
Ein weiterer spürbarer Erdstoß erschütterte Calderavulkan Campi Flegrei – Lageeinschätzung des INGV-Direktors
Gestern Nachmittag hielt der Erdbebenschwarm, der bereits Sonntagabend begonnen hatte, weiter an und erzeugte u.a. noch ein weiteres Erdbeben Md 3,3, das von den Bewohnern der Region deutlich gespürt werden konnte. Anders als die vorherigen Beben mit spürbaren Magnituden lag es nicht in unmittelbarer Küstennähe, sondern nordöstlich des Solfatarakraters in unmittelbarer Nähe zum Pisciarelli-Thermalgebiet mit seiner bekannten Fumarole.

Bei dem noch stärkeren Erdbeben Md 4,0, das sich nachts ereignet hatte, kam es zu einem Felssturz an der Küstenstraße Via Napoli, woraufhin ein Haus evakuiert wurde, in dem 6 Familien wohnten. Weitere Häuser wurden auf eventuelle Strukturschäden untersucht.
Wie immer in Zeiten starker Schwarmbebentätigkeit herrscht eine große Aufregung in der Regio, die in den sozialen Medien getragen wird, und auch die Mainstreammedien laufen heiß. So veröffentlichte die Onlinezeitung Fanpage ein Interview mit INGV-Direktor Professor Giuseppe De Natale, der betonte, als Wissenschaftler zu sprechen und nicht als Direktor des Instituts. Er vertritt die Meinung, dass der aktuelle Erdbebenschwarm keine Veränderungen des Status der Campi Flegrei repräsentiert, sondern dass er mit der seit Jahren anhaltenden Druckerhöhung im Hydrothermalsystem der Campi Flegrei zusammenhängt. Erdbeben und Bodenhebung sind Symptome der kontinuierlichen Druckerhöhung. Der Druck des Systems sowie die Bodenhebung und die Stärke der Erdbeben erreichen heute die höchsten Werte seit der letzten Eruption im Jahr 1538. Die Bodenhebung liegt um gut einen halben Meter höher als bei der letzten Bradyseismos-Phase und ein Ende der Aktivität ist nicht in Sicht.
De Natale rechnet mit einer weiteren Zunahme der Erdbebenstärken und hält es für möglich, dass es bald Erdbeben mit M 5,0 geben wird, welche weitere Schäden an der Infrastruktur verursachen werden. Der Geophysik-Professor betont, dass man seit 2017 einen Anstieg der Seismizität prognostiziert hätte, allerdings könne man nach wie vor nicht vorhersagen, wann es zu stärkeren Erdbeben kommen wird. Zu einem sich möglicherweise zusammenbrauenden Vulkanausbruch äußerte sich De Natale nicht.
Betrachtet man die Eruptionsgeschichte der Campi Flegrei, wird schnell klar, dass die kleineren Post-Caldera-Eruptionen zwar keinem bestimmten Muster folgen, dass es aber immer wieder zu Clusterereignissen kam. In Phasen mit erhöhter vulkanischer Aktivität, die mehrere Jahrhunderte und sogar Jahrtausende andauerten, kam es vergleichsweise häufig zu Eruptionen. Dennoch konnte zwischen diesen Eruptionen auch mal mehrere Jahrhunderte vergehen. Die letzten 3000 Jahre waren hingegen vergleichsweise ruhig, mit nur 2 dokumentierten Ausbrüchen: der phreatischen Eruption in der Solfatara von 1198 und der Entstehung des Monte Nuovo im Jahr 1538. Die langen Zeitabstände zwischen den früheren Eruptionen verdeutlichen meiner Meinung nach, dass der sogenannte Bradyseismos letztendlich nichts anderes ist als das Aufheizen des Vulkans und die Phasen können letztendlich in einer Eruption gipfeln. Früher oder später kommt es zum Desaster.