
Erhöhte Seismizität am Vulkan El Chichón hält an – Experten beobachten Entwicklung genau
Der Vulkan El Chichón (auch Chichonal genannt) liegt im Nordwesten des mexikanischen Bundesstaats Chiapas und steht weiterhin im Fokus der Geowissenschaftler. Seit Anfang Juni registriert der Servicio Sismológico Nacional (SSN) in einem Umkreis von 25 Kilometern rund um den Krater mehr als 1.500 Erdbeben. Die stärksten Erdbeben können von den Anwohnern gespürt werden. Das bislang stärkste Erdbeben manifestierte sich am 27. August und hatte eine Magnitude von 3,6, bei einer Herdtiefe von 7 Kilometern. 10 Tage später folgte ein Erdstoß Mb 3,3 in nur 3 Kilometern Tiefe. Beide Erststöße lagen unter der Südflanke des Vulkans. Obwohl die seismische Krise bereits im Juni begann, ist auffällig, dass die stärkeren Erdbeben zunächst nördlich des Vulkans registriert wurden, sich zuletzt aber in Kraternähe häuften.
Ein Sprecher des wissenschaftlichen Beirates äußerte sich in lokalen Medien dahingehend, dass zwar noch keine Hinweise auf eine unmittelbar bevorstehende Eruption zu erkennen seien, die Beben aber auf magmatische oder hydrothermale Aktivität im Untergrund des Vulkans hinwiesen. Die Alarmstufe steht auf „Gelb“ und es gibt Zugangsbeschränkungen für den Kraterbereich des El Chichón. Vorsorglich richteten die Behörden in Chapultenango einen Kommandoposten ein, von dem aus Präventivmaßnahmen und wissenschaftliche Überwachung koordiniert und verstärkt werden sollen.
Die Forscher entwerfen drei kurzfristige Szenarien: eine Rückkehr zu niedriger seismischer Aktivität, ein Fortbestehen mäßiger Erdbeben mit gelegentlich höheren Magnituden oder das Auftreten kleiner bis mittelstarker phreatischer Explosionen im Kratersee.
Verständlicherweise fürchtet man in der Bevölkerung stärkere magmatische Eruptionen, denn El Chichón hat eine bewegte Vergangenheit: Der letzte große Ausbruch im Jahr 1982 zählt zu den folgenschwersten Naturkatastrophen in Mexiko. Nach ersten Eruptionen Ende März kam es am 3. und 4. April zu zwei gewaltigen Explosionen, die gigantische Aschewolken bis in die Stratosphäre schleuderten. Pyroklastische Ströme und Lahare verwüsteten die umliegenden Gemeinden, etwa 1.900 Menschen verloren ihr Leben, zehntausende wurden vertrieben. Die Eruption hinterließ eine fast ein Kilometer breite Caldera mit einem sauren Kratersee und reduzierte die Höhe des Vulkans um rund 200 Meter.