Mantelplume unter Yellowstone größer als gedacht

Der ohnehin gigantische Mantelplume unter dem Yellowstone-Vulkan ist vermutlich deutlich größer als gedacht. Das zeigen neue Untersuchungen die Michael Zhadanov und sein Team von der Universität in Salt Lake City durchgeführt haben. Dazu wandten sie eine neue Untersuchungsmethode an die Magnetotellurik genannt wird. Hierbei werden, ähnlich wie bei seismischen Messungen, Laufzeitunterschiede von Wellen benutzt, die sich in unterschiedlich dichtem Material verschieden schnell bewegen. Nur anstatt von Erdbebenwellen, werden bei der Magnetotellurik ultraniedrigfrequente Elektromagnetische Wellen beobachtet, die in der Ionosphäre entstehen und bis in den Erdmantel eindringen.

Bisher wurde angenommen, dass sich der Mantelplume unter dem Yellowstone ca. 241 km in westnordwestlicher Richtung ausbreitet und dabei mit einem Winkel von ca. 60 Grad ins Erdinnere abtaucht. Die neuen Untersuchungen haben eine Ausdehnung von 643 km ergeben und einen seichteren Abtauchwinkel von ca. 40 Grad. Der Plume soll dabei die Form eines Tornados haben. Das sich verjüngende Ende konnte bis in einer Tiefe von ca. 660 km verfolgt werden. Möglicherweise reicht er noch tiefer in den Erdmantel hinab, aber die Elektromagnetischen Wellen können nur bis in diese Tiefe vordringen.

Ein weiteres Forschungsergebnis von Zhadanov ist die Beobachtung, dass sich um den eigentlichen Mantelplume Zonen befinden, die mit Schmelze und Salzwasser (bzw. Fluide) gefüllt sein sollen, während das Gestein im eigentlichen Mantelplume zwar heiß, aber nicht geschmolzen ist. Dass Wasser den Schmelzpunkt von Gestein herabsetzt und es dadurch zum partiellen Schmelzen kommen kann, ist in der Vulkanologie schon lange bekannt und experimentell  nachgewiesen. Partielles Schmelzen wird als einer der Hauptgründe genannt, warum Magma auch in Zonen (Grenzbereich Erdkruste – Erdmantel) entstehen kann, in denen es aufgrund zu niedriger Temperaturen eigentlich nicht zur Entstehung von Schmelzen kommen sollte. Die Frage stellt sich, woher das Salzwasser kommt? Normaler Weise ist das ein Phänomen entlang von Subduktionszonen, an denen Ozeanische Kruste in den Erdmantel abtaucht und dabei wasserhaltige Sedimente mit in die Tiefe des Erdmantels schleppt. Wie bereits in einem meiner letzten Artikel über den Yellowstone-Mantelplume beschrieben, schneidet die Subduktionszone vor der Westküste der USA den Yellowstone-Mantelplume und interagiert mit diesem. Möglicherweise stammt das Salzwasser von dieser Quelle. Theoretisch kann es sich aber auch im Erdmantel gebildet haben und aus der Schmelze stammen. Wasser kann entweder direkt als H2O Molekül, oder als OH-Gruppe in den Kristallgittern der Mineralien eingebaut sein und durch Schmelzprozesse freigesetzt werden. Entgegen vieler älterer Lehrbücher geht man heute davon aus, dass die silikatische Gesteine des Erdmantels aufgrund der hohen Druckbedingungen im Erdmantel nicht geschmolzen sind, sondern sich plastisch wie Knetgummi verhalten und nur unter bestimmten Bedingungen schmelzen.

Einen Mantelplume kann man sich in etwa wie ein Schlauch vorstellen, aus dem Magma aus dem Erdmantel aufsteigt und bis in die Erdkruste eindringt. Am Ende des Mantelplumes sitzt eine Magmakammer auf, die den Yellowstone Vulkane mit Schmelze versorgt.

Tickt unter dem Yellowstone eine vulkanische Zeitbombe?

Tickt unter dem Yellowstone eine vulkanische Zeitbombe?

Jüngste Medienberichte schüren Panik, dass unter der Yellowstone-Caldera eine vulkanische Zeitbombe ticken würde. Grund für die neuerliche Hysterie sind ein Artikel in National Geografic und ein Interview auf CNN mit dem Physiker Michio Kaku. In dem Artikel heißt es, dass sich der Boden der Caldera seit dem Jahr 2004 teilweise um 25 cm angehoben hätte. Dass entspricht eine jährliche Hebungsrate von ca. 7 cm. Tatsächlich ist der Trend seit 2007 stark rückläufig. In den letzten 3 Jahren hob sich der Boden nur noch um 1 cm pro Jahr.

Michio Kaku sprach in seinem Interview von einem kurz bevorstehenden Vulkanausbruch, der die halbe USA verwüsten würde.

Fakt ist, das sich der Boden tatsächlich angehoben hat, das die Magmakammer, die für diese Anhebung verantwortlich ist, aber in 10 km Tiefe liegt. Seriöse Geowissenschaftler geben somit vorerst Entwarnung und halten einen baldigen Ausbruch des Yellowstone-Vulkans für unwahrscheinlich. Erst wenn das Magma auf einer Tiefe von 2 – 3 km angestiegen sei, würde eine unmittelbare Gefahr bestehen.

An vielen Vulkanen und Calderen kommt es zur Magmen-Intrusion im Untergrund, ohne das tatsächlich ein Vulkanausbruch stattfindet. Beispiele hierfür sind das Cheb Becken in Böhmen und die Long Valley Caldera in den USA. Dort ereignete sich im Mai 1980 ein initialer Erdbebenschwarm und eine Anhebung (uplift) des Calderabodens um ebenfalls 25 cm begann. Zeitgleich erhöhte sich die Temperatur in hydrothermalen Quellen. Seitdem ereigneten sich mehrere uplift-Zyklen, ohne das es zu einem Ausbruch gekommen wäre. Die letzte Eruption ereignete sich in der Long Valley Caldera vor 250 Jahren. Damals kam es auch nicht zu einem katastrophalen Ausbruch, sondern zu einem vergleichsweise schwachen Ereignis.

Auch im Yellowstone Park gab es seit der letzten Supervulkan-Eruption vor 640.000 Jahren weitere Vulkanausbrüche während des Pleistozäns. Diese spielten sich aber innerhalb der Caldera statt. So wurden im Zeitraum zwischen 140.000 und 70.000 Jahren große Mengen rhyolihtischer Lavaströme gefördert. Im Holozän gab es phreatomagmatische Explosionen. Es ist also nicht gesagt, dass eine Eruption im Yellowstone Nationalpark katastrophale Folgen haben muss, sofern es dann überhaupt in mittelbarer Zeit zu einem Ausbruch kommen sollte.

Neues Modell des Yellowstone Mantelplume

 

Yellowstone Mantelplume
Yellowstone Mantelplume

Forscher der Universität von Kalifornien entwickelten mit Hilfe der seismischen Tomografie ein neues Computermodell des Mantelplume unter dem Yellowstone Vulkan. Das Forscherteam um Mathias Obrebski wertete dafür die Signale von unzähligen Seismometern aus, die in den letzten Jahren im Westen der USA installiert wurden. Bei der seismischen Tomografie wird der Umstand zunutze gemacht, dass sich Erdbebenwellen in verschiedenen Medien unterschiedlich schnell ausbreiten. Lokale Unterschiede im Gestein der Erdkruste verursachen so eine Differenz zwischen tatsächlicher und erwarteter Laufzeit von Erdbebenwellen. Da heiße Gesteine eine geringere Dichte haben, als kälteres Gestein ändert sich auch hier die Laufzeit der Erdbebenwellen. Im heißen Gestein verringert sich die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Erdbebenwellen und es entsteht eine sogenannte „low-velocity-zone“. Umgekehrt nimmt die Geschwindigkeit der Erdbebenwellen in kälterem Gestein zu und es entsteht eine „high-velocity-zone“.
Mit diesen Laufzeitunterschieden und einem dichten Netzwerk von Seismometern wurden nun zahlreiche Erdbebenwellen aus unterschiedlichen Richtungen detektiert werden und Obrebski berechnete ein dreidimensionales Bild des Mantelplumes unter dem Yellowstone. Darüber hinaus wurde auch eine Interaktion zwischen der Subduktionszone vor der Westküste der USA und dem Mantelplume feststellen. Dieser durchstieß die in den Erdmantel abtauchende Juan de Fuca Platte und fragmentierte diese. Einige der Plattenfragmente wurden durch den aufsteigenden Mantelplume abgelenkt. Das Model zeigt sogar eine große Lücke in der subduzierten Platte unter Oregon.
Die Interaktion zwischen Mantelplume und subduzierte Platte könnte einige besondere geophysikalische Effekte der Cascaden-Subduktionszone erklären, die den Wissenschaftlern bisher Rätsel aufgaben. Zudem erklärt sie die verdrehte Struktur des Mantelplumes, die ein wenig an den Windungen eines Korkenziehers erinnert.
Eine weitere –und bisher von den Wissenschaftlern nicht diskutierte Möglichkeit- wäre die chemische Interaktion zwischen der basaltischen Schmelze eines Mantelplumes und Magma das durch partielles Schmelzen subduzierter ozeanischer Kruste entsteht. Letztere ist reich an Wasser und Kieselsäure und wird von Vulkanen explosiv gefördert, während die basaltische Schmelze eines Mantelplumes überwiegend geringexplosiv gefördert wird. Die hochexplosiven Phasen des Yellowstone-Vulkans förderten große Mengen ryholithische Lava, die im Verhältnis 1:10 aus einem basaltischen Magma hervorgehen kann, indem dieses über lange Zeiträume in der Magmakammer umgewandelt wird. Eventuell wurde dieser Prozess durch die Interaktion der subduzierten Platte mit dem Mantelplume verstärkt.
Eine weiter Hypothese ist, das besagte Interaktion zum Ausbruch der Columbia River Basalte führte.