Türkei: Erdbeben Mb 5,0 im Westen bei Sındırgı

Erneutes Erdbeben im Westen der Türkei – Tektonische Spannungen im Simav-Graben bleiben aktiv

Datum: 03.11.2025 | Zeit: 12:35:37 UTC | Koordinaten 39.169 ; 28.341 | Tiefe: 11 km | Mb 5,0

Erneut erschütterte am Montagnachmittag ein stärkeres Erdbeben den Westen der Türkei. Das Beben der Magnitude 5,0 ereignete sich um 15:35 Uhr Ortszeit südöstlich von Balıkesir, nahe der Kleinstadt Sındırgı. Nach ersten Berichten war es in weiten Teilen der Provinz Balıkesir und darüber hinaus deutlich zu spüren. Das Hypozentrum lag in etwa elf Kilometern Tiefe, was typisch für die seismisch aktiven Grabenstrukturen dieser Region ist.

Türkei. © EMSC/Leaflet

Das Ereignis wurde von zahlreichen schwächeren Erdbeben begleitet und reiht sich in die aktuelle Erdbebenserie ein, die in den vergangenen Monaten entlang des Simav-Grabens registriert wurde. Seit dem Frühjahr sind dort mehrere stärkere Erdstöße aufgetreten, von denen zwei die Magnitude 6,1 hatten, Schäden anrichteten und sogar ein Menschenleben forderten.

Der Simav-Graben ist Teil des westanatolischen Dehnungsgürtels, in dem sich die Erdkruste aufgrund der Bewegung der Anatolischen Mikroplatte ostwärts auseinanderzieht. Entlang der aktiven Normalverwerfungen kommt es dabei immer wieder zu abrupten Spannungsentladungen.

Obwohl die Region keine vulkanische Aktivität zeigt, spielt die geologische Vergangenheit eine Rolle bei der Entstehung von Erdbeben. Unter dem südlichen Abschnitt des Grabens befindet sich die sogenannte Naşa-Intrusion – ein alter, tiefreichender magmatischer Körper aus dem späten Miozän. Er ist heute erstarrt, beeinflusst aber noch immer die Dichteverteilung und den Wärmestrom in der Erdkruste. Diese Wärmequelle speist zahlreiche heiße Quellen rund um Simav und Eynal, die für ihre geothermale Nutzung bekannt sind.

Forscher vermuten, dass der erhöhte Fluiddruck im Untergrund die Reibung entlang der Störungszonen verringern kann. Hierbei handelt es sich um einen Prozess, der kleinere Erdbeben begünstigt. Stärkere Beben sind nach Meinung der Geoforscher jedoch klar tektonischen Ursprungs. Die Seismizität unterstreicht, dass die Dehnungszone Westanatoliens weiterhin aktiv ist und auch künftig mit spürbaren Erdstößen zu rechnen ist. Ich persönlich frage mich allerdings, ob der Fluideinfluss nicht größer als angenommen ist.

Türkei: Starkes Erdbeben Mw 6,1 bei Sındırgı

Starkes Erdbeben am Simav-Graben in der Westtürkei – Häuser in Sındırgı eingestürzt

Datum: 27.10.2025 | Zeit: 19:48:28 UTC | Koordinaten 39.184 ; 28.231 | Tiefe: 6 km | Mw 6,1

Erneut hat es im Westen der Türkei bei Sındırgı ein starkes Erdbeben gegeben. Der Erdstoß der Magnitude 6,1 ereignete sich gestern Abend um 19:48:28 UTC (22:48:28 Uhr Ortszeit) in einer Tiefe von nur sechs Kilometern. Das Epizentrum wurde acht Kilometer südöstlich von Sındırgı lokalisiert. Es kam zu zahlreichen Nachbeben. Mehrere Gebäude stürzten ein, viele weitere wurden beschädigt und gelten als einsturzgefährdet. Todesopfer wurden bislang nicht gemeldet, jedoch durchsuchen Rettungskräfte weiterhin die Trümmer nach möglichen Verschütteten.

Erdbeben Türkei. © EMSC/Leaflet

Auf Aufnahmen, die in den sozialen Medien geteilt wurden, erkennt man einige eingestürzte Gebäude. Sollten diese nicht leer gestanden haben, kann ich mir nicht vorstellen, dass es keine Opfer gegeben haben soll. Zudem kam es zu einer Vielzahl kleinerer Schäden. In den Supermärkten wurden die Waren aus den Regalen gefegt. Es kam zu Stromausfällen.

Mit diesem Ereignis setzt sich die Erdbebenserie in der Region entlang des Simav-Grabens fort, die bereits im Frühjahr begonnen hat. Schon im August hatte sich bei Sındırgı ein Beben gleicher Stärke ereignet. Damals kam eine Person ums Leben, mehrere weitere wurden verletzt.

Bisher konzentrierte sich die seismische Aktivität auf zwei lokale Zentren. Zwischen diesen beiden Erdbebengebieten liegt jedoch eine Zone mit vergleichsweise wenigen Erschütterungen. Fachleute gehen davon aus, dass sich dort eine sogenannte seismische Lücke gebildet hat – ein Bereich, in dem sich Spannungen entlang der gleichen Störungszone aufbauen, die sich in absehbarer Zeit in weiteren Erdbeben entladen könnten. Bereits Anfang Oktober hatte der türkische Seismologe Professor Dr. Osman Bektaş vor neuen starken Erdbeben in der Region gewarnt – seine Prognose scheint sich nun bestätigt zu haben.

Die Türkei zählt zu den erdbebengefährdetsten Regionen der Erde. In Erinnerung bleibt insbesondere die Katastrophe vom 6. Februar 2023, als zwei schwere Erdbeben der Magnituden 7,7 und 7,6 in der südosttürkischen Provinz Hatay Zehntausende Menschenleben forderten.

Türkei: Seismologe prognostiziert stärkere Erdbeben in Kütahya

Erdbeben im türkischen Kütahya: Seismologe warnt vor Migration der Erdbeben in Richtung Nordosten

Datum: 08.10.2025 | Zeit: 23:54:07 UTC | Koordinaten: 39.247 ; 29.013 | Tiefe: 9 km | Mb 4,9

Gestern Abend ereignete sich im Erdbebengebiet bei Simav ein weiterer Erdstoß der Magnitude 4,9. Das Epizentrum wurde 18 km nördlich von Simav lokalisiert. Das Hypozentrum befand sich in 9 Kilometern Tiefe. Der Erdstoß wurde von den Anwohnern der Region deutlich gespürt und sogar noch in Istanbul und dem fast 400 Kilometer entfernten Bulgarien wahrgenommen. Laut türkischen Presseberichten sollen wieder zahlreiche Menschen panikartig ins Freie geflüchtet sein.

Simav-Graben. © EMSC

Das Beben ereignete sich nahe einer der Störungszonen des Simav-Grabens, über den ich in den letzten Monaten öfters berichtet habe. Entlang des Grabens haben sich inzwischen zwei Erdbebencluster gebildet. Täglich gibt es mehr als ein Dutzend schwacher Erdbeben und gelegentlich auch mittelstarke bis starke Erschütterungen wie das Beben gestern. Das stärkste Erdbeben im August hatte eine Magnitude von 6,1 und verursachte einige Schäden und Verletzte.
Nun ergriff der türkische Seismologe Professor Dr. Osman Bektaş das Wort und wies darauf hin, dass sich die seismische Aktivität nach Nordosten in Richtung Kütahya-Tavşanlı ausbreitet. Insbesondere der Naşa-Erdbebencluster zeigt weiterhin Zuwachs: Nachdem vor vier Tagen ein Beben der Stärke 4,1 registriert wurde, nimmt die Seismizität nun mit einer Magnitude von 4,9 in nordöstlicher Richtung zu.

Der Professor ist der Meinung, dass das starke Sindırgı-Erdbeben der Magnitude 6,1 das umliegende Verwerfungssystem aktivierte und eine Zunahme der seismischen Aktivitäten ausgelöst hat. Der Uşak-Block, begrenzt durch die Simav- und Gediz-Verwerfungen, die die stärksten Deformationen in der Ägäis aufweisen, bildet seit 1969 einen Makro-Erdbebencluster, der nun ebenfalls auf Kütahya gerichtet ist, so Bektaş in einem Statement gegenüber der Lokalpresse. Die Behörden und Experten beobachten die Region weiterhin genau, da die seismische Tendenz auf eine potenzielle Zunahme der Beben hindeutet.

Meiner Meinung nach könnte zwischen den beiden Erdbebenclustern eine seismische Lücke entstanden sein, in der noch hohe Spannungen in der Erdkruste vorhanden sind. Daher rechne ich eher mit einem weiteren starken Beben zwischen den Clustern als in einem der bestehenden, obgleich auch hier noch ein großes Bebenpotenzial vorhanden ist.

Interessant finde ich auch, dass es in der Region einen hohen geothermischen Gradienten gibt und im Bereich des ersten Bebenclusters ein Geothermiekraftwerk betrieben wird.

Türkei: Erdbeben Mb 5,4 im Westen

Mittelstarkes Erdbeben der Magnitude Mb 5,4 im Westen der Türkei – zahlreiche Nachbeben

Datum: 28.09.2025 | Zeit: 09:59:16 UTC | Koordinaten: 39.323 ; 28.918 | Tiefe: 10 km | Mb 5,4

In der Westtürkei ereignete sich heute Mittag ein Erdbeben der Magnitude 5,4. Das Hypozentrum wurde in 10 Kilometern Tiefe fixiert, was bedeutet, dass es sich um ein flaches Erdbeben handelt, dessen Tiefe aber nicht exakt bestimmt werden konnte. Das Epizentrum befindet sich 27 km nord-nordwestlich von Simav, in der Nähe von Sindrigi, wo es bereits seit Monaten starke seismische Aktivität gibt.

Wie es öfter vorkommt, gibt es zur Magnitude des Hauptbebens unterschiedliche Angaben. Beim GFZ ist es mit M 5,0 gelistet. Eine manuelle Kontrolle der automatisch ermittelten Daten steht noch an.

Laut lokalen Medien flüchteten zahlreiche Anwohner der Region auf die Straßen und trauten sich lange nicht in ihre Häuser zurück. Größere Schäden oder Verletzte wurden nicht gemeldet.

Es gibt zahlreiche Wahrnehmungsmeldungen beim EMSC. Die Bebenzeugen beschreiben, dass es sich um einen recht lange anhaltenden Erdstoß gehandelt hat, der Möbel und Lampen zum Schwanken brachte. Die am weitesten entfernte Erdbebenmeldung stammt aus dem gut 650 Kilometer entfernten Zypern. Meldungen über größere Schäden liegen nicht vor.

Das aktuelle Erdbeben löste ebenfalls einen beachtlichen Nachbebenschwarm aus, der auf der Shakemap einen ordentlichen Cluster bildet. Dieser liegt näher an Simav als das Schwarmbeben bei Sindrigi, so dass man hier von einem eigenständigen Event sprechen kann, das allerdings im gleichen tektonischen Environment stattfindet. Bei diesem Environment handelt es sich um den Simav-Graben, der im Zusammenhang mit einer Krustendehnung steht, die durch den Stress zustande kommt, der entsteht, weil sich der Anatolische Block zwischen den beiden großen Blattverschiebungen der Nord- und Ostanatolischen Störungszonen befindet, zwischen denen er nach Westen flutscht, weil im Osten die Arabische und Ägäische Platte kollidieren. Infolge der Ausweichsbewegung kommt es zudem zur Rotation des Anatolischen Blocks.

Ungewöhnlich sind die lange anhaltenden schwachen Nachbeben im ersten Cluster. Hier beruhigt sich die Erde seit dem 10. August nicht, als es ein Erdbeben Mw 6,1 gegeben hatte. Doch auch vor diesem Ereignis gab es seit dem Frühjahr viele Erdbeben in dem Areal.

Türkei: Intensives Schwarmbeben bei Simav

Schwarmbeben bei Simav in der Türkei – Ca. 70 Erdbeben innerhalb weniger Stunden

Datum: 09.06.2025 | Zeit: 10:21:25 UTC | Koordinaten:  39.223 ; 28.970 | Tiefe: 9 km | Mb 3,8

Simav, 09.06.2025Innerhalb weniger Stunden manifestierte sich im Westen der Türkei ein Schwarmbeben, das bis jetzt aus ca. 70 Einzelerschütterungen besteht. Das stärkste Beben hatte eine Magnitude von 3,2 und einen Erdbebenherd in 9 Kilometern Tiefe. Das Epizentrum wurde 15 km nordnordwestlich von Simav ausgemacht. In dem Ort leben gut 34.900 Menschen.

Erdbeben bei Simav © EMSC

Obwohl keine Wahrnehmungsmeldungen vorliegen und die Beben wahrscheinlich wenig Aufmerksamkeit auf sich zogen, sind sie vom tektonischen Aspekt und insbesondere im Zusammenhang mit den Vulkanen interessant, denn Simav ist aufgrund seiner Thermalquellen bekannt. Zudem gibt es Hinweise auf quartären Vulkanismus, der bereits während des Miozäns begonnen hat. Die Region liegt in einem Rift und stand hier zuletzt am 25. April im Fokus der Berichterstattung, da sich ein Erdbeben Mb 4,6 ereignet hatte, dem ein starker Nachbebenschwarm folgte, der tagelang anhielt.

Die aktuellen Beben sind bis jetzt noch schwächer als damals, sehen aber sehr wahrscheinlich in einem Zusammenhang. Dieser könnte tektonischer Natur sein oder aber auch mit der Bewegung magmatischer Fluide im Untergrund zusammenhängen. Nicht auszuschließen ist, dass die Erschütterungen menschengemacht sind, denn ca. 7 Kilometer südöstlich der Erdbebenzone befindet sich ein kleines Geothermalkraftwerk, wo es auch Thermalbäder gibt. Allerdings spricht die Tiefe der Erdbebenherd dagegen, dass die Beben durch Wasserinjektion in den Untergrund entstanden sind. Unmöglich ist es allerdings nicht.

Tektonisch betrachtet befindet sich Simav im südlichen Bereich des gleichnamigen Grabens und die Erdbeben lagen nur wenige Kilometer von der Simav-Fault-Zone entfernt. Der Graben gehört zu einem System ähnlicher Rifts, die im Zusammenhang mit der Krustendehnung im Westen des anatolischen Blocks stehen. Die Dehnung ist eine Reaktion auf die Westwärtsbewegung des Blocks, dessen Ostteil komprimiert wird. Durch die Dehnung und die damit einhergehende Ausdünnung der Erdkruste kann entlang der tektonischen Bruchzonen Magma aufsteigen, was den Miozänen und frühquartären Vulkanismus der Region bedingte.

Betrachtet man einen größeren Ausschnitt der EMSC-Shakemap für die Türkei und den Mittelmeerraum, dann erkennt man, dass es auch entlang der Ostanatolischen Verwerfung zahlreiche schwache Erdbeben gab. Aus tektonischer Sicht ist auch im Ägäisraum viel los, wo es vor allem bei Kreta bebte. In Norditalien kam es zu einem kleinen Erdbebenschwarm östlich von Genua. Er bestand aus 7 schwachen Erschütterungen, die sogar Einzug in die Mainstreammedien gefunden haben.

Türkei: Erdbebenschwarm im Westen hält an

Zahlreiche Erdbeben im Westen der Türkei – Simav-Graben als Ursprung

Schaut man sich die Erdbebenlisten beim EMSC an, dann fallen die zahlreichen Erdbeben im Westen der Türkei sofort ins Auge. Seit der letzten Woche bebt es dort an zwei Lokationen besonders häufig: Ein Erdbebengebiet befindet sich im Marmarameer nahe Istanbul. Die Erschütterungen gehen auf das starke Beben der Magnitude 6,2 vom 23. April zurück, das sich an der Nordanatolischen Störung ereignete, und sind als Nachbeben einzuordnen. Experten befürchten jedoch, dass es zu einem noch stärkeren Erdbeben kommen könnte. Die seismische Aktivität hat in den letzten Tagen allerdings nachgelassen.

Das zweite Erdbebengebiet befindet sich in der Region Simav. Die Seismizität ist hier nach wie vor sehr hoch. Es handelt sich überwiegend um schwache Erdbeben mit Magnituden im 2er- und 3er-Bereich. Das stärkste Beben ereignete sich am 25. April und hatte eine Magnitude von 4,6. Dennoch würde ich die Erdbebentätigkeit an dieser Stelle eher als Schwarmbeben bezeichnen denn als Nachbeben, wie es in der Region des Marmarameeres der Fall ist. Anders als an der Nordanatolischen Verwerfung, bei der es sich um eine Transformstörung handelt, an der die Erdplatten seitlich aneinander vorbeigleiten, ist die Ursache der Beben bei Simav im gleichnamigen Grabensystem (Rift) zu suchen. Der Simav-Graben ist Teil des größeren westanatolischen Dehnungssystems, das sich von der Ägäis bis ins westliche Zentralanatolien erstreckt. Der tektonisch bedingte Graben ist von Verwerfungen begrenzt, die durch die Nord-Süd-Dehnung der Erdkruste in der Region verursacht werden. Entlang dieser Verwerfungen sinkt der Grabenboden weiter ab – es handelt sich also um Abschiebungen an Normalverwerfungen.

Ähnlich wie im Ostafrikanischen Graben bildeten sich entlang des Simav-Grabens Vulkane, die derzeit jedoch nicht als aktiv eingestuft werden. Die Vulkane förderten insbesondere rhyolithische und andesitische Laven, zudem gibt es Lavadome. Heiße Quellen und Geothermalfelder zeugen noch heute von tief sitzender magmatischer Aktivität im Untergrund. Die heißen Quellen von Simav erreichen Temperaturen von bis zu 90 Grad Celsius. Auch wenn das aktuelle Schwarmbeben wahrscheinlich tektonischen Ursprungs ist, könnten Fluidbewegungen dennoch einen Einfluss auf die Seismizität haben.