Island: Forscher vermuten Etablierung eines neuen Riftsystems

Etabliert sich auf Reykjanes ein neues Riftsystem? Blick von Sundhnúkur in Richtung Fagradalsfjall. © Marc Szeglat

Island unter Spannung: Rifting-Prozesse verändern das Gesicht der Reykjanes-Halbinsel

Die Reykjanes-Halbinsel im Südwesten Islands steht weiterhin im Fokus der geowissenschaftlichen Forschung: Seit dem Herbst 2020 ereignet sich dort eine Phase intensiver tektonischer und vulkanischer Aktivität, die auf eine Neuordnung der Plattengrenze zwischen Nordamerika und Eurasien hindeutet. Während wir in Bezug auf den Vulkanismus meistens nur auf die horizontale Bodenhebung achten, hat sich in den vergangenen Monaten auch eine außergewöhnliche horizontale Verschiebung von über 20 Zentimetern ergeben, die mittels GNSS-Messstationen registriert wurde. Das ist ein klares Zeichen dafür, dass sich die tektonischen Bewegungen beschleunigen.

Vektoren der Bodenbewegungen. © Michelle Parks

Die Messstation LISK (Litla Skógfell) zeigte zwischen November 2023 und Frühjahr 2024 eine nordwestliche Bewegung von über 20 Zentimetern, was  einer Rate von etwa 11 cm pro Jahr entspricht. Der Wert liegt deutlich über der normalen Plattendrift von rund 2 cm jährlich. Es handelt sich um das bislang stärkste dokumentierte Rissereignis auf der Halbinsel seit Beginn der instrumentellen Aufzeichnungen.

Der Geowissenschaftler Professor Emeritus Haraldur Sigurdsson äußere in seinem jüngste FB-Post die Vermutung, dass sich an der Plattengrenze südlich von Grindavík eine neue Riftzone etabliert. Wie wir wissen, kam es bereits seit 2021 kam es zu mehreren Eruptionen und magmatischen Gangbildungen in der Region – zuletzt bei der Sundhnúkur-Kraterreihe im Svartsengi-Gebiet. Das aktuelle Geschehen wird von dem Wissenschaftler jedoch nicht nur als vulkanisches Ereignis verstanden, sondern auch als Ausdruck eines großräumigen tektonischen Umbaus: Die Reykjanes-Halbinsel kehrt offenbar in eine aktive Riftphase zurück, wie sie zuletzt vor etwa 800 Jahren stattfand.

Westisland bislang unbewegt – aber nicht spannungsfrei

Während sich im Südwesten die Erdkruste sichtbar dehnt, bleibt Westisland bislang ruhig, zumindest wurden an der Oberfläche noch keine größeren Bodenbewegungen detektiert. Langfristige GPS-Daten zeigen, dass Regionen wie der Snæfellsnes oder Reykjavik weiterhin einer gleichmäßigen Bewegung nach Nordwesten folgen – ohne erkennbare Veränderungen durch die Ereignisse auf Reykjanes.

Doch die Ruhe trügt: Aktuelle seismische Unruhen im Vulkansystem Ljósufjöll, nördlich von Borgarnes, deuten auf ein wachsendes Spannungsfeld auch außerhalb der eigentlichen Riftzone hin. Seit Ende 2024 häufen sich dort Erdbeben in Tiefen von 15 bis 20 Kilometern. Ein Indiz auf magmatotektonische Prozesse in der unteren Erdkruste. Die bisher stärksten Erschütterung erreichten in den vergangenen Monaten Magnitude im Dreierbereich.

Fachleute des Isländischen Meteorologischen Amts (IMO) interpretieren diese tiefen Beben als mögliches Zeichen magmatischer Intrusion – bislang jedoch ohne Oberflächendeformation oder sichtbare vulkanische Aktivität. Ähnliche Prozesse wurden bereits vor den Ausbrüchen auf Reykjanes beobachtet.

Steht auf Island ein langes Kapitel der geologischen Umgestaltung bevor?

Bodenriss in Grindavik. © Marc Szeglat

Noch ist unklar, ob die derzeitige Aktivität auf der Reykjaneshalbinsel und im Westen Islands der Auftakt für eine jahrzehntelange Phase verstärkten Riftinggeschehens ist. Die Wiederkehr der Aktivität nach Jahrhunderten geologischer Ruhe legt dies nahe. Wie sich eine geologische Umgestaltung auf die Menschen auswirken wird ist ebenso ungewiss. Obwohl Island noch am Anfang des möglichen Prozesses steht wurde bereits eine Stadt -Grindavik- stark in Mitleidenschaft gezogen. Experten halten es für durchaus möglich, dass auch Vogar oder die Hauptstadtregion betroffen werden könnte.

Riftvalley: Studie liefert Indizien für Superplume-Theorie

Lavasee im Nyiragongo-Krater im Riftvalley. © Marc Szeglat

Ein Kontinent zerreißt – Das Ostafrikanische Rift und die Superplume-Theorie

Der Osten des afrikanischen Kontinents wird von einem tiefen Graben durchzogen, der von Mosambik bis zum Roten Meer reicht und seine Finger sogar bis in den Libanon ausstreckt. An diesem über 6.000 Kilometer langen Graben droht Afrika zu zerbrechen – und er könnte die Geburtsstätte eines neuen Ozeans sein, dessen Verlauf von einer Reihe von Sodaseen an seinem Boden markiert wird. Entlang des Ostafrikanischen Grabenbruchs, der kurz Riftvalley genannt wird, erstrecken sich nicht nur Seen, sondern auch Vulkane. Diese einzigartige Landschaft ist sichtbarer Ausdruck eines Prozesses, der tief im Erdinneren beginnt: der Plattentektonik.

Riftvalley- Karte. © WIKIPEDIA CC

Geografisch besteht das Rift aus zwei Hauptästen. Der östliche Riftarm verläuft durch Äthiopien, Kenia und Tansania, während der westliche Arm entlang der großen Seen Ostafrikas – wie dem Tanganjikasee oder dem Malawisee – verläuft. Gemeinsam bilden die beiden Arme eine Zone, in der sich die Afrikanische Kontinentalplatte langsam, aber unaufhaltsam in zwei Teile aufspaltet: die Nubische und die Somalische Platte. In einigen Millionen Jahren könnten sich die beiden Platten so weit voneinander entfernt haben, dass sich zwischen ihnen ein Ozean befindet und die Somalische Platte eine große Insel bildet.

Die Bewegung dieser Platten ist langsam und beträgt nur wenige Millimeter pro Jahr. Wo sich die Erdkruste dehnt und auseinanderzieht, entstehen tiefe Störungen und der Boden senkt sich ab. Magma steigt auf und formt Vulkane wie den Nyiragongo, den Erta Ale und den exotischen Ol Doinyo Lengai.

Plattentektonik oder Superplume als Motor der Erddynamik unter dem Riftvalley?

Brodelnde Lava. © Marc Szeglat

Doch was treibt diesen gewaltigen Prozess an? Neben den bekannten Spannungen durch Plattenbewegungen gerät seit Jahren eine andere Erklärung in den Fokus: die Superplume-Theorie. Diese besagt, dass unter Ostafrika ein riesiger, heißer Aufstrom von Magma aus dem tiefen Erdmantel – eine sogenannte Mantelplume – die Lithosphäre von unten aufwölbt, erwärmt und schwächt. In der Folge wird das Auseinanderbrechen der Kontinentalplatte erleichtert. Hinweise auf die Existenz eines Superplumes lieferten Modelle des Untergrunds, die mithilfe der seismischen Tomografie erstellt wurden. Die Modelle deuten auf ungewöhnlich hohe Temperaturen und eine geringere Dichte im unteren Mantel unter Ostafrika hin. Diese thermische Anomalie könnte erklären, warum genau hier ein vom Vulkanismus begleiteter Rifting-Prozess stattfindet.

Untersuchungen von Proben vulkanischer Gesteine, die von den Vulkanen des Rifts stammen, zeigten jedoch eine ungewöhnliche Heterogenität der Vulkanite, weswegen einige Forscher der Meinung sind, dass man es mit zwei einzelnen Mantelplumes zu tun hat, die nur an der Basis im tiefen Erdmantel miteinander verbunden sind. Einer dieser Plumes soll sein Zentrum unter Äthiopien haben, der andere unter Kenia und Tansania liegen.

Kritiker der Theorie sehen in der Superplume eine überflüssige Erklärung. Sie argumentieren, dass die beobachteten Phänomene auch durch oberflächennahe tektonische Prozesse erklärbar sind – etwa durch Spannungen im Zusammenhang mit der Bewegung der Afrikanischen Platte und benachbarten Mikroplatten.

Edelgas-Isotopen-Analyse belegt eine gemeinsam Quelle im tiefen Erdmantel

Nun hat eine neue Studie Indizien gefunden, dass doch etwas an der Superplume-Theorie dran sein könnte: Die Forscher um Fin Stuart und Biying Chen von der University of Glasgow untersuchten magmatische Gase des neu erschlossenen Menengai-Geothermalfelds in Kenia. Sie konzentrierten sich in ihren Analysen auf Spuren der Edelgase Helium und Neon und schlossen auch Kohlendioxid-Analysen mit ein. Die Gase und Fluide aus den Bohrungen des Geothermalfelds sind bei ihrer Entnahme noch nicht der Atmosphäre ausgesetzt gewesen, weswegen sie reiner sind als etwa Gasproben, die man an Fumarolen gewonnen hat. Ihre Analyse zeigte, dass die Isotope der Edelgase aus dem tiefen Erdmantel stammen. Darüber hinaus wurden sie mit den Neon- und Helium-Isotopen verglichen, die aus Fluideinschlüssen in Vulkaniten unterschiedlicher Riftvulkane stammten. Die Analyse bestätigte, dass die Isotopen-Signaturen identisch sind – was als Beweis angesehen werden kann, dass sie von einer gemeinsamen Quelle stammen. Bei dieser Quelle könnte es sich um den Superplume handeln.

(Quelle: Forschungsarbeit „Neon Isotopes in Geothermal Gases From the Kenya Rift Reveal a Common Deep Mantle Source Beneath East Africa“ | AGU)

Vulkaneifel: Bislang unbekannte Maare entdeckt

Das Schalkenmehrener Maar aus der Vogelperspektive. © Marc Szeglat

Unerwartete Entdeckung: Neue Maare in der Westeifel identifiziert

Daun, 22.05.2025Die Vulkaneifel ist eines der bedeutendsten Vulkangebiete Mitteleuropas und ist vor allem für ihre einzigartige Dichte an Maarvulkanen bekannt. Wie sich nun herausstellte, war das Vulkanfeld der Westeifel noch aktiver als bislang angenommen.

Lange ging man davon aus, dass die Vulkaneifel rund 77 Maare beherbergt. Doch aktuelle Forschungsergebnisse zeigen: Es sind deutlich mehr. Ein interdisziplinäres Team der Universität Jena und des Natur- und Geoparks Vulkaneifel hat bei einer umfassenden Neukartierung bislang unbekannte Maare im westlichen Teil der Vulkaneifel entdeckt – eine kleine Sensation für die Geowissenschaft.

Die Entdeckung erfolgte im Rahmen eines Projekts zur Aktualisierung der geologischen Karten der Region, deren letzte Fassung noch aus den 1980er-Jahren stammt. Mit modernen Methoden wie hochauflösenden Laserscans und althergebrachten geophysikalischen Messgeräten wie dem Magnetometer wurden Geländeformen analysiert, die bisher unter Vegetation, Sedimenten oder den Spuren menschlicher Landschaftsumformung verborgen geblieben waren. Dabei stießen die Forscher auf etwa zwei Dutzend weitere Maare, wodurch sich die Gesamtzahl auf rund 100 erhöhte.

Maare sind vulkanische Hohlformen, die sich nicht wie klassische Vulkankegel durch Lavaaufschüttung bilden. Stattdessen entstehen sie durch phreatomagmatische Explosionen: Trifft aufsteigende Magma im Untergrund auf wasserführende Gesteinsschichten, kommt es zu gewaltigen Dampfexplosionen. Das Gestein wird fragmentiert und herausgeschleudert. Zurk bleibt eine Senke, die von einem Ringwall ausgeschleuderten Materials umgeben ist. Viele dieser Strukturen füllen sich mit Wasser, andere verfüllen sich im Laufe der Zeit mit Sedimenten und werden praktisch unsichtbar. Diese unsichtbaren Maare sind in der Überzahl. Nur eine Handvoll, wie das Pulvermaar bei Gillenfeld oder die Dauner Maare, zeigen sich als Wasserflächen in der Landschaft. Die neu entdeckten Maare – etwa bei Steffeln – liegen größtenteils trocken und sind nur durch geophysikalische Messungen identifizierbar.

Die Westeifel, in der die neuen Maare lokalisiert wurden, ist vulkanologisch besonders aktiv gewesen. Sie gehört – zusammen mit der osteifeler Vulkanzone – zum größeren neogenen bis quartären Vulkanfeld der Eifel, das in den letzten 600.000 Jahren von wiederholter vulkanischer Aktivität geprägt wurde. Zu den jüngsten Ausbrüchen zählt der Ausbruch des Laacher-See-Vulkans vor etwa 13.000 Jahren. Dieser ist der größte Vulkan der Eifel und liegt im östlichen Vulkanfeld. Doch obwohl der Laacher See oft als Maar bezeichnet wird, stellten Forschungen vor einigen Jahren fest, dass es sich in Wirklichkeit um eine Caldera handelt.

Während Maare monogenetisch sind und bei nur einer Eruption entstehen und somit normalerweise kein zweites Mal ausbrechen, sieht es beim Laacher-See-Vulkan anders aus. Calderavulkane entstehen nicht durch eine einzige starke Explosion, sondern durch lange anhaltende Ausbruchsphasen, in deren Folge sich das unterirdische Magmareservoir entleert und kollabiert. An der Oberfläche bleibt eine große Hohlform zurück – die Caldera. Mofetten am Ufer des Laacher-See-Vulkans deuten an, dass der Calderavulkan noch nicht erloschen ist. Die neu entdeckten Maare hingegen sind Relikte vergangener Aktivität.

Mit der Entdeckung der neuen Maare gewinnt die Vulkaneifel nicht nur geowissenschaftlich an Bedeutung, sondern rückt auch stärker in den Fokus der internationalen Forschung. Die Region bleibt eines der spannendsten geodynamischen Gebiete Europas – und gibt noch immer Rätsel über ihre vulkanische Vergangenheit preis.

Übrigens, die Vulkanologische Gesellschaft e.V. trifft sich dieses Wochenende in Daun am Schalkenmehrerner Maar. Wer den Verein kennenlernen möchte, kann noch zu uns stoßen.

Forscher entdeckten Spuren eines extremen Sonnensturms

Rekord-Sonnensturm vor 14.300 Jahren wirft neues Licht auf Weltraumwetter-Risiken

Finnland/ Oulu, 19.05.2025Ein internationales Forschungsteam unter Leitung der Universität von Oulu hat den bislang stärksten bekannten Sonnensturm identifiziert – ein gewaltiges Weltraumwetterereignis, das die Erde am Ende des Pleistozäns um 12.350 v. Chr. traf. Der urzeitliche Partikelausbruch der Sonne war rund 18 % stärker als das bislang führende Ereignis aus dem Jahr 775 n. Chr. und etwa 500-mal intensiver als der stärkste Sonnensturm der Satellitenära, der sich im Jahre 2005 manifestierte.

Die Entdeckung wurde durch ein neues Modell möglich: Mit SOCOL:14C-Ex analysierten Wissenschaftler der Universität Oulu (Finnland) und des CEREGE-Instituts (Frankreich) Radiokarbonspuren in uralten Baumringen. Diese zeigen einen abrupten Anstieg des Kohlenstoffisotops C14, wie er nur bei extrem starker Sonnenteilchenstrahlung entsteht.

„Es handelt sich um das erste nachgewiesene Extremereignis außerhalb des Holozäns“, erklärt Studien-Hauptautorin Kseniia Golubenko in einer Pressemeldung der Universität. „Damit können wir nun auch Klimaarchive aus der letzten Eiszeit präzise analysieren.“ Das Modell berücksichtigt erstmals die besonderen atmosphärischen Bedingungen der Späteiszeit – etwa veränderte Zirkulationsmuster und niedrigere CO₂-Werte.

Die Studie zeigt nicht nur, wie aktiv unsere Sonne in der Vergangenheit war, sondern liefert auch ein realistisches Worst-Case-Szenario für moderne Infrastrukturen. Ein vergleichbares Ereignis heute könnte Satelliten lahmlegen, Stromnetze destabilisieren, Navigation und Kommunikation stören und Menschen hoher Strahlung aussetzen – vor allem in Flugzeugen oder im Weltraum.

Zugleich ist der Fund ein Meilenstein für die Archäologie. Solche sogenannten Miyake-Ereignisse ermöglichen es, historische Funde auf das exakte Kalenderjahr zu datieren. Der Sonnensturm von 12.350 v. Chr. liefert nun einen Referenzpunkt weit über die bisherige Reichweite hinaus – bis tief in die Späteiszeit.

Ob sich der extreme Sonnensturm auf die Menschen des Jung-Paläolithikums auswirkten ist genauso unbekannt, wie etwaige Auswirkungen auf das Klima, dass in der Übergangszeit zum Holozän instabil und im Wandel begriffen war, denn schließlich lief zu dieser Zeit die Eiszeit aus.

Mit der Entdeckung erweitert die Wissenschaft ihr Verständnis extremer Sonnenaktivität und zeigt, wie entscheidend die Vorbereitung auf solare Extremereignisse in einer digital vernetzten Welt ist. Allerdings dürfte es schwierig und sehr kostspielig sein, sich auf so etwas vorzubereiten, weshalb sehr wahrscheinlich wieder nichts passieren wird. Das wirft natürlich die Frage nach dem Sinn von Wissenschaft und Forschung auf, wenn diese Erkenntnisse nicht genutzt werden, um sie zum Allgemeinwohl einzusetzen.

Dass solche Extremereignisse durchaus auch heute auftreten könnten, zeigt ein sehr großes Loch in der Sonnenkorona, das erst vor drei Wochen auf die Erde gerichtet war. Sollte es in just dieser Zeit einen großen Sonnensturm erzeugen, könnte die Erde mit voller Wucht getroffen werden. (Quellen: Pressemeldung UNI Oulu, sciencedireckt.com)

Vulkanbögen und Backarcs: Neues Entstehungsmodell entwickelt

Was passiert in Backarcs hinter Vulkanbögen? Ein neues Modell bringt Licht ins geologische Dunkel

Wer sich schon einmal gefragt hat, warum die Landschaften hinter Vulkanbögen so unterschiedlich aussehen fand bisher keine einfache Antwort. In den sogenannten Backarc-Regionen können sich Gebirge auftürmen, oder Becken absenken, während wiederum andere Region tektonisch ruhig bleiben und keine morphologischen Auffälligkeiten zeigen, obwohl sie sich alle in der Nähe aktiver Vulkanketten befinden. Was all diese Backarc-Regionen verbindet, ist jedoch eine auffällige Gemeinsamkeit: Sie weisen oft einen besonders hohen Wärmefluss und eine ungewöhnlich dünne Lithosphäre auf – und das oft weit entfernt vom Vulkanbogen selbst. Woher kommen diese Anomalien?

Diese Frage beschäftigt Geowissenschaftlerinnen und Geowissenschaftler seit Jahrzehnten. Bisher entwickelte man komplexe Modelle wie Mantelkonvektionen, die die Lithosphäre ausdünnen und Störungssysteme, die bis in den Erdmantel hinab reichen. Ein neues geophysikalisches Modell liefert nun eine überraschend einfache Erklärung und bringt frischen Wind in eine alte Debatte.

Vulkanbögen entstehen dort, wo ozeanische Erdplatten unter Kontinente abtauchen, oder wo sich eine Ozeanplatte unter eine andere schiebt – ein Prozess der uns als Subduktion bekannt ist. Dabei schmilzt ein Teil des abtauchenden Gesteins, Magma steigt auf, und hinter der Subduktionszone entstehen Vulkane, wie man sie zum Beispiel in Japan oder entlang der Anden findet. Doch die geologischen Verhältnisse hinter diesen Vulkanbögen – in den Backarc-Zonen – könnten unterschiedlicher kaum sein: In der Ägäis etwa wird die Erdkruste gedehnt, in Zentralasien hingegen türmen sich riesige Gebirgsketten auf, und in Japan bleibt die Region vergleichsweise stabil.

Das Puzzel der Terrane

Ein Forscherteam um den Geophysiker Zoltán Erdős (GFZ Potsdam) und Ritske Huismans (Universität Bergen) hat mithilfe von Computermodellen untersucht, wie sogenannte Terrane – kleine Krustenfragmente, die mit der ozeanischen Platte transportiert werden – mit einem Kontinent kollidieren und sich dort anlagern. Diese „Krusten-Puzzleteile“ können den Aufbau der Erdkruste tiefgreifend verändern und sich auch auf die Struktur des Erdmantels auswirken. Das Modell zeigt, dass durch solche Terran-Akkretion genau jene geophysikalischen Auffälligkeiten entstehen, die bisher schwer zu erklären waren – ganz ohne auf komplexe Mantelströmungen zurückgreifen zu müssen.

Beispiele für solche Regionen sind die nordamerikanischen Kordilleren, Zentralanatolien, die Ägäis oder Neuguinea. In all diesen Gebieten haben in der Vergangenheit Terrane mit dem jeweiligen Kontinent verschmolzen – und das spiegelt sich bis heute in ihrer geologischen Struktur wider.

Die neue Studie liefert nicht nur einen wichtigen Beitrag zur geodynamischen Forschung, sondern hat auch praktische Bedeutung: für die Erkundung von Erdwärme, den Abbau natürlicher Ressourcen und die Einschätzung von Erdbebenrisiken. Denn wer versteht, was unter der Oberfläche passiert, kann besser auf das reagieren, was darüber geschieht. (Quelle: Pressemeldung GFZ, https://www.science.org/doi/10.1126/sciadv.adq8444)

Axial Seamount bereitet sich auf Eruption vor

Black Smoker am Axial Seamount. © UW/NSF-OOI/WHOI

Schöpfung und Zerstörung in der Tiefsee – Unterwasservulkan Axial Seamount droht auszubrechen

Tief unter der Oberfläche des Pazifiks, fernab von menschlicher Wahrnehmung und Einfluss, entfaltet sich ein dramatisches Schauspiel geologischer Kräfte. Am Axial Seamount, wo hydrothermale Quellen Wärme und Nährstoffe in das kalte Wasser der Tiefsee einbringen, gedeiht eine einzigartige Flora und Fauna. Manche Wissenschaftler sehen in diesem Environment die Wiege des Lebens auf der Erde.  Nun droht ein sich anbahnender Vulkanausbruch, die einzigartige Unterwasserwelt zu zerstören.

Der Unterwasservulkan Axial Seamount liegt auf dem Juan-de-Fuca-Rücken in rund 1400 Metern Tiefe, dort, wo vor der US-amerikanischen Nordwestküste die Pazifische Platte und die Juan-de-Fuca-Platte langsam auseinanderdriften. An dieser Nahtstelle der Erdkruste dringt heißes Magma aus dem Erdmantel empor, um neue ozeanische Kruste zu formen. Solche vulkanisch aktiven Zonen sind auf dem Meeresboden keine Seltenheit. Doch der Axial Seamount ist besonders gut erforscht – und derzeit besonders aktiv.

Einer, der den Vulkan besonders gut kennt, ist William Wilcock, Meeresgeophysiker und Professor an der Fakultät für Ozeanographie der University of Washington. Er und sein Wissenschaftlerteam des Ocean Observatories Initiative Regional Cabled Array beobachten seit Monaten eine wachsende Zahl schwacher Erdbeben, die von aufsteigendem Magma verursacht werden und auf zunehmenden Druck im sich aufblähenden Magmenkörper des Vulkans hindeuten. Ähnliche Signale gingen dem letzten Ausbruch im Jahr 2015 voraus. Damals registrierten die Messinstrumente innerhalb von 24 Stunden etwa 10 000 kleine Beben. Magma trat aus dem Inneren des Vulkans aus und hinterließ eine viele Kilometer lange Lavaspur auf dem Meeresgrund.

Was dort in völliger Dunkelheit und unter gewaltigem Druck geschieht, ist ein faszinierendes Wechselspiel aus Zerstörung und Erneuerung. Bei früheren Ausbrüchen wurden ganze Ökosysteme an den hydrothermalen Quellen der Black Smoker durch Lavaströme vernichtet. Doch nur wenige Monate später kehrten die ersten Lebensformen zurück. Mikroben, Röhrenwürmer und andere spezialisierte Organismen besiedeln die neu entstandenen Flächen und beweisen damit, wie widerstandsfähig das Leben selbst unter extremen Bedingungen sein kann.

Diese Quellen fördern nicht nur das Leben, sondern liefern den Forschenden auch wertvolle Informationen über die Dynamik des Planeten. Die Nähe des Magmas zur Oberfläche – am Axial Seamount liegt es nur etwa 1,5 Kilometer tief – und seine relativ niedrige Viskosität begünstigen regelmäßige, aber wenig explosive Eruptionen. Für Wissenschaftler bedeutet das: ideale Bedingungen, um Vulkanausbrüche aus nächster Nähe zu studieren, wobei es bei einem Unterwasservulkan, dessen Krater sich in 1400 m Tiefe befindet, besonderer Ausrüstung in Form von U-Booten und Unterwasserdrohnen bedarf, um das zu bewerkstelligen.

Beim nächsten Ausbruch ist sogar ein Livestream geplant – ein Meilenstein in der Vulkanforschung. Denn bislang war es extrem selten, einen Unterwasserausbruch direkt zu beobachten. Erst kürzlich gelang einem Forschungsteam der Woods Hole Oceanographic Institution ein solcher Glücksfall an einem submarinen Vulkan 2100 Kilometer westlich von Costa Rica: Bei einem Routinetauchgang am Ostpazifischen Rücken entdeckten sie frische Lava und verkohlte Überreste eines zuvor blühenden Schlotes – ein klarer Hinweis auf einen kürzlichen Ausbruch.

Die tiefergehende Analyse legt nahe, dass neben den inneren Prozessen des Vulkans auch äußere Kräfte Einfluss auf den Zeitpunkt einer Eruption haben könnten. Nach Meinung Wilcocks ist auffällig, dass alle drei Ausbrüche der letzten Jahrzehnte des Axial Seamount – 1998, 2011 und 2015 – in den ersten vier Monaten des Jahres stattfanden. Forscher vermuten, dass gezeitenbedingte Druckveränderungen am Meeresboden, ausgelöst durch die Gravitation des Mondes, den letzten Anstoß zur Eruption geben könnten, wenn die Magmakammer voll geladen ist. Daher rechnet Wilcock und sein Team mit einem Ausbruch spätestens Anfang 2026.

Was unter dem Meer als Zerstörung erscheint, ist zugleich ein schöpferischer Akt. Neue Ozeankruste entsteht, Lebensräume regenerieren sich – und die Erde zeigt einmal mehr, wie eng ihre Prozesse miteinander verwoben sind. Der Axial Seamount ist damit nicht nur ein Vulkan, sondern ein Schlüssel zum Verständnis unseres Planeten und eine Quelle des Lebens. (Quellen: CNN, UW/NSF-OOI/WHOI )

Pompeji: Szenen des Überlebenskampfes

Neues Haus mit Szenen eines Rettungsversuches in Pompeji entdeckt – Bett als letzter Schutzschild

Bei den jüngsten Ausgrabungen in Pompeji haben Archäologen eine eindrucksvolle Momentaufnahme der letzten Minuten vor dem Untergang der antiken Stadt freigelegt, die den verzweifelten Überlebenskampf einer Familie dokumentiert. Im sogenannten Haus von Elle und Phrixus an der Via del Vesuvio wurde ein Schlafzimmer entdeckt, dessen Eingang offenbar mit einem Bett blockiert wurde – vermutlich ein letzter Versuch, sich vor den herabregnenden Lapilli zu schützen.

Die Szene erzählt von der Verzweiflung der Bewohner: In dem Raum fanden sich die Überreste von mindestens vier Personen, darunter ein Kind, das ein typisches Bronzemedaillon – eine sogenannte Bulla – trug. Die Ausgrabungen legen nahe, dass die Opfer in ihrem Schlafzimmer Zuflucht suchten, nachdem Vulkanmaterial durch eine Öffnung im Dach in ihr Haus eindrang. Das Bett, das als Barrikade diente, konnte mithilfe von Gipsabgüssen rekonstruiert werden. Das Holz, aus dem es bestand, war im Laufe der Jahrtausende verfault und hinterließ Hohlräume in der verfestigten Vulkanasche. Die Hohlräume dienten als Blaupause für die Gipsabdrücke. Auf diese Methode gehen auch die schaurigen Gipsfiguren toter Menschen zurück, für die Pompeji bekannt ist.

„Pompeji konfrontiert uns mit der Schönheit antiker Kunst – und der Zerbrechlichkeit des Lebens“, sagt Parkdirektor Gabriel Zuchtriegel. Der dramatische Fund sei ein seltenes Zeugnis für den Versuch, inmitten der Katastrophe zu überleben.

Das Haus wurde nach einem mythologischen Wandgemälde benannt, das im Speisesaal (Triclinium) entdeckt wurde. Es zeigt die Geschwister Helle und Phrixus auf dem Rücken eines goldenen Widders, kurz vor Helles tödlichem Sturz ins Meer. Hierbei handelt es sich um ein tragisches Motiv der griechischen Mythologie, das durch die Umstände des Hausfundes eine besondere Tiefe erhält.

Neben menschlichen Überresten wurden zahlreiche Alltagsgegenstände gefunden: Amphoren mit Fischsauce (Garum), ein bronzener Hausrat mit Krug, Schöpfkelle und Muscheltasse sowie Vorräte aus einer Speisekammer.

Das Gebäude liegt nahe dem bekannten Haus von Leda und dem Schwan, das 2018 ausgegraben wurde. Beide Domus befanden sich offenbar während des Ausbruchs im Umbau, wie Spuren entfernter Türschwellen und unverzierter Wände zeigen. Möglicherweise wurden noch die Spuren des starken Erdbebens beseitigt, das sich im Jahre 62 ereignet hatte und große Schäden in Pompeji hinterließ. Heute interpretiert man dieses Erdbeben oft als ein Warnzeichen, dass sich der Vesuv auf eine Eruption vorbereitet hat. Allerdings sind solch starke Erdbeben 17 Jahre vor einem Vulkanausbruch sehr ungewöhnlich.

Der Untergang Pompejis wurde im Jahre 79 n. Chr. durch einen Ausbruch des Vulkans Vesuv ausgelöst. Die Eruption hatte einen VEI von 6 und stieß enorme Aschemengen aus. Doch die stärksten Zerstörungen und letztendlich der Untergang von Pompeji wurden von pyroklastischen Strömen verursacht. Später gingen auch Lahare vom Vesuv ab, die überwiegend zur Zerstörung von Herculaneum beitrugen. (Quelle: Archäologischer Park Pompeji)

Yellowstone: KI hilft bei Früherkennung

Grand Prismatic Spring im Yellowstone Nationalpark. © Marc Szeglat

Forscher setzen Maschinelles Lernen und KI zur Vulkanüberwachung im Yellowstone ein – Früherkennung der Bildung neuer Geothermalfelder möglich

Die Entwicklung von Künstlicher Intelligenz mithilfe des Maschinellen Lernens schreitet in einem unvorstellbaren Tempo voran und ist aus vielen Bereichen des täglichen Lebens und der Forschung nicht mehr wegzudenken. Das Besondere an einer KI ist, dass ihr Wissen nicht einprogrammiert wird, sondern dass sie eigenständig aus Daten lernt. Diesen Vorgang nennt man Maschinelles Lernen. Mittlerweile wird dieses „elektronische Lernen und Denken“ auch in der Seismologie und Vulkanologie eingesetzt. Erst letzte Woche schrieb ich über den Einsatz von KI bei der Echtzeitbeobachtung und anschließenden Auswertung von Erdbeben während der seismischen Krise bei Santorin und dem Unterwasservulkan Kolumbos. Heute berichte ich über den Einsatz Maschinellen Lernens in der Yellowstone-Caldera.

Forschende des Yellowstone Volcano Observatory (YVO), das dem US Geological Survey (USGS) untersteht, setzen neuerdings Maschinelles Lernen ein, um die Entstehung neuer hydrothermaler Felder vorherzusagen. Da die Landschaft in der weitläufigen Caldera einem ständigen Wandel unterliegt und viele abgelegene Regionen in der bewaldeten Gebirgslandschaft nur schwer zugänglich und mit konventionellen Methoden kaum zu überwachen sind, wurde ein System weiterentwickelt, das ursprünglich von anderen USGS-Kollegen zur Exploration bislang unentdeckter geothermaler Felder im Westen der USA konzipiert wurde. Diese Gebiete könnten potenziell zur Stromerzeugung erschlossen werden. Im Fokus steht dabei das geologisch aktive Great Basin, das sich zwischen der Sierra Nevada im Westen und der Wasatchkette im Osten über mehrere US-Bundesstaaten erstreckt.

Mithilfe Maschinellen Lernens versuchen die Wissenschaftler, geologische Daten mit dem Vorkommen hydrothermaler Systeme zu korrelieren. Dabei kommen insbesondere sogenannte Entscheidungsbäume zum Einsatz, die Bedingungen identifizieren, unter denen hydrothermale Aktivität wahrscheinlich ist, die sich zur Stromerzeugung nutzen lässt.

Obwohl eine geothermische Energiegewinnung im Yellowstone verboten ist, da die Caldera unter dem strengem Schutz eines Nationalparks steht, könnten dieselben Analysewerkzeuge dazu dienen, dort neue Thermalgebiete im Embryonalstadium zu lokalisieren. In die ursprünglichen Entscheidungsbäume fließen geologische Parameter wie Wärmefluss, Tektonik, Seismizität und Spannungen ein. Da jedoch im Yellowstone-Plateau der Wärmefluss nahezu überall hoch ist, mussten die Entscheidungsbäume speziell angepasst werden, um zusätzliche geologische Faktoren zu berücksichtigen.

Solche Analysen könnten nicht nur Hinweise darauf geben, wo sich demnächst neue heiße Quellen, Schlammtöpfe oder Geysire bilden, sondern auch überraschende geologische Zusammenhänge aufdecken. Erste Ergebnisse zeigen eine starke Korrelation zwischen hydrothermaler Aktivität und geologischen Strukturen wie Verwerfungen, die den unterirdischen Flüssigkeitsfluss erleichtern. Die Forschung soll künftig klären, welche Kombinationen geologischer Bedingungen entscheidend sind – trotz durchgehend hoher Wärme.

Neben der konkreten Anwendung im Yellowstone könnten diese Erkenntnisse weltweit Bedeutung erlangen – etwa für Regionen wie das Taupō-Caldera-System in Neuseeland oder die Campi Flegrei in Italien. So hilft die Forschung nicht nur, die zukünftige Entwicklung im Park besser zu verstehen, sondern auch, das Potenzial geothermischer Energie andernorts besser zu nutzen.

Dass eine Überwachung des Hydrothermalsystems im Yellowstone notwendig ist und auch in entlegenen Arealen des Parks durchgeführt werden muss, zeigen die steten Veränderungen in der Caldera. So entstanden in den letzten Jahren nicht nur mehrere neue postvulkanische Manifestationen in den gut erschlossenen Teilen der Caldera, sondern es bildete sich sogar ein ganzes Thermalfeld in einem abgelegenen Teil des Parks. Rückwirkend durchgeführte KI-Analysen von alten Satellitenbildern zeigten, dass sich bereits im Jahr 2000 die Vegetation im Gebiet am Tern Lake veränderte – bemerkt wurde die Bildung des neuen Thermalgebiets von den Forschern aber erst im Jahr 2018.

Kolumbos, der Vulkan der Gold und Silber spuckt

Forschungsmission untersuchte hydrothermale Sulfid-Lagerstätte am Kolumbos bei Santorin – Gold und Silber enthalten

Der griechische Unterwasservulkan Kolumbos liegt nordöstlich von Santorin und ist spätestens seit der seismischen Krise Anfang des Jahres Gegenstand zahlreicher Studien. Eine Forschergruppe um Simon Hector vom Karlsruher Institut für Technologie beschäftigte sich jedoch bereits zuvor mit den hydrothermalen Quellen im Kraterbereich des Vulkans und veröffentlichte ihre Ergebnisse kürzlich bei nature.com. Ziel der Untersuchung war es, die Prozesse zu verstehen, die zur Bildung einer umfangreichen Metallsulfid-Lagerstätte am Kraterboden geführt haben – und das in einer Wassertiefe von rund 500 Metern.

Mithilfe einer Unterwasserdrohne entdeckten Wissenschaftler schornsteinartige Strukturen, die als sogenannte „Black Smokers“ bekannt sind. Aus diesen Kaminen treten heiße, metallreiche und schwefelhaltige Fluide aus, die bei der Abkühlung im Meerwasser mit diesem reagieren. Dabei bilden sich Metallsulfide, die sich am Meeresboden ablagern und dort Lagerstätten entstehen lassen. Im Fall von Kolumbos fanden die Forscher ungewöhnlich große Mengen an Gold und Silber, die gemeinsam mit Sulfiden der Metalle Arsen (As), Blei (Pb), Kupfer (Cu), Quecksilber (Hg), Antimon (Sb), Zinn (Sn), Titan (Ti) und Zink (Zn) auftreten. Im Fokus der Forschungen stand dabei jedoch nicht das Edelmetallvorkommen, sondern das vergleichsweise preiswerte Element Blei – ein Schlüsselelement für die Herkunftsanalyse der hydrothermalen Lösungen.

Geologie des Vulkans Kolumbos

Der Unterwasservulkan Kolumbos liegt nordöstlich von Santorin im Anhydros-Riftbecken, einem Teil des südägäischen Vulkanbogens. Er befindet sich in einer geologischen Senkungszone mit tiefreichenden Verwerfungen. Unter dem Vulkan liegt ein mehrere Kilometer mächtiges Grundgebirge aus Granit, Gneis und Schiefern, überlagert von jüngeren Gesteinseinheiten. Das Vulkangebäude besteht aus 5 Schichten vulkanischen Materials. Die beiden jüngsten stammen vom letzten Ausbruch im Jahr 1650 und bestehen überwiegend aus rhyolitischem Bimsstein, mit basaltischen und andesitischen Einschlüssen.

Im Untergrund liegen zwei Magmakörper in unterschiedlichen Tiefen. Im Tieferen wird aus basaltischer Schmelze durch Reaktion mit dem granitischen Grundgebirge Rhyolith. Dieses steigt von der unteren Erdkruste aus auf und akkumuliert sich in einem zweiten Magmenkörper in nur 2 bis 4 Kilometer Tiefe unter dem Kolumbos.


Durch die Untersuchung des Bleis wollten die Forscher klären, ob die Metalle magmatischen Ursprungs sind – also aus einem Magmenkörper stammen – oder ob sie durch Auslaugung bereits vorhandener Meeresgesteine in Lösung gingen. Hierzu verglichen sie das Blei-Isotopenverhältnis in Gesteinsproben aus den Black Smokers mit dem potenzieller Ausgangsgesteine des Meeresbodens. Das Ergebnis: Das Isotopenverhältnis des Bleis in den Schlotwänden entspricht dem der vulkanischen Gesteine, die der Kolumbos gefördert hat.

Magmatische Gase transportierten neben Blei auch Arsen, Silber, Gold, Kupfer, Quecksilber, Antimon, Zinn und Zink. Das ebenfalls nachgewiesene Titan hingegen stammt aus der Auslaugung rhyolithischer Gesteine. Aus diesem Rhyolith stammen zudem Sulfide, die an der Bildung von Pyrit beteiligt waren. Verschiedene Salze sowie das Bleisulfid Galenit wurden durch hydrothermale Prozesse in die Meeresumgebung eingebracht. Im Pyrit identifizierten die Forscher unter dem Mikroskop wachstumsbedingte Zonierungen aus Galenit – ein Hinweis auf episodische Pulse magmatischer Fluide während des Wachstums der Schlote.

Insgesamt überwiegt der magmatische Anteil an den hydrothermalen Lösungen bei der Bildung der Sulfid-Lagerstätte im und am Kolumbos. Das spricht für das Vorhandensein eines aktiven Magmenkörpers unter dem Vulkan. Die austretenden hydrothermalen Fluide weisen Temperaturen von bis zu 265 °C auf – ein weiterer Beleg für die Präsenz von Magma im Untergrund. Lediglich der hohe Wasserdruck in 500 Metern Tiefe verhindert das Verdampfen der Fluide.

Wie hoch der Anteil an Gold und Silber in der Lagerstätte tatsächlich ist, bleibt offen. Doch ein Vulkan, der Gold und Silber hervorbringt, ist in jedem Fall bemerkenswert. (Quelle: nature.com)