Campi Flegrei: 3d Kartierung und Notfallübung

In diesen Tagen machen gleich 2 Nachrichten über den italienischen Calderavulkan Campi Flegrei die Runde: Es wurde eine Notfallübung durchgeführt und Wissenschaftler erstellten eine neue 3 d Karte der Solfatara.

3d-Kartierung der Solfatara

Einem Forscherteam des INGV Neapels gelang es, im Rahmen einer neuen Studie, eine 3 dimensionale Karte des Untergrunds im Bereich der Solfatara von Pozzuoli zu erstellen. An den Untersuchungen waren auch Wissenschaftler des Department of Earth Sciences, Environment and Resources der Universität „Federico II“ von Neapel beteiligt. Zur Anwendung kam ein Verfahren das Elektrotomographie genannt wird und eine Weiterentwicklung der Geoelektrik ist: Über im Boden verankerte Sonden wird elektrischer Strom in den Untergrund geschickt und die Leitfähigkeit des Bodens gemessen. Unterschiedliche Bodenarten, bzw. Gesteinsschichten haben einen spezifischen Widerstand. Je nachdem wie viel Strom an den Empfangssonden ankommt, kann man ableiten, welche Gesteinsschichten der Strom durchlief. Bei der modernen Elektrotomographie werden drahtlose Sonden verwendet. Dem Forscherteam gelang es tatsächlich bis in Tiefen von 500 m vorzudringen. Mittels Computeranalyse wurde ein detailgetreues Bild des Untergrundes im Bereich der Solfatara erstellt. Es wurden nicht nur die unterschiedlichen Ablagerungen identifiziert, sondern auch Störungszonen und die Aufstiegswege magmatischer Fluide aufgespürt. So entdeckte man unter der Fumarole von Pisciarelli ein Gasreservoir. Die Wissenschaftler schließen aus den neuen Daten, dass sich der nächste Ausbruch der Campi Flegrei wahrscheinlich im Bereich der Solfatara manifestieren wird. Antonio Troiano, ein Mitautor der Studie sagt dazu: „die Ergebnisse dieser Forschung werden uns helfen, nützliche Elemente für die Entwicklung und Verbesserung physikalisch-mathematischer Modelle zu liefern, die darauf abzielen, die derzeit stattfindenden fumarolischen, hydrothermalen und seismischen Phänomene und ihre mögliche Entwicklung zu verstehen“. Seit 2011 wird eine rege seismische Aktivität unter der Caldera festgestellt. Zudem nahm der Gasflux zu. Seit über 2 Jahren ist der Zugang zur Solfatara gesperrt.

Notfallübung EXE Flegrei 2019

Bereits am 19. Oktober wurde eine Notfall-Evakuierungsübung der Campi Flegrei durchgeführt. Anwohner wurden dazu aufgerufen, sich am CTP-Busdepot einzufinden, von dort wurden sie dann zum Bahnhof von Napol gefahren. Am Bahnhof stand ein Zug bereit, der sie in Sicherheit bringen sollten. Es wurde eine Abfahrtsimulation durchgeführt. Doch Vincenzo Figliolia, Bürgermeister von Pozzuoli, zeigte sich in einem Zeitungsinterview ernüchtert: nur ein paar Dutzend Leute nahmen an der Übung teil, obwohl mehrere Hundert Personen dazu aufgefordert worden waren. Initiator der Notfalübung war der Zivilschutz. Bei dieser Gelegenheit fand man heraus, dass viele Gemeinden der Region überhaupt keine Notfallpläne haben, sollte es zu einer Eruption des Calderavulkans kommen.

Die Übung zeigt aber, dass sich die Verantwortlichen zunehmend Gedanken darüber machen, was im Fall der Fälle passieren könnte. Das kommt beinahe einem Paradigmawechsel gleich. Er wird von der Arbeit der Wissenschaftler hervorgerufen, die immer mehr Belege dafür finden, wie brisant die Lage am Vulkan tatsächlich ist. Die Anwohnern der Region scheinen das allerdings noch nicht verinnerlicht zu haben, oder verdrängen die potenzielle Gefahr, in der sie ständig leben.

Campi Flegrei: Spuren einer weitere Eruption

Die Campi Flegrei ist ein großer Caldera-Vulkan in der Nähe von Neapel. Schon lange fürchten Forscher ihr großes zerstörerisches Potenzial. Jetzt wurden Hinweise dafür gefunden, dass die Gefahr weitaus größer sein könnte als gedacht.

Forscher um Paul Albert von der University of Oxford fügten dem Puzzle um die Eruptionsgeschichte der Campi Flegrei ein neues Teil hinzu: demnach gab es vor 29.000 Jahren einen weiteren großen Ausbruch des Vulkans, der sich in den Reigen der bisher bekannten Großeruptionen von vor 39.000 und 15.000 Jahren einfügt. Der Ausbruch hatte einen VEI zwischen 6 und 7 und war ähnlich stark wie der des indonesischen Vulkans Tambora im Jahre 1815. Zu diesem Schluss gelangten die Forscher durch die Untersuchung vulkanischer Gesteinsproben, die sie bei Bohrungen in Neapel und nordöstlich der Caldera zutage förderten. Die Bohrkerne enthielten vulkanisches Glas, dessen Ursprung einer Eruption der Campi Flegrei zugeordnet werden konnte. Die neuen Proben weisen die gleiche chemische Signatur auf, wie eine mächtige Tephra-Schicht, die sich im Mittelmeerraum auf einer Fläche von 150.000 Quadratkilometern ausbreitet. Das Alter dieser überwiegend marinen Gesteine wird mit 29.000 Jahren angegeben. Der sogenannte Masseria del Monte Tuff ist schon seit längerem bekannt, doch bisher fehlte der eindeutige Beweis seines Ursprungs.
Abermals muss nun das Gefahrenpotenzial der Campi Flegrei neu eingeschätzt werden: das Zeitintervall zwischen den großen Eruptionen der Caldera verkürzt sich deutlich und wir könnten näher vor einer europaweiten Katastrophe stehen, als befürchtet. Dafür sprechen auch neue Hinweise, dass sich die Magmakammer unter dem Vulkan füllt. In den letzten Monaten änderten sich Gastemperaturen und es werden Bodendeformation und Seismik registriert. Erst vor 1 Woche gab es einen kleinen Erdbebenschwarm.

Seismische Tomografie enthüllt Aufstiegswege des Magmas

Eine Studie aus dem Jahr 2017 geht jetzt wieder durch die Medien, die die Aufstiegsweg von Fluiden enthüllte, die von der Magmakammer aus zur Oberfläche aufsteigen. Dabei wurde eine neue Art der seismischen Tomografie angewendet. Ein Forscherteam um Professor De Siena, nutze seismische Signale, die von der Brandung an der Küste im Golf von Pozuolli ausgeht, um den Untergrund näher zu untersuchen. Dabei wurde offenbar der Aufstiegskanal enthüllt, den magmatische Fluide nutzen. Diese steigen zunächst aus einem Gebiet unter dem Meer auf und folgen dann einem schrägen Kanal in Richtung Caldera-Mittelpunkt und Solfatara. Man vermutet, dass dieser Aufstiegsweg in den 1980’iger Jahre entstand, als die Gegend von einer starken seismischen Krise heimgesucht wurde.

(Quellen: https://www.eurekalert.org/pub_releases/2019-04/gsoa-mec042519.php und https://phys.org/news/2019-04-sea-decades-old-supervolcano-mystery.html)