht wurde. Obwohl ein Ausbruch wahrscheinlich war, rechneten die Wenigsten damit, dass sich das Eruptionszentrum am Rand des besiedelten Gebiets von El Paso öffnete. In kürzester Zeit wurden Hunderte Häuser zerstört. Schon 3 Tage nach Eruptionsbeginn trafen die ersten Vulkanauten der Vulkanologischen Gesellschaft auf La Palma ein. Ich folgte am 8. Tag der Eruption.

Cumbre Vieja: Bilder einer Eruption

Ankunft auf La Palma

Pünktlich mit meiner Annäherung an die Insel setzte die Aktivität des Vulkans aus. Zu dieser Zeit befand ich mich auf dem Weg vom Flughafen auf Teneriffa zur Fähre nach La Palma und als ich auf die abgestürzte Tremorkurve blickte, staunte ich nicht schlecht. Das konnte jetzt doch nicht wahr sein?! Hieß es in den Statistiken nicht, dass die Eruption mindestens 24 Tage dauern sollte? Auch in den Sozialen Medien kursierten schon wieder Bemerkungen über Marc, den Vulkanlöscher. Doch das brachte selbst Jesus nicht fertig, der ja bekanntermaßen Wasser in Wein verwandeln konnte, eine Eigenschaft, um die ich ihn sehr beneide. Also nix da, der Vulkan pausierte nur und als ich dann am späten Nachmittag endlich in El Paso ankam, setzte die Tätigkeit wieder ein.

Ich machte Quartier bei Jochen, der ein genial gelegenes Apartment organisiert hatte: von der Terrasse aus konnten wir den Vulkan beobachten, der sich in ca. 3 km Entfernung befand. Sein Grummeln und Donnern erfüllte die Luft und alles war voller Vulkanasche. Abends trafen wir Tom, Thorsten und Martin, die deutlich weiter entfernt untergekommen waren. Wir bezogen Stellung an einem der populärsten Aussichtspunkte in Vulkannähe, der zufällig am Ende jener Strasse lag, an der sich unser Apartment befand. Irgendwie mag ich kurze Wege. Von dort konnten wir bequem die Lavafontänen beobachten, gelangten aber nicht bis an die Lavafront. Diese war besser bewacht als Fort Knox und jeder Weg war abgesperrt. Bequemlichkeit ist ein Ding, Nähe ein Anderes. So echtes Vulkanfeeling wollte bei mir nicht aufkommen. Jochen und ich beschlossen eine weitere Annäherung an den Feuerberg und suchten eine Straße auf einen Bergrücken, der der Eruptionsspalte vorgelagert war. Hier kamen wir etwas näher an die Spalte mit ihrem neuen Kegel ran, doch noch bevor sich das richtige Gefühl einstellen wollte, standen wir erneut vor einer Straßensperre. Der Blick auf die Lavafontäne war von hier aus schon ganz gut und es hatten sich mehrere Schaulustige eingefunden, darunter auch Steven, ein weiteres Mitglied unseres Vulkanvereins. Weitere Annäherungsversuche an den Kegel erwiesen sich zwar als abenteuerlich, stellten aber den gewünschten Erfolg nicht ein. So erkundeten wir noch am nächsten Tag die Gegend und loteten einige Möglichkeiten der Annäherung aus, die ich dann erst in den nächsten Tagen mit Andreas und Tom realisieren konnte, denn Jochen und die anderen Vulkanauten mussten wieder abreisen.

Mit Sondergenehmigung ins Sperrgebiet

An meinem dritten Tag auf La Palma bekamen wir dann endlich unsere Genehmigungen, um ins Sperrgebiet vordringen zu dürfen. Zuvor hatte ich beim Essen eine Gruppe internationaler Wissenschaftler getroffen, was den Genehmigungsprozess ein wenig beschleunigte. Andreas und ich beschlossen mit dem Vulkan auf Tuchfühlung zu gehen, querten Abends den bewaldeten Hang des Cumbre Vieja und arbeiteten uns bis auf ein paar hundert Meter an den neuen Kraterkegel heran. Unter ohrenbetäubenden Getöse schoss die Lava in die Höhe und prasselte auf den Kegel nieder. 3 Schlote förderten Tephra und aus einem Vierten sprudelte dünnflüssige Schmelze, die den Lavastrom speiste. Seinen Weg konnten wir von hier oben aus mit den Augen verfolgen. Der Rückmarsch in der Dunkelheit erhielt einen Abendteuerpunkt, denn er führte über Stock und Stein und an recht tiefen Senken entlang.

Am folgenden Abend schlugen wir uns bis zur Abflussrinne des Lavastroms vor, die direkt unterhalb des Kraterkegels verlief. Ein nicht ungefährlicher Beobachtungsposten, aber einer der Faszinierendsten. Hier konnte man sie spüren, die Hitze des Vulkans. Hier atmete man pures Schwefeldioxid und stand im Lapilli-Regen. Hier war man den Kräften des Erdinneren schutzlos ausgeliefert. Schiefgehen durfte nichts, denn es hätte für uns katastrophale Folgen gehabt. Ein schnell voranschreitender Lavaschwall, der Kollaps einer Kraterwand, die Öffnung eines tiefer gelegenen Förderschlotes, oder eine plötzliche Explosion wären uns sicherlich nicht gut bekommen. Menschen sind ja so zerbrechlich! Tatsächlich konnten wir aus der Nähe erkennen, dass es einige Veränderungen in der nördlichen Kraterwand gab und berichteten darüber noch am gleichen Abend im Hauptquartiert der Einsatzkräfte. Zudem hatten wir an der Lavafront Proben gesammelt.

Nachts und am nächsten Morgen öffneten sich dann tatsächlich neue Schlote. Zwei von ihnen entsprangen gut 800 m vom Krater entfernt und nur 120 m östlich der Straße, auf der am Abend unser Wagen stand. Ein paar Stunden ehr und der neue Lavastrom hätte uns den Rückweg von der Abflussrinne abgeschnitten, die nun praktisch unerreichbar war. Als Vulkanbeobachter braucht man manchmal einfach etwas Glück, oder wenigstens das Ausbleiben von Pech!

An meinem letzten Abend auf La Palma wollten wir den Ocean Entry erkunden. Doch als wir uns auf dem Weg dorthin befanden, erschien eine gigantische Rauchsäule am Himmel. Ihre Quelle breitete sich am Boden rasend schnell aus und ich dachte zuerst an einen Aschestrom, der durch ein Kollaps am Ocean Entry entstanden sein könnte, oder dass sich eine Eruptionsspalte geöffnet hätte. Doch das wahr wohl ehr Wunschdenken. Offenbar war ein mehrere Hundert Meter langes Bananen-Gewächshaus abgefackelt. Der Brand entstand durch den Lavastrom, kurz oberhalb der Steilküste, über die sich seit 2 Tagen die Lava stürzte. Binnen Minuten füllte sich das gesamte Tal mit schwarzem Rauch und es wurden Ausgangssperren verhängt. Nicht etwa wegen der Schadstoffbelastung durch den Brand der Plastikfolie, sondern aufgrund des bösen Vulkans. Nun ja, genaugenommen nochmal Glück gehabt, denn eine halbe Stunde später wäre ich direkt neben dem Feuer gestanden. Heute war an den Ocean Entry kein rankommen mehr. Es müssen ja auch noch Ziele für den nächsten Besuch auf La Palma beiben.

Fagradalsfjall: Geimpft, getestet und rasiert

Staat: Island | Koordinaten: 63.903, -22.273 | Eruption: Hawaiianisch

Fagradalsfjall
Drohenenpanorama über den neuen Krater und dem Geldingadalir. © Marc Szeglat

Zwischen dem 05. und 12. September weilten die Geonauten/Vulkanauten Thorsten, Martin und Marc auf Island, um die Eruptionen des Vulkans Fagradalsfjall zu dokumentieren. Wie es das Schicksal so wollte, traf unsere Reise ausgerechnet mit der längsten Eruptionspause des Vulkans zusammen, seitdem er im März ausgebrochen war. Die Pandemie-bedingten Reisebeschränkungen und die Schulferien -mit ihren sündhaft explodierten Mietpreisen für Allradautos- vereitelten eine frühere Reise. Diese trat ich bereits mit gemischten Gefühlen und in einer dystopischen Stimmung an, denn der letzte Eruptionspuls ereignete sich bereits 3 Tage vor meiner Abreise: eine ungewöhnlich lange Pause für den ansonsten so aktiven Fagradalsfjall. Hinzu kam der Umstand, dass die Bahn streikte (danke GDL) und ich von Frankfurt aus flog. Also musste ich mit dem PKW 3 Stunden lang zum Flughafen fahren und ihn dort einem Langzeitparkplatz auf einem alten Fabrikgelände anvertrauen. Die endlos lange Schlange am Check-in war auch wenig erbaulich. Geimpft, getestet und frisch rasiert stellte ich mich wenig geduldig und ziemlich genervt hinten an und wartete. Irgendwann hatte ich es dann bis an Bord des Fliegers geschafft und versumpfte mit meiner Maske auf der Nase im zu schmalen Sitz. Dreieinhalbstunden später landete ich in Keflavik -ohne einen nennenswerten Bordservice genossen zu haben (danke Icelandair)- absolvierte das Corona-Einreiseprozedere und nahm den Mietwagen entgegen. Hier trug sich das erste einigermaßen positive Ereignis zu, denn mir wurde ein „Upgrade“ aufgedrückt. Anstatt des gebuchten Skoda Oktaiva 4×4 bekam ich einen Kia Sportage SUV. Mhh, eigentlich hatte ich den langen Skoda gemietet, weil ich hinten im Kofferraum schlafen wollte, nun würden es 7 unbequeme Nächte auf dem Beifahrersitz werden. Was für eine herbe Enttäuschung, aber wenigstens durfte man mit dem SUV über die Hochlandpisten brettern und auf den Spuren einer Grand Tour wandeln.

Thors Sohn

Nachdem ich Martin aufgegabelt hatte, trafen wir uns mit Thorsten in Grindavik, der bereits am Donnerstag auf Island angekommen war und vermutlich den Vulkan ausgetreten hatte. Oder hatte er etwa in den Krater uriniert? Was auch immer, der Sohn Thors musste den Vulkan gelöscht haben! Zusammen fuhren wir zum schweigenden Schlot und mir raubte es endgültig die Stimmung: Hunderte, nein, Tausende Schaulustige bevölkerten die Hügel um das Geldingadalir-Tal und starrten zum kalten Loch rüber. Schlimmer geht immer. Damit wir uns nicht falsch verstehen, ich finde es toll, wenn sich Menschen für Vulkane interessieren und diese auch bereisen, doch dieser Rummel ging mir entschieden zu weit! Um es abzukürzen: der Vulkan blieb aus und wir verdrückten uns ins ruhigere Hochland. Zuvor bestaunten wir einen Gletscherlauf der Skafta, der von zwei subglazialen Kavernen des Gletschers Vatnajökull ausging. Der Vulkan Grimsvötn verursachte eine Eisschmelze und das gestaute Wasser floss nun ab. Lokale Medien berichteten pausenlos über das Ereignis, doch irgendwie haute es mich nicht wirklich von den Socken. War halt ein Hochwasser, dass das Flussbett nicht mal verließ. Irgendwie weniger dystopisch, oder doch? Nein, Grimsvötn zeigte sich vom Gletscherlauf nicht beeindruckt und blieb -wie könnte es anders sein- ruhig. Zu ruhig für meinen Geschmack, denn als Sünder stehe ich auf einen Hauch von Feuer und Schwefel. By the way, Grimsvötn zählt zu den 7 isländischen Vulkansystemen, die sich aktuell auf eine Eruption vorbereiten sollen.

Im Bann des Tremors

Panorama über Kraterseen bei Landmannalaugar. © Marc Szeglat

Während unserer Reise staunten wir mehr als einmal, wie gut das Mobilfunknetzt auf Island ausgebaut ist, denn stündlich checkten wird den Tremor. Thorsten verließ uns am Donnerstag, und Martin und ich scheuchten den Kia nach Landmannalaugar, wo es mich erneut in Erstaunen versetzte: aus dem Geheimtipp von damals, ist eine beliebte Touristenattraktion geworden, wo sich alles trifft, was seinen Offroadcamper ausführt. Und ich kann Euch sagen: nach 5 Nächten auf dem Beifahrersitz eines SUVs hätte ich auch gerne einen gehabt. Abenteurfeeling war allerdings fehl am Platz, dazu muss man wohl zur Askja fahren. Aber wir wollten uns nicht weiter als 3 Fahrtstunden vom Fagradalsfjall entfernen. Am letzten Tag vor der Heimreise stellte sich heraus, dass dieser Entschluss weise war. Am Samstagmorgen begann der Tremor in der vertrauten Weise zu steigen und wir eilten vom Gulfoss zum Fagradalsfjall.

Neue Spalten am Vulkan Fagradalsfjall

Am Vulkan angekommen wählten wir die südlichste der 3 Routen, die auf die Hügelketten um den neuen Krater führen. Auf dem Rim steht eine der populärsten LiveCams und weiter östlich befindet sich ein recht wenig frequentierter Aussichtspunkt. Von dort aus wollten wir unsere Drohnen starten. Schon während des Weges dorthin schwante mir nichts Gutes: von der gegenüberliegenden Seite des Tals stieg verdammt viel Dampf auf und es hatte den Anschein, als würde dort Lava fließen. Martin war vorangeeilt und als ich den Aussichtspunkt erreicht hatte, drehte er bereits wieder um und machte sich auf den weiten Weg zur Nordseite. Ein Blick in die Ferne bestätigte meine Vermutung, dass sich in gut 2 km Entfernung neue Schlote im Talboden geöffnet hatten. Super, da stand ich dann mal auf der falschen Seite und guckte blöd aus der Wäsche! Martin, der im Gelände fast doppelt so schnell unterwegs ist wie ich, hatte gute Chancen den gegenüberliegenden Rim noch bei gutem Fluglicht zu erreichen, aber ich zweifelte an meiner Geschwindigkeit und beschloss auf dem Aussichtshügel zu verweilen. Dann blieb die Küche halt nicht nur leer, sondern auch kalt. Dafür startete ich bald meine Drohne und flog hinüber zum Krater, in dem sich wieder Lava sammelte. Was sich bis dahin vor meinen Augen verborgen hatte, war eine neue Öffnung an der nördlichen Basis des Kraterkegels. Hier schoss die Schmelze im hohen Bogen aus der Öffnung und speiste einen verzweigten Lavastrom. Aus 3 weiteren Öffnungen im Talboden sprudelte ebenfalls Lava und schuf einen breiten Strom, den man schon als sekundären Lavasee bezeichnen konnte. Was für ein Naturspektakel! Allerdings konnte sich so der Krater natürlich nicht mit Lava füllen und überlaufen, worauf ich bis dahin eigentlich gesetzt hatte. Die Erde bewies einmal mehr ihre Kraft, und dass es ihr scheißegal ist, ob ich geimpft, getestet und rasiert bin.

Thermalgebiete der Toskana

Die bekanntesten Manifestationen des Vulkanismus in der Toskana finden sich im Einzugsbereich des Vulkans Monte Amiata. Obwohl der Vulkan als erloschen gilt, gibt es noch heiße Magmen im Untergrund, die einen hohen geothermischen Gradienten der Region bedingen. Dadurch gibt es vielerorts Mofetten, Fumarolen und heiße Quellen.

In direkter Nachbarschaft zum Monte Amiata liegt der „Weiße Wal“ von San Filippo. Der große Kalksinterfelsen bildete sich am Ufer des Baches Rio Bianco. Am Bach gibt es auch wassergefüllte Sinterterrassen, die von warmen Quellen gespeist werden. Sie laden zu einem herrlichen Bad ein.

Weiter weg finden sich die bekannten Kalksinterterrassen von Saturnia. Auch sie verdanken ihre Existenz der Geothermie am Monte Amiata: am Vulkan versickertes Regenwasser dringt bis in 200 m Tiefe vor, wo es sich erwärmt und mit vulkanischen Mineralien angereichert wird. Unter diesen Mineralien befindet sich auch Schwefel. Ein Grundwasserstrom transportiert das Thermalwasser gut 30 km weit, bis es bei Saturnia austritt.

Kalksinter sind vielen Menschen aus Tropfsteinhöhlen bekannt, die sich überwiegend im Kalkgestein bilden. Die Kalksintererscheinungen (Tropfsteine, Sintersteine und Terrassen) entstehen, wenn im Wasser gelöstes Kalziumkarbonat kristallisiert und so die vielfältigen Erscheinungsformen wachsen lässt. Thermalwasser kann aufgrund seiner hohen Temperatur besonders viel Kalziumkarbonat lösen und es bei Abkühlung freisetzen. So finden sich in Thermalgebieten oft besonders schöne Kalksinterbecken. Sie wachsen schneller als Tropfsteine.

Thermalerscheinungen abseits des Monte Amiatas

In der Toscana gibt es weitere geothermische Manifestationen, die sich Abseits des Monte Amiata befinden und die ich nicht alle erwähnen kann. Sie zeigen, dass es auch anderswo heiße Magmenkörper im Untergrund geben muss. Bekanntes Beispiel hierfür ist das Thermalgebiet von Larderello. Bor-haltige Fumarolen treten dort vielerorts zutage. Sie wurden von Etruskern und Römern industriell genutzt. Bor wurde den Glasuren von Keramiken beigemischt. Heutzutage gibt es in der Region mehrere Geothermalkraftwerke und ein entsprechendes Museum.

Die Fumarolen von Biancane befinden sich nur wenige Kilometer von Larderello entfernt. Der kleine geothermale Naturpark liegt am Stadtrand von Monterotondo Marittimo. Beeindruckendste Manifestation des Vulkanismus ist hier ein Schlammtopf, der aber nicht so ohne weiteres einsehbar ist. Es ist tatsächlich der einzige echte Schlammtopf, den ich in der Toskana bisher gesehen habe. Die Gegend ist auch als Valle del Diavolo bekannt.

Ein ähnliches Thermalfeld ist die Colline Metallifere. Sie liegt an einem Berghang am Ortseingang von Sasso Pisano. Dort treten zahlreich Mofetten und Fumarolen zutage. Doch das eigentliche Highlight von Sasso Pisano ist das relativ neue Thermalbad. Von seinem Parkplatz aus, führt ein hölzerner Pfad, der von Eichen gesäumt ist, in ein verwunschenes Tal. Dort wird eine Thermalquelle in ein steinernes Becken geleitet, wie es schon die Etrusker genutzt haben mögen. Für mich eines der romantischten Bäder der Toskana und das sogar kostenfrei.

Fuego: Installation Livecam

Im Januar 2020 bereiste ich die guatemaltekischen Vulkane Pacaya und Fuego. Neben den üblichen Vulkanbesteigungen zum Fotografieren und Filmen der Eruptionen, hatte ich vor eine LiveCam am Fuße des Fuegos zu installieren. Die LiveCam wird von unserem Vulkanverein „Vulkanologische Gesellschaft e.V.“ finanziert und betrieben, wobei wir Unterstützung von Ulrich finden. Bei der vorherigen Reise hatte mich Martin mit Ulrich bekannt gemacht. Ulrich ist ein deutscher Aussiedler, der mit seiner einheimischen Frau auf einem schönen Anwesen lebt, dass sich nahe des ehemaligen Golfplatzes von La Reunion befindet. Das Haus zählt zu einer handvoll Gebäuden, die dem Vulkan besonders nahe liegen und sich mitten in den alten Kaffeeplantagen befinden. Von hier aus hat man nicht nur einen unglaublichen Blick auf den Doppelvulkan Fuego-Ancatenango, sondern auch auf die benachbarten Vulkan Agua und Pacaya. Ulrich holte mich von meinem Hotel in Antigua ab und fuhr mich zu seinem Haus, wo ich sehr gastfreundlich empfangen wurde. Zusammen mit einem seiner Angestellten kletterten wir auf das Dach und machten uns an die Montage der Kamera, die ich von zuhause mitgebracht hatte. Tage zuvor hatte Ulrich ein gut 30 m langes Lan-Kabel verlegt und einen Stromanschluss auf dem Dach eingerichtet. Innerhalb weniger Stunden war die Kamera installiert und eingerichtet, wobei wir die Kamera erst einmal provisorisch aufstellten, da sie zu einem späteren Zeitpunkt noch ein wenig verstellt werden soll.

Nach der Kamerainstallation zeigte mir Ulrich noch, wie knapp er und seine Familie der Katastrophe von 2018 entgangen sind, als pyroklastische Ströme und Lahare den Golfplatz nebst Hotel und Teile einer Siedlung zerstörten. Knapp 300 m trennen sein Haus vom Ort der Zerstörung.

Am nächsten Tag brach ich mit einer geführten Gruppe zum Acatenango auf, um von dort aus den Blick auf den Krater des Fuegos zu genießen. Der Aufstieg zum terrassierten Camp unterhalb des Gipfels des Acatenangos war anstrengen, aber der wunderschöne Wald auf der Vulkanflanke lässt einen die Anstrengungen vergessen. Eine halbe Stunde vor erreichen des Camps sieht man zum ersten Mal den Krater des Vulkans Fuego, was für einen zusätzlichen Motivationsschub sorgt.

Zur Abenddämmerung startete ich meine Kameradrohne für einen Flug Richtung eruptierenden Vulkankrater. Der GPS-Empfang war gut und so flog ich die Drohne bis an die Grenzen des Möglichen wo es zu einem Abriss der Verbindung zur Fernsteuerung kam. Doch anstatt automatisch zum Startpunkt zurückzukehren, drehte sie im 90 Gradwinkel ab. Die 800 € teure Drohne verschwand auf nimmer wiedersehen. Was mich besonders betrübte, war nicht der Verlust der Drohne, sondern der Verlust der Videos, die ich bis dahin am Fuego gedreht hatte. Ein wenig demotiviert hockte ich mich hinter meine Kamera und machte ein paar normale Bilder, wobei ich diesmal für den Vollmond zu spät dran war und mich die Resultate ohne Durchzeichnung des Vulkanhangs langweilten. Daher beendete ich die Bilderjagt bald und genoss den Anblick der Eruptionen bis mir die Augen zufielen.

Am nächsten Morgen ging es zeitig wieder runter. Für mein Gepäck hatte ich mir einen Träger bestellt, so dass ich selbst nur meine Fotoausrüstung tragen musste. Derart entfesselt machte der Abstieg richtig Spaß und in Windeseile erreichte ich den Fuß des Fuegos. Ein Tag später ging es wieder Richtung Heimat, wo Corona schon auf mich wartete. Im März gelangte die Seuche auch nach Guatemala, wo Ulrich bis jetzt (Anfang Mai) in Quarantäne lebt. Daher lässt die endgültige Platzierung der Webcam noch auf sich warten.

Bildbericht: Pacaya 2020

Im Januar 2020 weilte ich 3 Tage lang am Vulkan Pacaya in Guatemala. Seit Monaten war der Feuerberg strombolianisch aktiv und förderte zeitweise Lavaströme. So lockte mich der Vulkan zum 2. Mal innerhalb von 2 Jahren an. Im Vergleich zum März 2018 war der Hornito deutlich größer und besaß nun 2 ausgeprägte Schornsteine, die auch beide aktiv waren.

Jaime, der Host vom Salamandras House holte mich Freitagabend mit seinem Pickup vom Flughafen in Guatemala City ab. Der Mann aus El Salvador begrüßte mich herzlich und kutschierte mich auf dem Weg zum Pacaya noch zum Supermarkt. Eine ernsthafte Einkaufsmöglichkeit gibt es direkt am Vulkan nicht. Nur ein kleiner Kiosk bietet Naschwerk und Bier an, was ja bekanntlich das Wichtigste ist, um am Vulkan eine Weile klar zukommen. Am Gasthaus angekommen überlegte ich noch direkt in der ersten Nacht aufzusteigen, aber irgendwie gewann die Müdigkeit. Starker Wind und Bewölkung motivierten mich auch nicht sonderlich und so erklomm ich den Pacaya erst am nächsten Morgen.

Der erste Teil des Aufstiegs stellte keine besonderen Hürden auf, sah man einmal davon ab, dass gerade die ersten Hundert Höhenmeter ziemlich steil Bergan gehen. Da sich der Parkeingang (ja, der Pacaya ist in einem Nationalpark geschützt und man muss  50 Quetzales Eintritt zahlen) in knapp 1700 m Höhe befindet, fing ich gleich mächtig an zu schnaufen und zu schwitzen. Doch mit zunehmender Höhe hörte wenigstens das Schwitzen auf. Am Ende der Vegetationszone versammelten sich all jene Vulkanwanderer, die sich einer geführten Gruppe angeschlossen hatten und blickten sehnsuchtsvoll gen Gipfel. Die letzten 300 Höhenmeter kann man -entgegen den geltenden Regeln- schon noch erklimmen, man darf sich nur nicht von den Verbotsschildern und dem recht steilen Pfad durch lockere Lapilli abschrecken, bzw. aufhalten lassen. So stapfte ich entschlossen weiter und stand gegen Mittag am Rand des My-Kenney-Kraters und blickte auf die beiden fauchenden Schornsteine des Hornitos.

Zuerst wurden nur ein paar vereinzelte Lavabrocken aus den Mündern der Schlote ausgespien, doch ziemlich schnell steigerte sich die Aktivität zu kontinuierlichem Lavaspattering. Vereinzelte Lavabomben erreichten dabei schon respektable Höhen, von gut 50 Metern. Auch die Größe der Schlacken ließ sich sehen.

Am späten Nachmittag öffnete sich auf der Flanke des Hornitos sprotzend ein neuer Schlot. Ihm entströme Lava, die sich in einem mehr-armigen Strom über die Flanke ergoss. Das Spektakel war recht kurzweilig und endete nach 10 Minuten.

Innerhalb von 2 Stunden flog ich die 3 Akkus meiner Drohne leer und ließ sie dabei gefährlich niedrig über die Schlote schweben. Ich war ziemlich überrascht, dass sie am Ende der Batteriekapazitäten tatsächlich noch nicht abgeschossen worden war, wobei die Lavabomben die Rolle von Raketen übernahmen: mehr als einmal kamen sie dem unbemannten Fluggerät gefährlich nahe.

Am Abend wurde es dann wieder recht windig am Kraterrand, doch ich harrte beharrlich aus und wartete auf den Mondaufgang. Gegen 21.30 Uhr schob sich unser Trabant dann langsam über den Horizont und ließ wieder die Konturen des Hornitos erkennen. Wenig später machte ich mich dann an den Abstieg. Unten im Wald angekommen hielt ich ein Weilchen inne und ließ die vielfältigen Stimmen der Nacht auf mich wirken.

2 Tage später machte ich mich auf zum Fuego, was meine Drohne dann nicht überleben sollte, doch davon an anderer Stelle mehr.