Campi Flegrei: Erdbeben Mb 4,4 am 13. Mai

Blick über Pozzuoli und den Hafen. © Marc Szeglat

Starker Erdbebenschwarm erschüttert Campi Flegrei – Stärkstes Beben Md 4,4 verursachte Einsturz eines Hauses

Datum: 13.05.2025 | Zeit: 10:07:45 UTC | Koordinaten: 40.823 ; 14.114 | Tiefe: 5 km | Md 4,4

In den Phlegräischen Feldern (Campi Flegrei) begann heute Nacht ein seismischer Schwarm, dessen bisheriger Höhepunkt heute Vormittag von 2 Erdbeben der Magnituden 4,4 und 3,5 markiert wurde, wobei auch Schäden entstanden. Beide Beben waren von den Anwohnern der Caldera deutlich zu spüren gewesen, wobei beim EMSC Wahrnehmungsmeldungen aus einem Umkreis von gut 35 Kilometern eingingen. Ein Bebenzeuge will sogar in knapp 200 Kilometern Entfernung zum Epizentrum ein leichtes Schütteln gespürt haben.

Das Beben Md 4,4 ereignete sich um 10:07:45 UTC (12:07:45 Uhr MESZ) und hatte einen Erdbebenherd in 5 Kilometern Tiefe. Das Epizentrum befand sich im Golf von Pozzuoli, wenige Meter von der Küste entfernt im Hafenbereich der Stadt. Hier hatte es bislang noch nicht so viele Erdbeben gegeben. Das Beben Md 3,5 lag direkt unter Pozzuoli, genauer zwischen dem Marcellum und Rione Terra, wo das Zentrum der Caldera liegt und die stärkste Bodenhebung gemessen wird. Diese hatte sich in den letzten Wochen auf eine Geschwindigkeit von 15 mm pro Monat reduziert, lag aber immer noch über dem langjährigen Mittel. In den nächsten Tagen werden wir sehen, ob sich die Hebegeschwindigkeit heute wieder erhöht hat.

Schäden und Beeinträchtigung des öffentlichen Lebens in den Campi Flegrei

Mit einer Magnitude von 4,4 reiht sich die Erschütterung in den Reigen der stärksten Beben ein, die in den Campi Flegrei bislang gemessen wurden. Ein stärkeres Beben gab es nur vor genau 2 Monaten, das in einer Neubewertung auf Md 4,6 kam. Zuerst wurde es ebenfalls mit Md 4,4 eingestuft. Auch diesmal ist eine Korrektur des Wertes noch möglich, wobei sowohl auf- als auch abgestuft werden könnte. Fest steht aber, dass es eines der stärksten Beben in der Region war und dass es weitere Schäden verursacht hat. Aufgrund der langjährigen Zermürbung der Bausubstanz werden die Gebäude immer anfälliger, wobei einige Gebäude bereits als einsturzgefährdet gelten.

Entsprechendes hat man auch in Pozzuoli erkannt und nach dem Erdbeben gab es einen Appell des Bürgermeisters von Pozzuoli an die Bevölkerung, sich im Freien aufzuhalten und nicht in die Häuser zurückzukehren, bevor diese überprüft wurden. Ersten Berichten zufolge stürzte ein unbewohntes Haus teilweise ein. Es kam auch zu Erdrutschen am Monte Gauro. Schulen wurden geschlossen und der Zugverkehr eingestellt. Viele Menschen versammelten sich an den Evakuierungspunkten und verbrachten den Vormittag auf Plätzen.

Erdbeben und Bodenhebung der Campi Flegrei hängen mit Magmenaufstieg zusammen

Erst vor 2 Wochen zeigte sich INGV-Direktor Mauro de Vito optimistisch, dass es zu einer Entspannung der Lage kommen könnte, was mich allerdings sehr erstaunte. Die seismische Aktivität zeigt seit mehreren Jahren ein ähnliches Muster, bei dem sich stärkere seismische Phasen, die mit einer beschleunigten Bodenhebung einhergehen, mit ruhigeren Phasen abwechseln, bei denen es zu einer Reduzierung der Hebegeschwindigkeit des Bodens kommt. Auffällig ist, dass sich die Intervalle mit den ruhigeren Phasen in den letzten 2 Jahren signifikant verkürzten. Ich persönlich denke nicht, dass die aktuelle Bradyseismos-Phase kurzfristig einfach enden wird, so wie es bei den letzten – nur ca. 2 Jahre andauernden – Bradyseismosphasen im 20. Jahrhundert der Fall gewesen ist.

Die aktuelle Hebungsphase begann bereits vor 20 Jahren und es mehren sich die wissenschaftlichen Hinweise darauf, dass sie nicht nur von magmatischen Fluiden ausgelöst wird, sondern direkt von Magma, das von einem tiefen in einen flacher liegenden Magmenkörper migriert. Wahrscheinlich ist der Druck im tiefen Magmenkörper inzwischen so groß geworden, dass sich von dort immer wieder Magmablasen lösen, die dann ähnlich dem Wachs in einer Lavalampe aufsteigen. Obgleich es Beispiele gibt, in denen langanhaltende Vulkanaufheizungsphasen nach Jahren ohne Eruption abgeklungen sind, wird der Prozess hier wahrscheinlich erst enden, wenn es zu einer nachhaltigen Druckentlastung infolge einer Eruption gekommen ist. In der weiteren Druckaufbauphase steigt auch das Risiko für Erdbeben, die durchaus stärkere Schäden hervorrufen könnten.

Campi Flegrei: Anzeichen beschleunigter Bodenhebung

Seismische Krise in den Campi Flegrei spitzt sich zu – Beschleunigung der Bodenhebung detektiert

Der süditalienische Calderavulkan Campi Flegrei kommt nicht zur Ruhe. Im Gegenteil, die seismische Aktivität verstärkte sich in den letzten 2 Tagen weiter, zumindest was die Anzahl der Beben betrifft. Bereits gestern wurden seit dem Nachmittag des 15. Februar mehr als 550 Beben gezählt und ich denke, das dürfte das intensivste Schwarmbeben seit Beginn der Hebungsphase im Jahr 2005 sein.

Vor Ort werden die Behörden langsam unruhig und es wurden für die teils verängstigt reagierenden Anwohner Treffpunkte organisiert, die eigentlich als Fluchtpunkte ausgewiesen sind. Hier stehen Seelsorger bereit, um sich mit den Leuten zu unterhalten, und es werden Speisen angeboten. Außerdem wurde für heute Abend eine Gesprächsrunde mit Wissenschaftlern und Vertretern des Zivilschutzes anberaumt. Geophysiker Giuseppe De Natale äußerte sich in einem Fernsehinterview dahingehend, dass er eine weitere Intensivierung der Bebentätigkeit befürchtet, und wies darauf hin, dass im Falle stärkerer Erdbeben einige Gebäude als einsturzgefährdet gelten.

Im heute veröffentlichten INGV-Wochenbulletin für den Zeitraum vom 10. bis 16. Februar wird der Anfang des Schwarmbebens analysiert. Während der ersten zwei Tage des Schwarms wurden 335 Beben verortet, darunter die beiden stärksten Erschütterungen mit der Magnitude 3,9. Von besonderem Interesse ist, dass sich bereits in den ersten beiden Tagen der seismischen Krise die Bodenhebung beschleunigte. Es wurde ein vorläufiger Wert von 0,5 bis 1 cm ermittelt. Also hob sich der Boden in 2 Tagen so viel wie sonst in einem ganzen Monat.

Die Fumarolentemperatur von Pisciarelli lag bei 97 Grad und der Kohlendioxid-Ausstoß nähert sich den sporadisch aufgetretenen Spitzenwerten an, mit dem Unterschied, dass sie nun dauerhaft hoch sind.

Generell nimmt der Druck im Hydrothermalsystem des Vulkans zu, ein Prozess, der zum Teil in Schüben abläuft. Besonders in solchen Phasen wie jetzt sehe ich eine erhöhte Gefahr im Auftreten phreatischer Eruptionen. In den allermeisten Vulkangebieten der Welt würde man einen 1 Kilometer durchmessenden Bereich um die gefährdetsten Gebiete (Pisciarelli, Solfatara) evakuieren. In den Campi Flegrei verzichtet man darauf offensichtlich, weil es zu viele unterschiedliche Theorien zur Ursache der Beben gibt. Doch letztendlich haben sie alle eins gemein: einen Magmenkörper in größeren Tiefen, der das Hydrothermalsystem aufheizt. Diese Aufheizung alleine reicht im Prinzip schon, um phreatische (hydrothermale) Explosionen zu verursachen. Diese können Gesteinsbrocken aus dem Explosionsbereich ziemlich weit schleudern.

Übrigens, gestern geistere eine falsche Erdbebenmeldung durch die sozialen Netzwerke, nach der eine bei Pozzuoli ein Erdbeben der Magnitude 9,0 gegeben hätte. Dabei handelte es sich um einen Zahlendreher, denn das Beben hatte die Magnitude 0,9.

Campi Flegrei: Erdbebenaktivität am 14. Februar

Schlammpool in der morgendlichen Solfatara. © Marc Szeglat

Schwarmbeben unter Campi Flegrei geht weiter – ungewöhnlich lang anhaltende Aktivität

Die Erde kommt unter den Phlegräischen Feldern nicht zur Ruhe und das Schwarmbeben, das am 10. Februar begann, setzt sich auch heute noch fort. Seit gestern manifestierten sich ca. 100 Erschütterungen. Auch wenn alle Beben Magnituden unter 3 haben, ist es in Bezug auf Dauer und Anzahl der Beben ein ungewöhnlich intensiver Schwarm. Er ist auch insofern auffällig, als dass so starke Schwärme meistens in Zusammenhang mit stärkeren Erdbeben stehen, die es bislang aber nicht gab. Dennoch ereigneten sich mehrere Beben mit Magnituden im Zweierbereich.

Das stärkste Beben der letzten Stunden hatte eine Magnitude von 2,6. Sein Hypozentrum lag in 2100 m Tiefe. Das Epizentrum wurde nördlich des Thermalgebiets von Pisciarelli festgestellt, wo sich mehrere Beben im genannten Magnitudenbereich ereigneten. Hier baut sich Druck auf, der letztendlich zu einer phreatischen Eruption führen könnte.




Die Beben verteilen sich zwar über einen Großteil der Caldera, konzentrieren sich aber in einer Zone zwischen Pisciarelli im Osten und einem Gebiet nahe der Küste südlich vom Monte Guaro.

Auffällig ist, dass die meisten stärkeren Erschütterungen im Zweierbereich auch in Tiefen von mehr als 2 Kilometern liegen, während sich die schwächeren Beben deutlich flacher im Hydrothermalsystem befinden. Die tieferen Beben könnten vulkanotektonischen Ursprungs sein und mit Rissbildungen infolge von Fluidaufstieg stehen, während die schwächeren Erdbeben durch Fluidbewegungen im Hydrothermalsystem ausgelöst werden.

Mich würde es nicht wundern, wenn sich die Bodenhebung infolge des Zustroms an Fluiden wieder beschleunigen würde. Zuletzt lag sie bei 10 mm im Monat, nachdem sie im Sommer letzten Jahres kurzzeitig doppelt so hoch war. Im letzten Jahr hob sich der Boden um 20 Zentimeter. Seit Beginn der Hebungsphase im Jahr 2005 kamen ca. 140 Zentimeter Hebung zusammen. Gemessen an der Station RITE. Ein Teil der Hebung wird aller Wahrscheinlichkeit nach Magma zu verdanken sein, das sich in 4–5 Kilometern Tiefe akkumuliert. Ansonsten werden hydrothermale Fluide für Hebung und Druckbeaufschlagung verantwortlich gemacht.

Campi Flegrei von Erdbeben M 3,0 erschüttert

Fangopool im Solfatara-Krater der Campi Flegrei. © Marc Szeglat

Erdbeben der Magnitude 3,0 erschütterte Campi Flegrei – Erschütterungen im gesamten Gebiet spürbar gewesen

Datum 17.01.25 | Zeit: 16:53:50 UTC | Koordinaten: 31.860 ; 131.519 | Tiefe: 1,9 km | Mb 3,0

Der süditalienische Calderavulkan Campi Flegrei wurde gestern Nachmittag erneut von einem weithin spürbaren Erdbeben erschüttert. Es hatte eine Magnitude von 3,0 und ereignete sich um 16:53:50 Uhr UTC bei den Koordinaten 40,8290; 14,1328. Das Epizentrum manifestierte sich knapp 100 Meter westlich des Solfatara-Kraters, in einem bebauten Gebiet entlang der Via Solfatara. Das Hypozentrum wurde in einer Tiefe von 1,9 Kilometern lokalisiert. Dieser stärkste Erdstoß des Jahres war im gesamten Gebiet der Campi Flegrei deutlich spürbar und sorgte bei den Anwohnern für Aufregung.

Interessanterweise handelte es sich um ein Dreifachbeben: Mit wenigen Sekunden Abstand ereigneten sich zwei weitere Erschütterungen im gleichen Areal. Diese erreichten Magnituden von 1,6 und 1,7 und wurden Berichten zufolge ebenfalls von einigen Bewohnern wahrgenommen. Das schwächste der drei Beben war der erste Stoß der Serie. Insgesamt wurden seit gestern 16 Beben in der Region registriert, sodass man hier von einem kleinen Schwarmbeben sprechen kann. Die Mehrheit dieser Beben trat in geringen Tiefen im Areal der Solfatara auf.

Die aktuelle Erdbebentätigkeit steht im Einklang mit der generellen Entwicklung der Campi Flegrei. Im Januar wurden bislang 134 Erschütterungen detektiert, was die Aktivität im Vergleich zum Vormonat als stabil erscheinen lässt. Die anhaltende seismische Aktivität spiegelt sich auch in der weiteren Druckbeaufschlagung des Hydrothermalsystems wider. Hierbei spielen sowohl geophysikalische als auch geochemische Parameter eine Rolle. So schwankte die Temperatur der austretenden Gase an der Pisciarelli-Hauptfumarole, bedingt durch Niederschläge, zwischen 94 und 97 Grad Celsius. Lag die meiste Zeit aber am oberen Ende des Schwankungsbereichs. Zudem wurden große Mengen Kohlenstoffmonoxid und Kohlenstoffdioxid freigesetzt. Im Dezember erreichte der CO₂-Ausstoß etwa 3.000 Tonnen pro Tag, was dem Ausstoß eines aktiven Vulkans entspricht.

Anhand der Ausgestoßenen Kohlenmonoxid und Kohlendioxid-Menge gehen die INGV-Forscher davon aus, dass die Fluide im Hydrothermalsystem 250 Grad heiß sind. Zum Anfang des Jahrtausends soll die Temperatur bei 215 Grad gelegen haben. Seitdem stieg die Temperatur des Hydrothermalsystems um 35 Grad.

Die Bodenhebung, gemessen an der RITE-Station, beträgt aktuell etwa 10 mm pro Monat. Seit Beginn der Hebungsphase im Jahr 2005 hob sich der Boden der Campi Flegrei um beeindruckende 1.370 mm; allein 2024 waren es 265 mm. Die anhaltende Hebung deutet auf eine mögliche Magmenintrusion in 4 bis 5 Kilometern Tiefe hin, die sich während der beschleunigten Hebungsphase im letzten Sommer verstärkt haben könnte.

Campi Flegrei: Starker Erdbebenschwarm am 18.08.24

Der Solfatara-Krater. Foto: Marc Szeglat

Süditalienische Caldera Campi Flegrei wurde von starkem Erdbebenschwarm erschüttert  -Mehr als 160 Beben innerhalb von 24 Stunden

Die Campi Flegrei (Phlegräischen Felder) in Süditalien kommen immer noch nicht zur Ruhe und wurden erneut von einem starken Erdbebenschwarm erschüttert, der gestern Mittag begann und bis heute Morgen andauerte. Insgesamt wurden mehr als 160 Beben detektiert. Das stärkste Beben hatte eine Magnitude von 2,8 und einen Erdbebenherd in nur 300 m Tiefe. Das Epizentrum wurde im Bereich der Küstenstraße Via Napoli lokalisiert und lag wenige Hundert Meter südlich des Solfatara-Kraters, ganz in der Nähe der Luftwaffenakademie, wo sich während der Bronzezeit ein Lavadom manifestierte. Vier weitere Erschütterungen in dem Areal brachten es auf Magnituden im Zweierbereich. Viele der schwächeren Erschütterungen verteilten sich zudem in und um die Solfatara.

 

Schwarmbeben löste keine Panik aus und die Menschen blieben ruhig

Obwohl der Schwarm bei Anwohnern, die das Geschehen online regelmäßig verfolgen, Sorgen auslöste, blieben Panikreaktionen und ein großes mediales Echo bislang aus. Die Erdbeben lagen alle unterhalb der Wahrnehmbarkeitsgrenze von M 3,0 und es liegen keine entsprechenden Meldungen vor, obgleich das stärkste Erdbeben aufgrund seines flach liegenden Hypozentrums als leichter Stoß hätte gespürt werden können. Doch so ein Stoß reicht dann halt doch nicht mehr aus, um große Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Nichtsdestotrotz gab das INGV Napoli mehrere Warnmeldungen heraus und wies auf eine Telefonnummer hin, unter der Bürger Schäden melden können.

Die Erdbeben spielten sich in Tiefen ab, die darauf hindeuten, dass sie im Zusammenhang mit Vorgängen im Hydrothermal der Caldera stehen. Sehr wahrscheinlich bauten sich Spannungen im Gestein ab, die durch Druckbeaufschlagung durch magmatische Fluidansammlungen im Hydrothermalsystem zustande kamen. Sie könnten auch direkt durch Fluidbewegungen entstanden sein. Auf jeden Fall sind das Indizien dafür, dass weiterhin eine größere Menge magmatischer Fluide aus größerer Tiefe aufsteigt und dass die Hitze eines Magmenkörpers in Tiefen von mehr als 4 Kilometern das Hydrothermalsystem weiter aufheizt. Nach wie vor sind wissenschaftliche Prognosen darüber, ob die Tätigkeit letztendlich in einer Eruption gipfeln wird, unmöglich. In meinen Augen besteht weiterhin die Gefahr, dass es auch kurzfristig zu phreatischen Eruptionen im Bereich Solfatara/Pisciarelli kommen könnte.

Campi Flegrei: Wasser weicht weiter zurück

Neuer Erdbebenschwarm erschüttert Phlegräische Felder – Wasser weicht bei Ebbe immer weiter zurück

Der Boden in den Campi Flegrei kommt nach wie vor nicht zur Ruhe: Heute Nacht begann um 4:08 Uhr eine neue Erdbebensequenz, die bis zur Stunde anhält, aber langsam abzuflauen beginnt. Bis jetzt registrierte das seismische Netzwerk des INGV 31 Erschütterungen im Bereich der italienischen Caldera, bei der es sich um den mächtigsten Vulkan des Festlandeuropas handelt. Die überwiegende Zahl der Erdbeben war von geringen Magnituden im Bereich der Mikroseismizität. Die stärkste Erschütterung manifestierte sich um 6:15 Uhr und hatte eine Magnitude von 2. Das Hypozentrum befand sich in 2,5 Kilometern Tiefe unter dem Westrand der Solfatara.

Das INGV brachte umgehend eine Sondermeldung heraus und teilte der Bevölkerung die Notfallnummern von Polizei und Zivilschutz mit, um evtl. Schäden melden zu können. Doch solche sind bei den geringen Magnituden der Beben derzeit nicht zu erwarten. Dennoch löst jeder neue Erdbebenschwarm bei den Bewohnern des Calderavulkans wachsende Besorgnis aus. Sie wird nicht nur von den Erdbeben angefeuert, sondern insbesondere von der Bodenhebung, die besonders im Hafen von Pozzuoli immer deutlicher sichtbar wird, da das Wasser bei Ebbe immer weiter zurückzuweichen scheint und das Hafenbecken zusehends trocken fällt und der Meeresgrund zutage tritt. Natürlich schwanken auch die Gezeitenkräfte und es gibt unterschiedliche Tiden und bestimmte Wetterlagen mit ablandigen Wind können den Wasserstand beeinflussen, dennoch ist ein Trend zu beobachten, dass das Wasser immer weiter zurückweicht. Die Bodenhebung beläuft sich inzwischen auf 128 Zentimeter seit 2005. Pro Monat kommen ca. 2 Zentimeter hinzu.

Trotz des anhaltenden Bradyseismos und Anzeichen dafür, dass sich im Untergrund der Caldera nicht nur magmatische Fluide akkumulieren, sondern auch Gesteinsschmelze, ist es nicht sicher, dass es zu einem Vulkanausbruch kommen wird, und es ist sogar sehr unwahrscheinlich, dass sich auf absehbarer Zeit eine Supervulkaneruption ereignen wird. Doch ein normal großer Vulkanausbruch würde in dem dicht besiedelten Gebiet eine Katastrophe auslösen.

Sollte es widererwartend doch einmal zu einer sogenannten Supervulkaneruption der Phlegräischen Felder kommen, könnte sich diese bis nach Deutschland auswirken. In Abhängigkeit von der Windrichtung muss mit erheblichen Ascheniederschlägen gerechnet werden und es könnte zu einer lang anhaltenden Verminderung der Sonneneinstrahlung kommen. Gerade in Zeiten der zunehmenden Solarstromproduktion wäre das ein Problem, auf das man nicht vorbereitet ist. Die Asche würde vermutlich auch die Windgeneratoren lahm legen. Vielleicht sollte man doch ein paar Gaskraftwerke mehr vorhalten, was natürlich die Strompreise treiben würde. Diese Überlegungen zeigen, wie fragil unsere Zivilisation ist und wie sehr sich der Mensch darauf verlässt, dass alles seine gewohnten Bahnen geht.

Campi Flegrei: Starker Erdbebenschwarm am 08.06.24

Neuer Erdbebenschwarm rockt Calderavulkan Campi Flegrei – Stärkstes Beben Mb 3,7 sogar in Neapel zu spüren gewesen

Datum: 08.06.2024 | Zeit: 02:09:03 UTC | Lokation: 40.8313 ; 14.1517 | Tiefe: 2,6 km | Mb 3,7

Der Untergrund des süditalienischen Calderavulkans Campi Flegrei kommt nicht zur Ruhe: Heute Nacht begann ein weiteres starkes Schwarmbeben, das sich bis heute Morgen um 9:30 Uhr aus mehr als 100 Einzelbeben bestand. Doch nicht nur die schiere Anzahl der Beben besorgt, sondern auch die Magnituden einiger Beben, die wieder im Dreierbereich angesiedelt waren. Der stärkste Erdstoß der Serie brachte es auf Mb 3,7 und hatte einen Erdbebenherd in 2,6 Kilometern Tiefe. Das Epizentrum lag neben der Via Pisciarelli, unweit der bekannten Fumarole. Im direkten Umfeld der Fumarole mit ihrem brodelnden Fangopool manifestierten sich 4 Beben mit Magnituden zwischen 2,1 und 3,5, die die folgenden Plätze im Magnitudenranking des Schwarms einnahmen.

Bei der Pisciarelli-Fumarole handelt es sich um die stärkste postvulkanische Erscheinung der Caldera. Sie liegt an der Nordostbasis des Solfatarakraters und direkt am Ortsrand der Stadtteile Pisciarell/Agano, die zur Gemeinde von Pozzuoli gehören. Ich halte es für durchaus möglich, dass sich hier phreatische Explosionen ereignen könnten. Im Extremfall könnten phreatische Explosionen auch Gesteinstrümmer bis auf die benachbarte Sportanlage und sogar darüber hinaus schleudern.

Die stärksten Erdstöße konnten von den Anwohnern der Caldera Campi Flegrei gespürt werden und rissen diese teilweise aus dem Schlaf. Obwohl sich die Erdbeben zu nachtschlafender Zeit ereigneten, liegen dem EMSC mehrere Wahrnehmungsmeldungen aus einem 10 Kilometer durchmessenden Umkreis vor. Der stärkste Erdstoß wurde sogar in der Hafengegend von Neapel wahrgenommen. In einigen Berichten heißt es, dass man nahe der Epizentren ein brüllendes Geräusch gehört hat. Dieses unterschwellig wahrnehmbare Grummeln kenne ich selbst von den Erdbeben, die ich bis jetzt erlebt habe. Dieses niedrigfrequente Grummeln oder Brüllen trifft mit den ersten P-Wellen ein, kurz bevor einen die stärkeren S-Wellen erreichen, die die stärksten Erschütterungen auslösen. Man kann ein Erdbeben also Sekunden vor seinen stärksten Auswirkungen hören: Kostbare Sekunden, die einem im Falle eines starken Erdbebens vielleicht Zeit geben, Deckung zu suchen. Doch dazu muss man natürlich sofort reagieren und nicht länger auf das lauschen, was da kommt.



Aschestromcaldera Campi Flegrei und der Kampanische Ingnimbrit

Bei der Caldera Campi Flegrei handelt es sich um eine sogenannte Aschestromcaldera. Im Unterschied zu normalen Vulkanen, die einen Einbruchskessel im Gipfelbereich des Vulkanbergs haben, existierte an der Stelle der Campi Flegrei sehr wahrscheinlich niemals ein normaler Vulkanberg, obgleich es einer These nach eine  große vulkanische Vorgängerstruktur in Form eines Vulkankomplexes gegeben haben könnte. Die Calderabildung geht auf eine gigantische Eruption zurück, die sich vor 39.000 Jahren manifestierte und den Kampanischen Ingnimbrit förderte. Hierbei handelt es sich um eine enorm große Ablagerung vulkanischen Materials aus pyroklastischen Dichteströmen. Diese flossen bis zu 70 Kilometer weit und überwunden bis zu 1000 Meter hohe Gebirgsrücken des Apennins. Der Kernbereich der Ablagerungen hat einen Durchmesser von ca. 50 Kilometern. Am Rand der Campi Flegrei sind die Ablagerungen des Ignimbrits bis zu 80 Meter mächtig. Im Stadtgebiet von Neapel sind sie zwischen 50 und 40 Meter dick. Insgesamt bedeckten die Ablagerungen der pyroklastischen Dichteströme ein Gebiet von ca. 30.000 Quadratkilometern, wobei sie zum Rand hin immer dünner werden. Zum Vergleich: Das Bundesland NRW hat eine Fläche von ca. 34.000 Quadratkilometern. Man kann davon ausgehen, dass es in größerer Entfernung zur Caldera vor allem zu Ablagerungen aus Aschewolken kam, die von den pyroklastischen Strömen ausgingen, und dass nicht das gesamte Verbreitungsgebiet des Ignimbrits direkt von den pyroklastischen Strömen überrollt wurde. Sollte sich so eine Eruption heutzutage wiederholen, würde es im Großraum Neapel keine Überlebenden geben. Zugegeben, dass so eine Eruption zu unseren Lebzeiten eintritt, ist sehr unwahrscheinlich, doch die reine theoretische Möglichkeit solcher Eruptionen schürt natürlich Sorgen bei der Bevölkerung.

Campi Flegrei: Erdbebenaktivität und Bodenhebung am 5. Juni

Erdbebentätigkeit geht weiter – Variationen in der Bodenhebung festgestellt

Unter der süditalienischen Caldera wird weiterhin eine erhöhte Seismizität festgestellt. Seit gestern wurden 27 Erschütterungen von den Seismometern aufgezeichnet. Gestern wurde auch das neue Wochenbulletin für den Beobachtungszeitraum 27.05. bis 02.02. veröffentlicht. Dem Schriftstück ist zu entnehmen, dass es in dieser Woche 56 Erdbeben gab. Die meisten Magnituden waren so gering, dass man die Beben als Mikrobeben bezeichnen muss. Das stärkste Erdbeben hatte eine Magnitude von 1,7. Interessanter sind die Daten zur Bodenhebung. Von Mitte April bis zum 20. Mai wurde eine Hebungsrate von 2 Zentimetern detektiert. Während des starken Erdbebenschwarms zwischen 20. und 21. Mai sank der Boden zwischen 0,5 und 1 Zentimeter ab. Dann gab es offenbar einen mehrtägigen Stillstand der Bodendeformation, bis sie dann ab dem 29. Mai bis zum 2. Juni um einen Zentimeter anstieg. Sollte dieser Trend fortbestehen, hätte sich die monatliche Hebungsrate signifikant erhöht – doch ob dem so ist, müssen erst weitere Messungen und Korrekturrechnungen bestätigen. Es könnte sich auch nur um einen kurzfristigen Effekt gehandelt haben, indem der zuvor abgesackte Boden wie ein Gummiband hochschnellte, um mit dem Niveau des umgebenen Gesteins aufzuschließen.

Seit Januar 2011 hob sich der Boden der Caldera stellenweise um etwa 122,5 Zentimeter. In diesem Jahr betrug die Modenhebung bisher 8,5 Zentimeter.

Einer Theorie nach zufolge, sackte der Boden ab, weil sich durch das starke Erdbeben Mb 4,4 ein Riss gebildet hat, durch den Gase des Hydrothermalsystems entweichen konnten, die zuvor den Boden angehoben haben. Gegen diese Theorie spricht allerdings, dass die Gassensoren keine signifikanten Schwankungen in Bezug auf den Gasausstoß festgestellt haben. Es wird allerdings beobachtet, dass sich der langjährige Trend der Druckbeaufschlagung fortsetzt, und der Kohlendioxidausstoß ist generell hoch. Die Gastemperatur an der Pisciarelli-Fumarole blieb bei 95 Grad, gemessen in 5 m Entfernung von der Fumarole.

Übrigens besteht das GNNS-Netzwerk in den phlegräischen Feldern aus 35 Land- und Seestationen. Unterseeisch soll noch eine Messstation dazukommen.

Infolge der Schäden des Erdbebens der Magnitude 4,4 mussten einige Familien ihre Wohnungen verlassen. Viele von ihnen wurden erst einmal in Hotels untergebracht und warten darauf, neue Wohnungen zu bekommen oder in ihre alten zurückkehren zu dürfen. Daraus kann man schließen, dass die Schäden teilweise doch größer waren, als zunächst kommuniziert wurde.

Campi Flegrei: Angst vor Vulkanausbruch steigt

Nach starkem Erdbeben steigt die Angst vor einem Vulkanausbruch – Vulkanologen beruhigen

Der starke Erdbebenschwarm von gestern Abend beunruhigte die betroffenen Menschen sehr und viele übernachteten im Freien. Die Kommunalverwaltung hatte auf öffentlichen Sammelplätzen vier große Zelte aufstellen lassen, in denen Anwohner unterkommen konnten, die nicht in ihren Häusern übernachten wollten: Die Angst vor einem stärkeren Erdbeben war bei manchen groß. Es wurde auch psychologische Betreuung angeboten.

In vielen Medien ist zu lesen, dass die Menschen in Panik verfielen, doch auf den zahlreichen Aufnahmen in den sozialen Medien sieht man zwar rege Betriebsamkeit in den Straßen und auf den für Notfälle ausgewiesenen Sammelplätzen am Ende der Evakuierungsrouten, doch die Leute wirken zum großen Teil ruhig und gefasst und nicht panisch oder verzweifelt.

Erdbeben Mb 4,4 verursachte leichte Schäden in Pozzuoli

Das Beben verursachte leichte Schäden an Gebäuden und Straßen. Vornehmlich kam es zu Rissbildungen, aber es sind auch kleinere Fassadenteile wie Putz und Verzierungen auf die Straßen gefallen. Es kam zu Verkehrsbeeinträchtigungen und der Bahnverkehr wurde eingestellt, da man die Gleise überprüfen musste. Am Rand der Solfatara ereigneten sich Steinschläge und Erdrutsche.

Das INGV hat die Magnitude des stärksten Erdbebens bei Mb 4,4 belassen, ohne sie zu korrigieren. Beim EMSC hingegen wurde die Magnitude auf 4,2 herabgestuft und das Epizentrum vor die Küste von Ischia verlagert, was mir wenig plausibel zu sein scheint. Aber auch mit einer reduzierten Magnitude liegt das Beben im Spitzenbereich der letzten 40 Jahre und teilt sich den Titel des stärksten Erdstoßes dann mit dem Beben Ende September 2023.

Obwohl das Beben immer als stark beschrieben wird, muss man das relativ sehen: Für ein Erdbeben mit vulkanischem Hintergrund ist es ein starkes Erdbeben gewesen und auch das stärkste je gemessene Erdbeben in der Campi Flegrei. Dennoch muss man es aufgrund der Magnitude im 4-er-Bereich als mittelstark einordnen. Es war zwar gut zu spüren gewesen, hatte aber nur ein geringes Zerstörungspotenzial. Es gibt noch Luft nach oben, bevor man mit katastrophalen Schäden rechnen muss. Vulkanisch bedingte Erdbeben werden selten noch stärker. Werden sie es doch, dann ist in der Regel Magma unterwegs, so wie wir es am 10. November auf Island sahen, als sich ein magmatischer Gang unter Grindavik ausbreitete, der sogar zu einem Rifting-Prozess geführt hat. Damals gab es Erdbeben bis zur Magnitude 5,2.

Vulkanologen beruhigen: Keine Anzeichen für unmittelbar bevorstehenden Vulkanausbruch

Fumarole SolfataraWährend sich die Anwohner der Campi Flegrei also Sorgen machen, dass der Calderavulkan ausbrechen könnte, beruhigen die INGV-Vulkanologen. Sie schrieben in einem Statement, dass es keine anderen Anzeichen für einen bevorstehenden Vulkanausbruch gäbe. Weder die Bodenhebung hat sich beschleunigt, noch hat sich die chemische Zusammensetzung der Gase geändert, die von den Fumarolen im Bereich der Solfatara ausgestoßen werden. Wäre Magma bis kurz unter die Oberfläche aufgestiegen, würde man einen erhöhten Schwefeldioxid-Ausstoß erwarten.

Was die Bodenhebung anbelangt, bin ich skeptisch und gehe davon aus, dass wir in den nächsten Stunden schon eine Verstärkung der Hebungsrate sehen werden: Wahrscheinlich stand das starke Schwarmbeben mit magmatischen Fluiden in Verbindung, die die Deckschicht in 3 Kilometern Tiefe durchdrungen haben. Es dauert natürlich eine Weile, bis das Material durch die Risse aufsteigt und sich in den schwammartigen Ablagerungen des Hydrothermalsystems akkumulieren und so den Untergrund anheben.

Wenig Vertrauen schaffen da einige Aussagen von Politikern, die in lokalen Medien verlautbart wurden, indem man die aktuelle Krise mit jener von 1982/84 vergleicht. Zwar ist es richtig, dass die Bodenhebungsrate damals deutlich höher war als jetzt und zeitweise 92 mm pro Monat betrug (jüngste Messungen kommen aktuell auf 20 mm), doch was die schiere Anzahl der Erdbeben anbelangt, lag der April tatsächlich auf gleichem Niveau wie damals, als pro Monat knapp 1300 Erschütterungen detektiert wurden. In den Berichten ist oft zu lesen, dass es im April nur ca. 450 Beben gewesen sein sollen. Doch diese Zahl bezieht sich auf Erdbeben, die in Schwärmen auftraten. Also, entweder werden unbeabsichtigt falsche Zahlen verbreitet, oder man will beruhigen.

Generell muss man sich auch fragen, was die früheren Bradyseismos-Phasen von der aktuellen Phase unterscheidet. Die letzten Phasen dauerten meistens selten länger als 2 Jahre, während die aktuelle Phase bereits 19 Jahre anhält. Dafür läuft sie deutlich langsamer ab, wobei in den letzten Jahren eine deutliche Beschleunigung zu sehen ist. Man darf sich natürlich auch fragen, ob man im letzten Jahrhundert genau genug gemessen hat, um die langsamen Anfänge einer neuen Phase mitzubekommen. Geht man davon aus, dass vermehrt magmatische Fluide freigesetzt werden, wenn sich im tieferen Untergrund eine größere Magmamenge ansammelt, dann sieht es so aus, als wäre bei früheren Phasen eine Magmablase aus der Tiefe aufgestiegen und hat in 4-5 Kilometern Tiefe ihren Aufstieg gestoppt. Jetzt sieht es eher nach einem kontinuierlichen Zustrom von Magma aus dem tiefer gelegenen Magmenkörper aus, so dass sich über die Jahre hinweg eine kritische (eruptionsfähige) Menge Schmelze ansammeln könnte. Kurzum: Je länger der Prozess anhält, desto größer die Ausbruchswahrscheinlichkeit. Einen VEI7-Ausbruch (Supervulkanausbruch) sehe ich noch nicht anstehen. Sollte die Hebung aber noch Jahrzehnte anhalten, kann ich mir so etwas auch vorstellen.