Nachrichten über Vulkanausbrüche, Erdbeben und Naturkatastrophen
Vulkanologie: Neues aus Wissenschaft und Forschung
In dieser Kategorie lest ihr über neue Forschungsergebnisse der Geowissenschaftler, die in Studien zur Vulkanologie und Seismologie veröffentlicht wurden.
Studie enthüllt Quelle der Bodenhebung am Uturuncu in Bolivien
Der bolivianische Vulkan Uturuncu gehört zum Altiplano-Puna-Vulkankomplex, einem riesigen Vulkansystem, unter dem in der Erdkruste einer der größten bekannten Magmakörper der Welt steckt. Dieser Magmenkörper befindet sich in einer Tiefe von 15 bis 20 Kilometern. Obwohl der Uturuncu zum letzten Mal vor mehr als 250.000 Jahren eruptierte und deswegen eigentlich als erloschen gilt, entdeckten Geoforscher in den 1990er-Jahren, dass sich der Boden im Zentralbereich des Vulkans mit einer Rate von 1 bis 2 Zentimetern pro Jahr hebt, während es im Randbereich des Vulkankomplexes zu einer Absenkung des Bodens kommt. Zudem wurden Erdbeben detektiert und festgestellt, dass es fumarolische Aktivität gibt – sehr ungewöhnliche Vorkommnisse für einen eigentlich als erloschen eingestuften Vulkan. Diese Vorgänge schürten natürlich Sorge vor einem Vulkanausbruch.
Der Uturuncu ist über 6000 Meter hoch und erhebt sich aus einem System sich überlappender Calderen, die sich im Neogen bildeten. Diese Tatsache, gepaart mit dem Wissen um den gigantischen Magmenkörper im Untergrund, schürte Ängste vor einem sich möglicherweise zusammenbrauenden Supervulkanausbruch.
Seismische Tomografie generiert Bild des Fördersystems und gibt Entwarnung
Ein internationales Forscherteam aus China, Großbritannien und den USA hat nun neue Erkenntnisse über die Bodenhebung am Uturuncu gewonnen. Die neue Studie, veröffentlicht in der Fachzeitschrift PNAS, kombiniert seismologische Daten, physikalische Modellierung und die Analyse der Gesteinszusammensetzung. Mithilfe von Signalen aus über 1.700 Erdbebenereignissen erstellte das Forschungsteam ein hochauflösendes, dreidimensionales Bild des Fördersystems unter dem Vulkan.
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Unruhe durch das Aufsteigen von hydrothermalen Flüssigkeiten und Gasen verursacht wird, die sich in Reservoirs unter dem Krater sammeln und von dem tief liegenden Magmenkörper ausgehen. Magma in geringer Tiefe wurde nicht entdeckt, und somit gilt ein bevorstehender Ausbruch als unwahrscheinlich – eine Entwarnung für die lokale Bevölkerung, für die ein Ausbruch schwerwiegende Folgen hätte.
Mit Glasfaser gegen die Lava – Wie Island die Vulkanüberwachung revolutioniert
Island, die Insel aus Feuer und Eis im Nordatlantik, ist zum Vorreiter einer bahnbrechenden Technologie geworden, die hilft, Vulkanausbrüche schneller und präziser vorherzusagen. Geowissenschaftler setzen dort auf ein Netzwerk aus Glasfaserkabeln, die ursprünglich für den Datenverkehr des Internets verlegt wurden und nun auch dazu genutzt werden, um kleinste Bodenbewegungen zu messen – und so die Vorzeichen von Magmaintrusionen wie jene vom 10. November 2023 in Grindavik frühzeitig zu erkennen.
Das Prinzip nennt sich Distributed Acoustic Sensing (DAS). Dabei werden bestehende – und mittlerweile auch neu verlegte – Glasfaserkabel mit speziellen Analysegeräten verbunden, die aus winzige Laufzeitunterschiede von Lichtimpulsen Veränderungen im Untergrund ableiten können. Jedes Kabel wird so zu Tausenden virtueller Sensoren. Auf Island hat diese Technik bereits erste große Erfolge erzielt: Besonders auf der Reykjanes-Halbinsel, wo sich der Boden seit 2020 immer wieder hebt, Risse bildet und neue Vulkanspalten aufbrechen, konnten Forscher Intrusionen von Magma in Echtzeit verfolgen und so Warnungen aussprechen. In einem Fall erkannte man auch, dass nur eine kleine Intrusion im Gang war, und verhinderte so einen Fehlalarm.
Eine aktuelle Studie zeigte, wie das Glasfasernetz half, die Entwicklung eines Dykes – eines magmatischen Gangs im Untergrund – zwischen den Sundhnúkur-Kratern und Grindavík aufzuzeichnen. Aus den gemessenen Dehnungen konnten die Wissenschaftler sogar die Geschwindigkeit berechnen, mit der sich das Magma im Untergrund ausbreitet. In einigen Fällen betrug sie zunächst fast einen Meter pro Sekunde, verlangsamte sich dann, als das Magma näher an die Oberfläche kam. Besonders eindrucksvoll: Schon bevor sich erste oberflächennahe Erdbeben zeigten, registrierte das Glasfaserkabel tiefere Bewegungen.
Inzwischen wird die DAS-Technik weltweit an Vulkanen getestet: am Ätna in Italien, am Kilauea auf Hawaii und sogar im Yellowstone-Gebiet der USA. Es gibt auch Überlegungen diese Technik in den italienischen Campi Flegrei anzuwenden. Überall dort versprechen sich Geophysiker neue Einblicke in die Entstehung von Ausbrüchen. Noch stehen viele dieser Projekte am Anfang – Island ist aktuell der einzige Ort, wo DAS bereits in einem operativen Überwachungsbetrieb eingesetzt wird.
DAS wird aber nicht nur in der Vulkanüberwachung eingesetzt. Ursprünglich wurde es zu Überwachung von Infrastruktur wie Pipelines, Gleisanlagen, Brücken und Tunneln entwickelt. Die Geoforscher haben die bereits existierende Technik adaptiert.
Wie funktioniert Distributed Acoustic Sensing (DAS)
Die Grundprinzipien von DAS sind einfach: Ein sogenannter Interrogator wird an ein Glasfaserkabel angeschlossen und sendet kontinuierlich Laserimpulse durch die Faser. Natürliche Unregelmäßigkeiten in der Glasfaser verursachen eine geringe Rückstreuung des Lichts (Rayleigh-Streuung). Wenn das Kabel durch externe Einflüsse wie Vibrationen, akustische Wellen oder Dehnungen beeinflusst wird, verändern sich die Eigenschaften des rückgestreuten Lichts minimal. Diese Veränderungen werden vom Interrogator erfasst und analysiert, um den Ort und die Art der Störungen entlang der Faser zu bestimmen. Dadurch ermöglicht DAS eine kontinuierliche und präzise Überwachung großer Netzwerke in Echtzeit.
Durch die Kombination von DAS-Daten mit Satellitenaufnahmen (InSAR), GNSS-Messungen und klassischen Seismometern entsteht ein nahezu lückenloses Bild der unterirdischen Vorgänge. Künftig könnten Bewohner gefährdeter Gebiete noch früher gewarnt werden – vielleicht Stunden oder sogar Tage vor einer Eruption.
DAS bietet den Vorteil, dass es gegenüber den satellitengestützten Messmethoden eine deutlich höhere zeitliche Auflösung bietet und bereits kleinere Bodendeformationen erfassen kann. Besonders bei InSAR-Messungen können Tage zwischen zwei Überflügen eines Satelliten über eine bestimmte Region vergehen. Dafür bietet diese Methode aber den Vorteil, dass sie überall auf der Welt funktioniert. Die DAS-Technik kommt vor allem im urbanen Siedlungsbereich zum Einsatz, dort, wo schon Glasfaserkabel liegen. Und natürlich auf Vulkanen, wo mittlerweile extra entsprechende Kabel verlegt werden. Das ist allerdings nicht ganz unkritisch zu betrachten, denn die Verlegung von Glasfaserkabeln geht nicht ohne Eingriff in die Natur vonstatten und diese Kabel verrotten natürlich nicht und bleiben lange Zeiträume erhalten. (Quelle: Studie science.org)
Aktuelle Situation auf Island
Apropos Island: Dort hat sich die Bodenhebung deutlich verlangsamt und nähert sich weiter den Werten an, die wir vor der Eruption Anfang des Monats gesehen haben. Auch die Erdbebentätigkeit der letzten Tage war geringer als in der Vorwoche, was aber zum Teil darauf zurückzuführen ist, dass es durch starke Winde zu einer Beeinträchtigung in der Erdbebenerfassung kam. Unter Bardarbunga manifestierte sich gestern ein Erdbeben M 3,2.
Weitere Studie bestätigt hohe Fluiddynamik in geringer Tiefe
Erst heute Morgen habe ich über eine neue Studie berichtet, die einen flach liegenden Magmenkörper unter dem Yellowstone-Vulkan identifizierte. Hierbei wurde das Bildgebungsverfahren der seismischen Tomografie eingesetzt. Einem neuen Bericht beim IGNV zufolge hat man eine vergleichbare Studie auch in den Campi Flegrei durchgeführt. Und ähnlich wie unter der Yellowstone-Caldera wurde auch hier ein Magmenkörper in nur 3,9 Kilometern Tiefe entdeckt.
Die INGV-Forscher untersuchten den Untergrund der Caldera Campi Flegrei in zwei Kampagnen, die 2020–22 und 2023–24 durchgeführt wurden, und verglichen die computergenerierten Modelle des Untergrunds, die dadurch entstanden, dass das Wellenverhalten tausender Erdbeben untersucht wurde. Die Forscher entdeckten unter der Caldera zwei Gebiete, in denen es zu einer anomalen Erhöhung der Ausbreitungsgeschwindigkeit der seismischen Wellen kam. Die erste Anomalie kommt durch eine erhöhte P-Wellen-Geschwindigkeit (Vp) in 3–4 km Tiefe unter Pozzuoli und dem angrenzenden Meer zustande. Die zweite zeigt sich in einer erhöhten S-Wellen-Geschwindigkeit (Vs) in rund 2 km Tiefe unter dem Fumarolengebiet Solfatara-Pisciarelli. Diese Anomalien stehen im Zusammenhang mit der beobachteten Bodenhebung und einer Zunahme der Seismizität. Der Vergleich der Daten der beiden Kampagnen belegte eine hohe Dynamik in dem Gebiet.
Die Vp-Anomalie kann entweder auf eine moderate magmatische Intrusion (< 1 km³), die überkritische Fluide enthält, oder auf die Ansammlung dichter Fluide wie Hochdruckwasser oder Gase zurückzuführen sein. Beide Prozesse erhöhen die seismische Geschwindigkeit gegenüber dem umgebenden porösen Gestein. Einige Studien deuten zudem auf einen Magmaaufstieg von 6 km auf etwa 3,9 km Tiefe hin. Diese Menge des aufgestiegenen Magmas ist jedoch zu gering, um tomographisch sicher nachweisbar zu sein.
Weitere Schwarmbeben unter der Caldera
Seit gestern kommt es auch wieder zu einem weiteren Erdbebenschwarm, der bis jetzt aus gut 30 Erschütterungen besteht. Er ist Ausdruck der dynamischen Prozesse unter den Campi Flegrei. Das stärkste Beben des Schwarms ereignete sich heute Morgen um 06:28:55 UTC und hatte eine Magnitude von 2,7. Der Erdbebenherd lag in 3,7 Kilometer Tiefe, Das Epizentrum wurde nordwestlich der Solfatara an der Tangentiale verortet. Die Bewohner der Region reagieren immer genervter auf die Beben. Es gibt Medienberichte, in denen die Anwohner mit den Worten zitiert werden, dass sie die Beben nicht mehr ertragen könnten.
Ein Ende der Hebungsphase ist indes nicht in Sicht und das INGV bestätigte in seinem jüngsten Wochenbericht ein Anhalten der Bodenhebung mit einer Geschwindigkeit von 20 mm pro Monat. Es gibt Hinweise auf eine leichte Reduzierung der Hebegeschwindigkeit. Dennoch hält der langjährige Trend der Druckbeaufschlagung an.
Oberflächennaher Magmenkörper unter dem Yellowstone entdeckt – trägt zur Stabilisierung des Systems bei
Seit vielen Jahren bemühen sich Geowissenschaftler, die Geheimnisse des Yellowstone-Vulkans zu entschlüsseln, und tatsächlich machen sie in den letzten Jahren bedeutende Fortschritte. Diese wurden in erster Linie durch das vergleichsweise neue Bildgebungsverfahren der seismischen Tomografie ermöglicht, bei dem Erdbebenwellen dazu genutzt werden, ein computergeneriertes Bild des Untergrunds zu modellieren. Mit dieser Methode wurde nun ein flach liegender Magmenkörper entdeckt, der das Vulkansystem stabilisieren könnte
Bei der seismischen Tomografie nutzt man die Eigenschaft aus, dass die Ausbreitungsgeschwindigkeit und Reflexion von Erdbebenwellen materialeralspezifisch sind. Passiert eine Erdbebenwelle unterschiedliche Gesteine oder sogar Fluide und Schmelzen, ändert sich ihre Geschwindigkeit. Anhand von Laufzeitunterschieden können Wissenschaftler und ihre Computer so z. B. erkennen, ob sich im Untergrund ein Magmenkörper befindet. Bislang werteten Forscher meistens eine Vielzahl natürlicher Erdbeben aus, deren Wellen durch ein besonders dichtes seismisches Netzwerk aufgefangen und analysiert wurden. Nun kam eine Forschergruppe der Rice-Universität auf die Idee, Erdbebenwellen selbst zu erzeugen, und bediente sich eines Verfahrens, das schon seit Jahrzehnten bei der Rohstoffexploration eingesetzt wird: Vibroseis. Mit Hilfe schwerer LKWs, die mit Rüttelplatten ausgestattet sind, wurden niederfrequente Vibrationen in den Untergrund des Yellowstones geschickt und ein Array aus 650 Geofonen ausgelegt. Mit den so gewonnenen seismischen Daten modellierte man am Computer ein neues Bild des flacheren Untergrunds der Yellowstone-Caldera.
Die Forscher entdeckten einen Magmenkörper, dessen kuppelförmige Oberfläche in nur 3,8 Kilometer Tiefe im nordöstlichen Teil der Caldera liegt. Sie besteht aus silikatischer Schmelze und Fluiden, die sich in einem porösen Gestein sammelten. Laut den Forschern könnte diese Magmakappe eine regulierende Wirkung auf den tiefer liegenden Magmenspeicher haben und diesen stabilisieren, indem sie Druck und Wärme zurückhält und den Ausstoß an Fluiden über das Hydrothermalsystem reguliert. So soll diese Magmakappe einen Vulkanausbruch (vorläufig) verhindern.
Bei der Entdeckung von Schmelze und Fluiden spielten nicht nur Laufzeitunterschiede eine Rolle, sondern auch die Reflexionen von P-Wellen und ihre Umwandlung in S-Wellen. Es gibt Hinweise darauf, dass sich die Fluide in einem überkritischen Zustand befinden und ca. 375 Grad heiß sind.
Struktur der Magmakappe baut Druck über Fluidefluss ins Hydrothermalsystem ab Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass in der geringen Tiefe, in der sich die Oberseite des Magmenkörpers befindet, aufgrund des geringen Umgebungsdrucks Gase wie Wasser und Kohlendioxid aus der Schmelze freigesetzt werden und Blasen bilden, die sich im oberen Bereich des Reservoirs ansammeln. Solche Blasenansammlungen gelten als mögliche Auslöser für explosive Vulkanausbrüche, vor allem, wenn sie sich nicht an der Oberseite des Magmenkörpers bilden, sondern in tieferen Regionen des Reservoirs. Computermodelle und seismische Daten deuten darauf hin, dass die Blasen im Yellowstone-Magmenkörper nicht in gefährlichen Mengen zurückgehalten werden, sondern effizient über Risse und poröses Gestein wie durch ein Überdruckventil entweichen können.
Zudem werden große Mengen magmatischer Gase über das hydrothermale System an die Oberfläche transportiert. Diese kontinuierliche Entgasung verhindert, dass sich Druck im Reservoir gefährlich aufbaut. Das Magmenreservoir selbst wird als kristallreich mit einer Porosität von weniger als 30 % beschrieben – Eigenschaften, die laut Modellierungen eine Entweichung der Gase begünstigen.
Obwohl Studien in den letzten Jahren herausfanden, dass unter Yellowstone wesentlich mehr Magma vorhanden ist, als früher vermutet wurde, und sich diese Schmelze in relativ geringer Tiefe befindet, sehen die Forscher derzeit keine Anzeichen für einen unmittelbar bevorstehenden Ausbruch. Vielmehr scheint sich das System in einem Gleichgewichtszustand zu befinden, in dem Gas- und Wärmeaustausch aktiv reguliert werden – ein Zustand, der vom Leiter der Studie, Prof. Brandon Schmandt, als „stabil atmend“ beschrieben wird.
Darüber, wie lange das Vulkansystem des Yellowstones stabil bleibt, gibt die Studie keine Auskunft. Die angewendeten Techniken sollte man meiner Meinung nach auch in den Campi Flegrei anwenden, um den dortigen Bradyseismos besser zu verstehen. (Quellen: Nature, Pressemeldung Rice Universität)
Neue Studie zeigt mit Hilfe von Paläomagnetik Zyklen der vulkanischen Aktivität auf La Palma
Die vulkanische Aktivität auf La Palma verlief in mehreren deutlich voneinander getrennten Phasen. Das geht aus einer neuen Studie hervor, die ein internationales Forschungsteam mithilfe paläomagnetischer Analysen erstellte. Dabei wurde das Alter von acht holozänen Ausbrüchen genau bestimmt.
La Palma sorgte vor 4 Jahren für einiges an Aufregung, als es am Cumbre Vieja zu einem Vulkanausbruch kam, der mehrere Monate anhielt und große Schäden an der Infrastruktur anrichtete. Damals wurden innerhalb von 90 Tagen fast 3000 Gebäude zerstört. Praktisch eine ganze Siedlung wurde dem Erdboden gleichgemacht. Kein Wunder also, dass man daran interessiert ist, Eruptionen besser vorhersagen zu können, um auch Neubauprojekte besser planen zu können, was bekanntermaßen sehr schwierig ist.
Ein Forscherteam unter Leitung von Andrea Magli fand heraus, dass sich während der letzten 4.000 Jahre Eruptions- und Ruhephasen auf La Palma abwechselten, so dass sich Eruptionszyklen herausbildeten. In einer frühen Eruptionsphase ereigneten sich innerhalb von 1700 Jahren nur 3 Eruptionen, gefolgt von einem Jahrtausend der Ruhe. Die aktuelle Periode ist hingegen deutlich aktiver: In den letzten 1100 Jahren kam es statistisch betrachtet etwa alle 100 Jahre zu einem Ausbruch – zuletzt 2021 beim Cumbre Vieja, bei dessen Ausbruch der Schlackenkegel Tajogaite entstanden war. Zu beachten gilt allerdings, dass solche Betrachtungen stark glätten, denn tatsächlich ereigneten sich in den letzten 100 Jahren 3 Eruptionen auf La Palma.
Die Erkenntnisse stammen aus einer paläomagnetischen Untersuchung, bei der die Ausrichtung magnetischer Mineralien in Lavagestein analysiert wurde. Diese richten sich beim Abkühlen der Lava nach dem Erdmagnetfeld aus und speichern so Informationen über den Zeitpunkt des Ausbruchs. Da sich das Magnetfeld der Erde im Laufe des Holozäns in seiner Polarität bereits 5 Mal verändert hat, lassen sich die Proben bestimmten Zeiträumen zuordnen – vorausgesetzt, man vergleicht sie mit weiteren Methoden wie Kohlenstoff-14-Datierung oder der Stratigraphie.
Die Forscher analysierten 300 Gesteinsproben von acht dokumentierten Ausbrüchen auf La Palma. Dabei wurden die Proben mit höchster Präzision entnommen und später im Labor in Rom untersucht. Die Resultate lieferten nicht nur Datierungen, sondern auch neue geologische Erkenntnisse: So könnte etwa ein Drittel des Südens der Insel in einem besonders intensiven Eruptionszyklus innerhalb von 2–3 Jahrhunderten entstanden sein.
Langfristig soll das Projekt auf den gesamten Kanarischen Archipel ausgeweitet werden. Proben wurden bereits auf Teneriffa und El Hierro entnommen, weitere Untersuchungen auf Gran Canaria, Fuerteventura und Lanzarote sind geplant. Ziel ist es, Aktivitätsmuster der letzten 10.000 Jahre zu identifizieren und dadurch das Vulkanrisiko auf den Inseln besser einzuschätzen.
Meiner Meinung nach bringen diese Erkenntnisse allerdings wenig in Bezug auf die Vorhersage von Eruptionen, sondern bestätigen nur, dass man sich aktuell in einem Eruptionszyklus befindet. Der nächste Ausbruch könnte in ein paar Jahrzehnten erfolgen oder aber auch erst in Jahrhunderten. Ebensogut könnte der aktuelle Eruptionszyklus jederzeit enden.
Was mich persönlich interessieren würde, wäre, was solche Eruptionszyklen erzeugt. letztendlich gibt es diese auch in anderen Vulkanregionen, etwa auf der isländischen Reykjanes-Halbinsel.
Übrigens, auf La Palma erwägt man den Bau von gleich 3 Seilbahnen. Eine soll über den Tajogaite hinwegführen. Offenbar plant man nicht besonders langfristig auf La Palma. (Quellen: Studie bei Science Direct, Presseberichte)
Unruhen in den Campi Flegrei halten an – Studie enthüllt Besorgniserregendes
Die süditalienische Caldera Campi Flegrei liefert seit Jahren Stoff für zahlreiche Studien und Artikel, da es so aussieht, als würde sich der Vulkan auf einen neuen Ausbruch vorbereiten. Die Symptome sind eigentlich eindeutig, werden allerdings kontrovers diskutiert und unter dem Begriff Bradyseismos zusammengefasst und oft verharmlost. Wohl aus Angst davor, dass man die dichtbesiedelte Region als unbewohnbar deklarieren muss. Auch gestern gab es wieder ein Schwarmbeben und die Vulkanologen bestätigten eine Bodenhebung mit einer Geschwindigkeit von 20 mm pro Monat. Zudem werden große Mengen magmatischer Gase freigesetzt.
Die aktuelle Phase erhöhter Unruhen begann bereits vor 20 Jahren und beschleunigte sich in mehreren Stufen. Bereits im letzten Jahrhundert gab es mehrere Bodenhebungsphasen, die aber nicht länger als 3 Jahre anhielten. Den Bodenhebungen folgten Absenkungen, ohne allerdings das Höhenniveau wie vor den Hebungsphasen zu erreichen.
Forscher aus aller Welt arbeiten daran, die Prozesse im Untergrund zu entschlüsseln, und versuchen, Vorhersagemodelle zu entwickeln, ob und wann es zu einem neuen Vulkanausbruch in den Campi Flegrei kommen könnte. Der letzte Ausbruch manifestierte sich im Jahr 1538, als der Schlackenkegel Monte Nuovo entstand. Hierbei handelte es sich um einen als normal groß einzustufenden Vulkanausbruch, der vermutlich einen VEI 2 hatte. Deutlich größer waren da die beiden Eruptionen von vor 15.000 Jahren (VEI 7) und 39.000 Jahren (VEI 7–8), die enorme Auswirkungen auf die Umwelt hatten. Bei dem älteren Ausbruch wurden etwa 300 Kubikkilometer Tephra freigesetzt. Während in dem Ballungsraum bei Neapel bereits ein normalgroßer Ausbruch besorgniserregend wäre, fürchtet man doch vor allem eine dieser superstarken Eruptionen mit hohem Explosivitätsindex, die europaweite Auswirkungen hätte und den Großraum Neapel komplett zerstören würde. Doch wie wahrscheinlich ist es, dass es in den nächsten Jahrzehnten zu so einem Ausbruch kommen könnte?
Forscher der Universität Göttingen veröffentlichten nun eine Studie, die sich vor allem mit der Eruption von vor 39.000 Jahren beschäftigte. Sie fragten sich, wie lange die Aufheizungsphase des Vulkans dauerte, und lieferten ein beunruhigendes Ergebnis. Sie untersuchten Gesteinsproben des Kampanischen Ignimbrit. Hierbei handelt es sich um ein Vulkangestein, das während der Eruption meterhoch abgelagert wurde. Die Forscher setzten hochpräzise Elektronen-Mikrosonden ein und untersuchten die chemischen Wachstumsringe magmatischer Kristalle, die im unterirdischen Magmaspeicher kurz vor der Eruption entstanden. Diese Ringe wirken wie geologische Zeitzeugen der Prozesse im Erdinneren.
Finale Aufheizungsphase der Supervulkaneruption vor 39.000 Jahren dauerte nur ca. 60 Jahre
Im Fokus der Analyse stand die Verteilung des Spurenelements Barium entlang der Ränder von Sanidin-Kristallen. Die Daten deuten darauf hin, dass ein Zustrom frischen Magmas aus der Tiefe unmittelbar vor der Eruption erfolgte. Modellierungen dieser chemischen Profile legen nahe, dass dieser letzte Magmen-Nachschub das bereits vorhandene, ältere Magma innerhalb von nur etwa 60 Jahren zur Explosion brachte.
Entscheidend für die Dauer dieses Zeitraums ist jedoch die Temperatur des aufsteigenden Magmas. Die Studienergebnisse zeigen, dass bei Temperaturen von etwa 970 Grad Celsius der Zeitraum von der Magmazufuhr bis zur Eruption sogar auf wenige Monate bis maximal vier Jahre schrumpfen kann. Liegt die Temperatur hingegen niedriger, zum Beispiel bei 850 Grad, kann sich die Vorwarnzeit auf bis zu mehrere Jahrhunderte ausdehnen.
Angesichts der seit Jahren zunehmenden Bodenhebung und damit einhergehenden Erdbebenaktivität der seit 20 Jahren dauernden Unruhephase unter den Phlegräischen Feldern werfen diese Erkenntnisse ein neues Licht auf die Vorgänge im Untergrund. Die Ergebnisse liefern zwar keine Hinweise auf eine unmittelbar bevorstehende Eruption, zeigen aber, dass es nicht unbedingt Jahrhunderte dauern muss, bis es zu einer neuen extrem starken Eruption kommen könnte.
Meine Interpretation
Geht man von einer 60-jährigen Aufheizungsphase aus und impliziert, dass man sich aktuell in einer befindet, wäre bereits 1/3 dieser Zeit verstrichen und es würden noch 40 Jahre verbleiben, um die Menschen des Großraums Neapel umzusiedeln und Europa katastrophenfest zu machen. Freilich weiß man nicht (oder will es nicht wissen), ob es sich bei der aktuellen Unruhephase bereits um die finale Aufheizungsphase des Calderavulkans Campi Flegrei handelt.
(Quellen: Pressemeldung Uni Göttingen; Springer-Nature-Link)
Forscher durchleuchten Untergrund der Campi Flegrei bis in 20 Kilometer Tiefe und entdecken magmatische Strukturen
Die Campi Flegrei beschäftigen uns seit Jahren und stehen wegen einer ungewöhnlich langen Phase des Bradyseismos genannten Phänomens oft in den Schlagzeilen. Es kommt zu einer starken Bodenhebung, die einhergeht mit intensiver Erdbebentätigkeit und dem massiven Ausstoß magmatischer Gase. Bisherige Untersuchungen des Untergrunds reichten meistens nur wenige Kilometer in die Tiefe hinab, nun lieferte ein neuer Forschungsansatz ein deutlich weitreichenderes Bild, das bisherige Vermutungen und Modelle zu bestätigen scheint.
Ein internationales Forschungsteam hat mithilfe einer neuartigen 3D-Magnetotellurik-Tomographie erstmals das magmatische System unter der Campi-Flegrei-Caldera bei Neapel untersucht und ist mit seinen Bildgebungsverfahren bis in eine Tiefe von 20 Kilometern vorgedrungen – deutlich tiefer als es bisher möglich war. Die in der Fachzeitschrift Nature Communications Earth & Environment veröffentlichte Studie wurde vom italienischen Institut für Geophysik und Vulkanologie (INGV) in Zusammenarbeit mit der Universität Oxford, dem Trinity College Dublin und der Universität München durchgeführt. Erstautor der Studie ist Roberto Isaia.
Die Campi Flegrei gelten als eines der gefährlichsten Vulkansysteme Europas. Ein genaues Verständnis ihrer inneren Struktur ist daher entscheidend für die Beurteilung vulkanischer Risiken. Die neue Untersuchung liefert ein detailliertes Bild des gesamten Caldera-Komplexes, einschließlich seines untermeerischen Teils, und erlaubt erstmals Einblicke in tiefere magmatische Prozesse.
Zur Erfassung der inneren Strukturen kam die Magnetotellurik zum Einsatz – eine geophysikalische Methode, die natürliche Schwankungen elektrischer und magnetischer Felder misst. Diese erlaubt Rückschlüsse auf den elektrischen Widerstand des Untergrunds, ein Parameter, der stark vom Vorhandensein magmatischer oder hydrothermaler Fluide beeinflusst wird.
Die Analyse der gewonnenen Daten ermöglichte es dem Team, Zonen mit teilweise geschmolzenem Gestein sowie mögliche Förderkanäle für Magma und Fluide zu identifizieren. Solche Strukturen spielen eine zentrale Rolle im Verständnis vulkanischer Aktivität und ihrer potenziellen Gefährdung.
Es wurden u.a. unterirdische Strukturen identifiziert, die vermutlich eine entscheidende Rolle bei der Migration von Magma und Fluiden während früherer Unruhezustände gespielt haben und bei künftigen vulkanischen Aktivitäten erneut von Bedeutung sein könnten. Natürlich spielen diese Strukturen auch bei der aktuellen Unruhephase eine Rolle.
Das geophysikalische Modell beschreibt ein dreistufiges Krustensystem:
In Tiefen von über 8 km liegt eine abgegrenzte Zone mit einem kristallinen Brei, in dem teilweise geschmolzenes Magma gespeichert ist.
Zwischen 3 und 8 km Tiefe befinden sich kristallisierte Magmalinsen sowie kanalartige Strukturen, durch die Fluide und Magma entlang geologischer Bruchzonen aufsteigen könnten. Die Magmalinsen sind allerdings so klein, dass sie unter der Auflösungsschwelle der angewandten Methoden liegen.
In weniger als 3 km Tiefe findet sich eine Zone mit verändertem Caldera-Füllmaterial, das mit hydrothermalen Fluiden, Salzlösungen und alten magmatischen Intrusionen interagiert.
Zur Überfläche hin ist die Caldera mit einer tonartigen Deckschicht versiegelt
Diese Struktur deutet auf ein transkrustales Leitungssystem hin, in dem tiefliegende Magmazonen über vertikale Kanäle mit dem flachen hydrothermalen System verbunden sind. Da erstmals die Struktur des Magmenkörpers zwischen 8 und 20 Kilometer Tiefe erfasst wurde, lässt sich dessen Volumen nun besser abschätzen. Unklar scheint aber noch zu sein, wie tief er hinab reicht.
Die Ergebnisse sind entscheidend für das Verständnis vulkanischer Prozesse und verbessern die Interpretation laufender Überwachungsdaten. Das Modell liefert wertvolle Anhaltspunkte für die Optimierung von Messnetzwerken und kann helfen, frühe Anzeichen möglicher Eruptionsprozesse – etwa durch Bodenhebung, Entgasung oder seismische Aktivität – besser zu deuten. Damit trägt die Studie zur Verbesserung der Risikoeinschätzung und der Überwachung des Campi-Flegrei-Systems bei.
Die Studie war auch technisch anspruchsvoll, da die Campi-Flegrei-Region stark besiedelt ist und elektromagnetischen Störungen durch menschliche Aktivitäten ausgesetzt ist. Durch speziell entwickelte Messprotokolle konnte dennoch eine hohe Datenqualität gewährleistet werden.
Angesichts der aktuellen Unruhen in der Region liefern die Forschungsergebnisse wichtige Grundlagen für die Vulkanüberwachung und das Risikomanagement. Sie tragen dazu bei, präzisere Vorhersagemodelle zu entwickeln und die Sicherheit der Bevölkerung in einem potenziell gefährdeten Gebiet zu erhöhen. (Quellen: nature.com: https://doi.org/10.1038/s43247-025-02185-5; Pressemeldung INGV)
Aktuelle Entwicklungen in den Campi Flegrei
Übrigens bewegte sich die Seismizität der Campi Flegrei in den letzten Tagen auf normalem Niveau. Das stärkste Beben hatte eine Magnitude von 2,0. Im neusten Wochenbulletin der INGV heißt es, dass die Bodenhebung von 30 mm pro Monat auf 20 mm pro Monat zurückgegangen sei. Damit liegt man aber immer noch auf überdurchschnittlichem Niveau.
Verglastes Gehirn im Schädel eines Opfers der Vesuv-Katastrophe in Herculaneum: Einzigartiger Fund enträtselt
Im Jahr 79 n. Chr. brach der Vesuv aus und zerstörte die römischen Siedlungen Pompeji, Herculaneum, Oplontis und Stabiae. Der Ausbruch schleuderte eine gigantische Aschewolke bis zu 33 Kilometer hoch in die Atmosphäre. Innerhalb weniger Stunden begruben glühende Gesteinsbrocken, Asche und giftige Gase die Region. Während Pompeji überwiegend infolge von herabregnender Bimssteinen und Vulkanasche langsam unter einer bis zu zwölf Meter dicken Schicht vulkanischer Ablagerungen verschwand, wurde Herculaneum, das näher am Vesuv liegt als Pompeji vor allem von extrem heißen pyroklastischen Strömen die bis zu 500 km/h schnell waren überrollt und verschüttet. Hier erreichten die Ignimbrit-Ablagerungen eine Mächtigkeit von bis zu 20 m
Bei einem pyroklastischer Strom handelt es sich um eine Art Lawine aus heißer Asche, Gasen und Gestein, die sich mit enormer Geschwindigkeit den Hang eines Vulkans hinabbewegt. Die Temperaturen können 800 Grad Celsius erreichen, wodurch alles Leben in Sekunden ausgelöscht wird.
In den 1960er-Jahren entdeckten Forschende in den Ausgrabungen von Herculaneum die Überreste eines Mannes im Collegium Augustalium. Bei dem Mann handelte es sich vermutlich um den Wächter des Versammlungsorts. Zum Zeitpunkt des Todes lag er auf seinem Bett. Im Jahr 2020 wurde sein Schädel erneut untersucht – mit einer spektakulären Entdeckung: Anstelle seines Gehirns fand man eine schwarze, glasartige Masse. Sein Gehirn war verglast und sieht auf Fotos aus wie Obsidian.
Glas bildet sich, wenn eine Flüssigkeit so schnell abgekühlt wird, dass sich keine Kristalle ausbilden. Dieser Prozess, der Glasübergang oder Vitrifikation genannt wird, ist in der Regel reversibel.
Aus welchen Flüssigkeiten Glas entstehen kann
Bei der Verglasung handelt es sich um Flüssigkeiten, die beim schnellen Abkühlen nicht kristallisieren, sondern in einen amorphen (glasartigen) Zustand übergehen. Dazu gehören:
Silikatschmelzen – Hauptbestandteil von natürlichem Glas, wie vulkanischem Obsidian oder künstlichem Fensterglas.
Organische Flüssigkeiten – Bestimmte Polymere, Zucker oder biologische Lösungen können verglasen, wenn sie schnell abgekühlt werden.
Wasser in biologischem Gewebe – In der Kryokonservierung gefriert Wasser nicht kristallin, sondern bildet bei extrem niedrigen Temperaturen eine glasartige Struktur.
Metallschmelzen – Einige Metalle und Legierungen können durch sehr schnelles Abkühlen als metallisches Glas erstarren.
Im Fall des verglasten Gehirns von Herculaneum bestand die Flüssigkeit wahrscheinlich aus einer Mischung aus Zellflüssigkeit, Lipiden und Proteinen, die durch extreme Hitze geschmolzen und dann abrupt abgekühlt wurden.
Ein italienisch-deutsches Forschungsteam unter Guido Giordano von der Universität Rom wollte dem Rätsel um das verglaste Gehirn auf die Spur kommen und fand in Experimenten heraus, dass eine über 510 Grad heiße Gaswolke, die vermutlich nur wenig Tephra enthielt und einem pyroklastischen Strom voranging, das Hirngewebe in Glas verwandelt haben musste. Anschließend kühlte das Gehirn im Schädel rasch ab und verhinderte eine Kristallisation.
Wie genau es zu der schnellen Abkühlung gekommen ist, bleibt unklar. Vermutlich kühlte der Leichnam an der normalen Luft schnell ab, nachdem die Gaswolke vorübergezogen war und noch bevor es zu den ersten pyroklastischen Strömen kam, die Herculaneum bedeckten. Möglicherweise wurde die Leiche des Mannes mit dem Glashirn zunächst in einem vergleichsweise kühlen vulkanischen Material eingeschlossen, das ihn vor weiteren Hitzeeinwirkungen isolierte. Im Collegium Augustalium müssen einzigartige Bedingungen geherrscht haben, denn ansonsten hätte es auch in den Schädeln anderer Opfer verglastes Hirn geben müssen.
Dieser Fund eines verglasten Gehirns ist einzigartig, da sich kein weiteres verglastes Gehirn in Herculaneum oder Pompeji nachweisen ließ. Auch andernorts auf der Welt wurde bislang nichts Vergleichbares entdeckt. Die Erkenntnisse helfen nicht nur bei der Rekonstruktion des Vesuv-Ausbruchs, sondern auch beim modernen Katastrophenschutz, da sie die tödlichen Auswirkungen heißer Gaswolken verdeutlichen. Es stellt sich natürlich die Frage, wie diese Gaswolke entstand, die vor den eigentlichen pyroklastischen Strömen abgegangen sein muss. Und natürlich, warum der Mann auf dem Bett lag und womöglich schlief. Wurde die Gaswolke während eines Initialereignisses freigesetzt und war nur lokal begrenzt? Die Menschen, die sich am anderen Ende Herculaneums in den Bootschuppen schutzsuchend zusammengefunden hatten, zeigen, dass sie alarmiert waren und nicht von de Eruption überrascht wurden. (Quelle: Nature.com)
Studie belegt Zusammenhang zwischen Milanković-Zyklen und Eiszeiten
Das Klima auf der Erde unterliegt natürlichen Schwankungen und kann dabei extreme Formen annehmen: während der Kreidezeit lagen die globalen Durchschnittstemperaturen zwischen 8 und 10 Grad höher als heute. Trotzdem fühlten sich Dinosaurier am Äquator pudelwohl. Es gab auch das andere Extrem, als sich vor ca. 700 Millionen Jahre die Erde in einen Schneeball verwandelte und komplett von Eis bedeckt war. Damals war es um bis zu 30 Grad kälter als heute. Dies wurde durch einen extrem niedrigen Kohlendioxidgehalt in der Atmosphäre in Kombination mit ungünstigen astronomischen Parametern verursacht. Zudem verursachten massive Vulkanausbrüche, die große Mengen an Treibhausgasen in die Atmosphäre freisetzten, ungewöhnliche Warmphasen. Wurden hingegen Vulkanasche und Schwefeldioxid freigesetzt, kam es zu Kälteperioden. Solche extremen Klimaveränderungen, die schnell abliefen, gingen oft mit Massenaussterben einher.
Während der Mensch sich besonders gut an gemäßigte Klimazonen angepasst hat, musste er im Laufe seiner Geschichte auch Eiszeiten überstehen. Klimaschwankungen und Extreme gelten als Motor der Evolution und trugen zur Entwicklung menschlicher Fähigkeiten bei. Der moderne Mensch existiert seit etwa 300.000 Jahren, entwickelte sich in den Savannen Ostafrikas und breitete sich von dort aus in mehreren Wellen über den gesamten Planeten aus. Besonders die Eiszeiten der letzten 100.000 Jahre mit ihren starken Klimaschwankungen zwangen Homo sapiens zur Innovation: Er lernte den gezielten Einsatz von Werkzeugen, verfeinerte seine Jagdtechniken, beherrschte das Feuer und entwickelte eine komplexe Sprache.
Lange Zeit war unklar, was genau Eiszeiten auslöst und wieder beendet. Sicher ist, dass die letzten Eiszeiten einem Zyklus von etwa 100.000 Jahren folgten und dass es in den Zwischenperioden kleinere Warm- und Kaltphasen gab. Bereits seit Langem werden die sogenannten Milanković-Zyklen als Ursache für diesen Wechsel diskutiert. Allerdings blieb unklar, welcher der Parameter in den Bahnschwankungen der Erde letztlich den Beginn und das Ende von Eiszeiten bestimmt. Eine aktuelle Studie, die im Fachjournal Science veröffentlicht wurde, liefert nun neue Erkenntnisse zu den natürlichen Klimazyklen der Erde. Ein internationales Forschungsteam analysierte Foraminiferenschalen in marinen Sedimenten, um den Zusammenhang zwischen der Erdumlaufbahn und dem Wechsel von Eiszeiten und Warmphasen besser zu verstehen.
Die Milanković-Zyklen beschreiben langfristige Schwankungen in der Erdbewegung, die das Klima über Zehntausende bis Hunderttausende von Jahren beeinflussen. Sie wurden nach dem serbischen Mathematiker und Geophysiker Milutin Milanković benannt, der in den 1920er Jahren ihre Auswirkungen auf das Erdklima berechnete. Die Zyklen entstehen durch Veränderungen in drei Hauptparametern der Erdbewegung:
1. Exzentrizität (100.000- und 400.000-Jahres-Zyklen)
Die Umlaufbahn der Erde um die Sonne schwankt zwischen nahezu kreisförmig und leicht elliptisch. Wenn die Bahn elliptischer ist, schwankt die Sonneneinstrahlung auf der Erde stärker, was die Intensität der Jahreszeiten beeinflusst.
2. Obliquität (41.000-Jahres-Zyklus)
Die Erdachse ist nicht senkrecht zur Umlaufbahn geneigt, sondern schwankt zwischen etwa 22,1° und 24,5°. Eine größere Neigung verstärkt die Jahreszeiten, während eine geringere Neigung für ein ausgeglicheneres Klima sorgt.
3. Präzession (ca. 26.000-Jahres-Zyklus)
Die Erde taumelt wie ein Kreisel um ihre eigene Achse. Dadurch verändert sich die Richtung, in die die Achse zeigt, was wiederum beeinflusst, wann die Jahreszeiten während der Umlaufbahn um die Sonne auftreten.
Auswirkungen auf das Klima
Diese Zyklen beeinflussen die Menge und Verteilung des Sonnenlichts, das die Erde erreicht, und sind eine Hauptursache für den Wechsel zwischen Eiszeiten (Glazialen) und Warmzeiten (Interglazialen) in den letzten Millionen Jahren. Sie allein reichen jedoch nicht aus, um den aktuellen menschengemachten Klimawandel zu erklären, da dieser durch den Ausstoß von Treibhausgasen dominiert wird.
Unter der Leitung der Universität Cardiff und mit Beteiligung des Alfred-Wegener-Instituts analysierten Wissenschaftler Sauerstoffisotopendaten aus Tiefseesedimenten. Diese Daten geben Aufschluss über die Größe der Eisschilde auf der Nordhalbkugel sowie über Temperaturveränderungen in der Tiefsee. Die Studie zeigt, dass zyklische Schwankungen der Erdachse und der Bahngeometrie die Verteilung des Sonnenlichts beeinflussen und langfristige Klimaveränderungen auslösen.
Schon seit über einem Jahrhundert wird ein Zusammenhang zwischen der Erdumlaufbahn und den Klimazyklen vermutet, der jedoch erst in den 1970er Jahren durch Daten bestätigt wurde. Unklar blieb jedoch, welcher Orbitalparameter den größten Einfluss auf den Beginn und das Ende von Eiszeiten hat. Durch die Analyse zyklischer Muster in der Klimageschichte konnte das Forschungsteam diese Frage nun beantworten. Die Ergebnisse ermöglichen eine präzisere Rekonstruktion vergangener Zwischeneiszeiten und eine bessere Prognose zukünftiger klimatischer Entwicklungen.
Triggerpunkte für das Auslösen von Eiszeiten entschlüsselt
Die Forscher fanden heraus, dass eine Eiszeit in hohen Breiten unter dem Einfluss einer ausgeprägten Neigung der Erdachse (Obliquität) beginnt. Die Enteisung hingegen setzt ein, wenn Präzession und Obliquität gemeinsam wirken und sich auf die gesamten Gletschereisschilde ausdehnen.
Eine lange Enteisungsphase tritt ein, wenn die Veränderung der Präzession früh im Zyklus der Obliquität einsetzt. Dadurch verzögert sich der Rückzug der Eisschilde nach Norden in Richtung ihres interglazialen Zustands. Zudem stellten die Forscher fest, dass die präzessionsbedingten Wärmephasen, die eine Eiszeit beenden (und stets mit zunehmender Obliquität einhergehen), direkt auf Phasen mit geringer Exzentrizität folgen. Dies stützt die Annahme, dass eine niedrige Exzentrizität – durch die reduzierte Amplitude der Präzession – das Wachstum großer Eisschilde begünstigt.
Die Studie bestätigt, dass die langfristigen Klimaveränderungen der Erde nicht zufällig, sondern weitgehend vorhersehbar sind. Da die Erde sich aktuell in einer Zwischeneiszeit befindet, wäre unter natürlichen Bedingungen ein Übergang in eine neue Eiszeit in etwa 10.000 Jahren zu erwarten. Die Forscher betonen jedoch, dass die hohen CO₂-Emissionen der Menschheit das Klimasystem bereits stark beeinflusst haben und diesen natürlichen Verlauf wahrscheinlich verändern werden. Zukünftig wollen sie eine Klimabaseline für die kommenden Jahrtausende erstellen, um den Einfluss des menschlichen Handelns besser quantifizieren zu können. Die Studie liefert damit eine wichtige Grundlage für zukünftige Klimaprognosen und politische Entscheidungen.
Die aktuelle Weltpolitik hat aber das Thema Klimawandel weitestgehend aus den Augen verloren und fokussiert sich auf die Themen Wirtschaft und Krieg. Ob die Menschheit unter diesen Bedingungen noch das Einsetzen der nächsten Eiszeit erleben wird, ist fraglich.