Mathematisches Modell zur Vorhersage von Vulkanausbrüchen: Shannon-Entropie könnte Prognosen genauer machen
Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung von Dr. Miguel Ángel Méndez hat ein neuartiges mathematisches Verfahren entwickelt, mit dem sich Vulkanausbrüche künftig präziser vorhersagen lassen könnten. Die Methode basiert auf Parametern aus der Informationstheorie und Signalstatistik – insbesondere der Shannon-Entropie (SE), der Kurtosis und dem Frequenzindex (FI). An der Studie waren unter anderem das Instituto Volcanológico de Canarias (INVOLCAN), die Universität Granada und das Instituto Tecnológico y de Energías Renovables (ITER) beteiligt. Sie wurde im Journal of Volcanology and Geothermal Research veröffentlicht.
Die Forschenden wendeten das Konzept der Shannon-Entropie auf seismische Daten an, um Veränderungen in der inneren Dynamik von Vulkanen zu erkennen. In der Vulkanologie beschreibt die Entropie, wie „geordnet“ oder „chaotisch“ die seismischen Signale eines Vulkans sind. Ein niedriger Entropiewert bedeutet, dass die Signale regelmäßig und vorhersehbar sind – das System arbeitet geordneter. Ein Entropieabfall kurz vor einem Ausbruch deutet darauf hin, dass das vulkanische System gleichmäßige, rhythmische Schwingungen wie harmonischen Tremor erzeugt, die mit dem Aufstieg von Magma und der Vorbereitung einer Eruption verbunden sind. Hohe Entropie steht dagegen für zufällige, unvorhersehbare Erdbebensignale, wie sie während einer Ruhephase auftreten können.
Ergänzend dazu liefert die Kurtosis Hinweise auf impulsive seismische Ereignisse, Schwärme und explosive Phasen, während der Frequenzindex Veränderungen in den dominanten Frequenzbändern erfasst, die etwa mit Frakturen, Tremor oder Magmaaufstieg verknüpft sind. Die Kombination dieser Parameter erlaubt es, sowohl die Vorläufer als auch die verschiedenen Entwicklungsphasen einer Eruption detaillierter zu charakterisieren.
Das Team analysierte seismische Daten zweier Vulkane: des Tajogaite auf La Palma, der 2021 ausbrach, und des mexikanischen Colima, der zwischen 2013 und 2022 aktiv war. Dabei zeigte sich, dass die Shannon-Entropie bereits Stunden vor den Eruptionen deutlich abfiel, während Kurtosis und Frequenzindex charakteristische Veränderungen aufwiesen, die mit zunehmender vulkanischer Aktivität korrelierten. Im Fall des Tajogaite konnte der bevorstehende Ausbruch mindestens neun Stunden im Voraus erkannt werden. Ein Anstieg der Entropie nach dem Ende der Eruption signalisierte zudem die Rückkehr zur vulkanischen Ruhe.
Da die Methode automatisiert auf große Datenmengen angewendet werden kann und Echtzeitanalysen ermöglicht, könnte sie bestehende Überwachungssysteme deutlich verbessern. INVOLCAN betont, dass dieser Ansatz einen entscheidenden Fortschritt für die Vulkanbeobachtung auf den Kanarischen Inseln darstellt, da die frühzeitige Erkennung geordneter seismischer Muster sowie impulsiver Ereignisse und Frequenzänderungen entscheidend für den Bevölkerungsschutz und die Notfallplanung ist. (Quelle: https://doi.org/10.1016/j.jvolgeores.2025.108454, Pressemeldung INVOLCAN)