
Forscher setzen Maschinelles Lernen und KI zur Vulkanüberwachung im Yellowstone ein – Früherkennung der Bildung neuer Geothermalfelder möglich
Die Entwicklung von Künstlicher Intelligenz mithilfe des Maschinellen Lernens schreitet in einem unvorstellbaren Tempo voran und ist aus vielen Bereichen des täglichen Lebens und der Forschung nicht mehr wegzudenken. Das Besondere an einer KI ist, dass ihr Wissen nicht einprogrammiert wird, sondern dass sie eigenständig aus Daten lernt. Diesen Vorgang nennt man Maschinelles Lernen. Mittlerweile wird dieses „elektronische Lernen und Denken“ auch in der Seismologie und Vulkanologie eingesetzt. Erst letzte Woche schrieb ich über den Einsatz von KI bei der Echtzeitbeobachtung und anschließenden Auswertung von Erdbeben während der seismischen Krise bei Santorin und dem Unterwasservulkan Kolumbos. Heute berichte ich über den Einsatz Maschinellen Lernens in der Yellowstone-Caldera.
Forschende des Yellowstone Volcano Observatory (YVO), das dem US Geological Survey (USGS) untersteht, setzen neuerdings Maschinelles Lernen ein, um die Entstehung neuer hydrothermaler Felder vorherzusagen. Da die Landschaft in der weitläufigen Caldera einem ständigen Wandel unterliegt und viele abgelegene Regionen in der bewaldeten Gebirgslandschaft nur schwer zugänglich und mit konventionellen Methoden kaum zu überwachen sind, wurde ein System weiterentwickelt, das ursprünglich von anderen USGS-Kollegen zur Exploration bislang unentdeckter geothermaler Felder im Westen der USA konzipiert wurde. Diese Gebiete könnten potenziell zur Stromerzeugung erschlossen werden. Im Fokus steht dabei das geologisch aktive Great Basin, das sich zwischen der Sierra Nevada im Westen und der Wasatchkette im Osten über mehrere US-Bundesstaaten erstreckt.
Mithilfe Maschinellen Lernens versuchen die Wissenschaftler, geologische Daten mit dem Vorkommen hydrothermaler Systeme zu korrelieren. Dabei kommen insbesondere sogenannte Entscheidungsbäume zum Einsatz, die Bedingungen identifizieren, unter denen hydrothermale Aktivität wahrscheinlich ist, die sich zur Stromerzeugung nutzen lässt.
Obwohl eine geothermische Energiegewinnung im Yellowstone verboten ist, da die Caldera unter dem strengem Schutz eines Nationalparks steht, könnten dieselben Analysewerkzeuge dazu dienen, dort neue Thermalgebiete im Embryonalstadium zu lokalisieren. In die ursprünglichen Entscheidungsbäume fließen geologische Parameter wie Wärmefluss, Tektonik, Seismizität und Spannungen ein. Da jedoch im Yellowstone-Plateau der Wärmefluss nahezu überall hoch ist, mussten die Entscheidungsbäume speziell angepasst werden, um zusätzliche geologische Faktoren zu berücksichtigen.
Solche Analysen könnten nicht nur Hinweise darauf geben, wo sich demnächst neue heiße Quellen, Schlammtöpfe oder Geysire bilden, sondern auch überraschende geologische Zusammenhänge aufdecken. Erste Ergebnisse zeigen eine starke Korrelation zwischen hydrothermaler Aktivität und geologischen Strukturen wie Verwerfungen, die den unterirdischen Flüssigkeitsfluss erleichtern. Die Forschung soll künftig klären, welche Kombinationen geologischer Bedingungen entscheidend sind – trotz durchgehend hoher Wärme.
Neben der konkreten Anwendung im Yellowstone könnten diese Erkenntnisse weltweit Bedeutung erlangen – etwa für Regionen wie das Taupō-Caldera-System in Neuseeland oder die Campi Flegrei in Italien. So hilft die Forschung nicht nur, die zukünftige Entwicklung im Park besser zu verstehen, sondern auch, das Potenzial geothermischer Energie andernorts besser zu nutzen.
Dass eine Überwachung des Hydrothermalsystems im Yellowstone notwendig ist und auch in entlegenen Arealen des Parks durchgeführt werden muss, zeigen die steten Veränderungen in der Caldera. So entstanden in den letzten Jahren nicht nur mehrere neue postvulkanische Manifestationen in den gut erschlossenen Teilen der Caldera, sondern es bildete sich sogar ein ganzes Thermalfeld in einem abgelegenen Teil des Parks. Rückwirkend durchgeführte KI-Analysen von alten Satellitenbildern zeigten, dass sich bereits im Jahr 2000 die Vegetation im Gebiet am Tern Lake veränderte – bemerkt wurde die Bildung des neuen Thermalgebiets von den Forschern aber erst im Jahr 2018.