Island: Magma in 400 m Tiefe vermutet

Erdbebentätigkeit bleibt stabil – Magma soll weiter aufsteigen

Aus dem isländischen Erdbebengebiet gibt es eine gute und eine schlechte Nachricht. Die gute Nachricht lautet, dass sich die Magmenbewegungen im Dyke entschleunigt haben. An den Enden des Magmaschlauchs soll die Bewegung der Schmelze sogar fast ganz aufgehört haben. Ein Indiz dafür, dass sich das Magma abkühlt. Die schlechte Nachricht ist, dass weiterhin Magma aufsteigt, und zwar sowohl aus der Tiefe bis in den Dyke als auch vom Dyke weiter Richtung Oberfläche.

Neuen Analysen zufolge soll sich das Magma heute Morgen in gut 400 m Tiefe befunden haben und langsam weiter aufsteigen. Die Aktivität konzentriert sich auf einen Bereich bei der vulkanischen Erhebung Hagafell, die gut 3 km nördlich von Grindavik liegt und sich damit fast auf Augenhöhe mit dem bekannteren Thorbjörn befindet. Daher halten Experten nun diesen Bereich für einen möglichen Eruptionsort. Völlig offen ist noch, wie groß eine vermeidliche Spalte letztendlich wird. Doch auch hier zeigen sich einige Wissenschaftler vorsichtig optimistisch und nehmen ihre Prognosen für ein wahrscheinliches Worst-Case-Scenario ein Stück weit zurück. So sagte Freysteinn Sigmundsson, ein Geowissenschaftler der Uni Reykjavik, dass er nun etwa mit einer Eruption in der Größenordnung der ersten Fagradalsfjall-Eruption rechnet. Grund für die Herabstufung seiner persönlichen Einschätzung des Eruptionsrisikos sei die deutlich verringerte Magmenbewegung innerhalb des Dykes.

Den Bewohnern von Grindavik, die in den letzten beiden Tagen noch nicht zu ihren Wohnungen zurückkehren konnten, wurde heute ein Besuch des Ortes gestattet, damit sie ihre beweglichen Güter bergen könnten. Offenbar waren die Schwefeldioxid-Konzentrationen in der Nacht wieder zurückgegangen, nachdem sie gestern Mittag deutlich angestiegen waren. Interessant ist vielleicht auch, dass hier neue Messtationen eingerichtet wurden, die die Gaskonzentration großräumiger erfassten, als es kleine Handgeräte machen. Die Konzentration des Gases in der Luft ist nicht nur von seiner Emissionsrate abhängig, sondern natürlich auch vom Wind und Regen, die das Gas verteilen bzw. auswaschen können.

Island: Seismizität am 15.11.23 leicht rückläufig

Seismizität hat leicht abgenommen – Ausbruchsgefahr bleibt bestehen

Zwischen Mitternacht und heute Morgen um 8 Uhr ereigneten sich gut 600 schwache Erdbeben im Bereich des magmatischen Gangs auf der isländischen Reykjanes-Halbinsel. Das sind immer noch sehr viele Erdbeben, aber etwas weniger als wir in den vergangenen Tagen gesehen haben. Die stärksten Erdbeben hatten Magnituden im 2er-Bereich, sodass die freigesetzte Gesamtenergie geringer ist als in den vergangenen Tagen. Nichtsdestotrotz akkumuliert sich weiter Magma im Gang, was sich auch in weiteren Bodendeformationen widerspiegelt, wobei es ein recht inhomogenes Bild gibt: Während in Grindavik der Boden weiter absackt, hebt er sich bei Svartsengi und im Süden des Fagradalsfjall an. An den meisten Stationen wird eine anhaltende horizontale Bodenverschiebung um mehrere Millimeter pro Tag registriert.

Nachdem gestern Nachmittag Grindavik aufgrund erhöhter Schwefeldioxid-Konzentrationen geräumt wurde, wartet man heute noch auf das O. K. der Behörden, damit die Bewohner des Ortes für einige Stunden in ihre Wohnungen zurückkehren können, um ihre Sachen zu bergen. Offenbar gibt es auf Island eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden, so dass die meisten Betroffenen letztendlich abgesichert sind und nicht vor einem finanziellen Ruin stehen, wenn sie ihre Häuser komplett verlieren sollten. Der Wert der versicherten Immobilien in Grindavik wird auf 14 Milliarden ISK geschätzt, was 90 Millionen Euro entspricht.

IMO-Wissenschaftler kommentierten gestern, dass das Schwefeldioxid dem Magma im Gang entströmt. Die Schmelze müsse in einer Tiefe von weniger als 500 m stehen, damit das Gas die Erdoberfläche erreicht. Natürlich kann aber auch Gas aus größerer Tiefe aufsteigen, wenn es offene Risse gibt, die bis zur Oberfläche durchdringen. Die meisten Erdbeben spielen sich weiterhin in der Tiefe der Hauptintrusion ab und zeigen keinen Magmenaufstieg zur Oberfläche an.

Die beiden Forscher Kristín Jónsdóttir, Seismologe am Isländischen Meteorologischen Amt, und Freysteinn Sigmundsson, Geowissenschaftler an der Universität Island, diskutierten gestern im Fernsehen über die Naturkatastrophe in Grindavík. Sie meinten, dass die Evakuierung von Grindavik mindestens ein paar Wochen andauern werde, selbst wenn es nicht zu einem Vulkanausbruch kommen wird. Es wird ein schwieriger Entscheidungsprozess werden, den Menschen eine Rückkehr zu erlauben. Grundvoraussetzung dazu sei, dass der Magmenzustrom im Untergrund stoppt. Aber selbst dann sitzt man in Grindavik auf eine tickende Zeitbombe. Im Zuge der Diskussion wurde auch klar, dass selbst die führenden Wissenschaftler auf Island nicht genau wissen, was im Untergrund abläuft und welches Ausmaß die zu erwartende Katastrophe annehmen wird.

Was mir in all den Berichten zu kurz kommt, ist eine Einschätzung der Situation in Bezug auf die zu erwartenden Gasemissionen auf Reykjanes und in Südisland. Schließlich lebt hier der größte Teil der Inselbevölkerung. Zwischen Grindavik und der Hauptstadt Reykjavik liegen gerade einmal 40 km Luftlinie. Zwar herrschen normalerweise Windrichtungen vor, die das Gas von der Hauptstadt fernhalten würden, doch bei ungünstigen Wetterlagen hat man im Worst-Case-Fall schon mit starker Beeinträchtigung zu rechnen.

Die meisten Forscher sind sich einig, dass ein Vulkanausbruch droht, der viel, viel größer werden könnte als das, was man in den letzten Jahren auf Reykjanes gesehen hat. Wie schlimm so ein Ausbruch werden kann, zeigt die Laki-Eruption von 1783. Hier öffnete sich eine mächtige Eruptionsspalte über dem Island-Mantelplume. Während des Initialstadiums war die Spalte 12 km lang (der aktuelle Gang hat eine Länge von mindestens 15 km) und erweiterte sich im Laufe der mehrmonatigen Eruption auf 27 km Länge. Damals zogen die Gaswolken bis nach Irland und England und lösten eine Kälteperiode aus. Tausende Menschen verhungerten und selbst in Deutschland gab es ungewöhnlich strenge Winter mit anschließendem Hochwasser.

Statistisch gesehen dürfte es gar nicht zu so einem starken Ausbruch kommen, denn erst vor 2 Jahren erlebte die Welt die Hunga Tonga-Hunga Ha’apai Eruption, die das Klima beeinflusst. Solche Eruptionen kommen bestenfalls alle paar Jahrzehnte vor. Aber was stören sich Vulkane an Statistiken?

Island: erhöhte Schwefeldioxid-Emissionen am 14.11.23

Räumung von Grindavik aufgrund erhöhter Schwefeldioxid-Konzentrationen – Magma dring weiter in den Dyke ein

Wie vor wenigen Minuten bekannt wurde, wird der Ort Grindavik erneut geräumt, und die Menschen, die tagsüber zu ihren Häusern und Wohnungen durften, um ihre Sachen zu bergen, wurden aufgefordert, den Ort umgehend zu verlassen. Diese Anordnung stammt vom Zivilschutz und wird vom Polizeichef der Region umgesetzt. Es wird betont, dass es sich nicht um eine Notfallevakuierung handelt, sondern um eine Vorsichtsmaßnahme aufgrund einer möglichen Gesundheitsgefährdung wegen zu hoher Schwefeldioxid-Konzentrationen in der Luft. Diese wurde von IMO-Mitarbeitern heute Nachmittag detektiert. Es stellt sich die Frage, ob man erst heute mit den Messungen angefangen hat, oder ob die SO2-Konzentration bereits seit Beginn des Geschehens erhöht ist? Sollte die Konzentration jetzt erst steigen, würde das die Vermutung nahelegen, dass Magma weiter aufgestiegen ist.

Auf Videoaufnahmen der bekannten Fraktur nahe des Sportzentrums von Grindavik war schon vorgestern zu sehen, dass Dampf aus dem Riss aufstieg. Unklar ist, ob es sich um fumarolischen Dampf aus der Erdspalte handelte, oder ob eine Fernwärmeleitung unter der Straße geborsten ist und der Dampf vielleicht daher stammte.

Als gesichert sehen Experten den Umstand an, dass weiter Magma in den Gang eindringt. Die Quelle wird im Bereich der meisten Erdbeben vermutet, die sich ca. 3,5 km nordnordöstlich von Grindavik ereignen. IMO veröffentlichte vorhin neue Modellrechnungen, nach denen der Magmenzufluss 75 Kubikmeter pro Sekunde beträgt. Das ist schon eine ordentliche Hausnummer und übersteigt die Magmenakkumulation der ersten und stärksten Fagradalsfjall-Eruption um ein Vielfaches. Wir dürfen gespannt sein, wie die Geschichte weitergeht. Da der Magmenzustrom in der Tiefe anhält, sehe ich nur eine geringe Chance, dass es für die Betroffenen gut endet. Mit anderen Worten, ich rechne noch mit einem Vulkanausbruch, und je länger er auf sich warten lässt, desto stärker könnte er werden. Eine gesicherte Erkenntnis ist das aber nicht!

Island: Bildung eines Grabenbruchs bei Grindavik

Seismizität auf hohem Niveau stabil

Datum 14.11.23 | Zeit: 03:59:28 UTC | Lokation: 63.867 ; -22.407 | Tiefe: 3,5 km | Mb 3,1

Die Erdbebentätigkeit auf der isländischen Reykjanes-Halbinsel befindet sich weiterhin auf einem deutlich erhöhten Niveau, zeigt sich aber von seiner stabilen Seite. Das heißt, dass es weiterhin viele schwache Erdbeben gibt (500 waren es während der Nacht), dass aber ein neuer Bebenschub ausgeblieben ist. Das stärkste Erdbeben hatte heute Nacht eine Magnitude von 3,1 und lag nördlich von Grindavik, etwa dort, wo man die größte Magmenansammlung vermutet. In den letzten 48 Stunden gab es nur 6 Erschütterungen im Dreierbereich. Bei der Vielzahl der registrierten Erdbeben handelt es sich um sehr schwache Mikrobeben. Die Erdbeben sind Symptome von starken Bodendeformationen, die sich in den letzten Tagen auf Reykjanes zutrugen. Sie sind wahrlich epischen Ausmaßes und wurden auf Island in diesem Umfang noch nicht mit modernen Messinstrumenten dokumentiert.

Mysteriöse Bodendeformationen auf Reykjanes

Bereits gestern Abend erwähnte ich kurz, dass man mit Hilfe neuer satellitengestützter Radarmessungen eine Depression in Form eines Grabens entdeckte, der quer durch Grindavik zieht und der Spur der Magmenintrusion folgt. In den ersten Artikeln isländischer Medien hieß es dazu, dass es einen horizontalen Versatz von einem Meter gegeben hätte, sich der Boden also seitwärts verschoben hat. Doch auf dem abends bei IMO veröffentlichten Interferogramm sieht man, dass es sich in der Tat um eine vertikale Bodenabsenkung von 1 m Tiefe handelt, obwohl es natürlich auch den horizontalen Versatz von 120 cm gibt, der bereits am Samstag entdeckt wurde.

Die neu entstandene Grabenstruktur ist alles andere als klein: die Zone mit der größten Bodenabsenkung von bis zu 1 m misst ca. 5 x 2 km und streicht in Richtung Nordost-Südwest. Bezieht man die Randbereiche der Depression mit ein, dann misst sie ca. 10 x 5 km. Die Radardaten werden mittlerweile durch neue GPS-Messungen gestützt, die ebenfalls gestern Abend veröffentlicht wurden. Dies erklärt auch die großen Bodenhebungen von ca. 20 cm, die die GPS-Daten bereits vorgestern im Bereich vom Fagradalsfjall anzeigten: während der Boden entlang der Depression absackte, wurden die Randbereiche angehoben. Nicht ganz einleuchtend ist der Umstand, dass man nach dem Interferogramm vom Samstag von Bodenhebung sprach, ohne die Grabenstruktur zu entdecken.

Die offiziellen Modelle gehen davon aus, dass die Depression durch die Intrusion des magmatischen Gangs verursacht wurde, indem er den Untergrund auseinanderdrückte und sich der Boden über der Intrusion absenkte. Vielleicht wird aber auch umgekehrt ein Schuh draus: Es gab einen tektonischen Riftingprozess und der so entstandene Riss wurde von unten durch Magma gekittet.

Wie auch immer, es haben große Bodenbewegungen stattgefunden und auf Island rechnet man immer noch mit einem Vulkanausbruch. Allerdings rudern einige Forscher mittlerweile etwas von den Worst-Case-Szenarien zurück. Interpretiert man die aktuellen Erdbeben als magmatischen Ursprungs, finden die stärksten Magmenbewegungen ca. 3,5 km nordnordöstlich von Grindavik statt. Sie konzentrieren sich auf die Kraterreihe östlich von Thorbjörn. Sollte es dort zu einer größeren Eruption kommen, könnte der Westrand der Stadt von Lava verschont bleiben. Glück könnten dann auch das Geothermalkraftwerk und die Blaue Lagune haben. Doch auf Glück will man sich auf Island nicht verlassen, denn es wurde ein Gesetz verabschiedet, das den Bau von Schutzanlagen genehmigt.

Island: Bebentätigkeit weiterhin hoch – News vom 13.11.23

Bebentätigkeit auf Reykjanes weiterhin hoch – Bodenhebung verlagerte sich Richtung Fagradalsfjall

Die Seismizität unter der isländischen Halbinsel Reykjanes ist weiterhin hoch. In den ersten sechs Tagesstunden registrierte IMO gut 500 schwache Erschütterungen mit Magnituden unter drei. Gegenüber dem Vortag hat die Seismizität leicht abgenommen. Die meisten Erschütterungen ereignen sich entlang des magmatischen Gangs. Es werden aber auch Erdbeben offshore am Reykjanes-Ridge bei der Insel Eldey festgestellt.

Neue GPS-Daten aus dem Bereich Grindavik stehen aus, aber gestern Abend wurden Messungen anderer Stationen veröffentlicht, die vor allem im Bereich des Fagradalsfjall erstaunliche Bodenhebungen von bis zu 20 cm zeigten. Unklar ist, ob es sich hierbei um Auswirkungen des magmatischen Gangs weiter westlich handelt, oder ob sich hier weiteres Magma akkumulierte. Auch Messfehler wären denkbar. Die nächsten Messungen werden ein Stück Klarheit schaffen.

Nach wie vor ist eine Eruption entlang des Gangs sehr wahrscheinlich. Die Vulkanologen rechnen aber mittlerweile eher mit einem Ausbruch innerhalb der nächsten Tage als in den nächsten Stunden. Man sammelt neue Daten für eine Neubewertung der Situation.

Inzwischen durften Bewohner von Þórkötlustaðahverfi im östlichen Teil von Grindavík zu ihren Häusern kurzzeitig zurückkehren, um ihre Sachen zu bergen und Haustiere einzusammeln. Die Menschen müssen sich darauf einstellen, länger nicht mehr in ihre Häuser zurückzukehren, selbst wenn ein Vulkanausbruch erst einmal ausbleiben sollte. Es dauert Monate bis Jahre, bis der Dyke soweit abgekühlt ist, dass von ihm keine Gefahr mehr ausgeht. Was bleibt, sind die strukturellen Schäden der Stadt. Diese sind größer als zunächst angenommen: Durch Erdbeben und Intrusion bildete sich ein Riss in der Erdkruste, der quer durch die Stadt verläuft. Dabei machte er vor Straßen, Leitungen und Gebäuden keinen Halt. Man muss sich die Frage stellen, ob Grindavik nicht aufgegeben werden muss.

Die Ereignisse zeigen auch, dass es auf Reykajnes praktisch keinen dauerhaft sicheren Platz für eine Siedlung gibt. Letztendlich ist die gesamte Halbinsel vulkanischen Ursprungs und tektonisch äußerst aktiv: sie liegt auf einem Teil des Mittelatlantischen Rückens, der sich in Form des Reykjanes-Ridge aus dem Ozean erhebt und von West nach Ost die Halbinsel quert.

Schon zu Beginn der Tätigkeit in 2021 haben Forscher darüber spekuliert, dass man auf der Reykjanes-Halbinsel mit mehreren Dekaden vulkansicher und tektonischer Unruhe rechnen muss. Offenbar könnte die Aktivitätsphase sehr heftig werden. Was noch passieren könnte, ist absolut unkalkulierbar. Für Island ein schwerer Schlag. Zogen die ersten drei Eruptionen am Fagradalsfjall noch viele Touristen an, könnte eine gefährlichere Aktivität, von der auch der internationale Flughafen betroffen werden könnte, Touristen dauerhaft vergraulen. Mal abgesehen von enormen Schäden, die an der Infrastruktur drohen und unter denen die Einheimischen am meisten leiden werden.

Island: Eruptionsgefahr bleibt am 12.11.23 hoch

Leichter Rückgang der Erdbebentätigkeit auf Reykjanes – Eruptionsgefahr bleibt hoch

Seit Mitternacht gab es ca. 1000 schwache Erdbeben unter der isländischen Reykjanes-Halbinsel. Nicht alle Beben manifestierten sich entlang des Dykes: es formierten sich auch 2 Bebencluster nordöstlich und südwestlich davon. Im Bereich des magmatischen Gangs blieben die Magnituden kleiner als 3. Die isländischen Medien berichten, dass es praktisch keine erkennbaren Veränderungen in Bezug auf Magmenbewegungen gab. Dennoch geht man davon aus, dass Magma langsam weiter aufsteigt. Den letzten Daten von gestern Nachmittag zufolge befand sich die Schmelze zu diesem Zeitpunkt in ca. 800 m Tiefe. Von dort kann es theoretisch innerhalb weniger Stunden bis zur Oberfläche durchdringen. Erfahrungsgemäß dauert es 3–7 Tage, bis es nach einer so starken Intrusion zu einem Vulkanausbruch kommt. Am Bardarbunga wie auch auf Leilani gab es erst eine Serie kleinerer Spalteneruptionen, bis es dann zum großen Ausbruch kam. Aber das Verhalten eines jeden Vulkans oder Gangs kann sich von dem, was man glaubt zu kennen, unterscheiden, was Prognosen deutlich erschwert. Es besteht immer noch die Möglichkeit, dass es nicht zu einem Ausbruch kommt, diese ist aber relativ gering.

IMO-Vulkanologe Ármann Höskuldsson äußerte sich in einem Interview mit RUV besorgt, denn er hält es für wahrscheinlich, dass es zu einer Eruption direkt in- oder knapp außerhalb von Grindavik kommen wird. Die Gefahr einer submarinen Eruption vor der Küste hält er ebenfalls für hoch. In diesem Fall kann es surtseyanische Eruptionen geben, die auch Aschewolken fördern und den Flugverkehr gefährden. Besonders tragisch, da der Flughafen Keflavik nur 20 km Luftlinie entfernt liegt.

Trotz der Gefahr für Grindavik entwickelt man eifrig Pläne, wie man den evakuierten Anwohnern die kurzfristige Rückkehr in ihre Häuser ermöglichen kann, damit sie zurückgelassene Wertgegenstände und das Nötigste zum Leben aus ihren Wohnungen bergen können, bevor der Ausbruch losgeht, der möglicher Weise enorme Schäden in der Stadt anrichten wird. Es ist auch der Totalverlust des gesamten Ortes denkbar. Es befinden sich auch noch zahlreiche Haustiere in Grindavik, die geborgen werden sollen. Eine Herausforderung für die Verantwortlichen des Zivilschutzes.

Island: Magmenintrusion verursacht Straßensperrungen

Aktualisierter Verlauf des Magmatischen Gangs. Stand 18 Uhr. © IMO

Magmenintrusion bis unters Meer – Grindavik großräumig abgesperrt

Update 20.30 Uhr: Neue Daten veranlassten die Wissenschaftler, den Verlauf des magmatischen Gangs neu zu bewerten. Nach diesen Erkenntnissen soll er 15 km lang sein und nicht bei Stóra-Skógfell entspringen, sondern auf der Ebene Kálffellsheiði, die am Nordwestrand des Fagradalsfjall beginnt. Vielleicht sind die Vorgänge auch wieder mehr mit diesem Vulkan assoziiert, als man bis jetzt meint.

Originalmeldung: Die Nacht und den Tag verbrachten isländische Forscher damit, die Situation um die Magmenintrusion bei Grindavik auf der isländischen Reykjanes-Halbinsel genauer zu untersuchen. Was sie herausfanden, dürfte die Menschen vor Ort wenig begeistern: Der magmatische Gang, der letzte Nacht in der Gegend zwischen Svartsengi und Grindavik intrudiert war, hat mindestens eine Länge von 12 km. Er beginnt am Südrand der vulkanischen Erhebung Stóra-Skógfell und verläuft östlich von Svartsengi und dem Vulkan Thorbjörn. Dort folgt der alten Kraterreihe von Sundhnúka und unterquert den Westen Grindaviks. Seine Spur verliert sich an der Küste, wo er wahrscheinlich ein Stück weit ins Meer hineinläuft. An seiner flachsten Stelle liegt er in nur 800 m Tiefe und es ist sehr wahrscheinlich, dass das Magma den restlichen Weg bis zur Oberfläche schafft. Noch ist es völlig unklar, wo das sein wird. Wahrscheinlich gibt es eine längere Eruptionsspalte und Lava könnte sogar am Meeresboden austreten, so dass wir eine surtseyanische Eruption sehen werden. Doch das mit dem Sehen ist so eine Sache, denn Grindavik wurde nicht nur evakuiert, sondern auch großräumig abgesperrt. Es trat ein touristischer Notfallplan in Kraft und es darf bezweifelt werden, dass der potenzielle Vulkanausbruch eine Touristenattraktion werden wird.

Nicht nur ich fühle mich an die Vorgänge im Vorfeld der Bardarbunga-Eruption erinnert, sondern auch viele der isländischen Geowissenschaftler. Man geht davon aus, dass ein großer Vulkanausbruch droht, der deutlich stärker werden wird als das, was wir in den letzten drei Jahren am Fagradalsfjall sahen. Þorvaldur Þórðarson sagte in einem MBL-Interview, dass der Dyke seiner Meinung nach das Potenzial hat, etwa 0,5 Kubikkilometer Lava hervorzubringen. Der Bardarbunga förderte etwa 1,2 Kubikkilometer Schmelze. Bei der ersten Fagradalsfjall-Eruption waren es 0,2 Kubikmeter. Im Anfangsstadium könnten etwa 300–400 Kubikmeter Lava pro Sekunde gefördert werden. Der Fagradalsfjall schaffte damals gerade einmal 8 Kubikmeter. Auch der Forscher Benedikt Gunnar Ófeigsson zieht Parallelen zum Bardarbunga und sieht die Größenordnungen der aktuellen Bodendeformation in diesem Bereich angesiedelt.

Im Laufe des Tages verschaffte man sich auch einen Überblick über die Straßenschäden, die besonders in Grindavik auftraten und ein ernstes Problem darstellen. Der Zivilschutz hat dazu geraten, die Straßen nicht mehr mit privaten PKWs befahren zu lassen. Es wird auch überlegt, einen Fahrservice für die Fütterung zurückgelassener Haustiere einzurichten.

Heute Abend hält die Erdbebenaktivität weiter an, hat sich aber etwas abgeschwächt. Das Zentrum der Aktivität hat sich wieder in den Nordosten verlagert, dorthin, wo sie gestern begann.

Island: Magmenintrusion löst Evakuierung aus

Starkes Schwarmbeben und Magmenintrusion unter Grindavik – Ort wurde evakuiert

Das starke Schwarmbeben, das gestern Nachmittag unter der isländischen Reykjanes-Halbinsel begann, ist immer noch nicht vorbei. Es hat sich nur ein wenig abgeschwächt, doch die Aktivität geht auf sehr hohem Niveau weiter. Innerhalb von 24 Stunden wurden mehr als 3000 Beben registriert. Drei Erdbeben hatten Magnituden im Fünferbereich. Gestern verlagerte sich das Bebenzentrum von einer Region westlich von Svartsengi in den Osten, um dann weiter in den Süden zu wandern. Wie ich schon ziemlich früh schrieb, verlagerte sich auch die Bodenhebung mit den Erdbeben, die im Endeffekt der fortschreitenden Intrusion eines magmatischen Gangs folgte. Sie setzte sich allem Anschein nach bis unter den Ort Grindavik an der Südküste von Reykjanes fort, so dass man am späten Abend beschloss, die Bewohner von Grindavik vorsorglich zu evakuieren. Obwohl der Zivilschutz klar machte, dass es noch keine Notfallevakuierung sei und man in Ruhe seine Häuser verlassen könne, war der Prozess bereits um drei Uhr nachts abgeschlossen. An den Ortszugangsstraßen wurden Straßensperren errichtet und Patrouillen sollen sicherstellen, dass nicht geplündert wird, was ich mir auf Island auch nur schwer vorstellen kann.

Schon das ungewöhnlich starke Schwarmbeben lässt vermuten, dass sich da etwas Gewaltiges unter Reykjanes zusammenbraucht. Diese Vermutung wird durch ein neues Interferogramm gestützt, das massive Bodenhebungen visualisiert, die ihr Zentrum auf der Linie des neu intrudierten Gangs haben, aber einen großen Teil der Halbinsel beeinflussen. In Statements von IMO-Wissenschaftlern, die in den isländischen Medien verbreitet wurden, heißt es, dass es die größte Magmenansammlung der letzten Jahre ist, die man unter Reykjanes messen konnte. Es hat sich also auch mehr Magma angesammelt als vor der ersten Fagradalsfjall-Eruption, die zwischen März und September 2021 die Gegend ein halbes Jahr lang in Atem hielt.

Neue Messungen zeigen, dass der magmatische Gang 12 km lang ist und sich bis unters Meer erstreckt. Es ist von einer Bodenhebung von 20 cm und mehr die Rede. Die GPS-Messtationen Svartsengi und Festarfjall (südlich vom Fagradalsfjall) drifteten um 120 cm auseinander.

Subjektiv betrachtet erinnern mich die Vorgänge an das Vorspiel zur Bardarbunga-Eruption in 2014, auch wenn sich die Vorgänge nicht 1:1 vergleichen lassen, da es sich um unterschiedliche Vulkansysteme handelt. Damals entstand das größte Lavafeld auf Island seit der Laki-Eruption im 18. Jahrhundert entstand. Während Bardarbunga im unbewohnten Hochland wütete, ist hier eine Region mit wichtiger Infrastruktur betroffen. Neben Grindavik sind die Blaue Lagune und das Geothermalkraftwerk direkt betroffen. Keflavik mit dem internationalen Flughafen und die Inselhauptstadt Reykjavik liegen quasi in Sichtweite der betroffenen Region und könnten auf die eine oder andere Weise indirekt in Mitleidenschaft gezogen werden. Der Alarmstatus für den Flugverkehr wurde auf „Orange“ erhöht.

Obwohl man immer noch nicht definitiv sagen kann, dass es zu einem Vulkanausbruch kommen wird, halte ich es für sehr wahrscheinlich. Die Frage ist nur wann und wo genau.

Island: Massives Schwarmbeben in Progress

Die seismische Aktivität unter Reykjanes steigerte sich weiter – stärkstes Erdbeben M 5,2

Die Erdbebenaktivität unter der isländischen Reykjanes-Halbinsel steuert ihrem neuen Höhepunkt entgegen und könnte tatsächlich auch durch einen finalen Magmenaufstieg im Bereich der Sundhnúkar-Kraterreihe getriggert werden. In den letzten Stunden ereigneten sich gut 170 Erdbeben mit Magnituden ab 3. Der stärkste Erdstoß, der vom automatischen System detektiert wurde, hatte eine Magnitude von 5,2. Es könnte aber sein, dass die Daten noch korrigiert werden, sobald sie von einem Geophysiker überprüft wurden.

Wie dem auch sein, es ist eines der stärksten Schwarmbeben auf Island, über das ich hier bisher berichten konnte. Ähnlich starke Ereignisse hatten wir vor der ersten Fagradalsfjall-Eruption 2021 und vor der Bardarbunga-Eruption 2014. Selbst wenn das Magma nicht in den nächsten Stunden/Tagen ausbrechen sollte, kann ich mir kaum vorstellen, dass es längerfristig im Untergrund hängen bleibt. Grund für diese Annahme liefern zahlreiche Erdbeben mit Magnituden ab 3 in Tiefen von 1-2 km, die sich in den letzten Minuten manifestierten. Wahrscheinlich bricht dort das Gestein auf, weil Magma sich seinen Weg bahnt.

Sollte die Schmelze nicht in den nächsten Stunden den finalen Aufstieg schaffen, gibt es eine vergleichsweise große Magmenansammlung in geringer Tiefe, die nur auf einen weiteren Schubs wartet um auszubrechen.

Auf einem der Livestreams sieht man Blaulicht und einsatzfahrzeuge am Kraftwerk Svartsengi. Außerdem wurde die Straße beschädigt. Auf einem Foto ist zu erkennen, dass sich ein Riss gebildet hat an dem es einen Versatz von mehreren zehner Zentimetern gibt.

Interessanterweise droht nicht nur auf Reykjanes ein Vulkanausbruch, sondern auch am Ätna. Wie unsere Vereinsmitglied Tobias L. und Andreas B. gerade in unserer WA-Gruppe diskutierten, konnte man auf der Livecam kurz einen kleinen Lavastrom erspähen, der in der Scharte des Neuen Südostkraters unterwegs ist. Der Tremor stieg deutlich an und befindet sich an der Grenze zum roten Bereich. Hier droht entweder ein Paroxysmus, oder einen neue Episode mit Lavastromtätigkeit. Typisch Ätna halt, hasst es, wenn ihm andere Vulkane die Show stehlen! Vulkanspotter stehen dann mal wieder vor der Wahl der Qual, wo mehrere Monate lang keine interessante Eruption in erreichbaren Gefilden stattfand. Sollte es zu einem Ausbruch kommen, zieht es mich trotz der Jahreszeit wohl ehr nach Island als zum Ätna, obwohl ich auch mal wieder einen schönen Ätna-Paroxysmus vertragen könnte!