
Neue Studie beleuchtet die Tiefenstruktur des Ätna und ihre Bedeutung für die Vulkanaktivität
Im unteren Flankenbereich des Ätnas kommt es häufig zu Erdbeben, die sich an tektonischen Störungszonen ereignen und dennoch auf Magmenaufstieg hinweisen. Die genauen Zusammenhänge waren lange Gegenstand von Spekulationen, doch nun beleuchtet eine neue Studie des Nationalen Instituts für Geophysik und Vulkanologie (INGV) und der Universität Catania die tieferliegenden Strukturen des Ätnas und bringt Licht in die im Verborgenen ablaufenden Prozesse.
Durch die Auswertung von über 15.000 Erdbeben, die sich in den letzten 20 Jahren ereigneten, konnten die Forschenden ein detailliertes seismotektonisches Modell des Vulkans entwickeln, das wichtige Rückschlüsse auf die Dynamik im Untergrund des Ätnas zulässt.
Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Scientific Reports“ veröffentlicht und zeigen, dass sich unter dem Ätna ein komplexes Netzwerk aus aktiven Verwerfungen erstreckt, das weit über die bekannten Strukturen an der Oberfläche hinausgeht. Dieses unterirdische Gefüge reagiert empfindlich auf Veränderungen im magmatischen System. So kann der Druck aufsteigenden Magmas tief liegende und seitlich entfernte Störungszonen aktivieren und dadurch seismische Aktivität auslösen.

Die Forscher um den Studienerstautor Luciano Scarfì modellierten aus den seismischen Daten ein seismotektonisches 3D-Modell und untersuchten mit Hilfe von Computersimulationen, wie sich Erdbebencluster in der Tiefe verteilen und gemeinsam mit Ablösungsflächen interagieren. Dabei stellten sie fest, dass die an der Erdoberfläche verlaufenden Störungszonen nicht bis in große Tiefen hinabreichen, sondern nur bis horizontal verlaufende Ablösungsflächen, die wiederum von einem komplexen Störungssystem in der Tiefe beeinflusst werden. Steigt nun Magma entlang des zentralen Fördersystems unter dem Kraterbereich des Vulkans auf, verteilen sich die durch den Druck entstehenden Spannungen seitlich und verursachen Erdbeben an den weiter entfernten Störungen am Rand des Ätnas.
Die Wissenschaftler modellierten eine Spreizungszone unter der Ätna-Ostflanke, die Spannungen umverteilt und eine Neubewertung der Flankeninstabilität nötig zu machen scheint.
Es ist bekannt, dass sich die Ostflanke des Vulkans langsam in Richtung des Ionischen Meeres verschiebt. Frühere Modelle gingen von einer relativ einheitlichen Bewegung aus, doch die aktuelle Analyse zeigt, dass dieser Prozess deutlich komplexer ist: Eine Verstärkung des Magmenaufstiegs könnte nicht nur stärkere Erdbeben auslösen, sondern auch das Abgleiten der Flanke beschleunigen. Diese Erkenntnis ist nicht ganz neu, denn ein beschleunigtes Rutschen der Flanke wurde bereits bei den letzten großen Flankeneruptionen Anfang des Jahrtausends nachgewiesen. (Quellen: Ressetext INGV, Studie bei nature.com)