Island: Sorgen vor Eruption im Krýsuvík-System wachsen

Neue Erdbeben im Krýsuvík-System auf Reykjanes sorgen für Sorgen

Während im Svartsengi-System auf Reykjanes die Eruption anhält, sorgt man sich über einen möglicherweise zusammenbrauenden Vulkanausbruch im benachbarten Krýsuvík-System. Grund hierfür lieferte ein weiterer Erdbebenschwarm im Spaltensystem unweit der isländischen Hauptstadt Reykjavik. Innerhalb von 48 Stunden registrierte das seismische Netzwerk auf der Halbinsel 74 Erdbeben. Einige davon manifestierten sich im Bereich der aktuellen Eruption und am Fagradalsfjall, die meisten Beben gab es aber im Süden des Krýsuvík-Systems. Dieser Bebenschwarm rief wieder isländische Geowissenschaftler auf den Plan, die ihre Einschätzungen der Situation in einem RUV-Artikel preisgaben.

Während einer eruptiven Phase auf Reykjanes, die vor gut 8000 Jahren stattfand, floss Lava aus Eruptionsspalten im Krýsuvík-System, die auf das Gebiet von Reykjavik zuhielten. Ein Lavastrom ergoss sich damals südöstlich von Hafnarfjörður ins Meer. Die tektonischen Risse des Systems strecken ihre Finger bis nördlich der Hauptstadt aus. Dort gibt es Gebiete, die Aufgrund der Erdbebengefahr und der Möglichkeit von Spaltenöffnungen nicht bebaut werden dürfen.

Geophysiker Freysteinn Sigmundsson erklärte, dass das Geothermiegebiet in Seltún im Zentrum des aktuellen Geschehens im Krýsuvík-System liegt. Dort werden sehr heiße Gase ausgestoßen und das Wasser in den Thermalbecken ist so heiß, dass es kocht. Ihre Energie erhalten die postvulkanischen Erscheinungen durch einen Magmenkörper, der im Untergrund steckt und langsam abkühlt. So war die bisherige Meinung. Nun gibt es aber Anzeichen dafür, dass der Magmenkörper aufheizt. Dafür sprechen nicht nur die zahlreichen Schwarmebben, die sich in den letzten Monaten dort ereigneten, sondern auch eine schwache Bodenhebung, die man vor allem im Herbst 2020 feststellte.

Die Geoforscher können nicht genau vorhersagen, ob und wann es zu einer Eruption im Krýsuvík-System kommen wird, aber sie sind sich einig, dass hierfür ein Risiko besteht. Auch wenn sich die seismische Aktivität momentan auf den Südteil des Risssystems beschränkt, ist es nicht auszuschließen, dass es auch im Nordteil Aktivität geben wird. Daher sollte für den Fall einer Eruption man Notfallpläne für das Hauptstadtgebiet entwickeln. Gefahr geht nicht nur von möglichen Lavaströmen aus, die Reykjavik erreichen könnten, sondern auch von den vulkanischen Gasen, die die Luft verschmutzen könnten.

Meiner Meinung nach ist es zwar möglich, dass das Krýsuvík-System erwacht, doch Anzeichen eines unmittelbar bevorstehenden Vulkanausbruchs sehe ich nicht. Unklar ist auch, ob die aktuellen Erdbeben nicht durch ein verändertes Spannungsfeld zustande kommen, das durch die signifikanten Bodendeformationen im Svartsengi-System hervorgerufen wird.