Reventador: Vulkan gefährdet Ölpipeline

Vulkan Reventador bedroht wichtige Ölpipeline – Umweltgefahren im Amazonasgebiet nehmen zu

Der ecuadorianische Vulkan Reventador zeigt seit Mitte Oktober 2025 wieder verstärkte Aktivität. Laut dem Geophysikalischen Institut der Nationalen Polytechnischen Schule ereignen sich derzeit regelmäßig explosive Eruptionen, begleitet von Abgängen glühender Schuttlawinen, Lavaströmen, pyroklastischen Strömen und Ascheemissionen, die bis zu 3.500 Meter Höhe aufsteigen. Am 24. Oktober gab es eine VONA-Meldung der Stufe Orange, nachdem eine Aschewolke in westliche Richtung trieb. 

Reventador am 15. Oktober. © B.Bernard/IGPN

Die eruptive Aktivität des seit 2002 daueraktiven Reventadors gefährdet kritische Energieinfrastruktur. Der Vulkan liegt in den östlichen Anden an der Grenze der Provinzen Napo und Sucumbíos – genau dort, wo die Trans-Ecuadorianische Pipeline (SOTE) sowie die Shushufindi–Quito-Pipeline verlaufen. Sie liegen etwa 10 Kilometer südlich des Vulkans und wurden in den 1970er Jahren fertiggestellt, zu einer Zeit, als der Reventador inaktiv war, weshalb man die Bedrohung durch den Vulkan offenbar nicht auf dem Radar hatte. Beide Leitungen transportieren täglich Hunderttausende Barrel Rohöl aus den Ölfeldern des ecuadorianischen Amazonasgebiets („Oriente“) in Richtung Pazifik.

Das staatliche Unternehmen Petroecuador hat deshalb angekündigt, als Vorsichtsmaßnahme Umgehungsstrecken für beide Pipelines zu bauen. Diese sollen die Sicherheit der Anlagen erhöhen und den Transport von etwa 330.000 Barrel pro Tag gewährleisten. Eine Verzögerung der Arbeiten könnte Einnahmeverluste von bis zu 20 Millionen US-Dollar täglich bedeuten. Erst kürzlich war der Betrieb der SOTE-Pipeline nach einer 23-tägigen Unterbrechung wieder aufgenommen worden.

Doch das Problem geht weit über die aktuelle Vulkanaktivität hinaus. Die Ölförderung im Oriente ist seit Jahrzehnten mit massiven Umwelt- und Sozialkonflikten verbunden. In der Region um Lago Agrio, Shushufindi und Coca kam es immer wieder zu Leckagen, Bodenverschmutzung und Ölunfällen, zuletzt 2020 nach einem Erdrutsch am Río Coca, bei dem Tausende Barrel Rohöl in den Amazonas gelangten.

Zudem führen die Pipelines und Zufahrtsstraßen zu einer fortschreitenden Abholzung des Regenwaldes und öffnen abgelegene Gebiete für illegale Rodung und Wilderei. Kritiker werfen Petroecuador und der Regierung vor, kurzfristige wirtschaftliche Interessen über den Schutz der sensiblen Ökosysteme und der indigenen Bevölkerung zu stellen.

Während der Reventador weiter Lava spuckt, wird deutlich, wie verletzlich Ecuadors Rohölinfrastruktur bleibt – nicht nur durch Naturgefahren, sondern auch durch ein seit Jahrzehnten ungelöstes Spannungsfeld zwischen Energieversorgung, Umweltzerstörung und sozialer Verantwortung.

Ätna: Erdbeben Mb 3,2 im Westen des Vulkans

Erdbeben zwischen Adrano und Bronte im Westend es Ätna. © EMSC/Leaflet

Erdbeben Mb 3,2 im Westen des Ätna – Beben in Bronte zu spüren gewesen

Datum: 22.10.2025 | Zeit: 20:23:13 UTC | Koordinaten 37.720 ; 14.820 | Tiefe: 5 km | Mb 3,2




Im Westen des Ätna ist es in den letzten Jahren vergleichsweise ruhig gewesen und er findet in den Nachrichten nur wenig Erwähnung. Seit gestern manifestierten sich hier allerdings 4 Erdbeben mit Magnituden größer als 2,0, von denen das stärkste eine Magnitude von 3,2 hatte. Der Erdbebenherd dieses Bebens lag in 5 Kilometern Tiefe. Das Epizentrum befand sich zwischen den Orten Adrano und Bronte und wurde vom EMSC 6 Kilometer von Adrano verortet. Die Epizentren der drei schwächeren Erschütterungen wurden westlich des stärkeren Bebens lokalisiert. Zudem lagen die Herdtiefen jenseits von 20 Kilometern.

Wahrscheinlich stehen die Erdbeben mit Spannungsänderungen an Störzonen in Verbindung, die durch aufsteigendes Magma ausgelöst wurden. Besonders die tieferen Beben sind ein Indiz dafür, dass Magma aufsteigt und dabei ist, in die Erdkruste einzudringen, etwas, was man besonders im Nordwesten des Vulkans in den letzten Jahren regelmäßig alle paar Monate beobachten konnte. Dabei können durchaus stärkere Erdbebenschwärme entstehen. Da das INGV seine detaillierten Erdbebenlisten immer erst mit Verzögerung veröffentlicht, lässt sich jetzt noch nicht sagen, ob es weitere schwache Erdbeben gegeben hat.

In den vergangenen Tagen hatte die Seismizität am Ätna immer weiter abgenommen und vor dem aktuellen Ereignis wurden nur noch sehr wenige Beben registriert, ein Phänomen wie ein Countdown, das man vor den letzten überwiegend effusiven Eruptionen häufiger beobachten konnte. Von daher halte ich es für möglich, dass wir bald neue Lavastromtätigkeit sehen werden.

Im letzten INGV-Wochenbericht war die Lage der Tremorquellen von besonderem Interesse: Anstatt sich entlang eines gangartigen schmalen Bands zu erstrecken, konzentrierten sich die magmainduzierten Vibrationen unter dem Nordostkrater. Von daher ist es möglich, dass es hier zu den nächsten Eruptionen kommen wird.

Betrachtet man das Satellitenfoto oben genauer, dann erkennt man sehr schön die beiden Orte Bronte (oben) und Adrano (unten) sowie den Frontverlauf der alten Lavaströme zwischen den Ortschaften, die in etwa alle gleich weit geflossen sind. Auf den von Lava bedeckten Hängen des Ätna finden sich zudem zahlreiche Schlackenkegel, für die der Westen des Vulkans bekannt ist. Der Ätna-Gipfel liegt im oberen rechten Bereich des Fotos. Rechts unterhalb der Bildmitte erkennt man die Depression des Valle del Bove im Osten des Feuerbergs.

Karibik: Tropensturm Melissa stellt Bedrohung dar

Tropensturm Melissa bedroht die Karibik und könnte sich zu schwerem Hurrikan entwickeln – Katastrophe droht

Der tropische Sturm Melissa zieht langsam durch die Karibik und bedroht mehrere Inselstaaten mit lebensgefährlichen Winden, Sturmfluten, Überschwemmungen und Erdrutschen. Behörden rufen die Bewohner besonders gefährdeter Gebiete dringend dazu auf, höher gelegene Orte aufzusuchen und Schutz zu suchen.




Im Osten Jamaikas könnten bis zu 300 mm Regen fallen. Ähnliche Regenmengen werden bis Samstag für Süd-Haiti und den Süden der Dominikanischen Republik erwartet. Je nach Entwicklung des Tiefdruckgebiets könnten in der nächsten Woche örtlich sogar noch stärkere Niederschläge auftreten. Auch für West-Jamaika, Süd-Hispaniola, Aruba und Puerto Rico sind kräftige Regenfälle prognostiziert.

Laut dem US-amerikanischen National Hurricane Center (NHC) in Miami erreichte Melissa am späten Mittwochabend anhaltende Windgeschwindigkeiten von 85 km/h und bewegte sich mit nur 4 km/h nach Westen. Das Zentrum des langsam ziehenden Sturms lag gestern etwa 535 km südsüdwestlich von Port-au-Prince, Haiti, und rund 475 km südsüdöstlich von Kingston, Jamaika.

Aufgrund der hohen Oberflächen-Wassertemperaturen von 30 Grad und der langsamen Drift des tropischen Tiefdruckgebiets hat Melissa reichlich Gelegenheit, Energie aufzunehmen und zu einem starken Hurrikan heranzuwachsen:  Das NHC warnte, dass sich Melissa in den kommenden Tagen allmählich verstärken könnte und bis Freitag zu einem Hurrikan sowie bis zum späten Wochenende zu einem schweren Hurrikan der Kategorie 4 entwickeln könnte. Bereits jetzt führten starke Regenfälle in der Dominikanischen Republik zu Verkehrsbehinderungen und anderen Einschränkungen des öffentlichen Lebens.

Für den Südwesten Haitis gilt derzeit eine Hurrikan-Warnung, für Jamaika eine Tropensturm-Warnung. Obwohl die genaue Zugbahn noch unsicher ist, könnte Melissa später über Kuba und die Bahamas ziehen, bevor der Sturm in den Atlantik weiterzieht. Für die Vereinigten Staaten stellt der Sturm bislang keine unmittelbare Gefahr dar.

Campi Flegrei: Studie bestätigt Magmaakkumulation

Thermalgebiet von Pisciarelli an der nordöstlichen Basis der Solfatara. © Marc Szeglat

Eine Studie über Campi Flegrei bestätigt einmal mehr Magmaakkumulation in 4 km Tiefe – Borsäurekristalle als Warnsignal

Eine neue Studie, die im Journal of Geophysical Research erschien, sorgt für Aufsehen unter Vulkanologen und sicher bald auch bei den Bewohnern der Caldera. Forschende um Dr. Marco Piochi vom INGV berichten von ihrer Entdeckung in der Caldera Campi Flegrei bei Neapel: winzige, farblose Kristalle aus Borsäure – Sassolit genannt –, die sich seit 2021 vermehrt im Thermalgebiet von Pisciarelli gebildet haben. Was zunächst unspektakulär klingt, könnte ein Schlüssel zum Verständnis der aktuellen Unruhe im größten aktiven Vulkansystem Europas sein.




Campi Flegrei gilt seit Jahren als „ruheloser Vulkan“: Bodenhebungen, die Erdbeben auslösen, und steigende Gasemissionen deuten darauf hin, dass sich unter der Caldera das Hydrothermalsystem verändert und zunehmend unter Druck gerät. Die neuen Analysen zeigen nun, dass tief im Untergrund borreiche, hochkonzentrierte Salzlösungen existieren.

Schematische Darstellung. © Dr. Marco Piochi, INGV

Die Grundstoffe für die Salzlösungen, die die in der Studie auch Sole oder Brinen genannt werden, entstehen durch chemische Prozesse in einem tiefen Magmenkörper, dessen Oberseite sich in etwa 8 Kilometern Tiefe befindet. Von hier aus steigen Fluide auf, die ein magmatisches Reservoir in rund 4 Kilometern Tiefe bilden. An der Oberseite dieses Reservoirs sammelt sich die mit Bor angereicherte Sole, die unter hohem Druck und bei Temperaturen von 250–400 °C flüssig bleibt.

Dampf entsteht im hydrothermalen System der Campi Flegrei, wenn die Sole aus 3 bis 4 Kilometern Tiefe durch Risse aufsteigt und dabei starkem Druckabfall ausgesetzt ist, wodurch der lokale Siedepunkt rasch fällt. Wird dieser Punkt unterschritten, verdampft ein Teil der Flüssigkeit schlagartig – ein Vorgang, den Vulkanologen „hydrothermal flashing“ nennen. Dabei expandiert das Wasser explosionsartig, und gelöste Stoffe wie Borsäure kristallisieren bei Temperaturen unter 170 Grad als Sassolit aus. Diese Prozesse finden typischerweise in 100 bis 500 Metern Tiefe statt und erzeugen das Dampf-Wasser-Gemisch, das an der Oberfläche an den Fumarolen austritt. Wenn der Druck lokal zu groß wird, kann das „Flashing“ zudem phreatische Explosionen auslösen – Dampfexplosionen, die ohne Magmaaustritt auftreten, aber bereits ein moderates Zerstörungspotenzial besitzen.

Das Sassolitvorkommen ist also ein weiterer Indikator dafür, dass sich in Tiefen unterhalb von 4 Kilometern Magma ansammelt, worauf auch mehrere Studien jüngeren Datums hinweisen. Diese Wärmequelle treibt die Zirkulation borreicher Fluide an, die nun sichtbar in Form von Sassolit ausfallen. Die Forschenden sehen einen Übergang von einem geschlossenen zu einem offenen Hydrothermalsystem, da es zu vermehrter Rissbildung im Deckgestein der Caldera gekommen ist. Die Kristallbildung ist somit ein oberflächlicher Ausdruck der erneuten Aktivierung des Vulkansystems.

Für die Gefahreneinschätzung des Vulkans ist das ein Warnsignal: Wenn sich der Magmenkörper weiter erhitzt und mehr Fluide in das hydrothermale System einspeist, steigt die Wahrscheinlichkeit phreatischer Eruptionen.

(Quelle: Piochi, M., et al. (2025). Sassolite Precipitation at the Restless Campi Flegrei Volcano in Italy Points to Hydrothermal Flashing by Deep Boron-Rich Brines. Journal of Geophysical Research: Solid Earth, 130, e2025JB032197. https://doi.org/10.1029/2025JB032197, Lizenz: CC BY 4.0 – Creative Commons Attribution 4.0 International License.)

Costa Rica: Erdbeben Mw 5,8 vor der Westküste

Starker Erdstoß der Magnitude 5,8 vor der Küste von Costa Rica – Supermarktregale leergefegt

Datum: 22.10.2025 | Zeit: 03:57:06 UTC | Koordinaten 9.409 ; -84.166 | Tiefe: 24 km | Mw 5,8

Vor der Pazifikküste Costa Ricas ereignete sich ein starkes Erdbeben der Magnitude 5,8. Der Erdstoß wurde um 03:57:06 UTC registriert. In Costa Rica war es noch der 21. Oktober, 21:57:06 Uhr Lokalzeit. Die Herdtiefe befand sich laut EMSC-Angaben in 24 Kilometern Tiefe. Das Epizentrum lag rund sieben Kilometer vor der Küste von Quepos, etwa 150 Kilometer südwestlich der Hauptstadt San José, in einer Tiefe von 24 Kilometern. Das Beben war in weiten Teilen des Landes sowie im benachbarten Panama zu spüren, richtete aber keine größeren Schäden an. Dafür wurden die Menschen aufgeschreckt.

Costa Rica

Zahlreiche Bewohnerinnen und Bewohner berichteten von kurzen, aber deutlich spürbaren Erschütterungen. In Quepos und Parrita kam es zu herabfallenden Gegenständen und Fotos zeigen aus Regalen gestürzte Waren in Supermärkten.  Es kam zu kurzzeitigen Stromausfällen, die jedoch rasch behoben wurden. Die Nationale Notfallkommission bestätigte nach ersten Kontrollen, dass weder Verletzte noch erhebliche Sachschäden zu verzeichnen seien. Auch im panamaischen Grenzgebiet Chiriquí war das Beben zu spüren, ohne Folgen für Menschen oder Infrastruktur.

Das Erdbeben stand mit der Subduktion der Cocos-Platte unter die Karibische Platte entlang des Mittelamerikagrabens in Verbindung. Hier kommt es regelmäßig zu seismischer Aktivität. Das letzte vergleichbare Beben dieser Region ereignete sich 2019.

In Costa Rica und den umliegenden Ländern gibt es zahlreiche aktive Vulkane. Erst vor 2 Tagen gab es eine Eruption am Poás und in der letzten Woche eine phreatische Eruption am Rincón de la Vieja. Gut möglich, dass der Erdstoß heute weitere Eruptionen triggern wird.

Die Geoforscher von OVISCORI-UNA beobachten die Situation an den Vulkanen genaustens.

Island: Schwarmbeben bei Krysúvik am 22.10.2025

Schwarmbeben erschüttert Krysúvik auf Island – Stärkstes Erdbeben Mb 3,1

Die Region um den ehemaligen Bauernhof Krýsuvík – der dem gesamten Risssystem seinen Namen gab – wird seit heute Morgen von einem Schwarmbeben erschüttert, das in den frühen Morgenstunden einsetzte und den größten Teil des Tages anhielt. Der Schwarm umfasst mehr als 50 Einzelbeben mit Magnituden zwischen 0,1 und 3,1. Das stärkste Beben ereignete sich um 04:50:29 UTC in einer Tiefe von rund 5 Kilometern. Die Epizentren liegen östlich des Kleifarvatn und bilden zwei Cluster in der Nähe des Thermalgebiets Seltún.



Krýsuvík

Die Beben scheinen mit der anhaltenden Deflation zusammenzuhängen, die seit Juni in der Region gemessen wird. Die Bodensenkung ist an der Messstation MOHA am stärksten ausgeprägt und beträgt derzeit etwa 55 Millimeter. Womit die Senkung genau zusammenhängt, ist unklar; vermutlich migrieren magmatische Fluide in tieferen Krustenbereichen.

Vor der Eruptionsphase bei Sundhnúkur wurde in diesem Gebiet Inflation mit einer leichten Bodenhebung registriert, die mit dem Shift der Aktivität in Richtung der bekannten Eruptionsspalte endete. Als nach der letzten Fagradalsfjall-Eruption erneut Bodenhebung bei Krýsuvík einsetzte, spekulierten isländische Geowissenschaftler, dass sich das Eruptionszentrum künftig nach Krýsuvík verlagern könnte.

Obwohl die aktuelle Erdbebenaktivität bei Krýsuvík derzeit nicht auf einen unmittelbar bevorstehenden Vulkanausbruch hinweist, hat man in Grindavík grünes Licht für die Erhöhung der Schutzwälle erhalten.

Heute traten zudem zwischen Grindavík und Þorbjörn zwei schwache Erdbeben auf. Bislang ist die Seismizität entlang der Sundhnúkur-Spalte noch relativ gering, auch wenn das Muster der Bodenhebung Ähnlichkeiten mit jenen vor den letzten Eruptionen zeigt und darauf hindeutet, dass Magma seitlich migriert.

Die kumulative Bodenhebung seit Beginn der Krise im November 2023 beläuft sich mittlerweile auf mehr als einen Meter.

Update 18:30 Uhr: Der Erdbebenschwarm bei Krysúvik intensivierte sich weiter. Es gab u.a. ein Beben Mb 3,6.

Studie belegt Beben-Fernwirkung auf Niederrheinische Bucht

Wenn ferne Erdbeben lokale Verwerfungen wecken – Neue Studie zeigt potenzielle Risiken für Geothermie in der Niederrheinischen Bucht

Seismische Wellen starker Erdbeben können selbst Tausende Kilometer entfernt noch Wirkung entfalten. Eine neue Studie von Forschenden der Ruhr-Universität Bochum und der University of California in San Diego zeigt, dass solche fernen Erschütterungen in der Niederrheinischen Bucht lokale Spannungen verändern und kleinere Erdbeben auslösen können. Dieses Phänomen, bekannt als dynamische Fernauslösung, könnte wichtige Hinweise für die Planung künftiger Geothermieprojekte liefern.




Das Forschungsteam um Marco Roth untersuchte die Region Weisweiler bei Aachen – ein Gebiet, das für die geothermische Energiegewinnung erschlossen werden soll. Anhand seismischer Daten aus den letzten 35 Jahren analysierten die Wissenschaftler, ob weit entfernte Großbeben die lokale Seismizität beeinflussten. Sie werteten dafür Daten von 23 weltweiten Erdbeben mit Magnituden zwischen 5,4 und 9,1 aus, deren seismische Wellen in der Niederrheinischen Bucht messbare Bodenschwingungen verursachten.

Skizze Störungen

Das Ergebnis: In vier Fällen kam es nach dem Eintreffen der Wellen tatsächlich zu einem Anstieg lokaler Seismizität – nach den Erdbeben von Roermond (1992), Chignik in Alaska (2021), Kahramanmaraş in der Türkei (2023) und Kamtschatka in Russland (2025). Besonders deutlich zeigte sich der Effekt beim Roermond-Beben, das zahlreiche Nachbeben zwischen den Störungen Feldbiss und Sandgewand auslöste. Die Forscher fanden außerdem Hinweise darauf, dass die Richtung, aus der die seismischen Wellen eintreffen, eine Rolle spielt: Wenn sie mit der vorherrschenden Ausrichtung der regionalen Störungen übereinstimmt, ist die Wahrscheinlichkeit einer Auslösung größer.

Trotz dieser Befunde blieb die Mehrheit der untersuchten Großbeben ohne messbare Wirkung. Offenbar hängt die Reaktion des Untergrunds nicht nur von der Stärke der Erschütterung ab, sondern auch von komplexen Faktoren wie dem Spannungszustand, der Gesteinsstruktur und dem seismischen Zyklus einer Verwerfung. Die Studie zeigt jedoch, dass schon geringe Spannungsänderungen von rund 1,4 Kilopascal genügen können, um unter bestimmten Bedingungen lokale Erdbeben zu initiieren.

Für die Geothermiebranche sind diese Erkenntnisse von Bedeutung. „Wenn wir wissen, welche Verwerfungen besonders empfindlich auf Spannungsänderungen reagieren, können wir Risiken besser einschätzen“, erklärt Roth. Die dynamische Fernauslösung könnte damit zu einem neuen Instrument der Gefährdungsbewertung werden – und helfen, die Nutzung geothermischer Energie sicherer zu gestalten. (Quelle: https://doi.org/10.1093/gji/ggaf412)

Löste starkes Erdbeben bei den Philippinen das Schwarmbeben am Laacher-See-Vulkan aus?

Laacher See. © Marc Szeglat

Früher wurde eine Fernwirkung starker Erdbeben auf weit entfernte Störungen kontrovers diskutiert, genauso wie Spekulationen über Phasen, in denen sich starke Erdbeben häufen. Doch rechnet man die Ergebnisse der Studie hoch, dann scheint es nicht unwahrscheinlich zu sein, dass starke Erdbeben wiederum andere starke Erdbeben triggern können, was zu einem Dominoeffekt führen könnte, womit wir eine Phase erhöhter Erdbebenaktivität hätten.

Da es immer offensichtlicher wird, dass Erdbeben auch die vulkanische Aktivität beeinflussen, kommen wir zu einem doppelten Effekt.

In diesem Kontext ist mir aufgefallen, dass das starke Erdbeben Mw 7,4, das am 10. Oktober die Philippinen erschütterte, gut 2 Stunden vor dem Schwarmbeben am Westufer des Laacher-See-Vulkans stattfand. Genug Zeit für die Erdbebenwellen von den Philippinen, um den deutschen Vulkan zu erreichen und dort das Spannungsfeld entsprechend zu beeinflussen. Möglicherweise lösten die Bodenbewegungen Fluidaufstieg entlang einer Störung am Laacher See aus.

Krascheninnikow bleibt explosiv und effusiv aktiv

Krascheninnikow auf Kamtschatka weiterhin aktiv – Aschewolken und Lavaströme beobachtet

Der Vulkan Krascheninnikow auf der russischen Halbinsel Kamtschatka zeigt weiterhin deutliche vulkanische Aktivität. Gestern registrierte das VAAC Tokio mehrere Aschewolken, die bis auf eine Höhe von rund 2400 Metern aufstiegen und mit einer Geschwindigkeit von etwa 28 km/h nach Südosten drifteten. Derzeit ist für den Krascheninnikow kein Flugfarbcode aktiv, nachdem zuvor kurzzeitig der orangefarbene Code ausgegeben worden war, der auf ein erhöhtes Risiko für den Luftverkehr hinweist.

Krascheninnikow. © Copernicus

Das Kamchatka Volcanic Eruption Response Team (KVERT) bestätigte die Eruptionen sowie die Höhe der Aschewolken und ergänzte, dass diese sich bis zu 138 Kilometer weit ausbreiteten.

Darüber hinaus berichteten die Vulkanologen von KVERT von einer anhaltend effusiven Eruption: Lavaströme ergießen sich an den Osthängen des Nordkegels, während aus dem Gipfelbereich weiterhin Gas- und Dampfwolken aufsteigen. Satellitenbilder zeigen zudem eine deutliche thermische Anomalie am Vulkan, die auf die heißen Lavaströme zurückzuführen ist. MIROVA gibt eine Leistung der Thermalstrahlung von 109 MW an.

Der Krascheninnikow-Vulkan liegt im östlichen Vulkangürtel Kamtschatkas, rund 13 Kilometer südlich des Kronotskoje-Sees und etwa 200 Kilometer nordöstlich von Petropawlowsk-Kamtschatski. Mit seinen zwei Hauptkegeln zählt er zu den komplexeren Stratovulkanen der Region, die für ihre hohe vulkanische Aktivität bekannt ist.

Der Vulkan wurde sehr wahrscheinlich infolge des starken Erdbebens vom 30. Juli aktiv. Bis zu diesem Zeitpunkt gab es keine offensichtlichen Anzeichen eines Erwachens. Anders verhält es sich bei den Vulkanen Klyuchevskoy und Shiveluch, die bereits vor dem Erdbeben aktiv waren, ihre Aktivität jedoch im Anschluss deutlich verstärkten.

Der Klyuchevskoy erzeugte zuletzt am 20. Oktober eine Aschewolke, nachdem er einige Tage zuvor eine stärkere Eruptionsserie verzeichnet hatte. Aktuell ist auf einer Livecam ein schwacher Lichtschein im Dampf über dem Krater zu sehen, der auf rotglühende Lava hindeutet.

Auch der Shiveluch bleibt aktiv: Er baut weiterhin an seinem Lavadom, wobei in den vergangenen Wochen vor allem Aktivität in der Depression des „Jungen Shiveluch“ beobachtet wurde. Der Karan-Dom im älteren Teil des Vulkans scheint derzeit weniger aktiv zu sein als noch im Sommer.

Campi Flegrei: Erdbeben Md 2,8 am 22. Oktober

Anhaltend hohe Erdbebenaktivität in den Campi Flegrei – stärkste Erschütterung Md 2,8

Die Erdbebentätigkeit in der süditalienischen Caldera Campi Flegrei bewegt sich weiterhin auf hohem Niveau. Heute manifestierte sich am frühen Morgen ein Erdstoß der Magnitude 2,8. Die Herdtiefe wird mit 4 Kilometern angegeben. Das Epizentrum lag offshore, auf einer bekannten Störungszone im Westen der Bucht von Pozzuoli. Hier traten in den vergangenen Jahren immer wieder vergleichsweise starke Erdbeben in größerer Tiefe auf, in Bereichen, in denen sich kleine Magmataschen bilden könnten, die Spannungen auf die Störung ausüben. Möglich ist auch, dass sich Fluide entlang der Störung bewegen und so die Beben auslösen. Einige Forscher sind der Ansicht, dass diese tiefer gelegenen Erdbeben Risse im Deckgestein der Caldera erzeugen und dieses schwächen.

Campi Flegrei. © EMSC

Der Erdstoß wurde von den Bewohnern der Caldera deutlich gespürt und vielfach als „ziemlich stark“ beschrieben. Immer mehr Menschen reagieren auf die Erschütterungen mit wachsender Sorge vor einem sich zusammenbrauenden Vulkanausbruch. Kaum einer glaubt noch daran, dass die Hebungsphase ohne eine Katastrophe in naher Zukunft einfach enden wird.

Die geophysikalischen Parameter geben auch keinen Grund zu dieser Annahme. Im jüngsten Wochenbulletin für die 42. Kalenderwoche berichteten die Geowissenschaftler des IGNV von 135 Erdbeben. Das stärkste hatte eine Magnitude von 2,9. Die Bodenhebung hielt mit der bekannten Rate von 15 mm pro Monat weiter an, wobei die Grafik der Rione-Terra-Messstation andeutet, dass sich die Hebung beschleunigt haben könnte. Seit Beginn der Krise im Jahr 2005 hat sich der Boden um bis zu 154 Zentimeter gehoben, womit die bisherigen Spitzenwerte der Hebungsphase aus den 1980er Jahren übertroffen wurden.

In Bezug auf die Geochemie traten keine großen Änderungen auf und es wurde weiterhin viel Kohlendioxid ausgestoßen. Die Temperatur der Pisciarelli-Fumarole lag bei 94 Grad. Aufgrund von Niederschlägen war das Fangobecken mit Schlamm gefüllt. Die Temperatur der Hauptfumarole der Solfatara stieg weiter leicht an und erreichte zeitweilig die 170-Grad-Marke.