Neues Schwarmbeben erschüttert Campi Flegrei – Studie entdeckt neue Bruchzone
Es herrschen weiterhin unruhige Zeiten in den süditalienischen Campi Flegrei: Gestern wurde der Calderavulkan von einem weiteren Schwarmbeben erschüttert. Es bestand aus über 30 Einzelbeben geringer Magnituden. Das stärkste Beben hatte eine Magnitude von 2,0 und lag an der Küste südöstlich der Solfatara. Mehrere Beben gab es auch wieder im Golf von Pozzuoli, genauer, vor der Küste von Bagnoli. Dort gab es zuletzt einige Beben mit Magnituden größer 2.
In den letzten Tagen wurde auch eine weitere Studie zum Bradyseismos veröffentlicht, die eben in dieser Zone eine bisher unidentifizierte Verwerfung lokalisierte. Sie wird La Pietra genannt und zeichnete sich für das Erdbeben Mb 4,2 vom 27. September 2023 verantwortlich. Aufgrund der Ausdehnung der identifizierten seismologischen Strukturen schätzten die Autoren der Studie, dass unter ähnlichen Spannungsbedingungen ein Erdbeben mit einer maximalen Magnitude von etwa 5 auftreten könnte.
Die Studie wurde unter der Leitung von Professor Zollo durchgeführt. Die Wissenschaftler entwickelten eine neue Technik, um die Seismizität der letzten zehn Jahre zu kartieren. Diese Technik kombiniert seismologische Daten, geophysikalische Parameter und geologische Informationen des Untersuchungsgebiets, wodurch hochpräzise Erdbebenpositionen ermittelt und aktivierte Störungszonen der inneren Caldera aufgedeckt werden konnten.
Die Methode ermöglichte es, den genauen Ursprungsort von etwa 9000 Erdbeben zu bestimmen und ist deutlich genauer als herkömmliche Methoden. Dank dieser hohen Auflösung konnten verschiedene Bruchzonen während der aktuellen seismischen Krise identifiziert werden. Großmaßstäblich zeigt sich eine fast elliptische Verteilung der Seismizität, während auf kleineren Skalen komplexere und variablere seismische Brüche sichtbar wurden.
Die präzise Lokalisierung der Erdbeben während der aktuellen bradyseismischen Krise ergab eine maximale Tiefe der Epizentren von etwa 3-4 km. Größere Erdbeben ereigneten sich in der Regel in größeren Tiefen. Die räumliche Verteilung der Seismizität stimmte gut mit bekannten Oberflächenverwerfungen überein, die im Laufe der tausendjährigen Geschichte des Vulkans aktiviert wurden.
Notfallübung zu einem simulierten Erdbeben in der Campi Flegrei stieß auf wenig Interesse bei der Bevölkerung
Die Erde bebt, Häuser und Straßen werden beschädigt und giftige Vulkangase treten aus. Menschen rennen in Panik auf die Straßen und versuchen, aus einstürzenden Altbauten zu flüchten. Dabei stürzen Fassadenteile und Dachziegel auf die Straßen. Flüchtende werden am Kopf getroffen und rennen blutüberströmt durch die engen Gassen der Stadt Richtung Meer, wo in Windeseile Notunterkünfte und Evakuierungszentren eingerichtet werden. Durch geborstene Gasleitungen strömt Gas und es kommt zu Explosionen, Glassplitter fliegen umher und verletzen zahlreiche Personen.
So ähnlich könnte es sich abspielen, sollte sich in Pozzuoli und umliegenden Gemeinden im Einzugsbereich des Calderavulkans Campi Flegrei ein stärkeres Erdbeben ereignen. Das bisher stärkste Erdbeben der aktuellen Bodenhebungsphase in den Phlegräischen Feldern manifestierte sich im Mai und hatte eine Magnitude von 4,4. Erdbeben dieser Stärke verursachen meistens nur geringe Schäden. Anders sieht es bei Erschütterungen mit Magnituden im Fünferbereich aus, die durch vulkanische Prozesse durchaus ausgelöst werden können. Daher luden Kommunalverwaltung und Zivilschutz zu einer Notfallübung ein, die am Dienstag und Mittwoch dieser Woche durchgeführt wurde. Tagelang wurde in den Medien und vor Ort dafür geworben, und es lagen Listen aus, in denen sich bis zu 250 Bürger registrieren konnten, die an der Übung teilnehmen wollten. Einige Anwohner wurden von den Behörden direkt zur Teilnahme eingeladen.
Die Übung startete dann am Dienstag bei schönstem Wetter. Zuerst übte man die internen Abläufe bei den Behörden und Verwaltungen, die im Notfall in Kraft treten. Später sollten dann die Bürger in die Übung einbezogen werden. Doch leider lag man lieber am Strand, als sich in einem stickigen Zelt versorgen zu lassen oder mit einem Bus aus dem simulierten Erdbebengebiet evakuiert zu werden. Je nach Quelle ist von 30 bis 60 Freiwilligen die Rede, die der Aufforderung zur Übungsteilnahme folgten. Informationszelte an der Küstenpromenade registrierten lediglich vier Besucher. In den Medien wurde die Übung als Reinfall bezeichnet. Auch Fabrizio Curcio, der Leiter des Zivilschutzes, zeigte sich enttäuscht und machte mangelnde Aufklärungsarbeit für das geringe Interesse an der Übung verantwortlich. In Pozzuoli leben 81.000 Einwohner in der direkten Gefahrenzone, und da ist es tatsächlich deprimierend, wenn nicht einmal ein Promille der Bevölkerung an den Übungen teilnahm. Vielleicht lag das geringe Interesse aber auch an dem geprobten Szenario, denn schließlich lebt man in einem Vulkangebiet und fürchtet sich weniger vor Erdbeben als vor einer Eruption und hier gilt es zu evakuieren, bevor die Katastrophe beginnt. Ein Vulkanausbruch soll in der nächsten Übung simuliert werden, die für Oktober dieses Jahres geplant ist.
Evakuierungspläne für die Campi Flegrei wurden konkreter ausgearbeitet – Neapolitaner würden im Notfall nach Latium umsiedeln
Der süditalienische Calderavulkan Campi Flegrei ist weiterhin seismisch aktiv, jedoch bewegt sich die Aktivität auf einem Niveau, das für eine Region, die vom Bradyseismos betroffen ist, als normal bezeichnet werden kann. Stärkere Schwarmbeben blieben diese Woche bisher aus. Dennoch hebt sich der Boden weiterhin mit einer durchschnittlichen Rate von 2 Zentimetern pro Monat. Diese Daten stammen aus dem jüngsten INGV-Bulletin, das am Dienstag veröffentlicht wurde und die Ereignisse der letzten Woche beschreibt. Das stärkste Erdbeben dieser Woche hatte eine Magnitude von 3,7. Insgesamt wurden 143 Erdbeben lokalisiert. Die Gastemperatur in der Dampffahne von Pisciarelli lag weiterhin bei 95 Grad.
Auch wenn es momentan etwas ruhiger ist, bedeutet das nicht, dass sich die Situation entschärft. Dementsprechend wachsam ist man in Pozzuoli und dem benachbarten Neapel. Die Katastrophenschutzbehörde hat in Zusammenarbeit mit Vulkanologen und dem Stadtrat weiter an den Evakuierungsplänen für den Notfall gearbeitet und potenzielle Evakuierungszonen ausgeweitet. Im Falle einer Eruption sollen nicht nur die Bürger von Pozzuoli evakuiert werden, sondern auch mehrere Stadtteile Neapels, die an Pozzuoli und die Campi Flegrei angrenzen. Es wurde beschlossen, dass die Bewohner von Fuorigrotta, das in der roten Zone liegt, im Notfall auf verschiedene Gemeinden in Tuscia, einer Region in Latium bei Rom, umgesiedelt werden sollen. Fuorigrotta ist ein dicht besiedeltes Viertel im Westen Neapels mit mehr als 70.000 Einwohnern. Im Falle eines Ausbruchs wäre es von pyroklastischen Strömen bedroht, die aufgrund ihrer hohen Temperaturen und Geschwindigkeit besonders gefährlich sind.
Insgesamt leben in der roten Zone etwa 500.000 Menschen. Die Region Latium hat einen Notfallplan zur Aufnahme der Bevölkerung aus Fuorigrotta erstellt und genehmigt, einschließlich der Unterzeichnung eines Memorandums mit der Gemeinde Neapel. Tuscia, eine Region in Latium, wird die Vertriebenen auf ihre 60 Gemeinden verteilen. Es ist auch vorgesehen, dass potenzielle Flüchtlinge aus Neapel in Viterbo aufgenommen werden.
Erdbeben in der Caldera Campi Flegrei gehen weiter – Die Evakuierungen in Pozzuoli auch
Die Erde unter der süditalienischen Caldera Campi Flegrei kommt nicht zur Ruhe und bebt weiterhin. Seit gestern wurden 29 schwache Erschütterungen registriert. Die Magnituden der meisten Beben lagen im Bereich der Mikroseismizität und spielten sich innerhalb des Hydrothermalsystems ab. Wie es weitergehen wird, ist ungewiss, denn seriöse Vorhersagen lassen sich nicht erstellen, aber es besteht weiterhin die Möglichkeit von moderaten Erdbeben, wie wir sie im letzten Monat gesehen haben. Diese Erdbeben haben ältere Häuser teilweise so stark in Mitleidenschaft gezogen, dass bis jetzt 76 Gebäude in Pozzuoli evakuiert werden mussten, weil die Sicherheit nicht gewährleistet ist. Bauinspekteure sind mit ihrer Arbeit noch nicht fertig, denn praktisch jedes Gebäude der Stadt soll begutachtet werden. So ist mit weiteren Räumungsbefehlen zu rechnen, die vom Bürgermeister Gigi Manzoni unterzeichnet werden.
Die Onlinezeitung Pozzuoli News 24 berichtete darüber, dass die Eigentümer der Häuser per Verordnung dazu verpflichtet sind, die Mängel unverzüglich zu beseitigen und die Sicherheit und Bewohnbarkeit der Gebäude wiederherzustellen. Andernfalls drohen Freiheitsstrafen von bis zu 6 Monaten und Geldstrafen von bis zu 1000 Euro. Offenbar sind überwiegend Häuser von den Erdbebenschäden betroffen, die bereits zuvor im schlechten Zustand waren. Natürlich bekommt der oft betagten Bausubstanz das Auf- und Ab des Bodens auf Dauer nicht besonders gut. Bei uns im Ruhrgebiet würde man solche Schäden als Bergschäden deklarieren, für die der Kohlebergbau verantwortlich ist. Aber ganz klar: Das grundlegende Problem in Pozzuoli ist nicht menschengemacht, sondern ein Zeugnis der Erddynamik. Es stellt sich natürlich die Frage nach langfristigen Konsequenzen, denn selbst wenn die aktuelle Hebungsphase ohne Vulkanausbruch enden sollte, kommen danach eine Senkungsphase und eine neuerliche Hebungsphase. Und so sind doch einige Probleme in Pozzuoli menschengemacht, denn nach heutigem Kenntnisstand dürfte es die Stadt in dieser Form an diesem Ort nicht geben, denn schließlich weiß man heute, dass man nicht nur am größten Vulkan des europäischen Festlandes lebt, sondern in diesem Vulkan! Sollte es zu einem starken Erdbeben oder sogar zu einem Vulkanausbruch kommen, ist das Chaos vorprogrammiert: Obwohl erst vor Kurzem ein neues Gesetz erlassen wurde, das den Zivil- und Katastrophenschutz in Kampanien stärken soll, wurden viele Maßnahmen wie der Bau von Fluchtwegen noch nicht umgesetzt.
Die Wahrscheinlichkeit, dass es irgendwann einmal zu einer Eruption in oder bei Pozzuoli kommen wird, ist groß. Da stellt sich natürlich die Sinnfrage, ob man marode Häuser unter Strafandrohung wieder renovieren sollte oder ob es nicht schlauer wäre, wenn die Kommune sie aufkauft und abreißt. Denn langfristig wären ein Rückbau und eine Verlagerung des Siedlungsgebietes schlau. Selbst wenn man die Stadt erhalten will, sollten hier nur so viele Menschen leben, wie man in kurzer Zeit entlang geschützter Wege evakuieren und woanders unterbringen kann. Zudem sollten Gebäude so ausgelegt sein, dass sie Erdbeben bis zu Magnituden von 6 standhalten können und Schutz vor Einschlag vulkanischer Bomben und Ascheniederschlag bieten. Pozzuoli könnte zu einem europäischen Vorzeigeprojekt dafür werden, wie man in einem Vulkan sicher lebt. Aber Menschen und Politiker im Speziellen denken nicht langfristig, was eines der Hauptprobleme unserer Gesellschaft darstellt.
Erdbebentätigkeit geht weiter – Variationen in der Bodenhebung festgestellt
Unter der süditalienischen Caldera wird weiterhin eine erhöhte Seismizität festgestellt. Seit gestern wurden 27 Erschütterungen von den Seismometern aufgezeichnet. Gestern wurde auch das neue Wochenbulletin für den Beobachtungszeitraum 27.05. bis 02.02. veröffentlicht. Dem Schriftstück ist zu entnehmen, dass es in dieser Woche 56 Erdbeben gab. Die meisten Magnituden waren so gering, dass man die Beben als Mikrobeben bezeichnen muss. Das stärkste Erdbeben hatte eine Magnitude von 1,7. Interessanter sind die Daten zur Bodenhebung. Von Mitte April bis zum 20. Mai wurde eine Hebungsrate von 2 Zentimetern detektiert. Während des starken Erdbebenschwarms zwischen 20. und 21. Mai sank der Boden zwischen 0,5 und 1 Zentimeter ab. Dann gab es offenbar einen mehrtägigen Stillstand der Bodendeformation, bis sie dann ab dem 29. Mai bis zum 2. Juni um einen Zentimeter anstieg. Sollte dieser Trend fortbestehen, hätte sich die monatliche Hebungsrate signifikant erhöht – doch ob dem so ist, müssen erst weitere Messungen und Korrekturrechnungen bestätigen. Es könnte sich auch nur um einen kurzfristigen Effekt gehandelt haben, indem der zuvor abgesackte Boden wie ein Gummiband hochschnellte, um mit dem Niveau des umgebenen Gesteins aufzuschließen.
Seit Januar 2011 hob sich der Boden der Caldera stellenweise um etwa 122,5 Zentimeter. In diesem Jahr betrug die Modenhebung bisher 8,5 Zentimeter.
Einer Theorie nach zufolge, sackte der Boden ab, weil sich durch das starke Erdbeben Mb 4,4 ein Riss gebildet hat, durch den Gase des Hydrothermalsystems entweichen konnten, die zuvor den Boden angehoben haben. Gegen diese Theorie spricht allerdings, dass die Gassensoren keine signifikanten Schwankungen in Bezug auf den Gasausstoß festgestellt haben. Es wird allerdings beobachtet, dass sich der langjährige Trend der Druckbeaufschlagung fortsetzt, und der Kohlendioxidausstoß ist generell hoch. Die Gastemperatur an der Pisciarelli-Fumarole blieb bei 95 Grad, gemessen in 5 m Entfernung von der Fumarole.
Übrigens besteht das GNNS-Netzwerk in den phlegräischen Feldern aus 35 Land- und Seestationen. Unterseeisch soll noch eine Messstation dazukommen.
Infolge der Schäden des Erdbebens der Magnitude 4,4 mussten einige Familien ihre Wohnungen verlassen. Viele von ihnen wurden erst einmal in Hotels untergebracht und warten darauf, neue Wohnungen zu bekommen oder in ihre alten zurückkehren zu dürfen. Daraus kann man schließen, dass die Schäden teilweise doch größer waren, als zunächst kommuniziert wurde.
Heute begann ein weiteres Schwarmbeben in der Caldera Campi Flegrei, die bei uns als die Phlegräischen Felder bekannt ist und den Golf von Pozzuoli bildet. Der Erdbebenschwarm besteht bis jetzt aus 24 Einzelbeben, von denen das stärkste eine Magnitude von 1,5 hatte. Der Erdbebenherd wurde in 2,3 Kilometern Tiefe detektiert. Das Epizentrum befand sich im Bereich der Pisciarelli-Fumarole, die auf der nordöstlichen Außenflanke des Solfatarakraters liegt. Viele der anderen Beben manifestierten sich ebenfalls im Bereich der Solfatara. Wahrscheinlich handelt es sich um einen klassischen Schwarm im Hydrothermalsystem und steht sehr wahrscheinlich mit Fluidbewegungen im Zusammenhang.
Obwohl die Seismizität in den vergangenen Tagen gering gewesen ist, herrscht in Pozzuoli immer noch Aufregung wegen dem Beben Mb 4,4. Inzwischen gibt es praktisch täglich neue Statements der kommunalen Politiker, sowie wöchentliche Krisentreffen mit Forschern und Zivilschutz.
Gestern tagte die Nationale Kommission für Prognose und Prävention von Hochrisikogebieten und stellte fest, dass sich der Zustand des Vulkans seit dem 22. Mai nicht wesentlich verändert hat, weshalb die Alarmstufe „gelb“ bestehen bleibt.
Laut einer Pressemeldung diskutierte man mit internationalen Experten die Genauigkeit kurzfristiger Eruptionsprognosen anhand des Beispiels einer aktuellen Vulkankrise. Sie betonten, dass vulkanische Reaktivierung oft über Monate oder Jahre durch seismische Phänomene, Bodenverformungen und geochemische Veränderungen erfolgt. Anschließend gibt es eine recht kurzweilige voreruptiven Phase die Stunden oder Tage anhält und eine stärkere Dynamik der Veränderungen mit sich bringt.
Angesichts dieser Erkenntnisse unterstrich die Kommission die Notwendigkeit, die Alarmstufen der Campi-Flegrei-Notfallpläne sofort zu aktualisieren, um sie an den aktuellen wissenschaftlichen Stand anzupassen. Das Ministerium für Katastrophenschutz plant, die Alarmstufen kontinuierlich zu überarbeiten und die entsprechenden operativen Maßnahmen anzupassen.
Meiner Meinung nach sollten das eigentlich keine neuen Erkenntnisse sein, sondern lang erprobter Standard. Wenn man erst jetzt Merkmale erarbeitet, ab denen die Alarmstufe „Orange“ ausgerufen wird, kann ich nur mit unverständlichem Kopfschütteln reagieren.
Ausbau des Überwachungsnetzwerks in der Caldera Campi Flegrei – Weitere Unterwassersensoren werden installiert
Die anhaltende bradyseismische Aktivität in der süditalienischen Caldera Campi Flegrei (Phlegräische Felder) sorgt weiterhin für viel Aufregung in Pozzuoli und den umliegenden Gemeinden, die zum größten Teil in der großen vulkanischen Depression liegen. Die Stimmung wurde zuletzt durch einen starken Erdbebenschwarm aufgeheizt, der sich am Montag ereignete und zu den stärksten Ereignissen der aktuellen Hebungsphase zählt, die im Jahr 2005 begann. Tatsächlich ereignete sich im Rahmen dieses Schwarmbebens der stärkste Erdstoß seit Beginn der Messungen im frühen 20. Jahrhundert: Er hatte eine Magnitude von 4,4, richtete leichte Gebäudeschäden an und sorgte für eine enorme Verunsicherung in der Bevölkerung sowie verstärkte die kontroversen Diskussionen unter den Wissenschaftlern. Während die eine Fraktion glaubt, dass sich in 5 Kilometern Tiefe eine Magmenansammlung verbirgt, die für den Bradyseismos verantwortlich ist, glaubt die andere Fraktion weiterhin, dass Fluide (Wasser, Gas) hinter dem Phänomen stecken. Unter den Anhängern der These des flach liegenden Magmenkörpers gibt es wiederum einige, die einen bevorstehenden Vulkanausbruch vermuten, und der eine oder andere schließt auch eine Supervulkaneruption nicht aus, wie sie sich vor 39.000 Jahren manifestierte. Soviel zur Ausgangssituation.
Die Ängste vor einem starken Erdbeben oder einem Vulkanausbruch wurden gestern noch durch den Umstand befeuert, dass sich vor dem evakuierten Gefängnis an der Küste von Pozzuoli ein Senkloch auftat und die Straße kurzzeitig gesperrt werden musste. Außerdem blieben die Schulen in Pozzuoli die ganze Woche über geschlossen und sollen erst Montag wieder öffnen.
Die kommunale Verwaltung und der Zivilschutz tun in Zusammenarbeit mit dem INGV ihr Bestes, um der Bevölkerung ein Gefühl der Sicherheit zu vermitteln und zu zeigen, dass alles getan wird, um sie zu schützen. Bereits jetzt zählt der Calderavulkan der Phlegräischen Felder zu den am besten überwachten Vulkanen der Welt, doch in dieser Woche wurden täglich zusätzliche mobile Messungen durchgeführt. Außerdem verkündete man den weiteren Ausbau mariner Messstationen vor der Küste im Golf von Pozzuoli. Dort arbeitet in der Region des Meeresbodens, die als „Secca delle Fumose“ bekannt ist, schon das Sensorensystem „Medusa“. Dieses soll jetzt durch eine weitere Messstation ergänzt werden, die neben Wassertemperatur und Strömungsgeschwindigkeit auch die Kohlendioxidkonzentration des Wassers misst. Das Kohlendioxid ist magmatischen Ursprungs und entströmt unterseeischen Mofetten. Das System wird von Tauchern des INGV installiert und gewartet.
Auch wenn es immer einen gewissen Unsicherheitsfaktor in der Vorhersage von Vulkanausbrüchen gibt, sollten den INGV-Forschern signifikante Änderungen in Bezug auf die magmatische Aktivität im Untergrund nicht entgehen, so dass vor einer größeren Eruption rechtzeitig gewarnt werden kann. Phreatische Eruptionen im Bereich des Solfatara-Kraters sind in dem aktuellen Zustand des Vulkans jederzeit möglich und können ohne Vorwarnungen auftreten.
Spürbares Erdbeben der Magnitude 3,6 in der Campi Flegrei – Gefängnis wurde evakuiert
Datum: 22.05.2024 | Zeit: 06:28:00 UTC | Lokation: 40.8075 ; 14.1103 | Tiefe: 2,5 km | Mb 3,6
Gestern Abend verkündete das INGV das offizielle Ende des Erdbebenschwarms, der am Montag begonnen hatte und für viel Aufregung gesorgt hatte. Die stärkste Erschütterung hatte eine Magnitude von 4,4 und war das stärkste Erdbeben, das in der Caldera gemessen wurde. Das heißt nicht, dass es nicht zuvor stärkere Erdbeben gegeben haben kann, etwa im Vorfeld der Monte-Nuovo-Eruption. Die Magnitude dieser Beben lässt sich im Nachhinein jedoch nicht mehr exakt bestimmen. Der Erdbebenschwarm bestand aus 168 Erschütterungen. Dabei kam es zu einer relativ großen Streuung einzelner Beben.
Nach einer relativ ruhigen Nacht ereignete sich heute Morgen ein weiteres Erdbeben, das weithin spürbar war und eine Magnitude von 3,6 hatte. Die Tiefe des Hypozentrums wurde mit 2,5 Kilometern angegeben. Das Epizentrum befand sich im Westen des Golfs von Pozzuoli und manifestierte sich an einer lokalen Störungszone, die in den vergangenen Wochen öfter ähnliche Erschütterungen hervorbrachte. Ein größerer Erdbebenschwarm ist bis jetzt ausgeblieben.
In Pozzuoli glätten sich die Wogen langsam nach den Ereignissen vom Montag, doch es wurden weitere Schäden an Gebäuden gemeldet. Laut einem Video von Local Team wurde gestern das Frauengefängnis von Pozzuoli vorsorglich evakuiert. Alle 140 Insassen wurden in andere Einrichtungen verlegt. Als Grund wurde die Erdbebentätigkeit genannt.
Die Ereignisse der letzten Tage werden von Wissenschaftlern kontrovers diskutiert. Auch wenn man in den Wochen zuvor erkennen konnte, dass immer mehr Forscher die Seiten gewechselt haben und eine Eruption für möglich halten, gibt es immer noch ein Lager, das dies nicht denkt. Hier lautet der Grundtenor, dass die Existenz des Magmenkörpers, der sich nach einer neuen Studie in 5 Kilometern Tiefe befinden soll, erst noch durch weitere Studien bestätigt werden muss. Allerdings gab es bereits vor der neuen Studie wissenschaftliche Arbeiten, die Magma in 4-5 Kilometern Tiefe zumindest vermuten ließen. Die Forscher, die nicht an einen Magmenkörper in geringer Tiefe glauben, gehen von der Existenz eines größeren Magmenreservoirs in größeren Tiefen jenseits von 8 Kilometern aus. Von dort sollen die magmatischen Fluide aufsteigen, die für den Bradyseismos verantwortlich sind. Die Gretchenfrage ist jedoch, ob in diesen Magmenkörper weiterhin Magma aus noch größeren Tiefen aufsteigt oder nicht.
Da es, wie so oft, wenn es um die Prozesse im Erdinneren geht, vieles im Verborgenen bleibt und niemals Klarheit besteht, ob und wann z.B. ein großes Erdbeben kommt oder ein Vulkan ausbricht, muss man sich natürlich fragen, ob es empfehlenswert ist, mitten in einer aktiven Caldera zu siedeln.
Nach starkem Erdbeben steigt die Angst vor einem Vulkanausbruch – Vulkanologen beruhigen
Der starke Erdbebenschwarm von gestern Abend beunruhigte die betroffenen Menschen sehr und viele übernachteten im Freien. Die Kommunalverwaltung hatte auf öffentlichen Sammelplätzen vier große Zelte aufstellen lassen, in denen Anwohner unterkommen konnten, die nicht in ihren Häusern übernachten wollten: Die Angst vor einem stärkeren Erdbeben war bei manchen groß. Es wurde auch psychologische Betreuung angeboten.
In vielen Medien ist zu lesen, dass die Menschen in Panik verfielen, doch auf den zahlreichen Aufnahmen in den sozialen Medien sieht man zwar rege Betriebsamkeit in den Straßen und auf den für Notfälle ausgewiesenen Sammelplätzen am Ende der Evakuierungsrouten, doch die Leute wirken zum großen Teil ruhig und gefasst und nicht panisch oder verzweifelt.
Erdbeben Mb 4,4 verursachte leichte Schäden in Pozzuoli
Das Beben verursachte leichte Schäden an Gebäuden und Straßen. Vornehmlich kam es zu Rissbildungen, aber es sind auch kleinere Fassadenteile wie Putz und Verzierungen auf die Straßen gefallen. Es kam zu Verkehrsbeeinträchtigungen und der Bahnverkehr wurde eingestellt, da man die Gleise überprüfen musste. Am Rand der Solfatara ereigneten sich Steinschläge und Erdrutsche.
Das INGV hat die Magnitude des stärksten Erdbebens bei Mb 4,4 belassen, ohne sie zu korrigieren. Beim EMSC hingegen wurde die Magnitude auf 4,2 herabgestuft und das Epizentrum vor die Küste von Ischia verlagert, was mir wenig plausibel zu sein scheint. Aber auch mit einer reduzierten Magnitude liegt das Beben im Spitzenbereich der letzten 40 Jahre und teilt sich den Titel des stärksten Erdstoßes dann mit dem Beben Ende September 2023. Obwohl das Beben immer als stark beschrieben wird, muss man das relativ sehen: Für ein Erdbeben mit vulkanischem Hintergrund ist es ein starkes Erdbeben gewesen und auch das stärkste je gemessene Erdbeben in der Campi Flegrei. Dennoch muss man es aufgrund der Magnitude im 4-er-Bereich als mittelstark einordnen. Es war zwar gut zu spüren gewesen, hatte aber nur ein geringes Zerstörungspotenzial. Es gibt noch Luft nach oben, bevor man mit katastrophalen Schäden rechnen muss. Vulkanisch bedingte Erdbeben werden selten noch stärker. Werden sie es doch, dann ist in der Regel Magma unterwegs, so wie wir es am 10. November auf Island sahen, als sich ein magmatischer Gang unter Grindavik ausbreitete, der sogar zu einem Rifting-Prozess geführt hat. Damals gab es Erdbeben bis zur Magnitude 5,2.
Vulkanologen beruhigen: Keine Anzeichen für unmittelbar bevorstehenden Vulkanausbruch
Während sich die Anwohner der Campi Flegrei also Sorgen machen, dass der Calderavulkan ausbrechen könnte, beruhigen die INGV-Vulkanologen. Sie schrieben in einem Statement, dass es keine anderen Anzeichen für einen bevorstehenden Vulkanausbruch gäbe. Weder die Bodenhebung hat sich beschleunigt, noch hat sich die chemische Zusammensetzung der Gase geändert, die von den Fumarolen im Bereich der Solfatara ausgestoßen werden. Wäre Magma bis kurz unter die Oberfläche aufgestiegen, würde man einen erhöhten Schwefeldioxid-Ausstoß erwarten.
Was die Bodenhebung anbelangt, bin ich skeptisch und gehe davon aus, dass wir in den nächsten Stunden schon eine Verstärkung der Hebungsrate sehen werden: Wahrscheinlich stand das starke Schwarmbeben mit magmatischen Fluiden in Verbindung, die die Deckschicht in 3 Kilometern Tiefe durchdrungen haben. Es dauert natürlich eine Weile, bis das Material durch die Risse aufsteigt und sich in den schwammartigen Ablagerungen des Hydrothermalsystems akkumulieren und so den Untergrund anheben.
Wenig Vertrauen schaffen da einige Aussagen von Politikern, die in lokalen Medien verlautbart wurden, indem man die aktuelle Krise mit jener von 1982/84 vergleicht. Zwar ist es richtig, dass die Bodenhebungsrate damals deutlich höher war als jetzt und zeitweise 92 mm pro Monat betrug (jüngste Messungen kommen aktuell auf 20 mm), doch was die schiere Anzahl der Erdbeben anbelangt, lag der April tatsächlich auf gleichem Niveau wie damals, als pro Monat knapp 1300 Erschütterungen detektiert wurden. In den Berichten ist oft zu lesen, dass es im April nur ca. 450 Beben gewesen sein sollen. Doch diese Zahl bezieht sich auf Erdbeben, die in Schwärmen auftraten. Also, entweder werden unbeabsichtigt falsche Zahlen verbreitet, oder man will beruhigen.
Generell muss man sich auch fragen, was die früheren Bradyseismos-Phasen von der aktuellen Phase unterscheidet. Die letzten Phasen dauerten meistens selten länger als 2 Jahre, während die aktuelle Phase bereits 19 Jahre anhält. Dafür läuft sie deutlich langsamer ab, wobei in den letzten Jahren eine deutliche Beschleunigung zu sehen ist. Man darf sich natürlich auch fragen, ob man im letzten Jahrhundert genau genug gemessen hat, um die langsamen Anfänge einer neuen Phase mitzubekommen. Geht man davon aus, dass vermehrt magmatische Fluide freigesetzt werden, wenn sich im tieferen Untergrund eine größere Magmamenge ansammelt, dann sieht es so aus, als wäre bei früheren Phasen eine Magmablase aus der Tiefe aufgestiegen und hat in 4-5 Kilometern Tiefe ihren Aufstieg gestoppt. Jetzt sieht es eher nach einem kontinuierlichen Zustrom von Magma aus dem tiefer gelegenen Magmenkörper aus, so dass sich über die Jahre hinweg eine kritische (eruptionsfähige) Menge Schmelze ansammeln könnte. Kurzum: Je länger der Prozess anhält, desto größer die Ausbruchswahrscheinlichkeit. Einen VEI7-Ausbruch (Supervulkanausbruch) sehe ich noch nicht anstehen. Sollte die Hebung aber noch Jahrzehnte anhalten, kann ich mir so etwas auch vorstellen.