Pompeji: Szenen des Überlebenskampfes

Neues Haus mit Szenen eines Rettungsversuches in Pompeji entdeckt – Bett als letzter Schutzschild

Bei den jüngsten Ausgrabungen in Pompeji haben Archäologen eine eindrucksvolle Momentaufnahme der letzten Minuten vor dem Untergang der antiken Stadt freigelegt, die den verzweifelten Überlebenskampf einer Familie dokumentiert. Im sogenannten Haus von Elle und Phrixus an der Via del Vesuvio wurde ein Schlafzimmer entdeckt, dessen Eingang offenbar mit einem Bett blockiert wurde – vermutlich ein letzter Versuch, sich vor den herabregnenden Lapilli zu schützen.

Die Szene erzählt von der Verzweiflung der Bewohner: In dem Raum fanden sich die Überreste von mindestens vier Personen, darunter ein Kind, das ein typisches Bronzemedaillon – eine sogenannte Bulla – trug. Die Ausgrabungen legen nahe, dass die Opfer in ihrem Schlafzimmer Zuflucht suchten, nachdem Vulkanmaterial durch eine Öffnung im Dach in ihr Haus eindrang. Das Bett, das als Barrikade diente, konnte mithilfe von Gipsabgüssen rekonstruiert werden. Das Holz, aus dem es bestand, war im Laufe der Jahrtausende verfault und hinterließ Hohlräume in der verfestigten Vulkanasche. Die Hohlräume dienten als Blaupause für die Gipsabdrücke. Auf diese Methode gehen auch die schaurigen Gipsfiguren toter Menschen zurück, für die Pompeji bekannt ist.

„Pompeji konfrontiert uns mit der Schönheit antiker Kunst – und der Zerbrechlichkeit des Lebens“, sagt Parkdirektor Gabriel Zuchtriegel. Der dramatische Fund sei ein seltenes Zeugnis für den Versuch, inmitten der Katastrophe zu überleben.

Das Haus wurde nach einem mythologischen Wandgemälde benannt, das im Speisesaal (Triclinium) entdeckt wurde. Es zeigt die Geschwister Helle und Phrixus auf dem Rücken eines goldenen Widders, kurz vor Helles tödlichem Sturz ins Meer. Hierbei handelt es sich um ein tragisches Motiv der griechischen Mythologie, das durch die Umstände des Hausfundes eine besondere Tiefe erhält.

Neben menschlichen Überresten wurden zahlreiche Alltagsgegenstände gefunden: Amphoren mit Fischsauce (Garum), ein bronzener Hausrat mit Krug, Schöpfkelle und Muscheltasse sowie Vorräte aus einer Speisekammer.

Das Gebäude liegt nahe dem bekannten Haus von Leda und dem Schwan, das 2018 ausgegraben wurde. Beide Domus befanden sich offenbar während des Ausbruchs im Umbau, wie Spuren entfernter Türschwellen und unverzierter Wände zeigen. Möglicherweise wurden noch die Spuren des starken Erdbebens beseitigt, das sich im Jahre 62 ereignet hatte und große Schäden in Pompeji hinterließ. Heute interpretiert man dieses Erdbeben oft als ein Warnzeichen, dass sich der Vesuv auf eine Eruption vorbereitet hat. Allerdings sind solch starke Erdbeben 17 Jahre vor einem Vulkanausbruch sehr ungewöhnlich.

Der Untergang Pompejis wurde im Jahre 79 n. Chr. durch einen Ausbruch des Vulkans Vesuv ausgelöst. Die Eruption hatte einen VEI von 6 und stieß enorme Aschemengen aus. Doch die stärksten Zerstörungen und letztendlich der Untergang von Pompeji wurden von pyroklastischen Strömen verursacht. Später gingen auch Lahare vom Vesuv ab, die überwiegend zur Zerstörung von Herculaneum beitrugen. (Quelle: Archäologischer Park Pompeji)