Island: Unsicherheit über weitere Entwicklung der Eruption

Eruption und Bodenhebung setzten sich auf Island fort – Geoforscher spekulieren über weiteren Vulkanausbruch

Der Vulkanausbruch auf Island hält in der sechsten Woche an und der Krater des neu entstandenen Schlackenkegels auf der Sundhnukar-Spalte fördert Lava. Neue Daten vom IMO belegen, dass die Förderrate in der letzten Woche nur marginal nachgelassen hat: Seit dem 5. April liegt sie bei ca. 3 Kubikmeter pro Sekunde. In der letzten Woche wurden sogar durchschnittlich 3,2 Kubikmeter Schmelze pro Sekunde gefördert. So vergrößert sich das Gesamtvolumen des Lavafelds in einer Woche um ca. 2 Millionen Kubikmeter. Seit Eruptionsbeginn wurden 33,2 Millionen Kubikmeter Lava gefördert. Sie bedeckt eine Fläche von 6,15 Quadratkilometern. Die mittlere Mächtigkeit des Lavafelds liegt bei 5,4 Metern. Im Speichersystem unter Svartsengi haben sich seit Eruptionsbeginn am 16. März wieder 6 Millionen Kubikmeter Magma angesammelt, wobei zu berücksichtigen gilt, das damals nur ein Teil der zuvor angesammelten Schmelze eruptiert wurde. So viel zu den trockenen Daten.

Nach einer ungewöhnlich lange andauernden Schönwetterperiode kippte gestern Abend das Wetter, und aktuell sieht man auf der Livecam nur grauen Nebel. Gelegentlich wird er etwas dünner und man kann den roten Lichtschein erahnen, der vom Vulkan ausgeht. Interessant ist der Tremorverlauf: Hier erkennt man alle 3 Tage einen Peak, der auf eine leichte Aktivitätszunahme hindeutet. Tatsächlich korrelieren diese Peaks mit intensiveren Lavaauswurf. Die Aktivitätssteigerung hält sich aber in Grenzen. Mich erinnert das an die Evolution, die wir vor drei Jahren am Fagradalsfjall erlebten, als nach einigen Wochen massive Tremorpeaks auftraten, die mit deutlichen Aktivitätssteigerungen einhergingen. Das bringt uns zur Bodenhebung, denn diese hält unter Svartsengi weiter an. Es scheint deutlich mehr Magma aus der Tiefe aufzusteigen, als am Krater eruptiert wird. Warum die aufsteigende Schmelze nicht in gleichem Maße am Krater abfließt, ist ungewiss und eines der Rätsel, die den Forschern zu denken geben. Ich vermute, dass sich der Förderkanal vom Magmenkörper zum Krater verengte. Denkbar ist auch, dass es sich beim Reservoir um eine schwammartige Struktur handelt, die einen gewissen Gasdruck benötigt, damit die Schmelze aus den Gesteinsporen getrieben wird, in denen sie sich ansammelt. Da das System offen ist und ein Teil des Gases frei entströmt, kann sich aktuell kein ausreichender Druck aufbauen. Vielleicht sehen wir stärkere Pulse wie am Fagradalsfjall, wenn sich ein entsprechender Druck aufgebaut hat.

Widersprüchliche Aussagen der Vulkanologen

Gestern zitierte ich in meinem Update zu Island den Vulkanologen Þorvaldur Þórðarson, der vor der Veröffentlichung der neuen IMO-Daten noch davon ausging, dass sich der Vulkanausbruch kontinuierlich abschwächt und in ein bis zwei Wochen enden könnte. Dem widersprach direkt der IMO-Wissenschaftler Benedikt Ófeigsson, der gestern in einem RUV-Interview meinte, dass man aufgrund der anhaltenden Bodenhebung unter Svartsengi in zwei Wochen einen weiteren Ausbruch erleben könnte. Der Geophysiker hält es zwar für unwahrscheinlich, dass ein neuer Ausbruch an komplett anderer Lokation auf Reykjanes beginnt, hält eine weitere Spaltenöffnung bei Sundhnukar aber für möglich. Anstelle eines neuen Ausbruchs ist es auch möglich, dass sich der aktuelle verstärkt, was uns zu meiner Pulstheorie bringt. Inzwischen gibt es auch ein neues Statement von Þorvaldur, der sich der Meinung von Benedikt anschließt.

Alles in allem lassen sich zwar keine genauen Aussagen zur weiteren Entwicklung des Geschehens machen, doch der allgemeine Konsens scheint darin zu bestehen, dass die Aktivität auf Reykjanes noch lange nicht vorbei ist. Der aktuell etwas lahmende Ausbruch könnte sich verstärken oder es kommt in Bälde zu einer weiteren Eruption.