Bohrungen in den Campi Flegrei sorgen für Unmut bei Teilen der Bevölkerung – seismische Mikrozonierung ist das Ziel
In den Campi Flegrei ist die Situation weiterhin angespannt: Auch wenn es im Moment keine besonders starken Schwarmbeben gibt, wird die Caldera weiterhin täglich von Erdbeben erschüttert, die durch die anhaltende Bodenhebung infolge des magmatisch bedingten Druckanstiegs im Untergrund ausgelöst werden. Es ist nur eine Frage von Tagen oder Wochen, bis es wieder zu stärkeren Schwarmbeben kommt. Letztendlich könnten die Ereignisse auch auf einen Vulkanausbruch hinauslaufen.
Um die Vorgänge im Boden besser zu verstehen, begann in der letzten Woche eine vom Staat beauftragte Firma damit, mehrere kleine Bohrlöcher zu teufen. Es soll bis zu 30 m tief gebohrt werden, wobei die Bohrlöcher einen Durchmesser von 12 Zentimetern haben – Nadelstiche in den obersten Bodenschichten, die dennoch bei Anwohnern Besorgnis erregen. Man fürchtet, dass die Bohrungen den Untergrund destabilisieren und möglicherweise weiteres Ungemach auslösen könnten.
Ziel der Bohrungen ist jedoch nicht etwa ein Eingriff in den Untergrund, sondern ein besseres Verständnis für die Vorgänge, die sich im Boden bei Erdbeben abspielen. Tatsächlich wird die Auswirkung eines Erdbebens auf die Oberfläche nicht nur durch die freigesetzte Energie bestimmt, sondern auch durch die Struktur des Untergrunds. Selbst kleinräumig betrachtet kann sich ein Erdbeben auf Infrastruktur unterschiedlich stark auswirken, da die Bodenbeschaffenheit mitbestimmt, wie sich Erdbebenwellen ausbreiten und wie sie an der Oberfläche wirken. Mithilfe einer seismischen Mikrozonierungsstudie wollen Forschende nun eine Karte erstellen, die in der am meisten vom Bradyseismus betroffenen Zone Bodenbeschaffenheit und Strukturen aufzeigt, die die Auswirkungen von Erdbeben beeinflussen könnten. Entsprechende Untersuchungen wurden bereits per Gesetz im Jahr 2023 beschlossen.
Um die unterschiedliche Bodenbeschaffenheit zu erfassen, werden bei den Bohrungen sogenannte Bohrkerne gezogen. Sie enthalten Boden- und Gesteinsproben, die anschließend im Labor analysiert werden. Außerdem kommen geophysikalische Verfahren wie seismische Wellenmessungen zum Einsatz, um die Geschwindigkeit und Dämpfung der Wellen in verschiedenen Bodenschichten zu bestimmen. Ziel ist die Ermittlung der sogenannten „lokalen seismischen Reaktion“, die sich schon auf wenigen Metern Abstand erheblich unterscheiden kann.
Die Untersuchungskampagne wird voraussichtlich rund drei Monate dauern und soll den Alltag der Anwohner nicht beeinträchtigen. Dauerhafte seismische Überwachungsstationen werden im Rahmen dieser Arbeiten nicht installiert. Die Bohrlöcher werden nach Abschluss der Arbeiten wieder verfüllt.
Die Ergebnisse dieser Untersuchungen liefern eine Grundlage für eine genauere Einschätzung der seismischen Risiken. Zudem ermöglichen sie eine bessere Planung von Notfallmaßnahmen und helfen, Bauvorschriften an die lokalen Gegebenheiten anzupassen.