Campi Flegrei: Starkes Schwarmbeben am Abend

Trockengefallener Hafen Darsena und das Stadtzentrum Pozzuoli. © Marc Szeglat

Ein weiterer seismisch unruhiger Tag in den Campi Flegrei – Mehr als 70 Beben innerhalb von 24 Stunden

Pozzuoli, 08.06.2025In den Campi Flegrei durchlebten die Menschen wieder einige unruhige Stunden voller Ängste vor stärkeren Erschütterungen. Diese blieben zwar aus, doch unter den mehr als 70 registrierten Beben innerhalb von 24 Stunden mischten sich auch einige Erschütterungen mit Magnituden im Zweierbereich, die von sensiblen Seelen wahrgenommen werden konnten.

Erdbeben Campi Flegrei. © INGV

Die Mehrzahl der Beben manifestierte sich südlich der Solfatara, im Gebiet der ehemaligen Marinebasis, wo sich auch ein alter Lavadom befindet. Die Ebben zogen dabei bis unter den pozzoulanischen Stadtteil Rione Terra, wo das Zentrum der Bodenhebung liegt und sich der Boden am schnellsten hebt. Meldungen über neue Schäden liegen nicht vor, aber jeder Erdbebenschwarm trägt zur Schwächung der Bausubstanz bei, so dass bereits mittelstarke Erdbeben immer größer werdende Schäden verursachen können.

INGV und die Kommune Pozzuoli warnten die Bevölkerung vor den Erdbeben und gaben Telefonnummern bekannt, unter denen Bürger neue Schäden melden können.

Im jüngst erschienenen Monatsbulletin für den Mai ist zu lesen, dass es 495 Beben gab. Die stärkste Erschütterung hatte eine Magnitude von 4,4. Schaut man sich die Diagramme zu den Erdbebenstatistiken an, dann erkennt man eine steil nach oben verlaufende Kurve in Bezug auf die Zunahme von Erdbebenanzahl, deren Magnituden und der kumulierten Energie. Besonders letzterer Parameter steigt seit 2022 sprunghaft an. Seit 2023 kommt es zu einer sprunghaften Zunahme von Erdbeben mit Magnituden ab 3. In diesem Jahr traten auch erstmalig Erdbeben mit Magnituden im Viererbereich auf. Auffällig ist, dass sich die Beben ab Md 3,0 überwiegend in 2 bis 3 Kilometern Tiefe ereignen. Dort befindet sich eine Schwächeschicht in den Gesteinen, die den Bereich einer möglichen Magmenakkumulation nach oben hin abdichtet. Offenbar gerät diese Schicht immer mehr unter Druck und droht zu versagen.




Ende Mai erreichte die maximale Bodenhebung 1465 mm – gemessen seit 2005 an der Station RITE. Die Hebegeschwindigkeit lag im Durchschnitt bei 15 mm im Monat. Durch die Hebung dehnt sich der Boden auch vertikal aus. Dieser Versatz betrug in den letzten 2 Jahren bis zu 150 mm. Diese Bodendeformationen schwächen die Bausubstanz zusätzlich zu den Erdbeben und machen sie für Erdbebenschäden anfällig.

CO₂/H₂O-Verhältnis. © INGV

Besonders bemerkenswert finde ich in dem Bericht das Chronogramm des CO₂/H₂O-Verhältnisses für die Gase der BG-Fumarole. Das Verhältnis gilt als Indikator für den Anteil an magmatischem Kohlendioxid in den Gasen, der in den letzten Monaten parallel zur Zunahme stärkerer Erdbeben sprunghaft angestiegen ist. Ein Indiz dafür, dass Magma in geringere Tiefen intrudiert.

Offenbar hält der Trend der Druckbeaufschlagung des Systems weiter an. Wie groß der Gasdruck inzwischen ist, zeigen auch Bilder, die in den sozialen Medien geteilt wurden. Sie zeigen, wie ein neuer Gasaustritt unter dem Asphalt einer Straße durchbrach. Die Gefahr phreatischer Eruptionen steigt unaufhörlich und verstärkt sich mit jedem starken Erdbebenereignis sprunghaft. Mittel- bis langfristig betrachtet steigt auch die magmatisch bedingte Eruptionsgefahr.

Campi Flegrei: Erdbeben verursachte Einsturz in Pompeji

Pompeji aus der Luft gesehen. © Marc Szeglat

Campi Flegrei mit weiteren Erdbeben – Erdstoß Md 3,2 verursachte möglicherweise den Einsturz einer Mauer in Pompeji

Pozzuoli, 06.06.2025In den Campi Flegrei kommt die Erde nach wie vor nicht zur Ruhe und es ist ein weiterer Erdbebenschwarm in Progress, der mit dem Erdbeben Md 3,2 von gestern in Zusammenhang steht. Seit gestern manifestierten sich mehr als 70 Erschütterungen. Es gab 6 Beben mit Magnituden ab 2,0. Sie konzentrierten sich überwiegend östlich der Solfatara bei Pisciarelli.

Anhaltende Erdbebenaktivität in den CF. © INGV

Das stärkste Erdbeben Md 3,2 steht im Verdacht, den Kollaps einer Wand in den Ausgrabungen von Pompeji verursacht zu haben. Neben der Wand sollen auch Teile eines Gewölbes eingestürzt sein. Das beschädigte Gebäude in der Insula Meridionalis wird restauriert und wurde bereits bei einem schweren Erdbeben im Jahr 1980 stark in Mitleidenschaft gezogen und war seitdem abgestützt. Für Besucher war es nicht zugänglich und laut Informationen vom Archäologischen Park sollen auch keine Fresken oder andere Kunstschätze zerstört worden sein.

Ich persönlich bin etwas skeptisch, ob das Erdbeben tatsächlich die Ursache des Einsturzes war. Pompeji liegt ca. 30 Kilometer von der Solfatara und den Campi Flegrei entfernt. Die Behörden haben eingehende Untersuchungen eingeleitet, ob nicht eine andere Ursache hinter dem Einsturz stecken könnte.

Zuschüsse für Erdbebenopfer ab 1. September beantragbar

Neue Schäden in Pozzuoli wurden nicht gemeldet, obwohl auch hier mehrere Gebäude einsturzgefährdet sind. Im Ort hat man aber noch mit der Beseitigung der Schäden der Erdbeben vom 13. bis 15 März zu kämpfen, als es zu dem bislang stärksten Erdbeben der Magnitude 4,6 gekommen ist. Für die Menschen, deren Häuser unbewohnbar geworden sind, gibt es jetzt eine gute Nachricht: Die Stadt Neapel stellt finanzielle Hilfen für betroffene Haushalte bereit. Beide Beben verursachten Schäden, insbesondere in den Stadtteilen Pozzuoli und Bagnoli. Viele Gebäude wurden als unbewohnbar eingestuft, zahlreiche Familien mussten ihre Wohnungen verlassen.




Ab dem 1. September können betroffene Bürger Anträge auf Zuschüsse für Reparaturen und seismische Sanierungen stellen. Voraussetzung ist, dass die Immobilie der Hauptwohnsitz ist und bis spätestens 8. Mai 2025 als bewohnbar gemeldet war. Auch später geräumte Wohnungen sind unter bestimmten Bedingungen förderfähig.

Die Stadt Neapel hat hierfür einen Fonds mit insgesamt 50 Millionen Euro bis 2027 eingerichtet – 20 Millionen Euro stehen bereits 2025 zur Verfügung, in den Folgejahren je 15 Millionen. Der Stadtrat beschloss die Maßnahme auf Vorschlag von Stadtplanungsdezernentin Laura Lieto und Infrastrukturstadtrat Edoardo Cosenza.

Campi Flegrei: Erdbeben Md 3,2 am 05.Juni

Erdbeben in den Campi Flegrei. Das Foto zeigt die Caldera. © EMSC

Neue Erdbebenserie erschütterte Campi Flegrei – Stärkstes Beben Md 3,2

Datum: 05.06.2025 | Zeit: 04:48:25 UTC | Koordinaten: 40.830 ; 14.149 | Tiefe: 2,7 km | Md 3,2

Pozzuoli, 05.06.2025In den frühen Morgenstunden ereigneten sich in Pozzuoli mehrere spürbare Erdbeben, die erneut für Aufregung in der Bevölkerung sorgten. Das stärkste Beben manifestierte sich um 04:48:25 UTC (06:48:25 Uhr Lokalzeit) und hatte laut Angaben des INGV eine Magnitude von 3,2.

Die Tiefe des Hypozentrums lag bei 2,7 Kilometern und damit im unteren Bereich des Hydrothermalsystems. Das Epizentrum wurde im Stadtteil Pisciarelli ausgemacht, der östlich der Solfatara liegt und für seine Fumarole bekannt ist. Diese liegt nur ca. 200 m vom Epizentrum entfernt. Drei weitere Erschütterungen hatten Magnituden im Zweierbereich, die aufgrund ihrer geringen Tiefe und Lage unter einem Wohngebiet ebenfalls gespürt wurden, obwohl sie unter der eigentlichen Wahrnehmbarkeitsschwelle von M 3,0 lagen. Bis jetzt blieb ein großer Erdbebenschwarm aus, was vergleichsweise untypisch ist, doch da die Erdbeben erst vor einer Stunde auftraten, könnte sich das noch ändern. Ebenso ist es möglich, dass die hier angegebenen Daten von Seismologen noch begutachtet und korrigiert werden.

Beim Erdbebendienst EMSC sind zum stärksten Beben Wahrnehmungsmeldungen eingegangen, die bis aus Neapel in 9 Kilometern Entfernung stammen und die Magnitude des Bebens höher einschätzten. Über Schäden liegen hingegen keine Meldungen vor.

Das INGV und die Kommune Pozzuoli warnten vor einem neuen Schwarm in den Campi Flegrei. Als Aktivierungsschwelle für diese Warnungen müssen innerhalb von 30 Minuten 4 Beben registriert worden sein, von denen eins eine Magnitude größer als 1,5 hat, was hier eintrat. Sollten nur Mikrobeben mit Magnituden kleiner 1,5 auftreten, sind 10 Erschütterungen nötig, um Schwarmbebenalarm zu geben.




Gestern gab es in Pozzuoli auch wieder eine Bürgerversammlung, bei der neben den Bürgermeistern der vom Bradyseismos betroffenen Kommunen auch Behördenvertreter vom Zivilschutz und INGV anwesend waren. Man sprach über die Sorgen der Bewohner der Region und versicherte, dass die Offiziellen weiterhin an Maßnahmen arbeiteten, um das Geschehen in der Caldera lückenlos zu überwachen. Zudem ist man um Schadensbegrenzung bemüht.

Campi Flegrei: Erdbebenschwarm und neue Daten

Weitere Erdbeben unter den Campi Flegrei – 23 Beben seit gestern

Pozzuoli, 04.05.2025Unter dem Calderavulkan Campi Flegrei hat es in den letzten Tagen weitere Erdbeben gegeben und ein Abflauen der bradyseismodalen Aktivität ist nicht in Sicht. So wurden alleine seit gestern 23 schwache Erschütterungen mit Magnituden im Bereich der Mikroseismizität festgestellt.

Die Beben fokussierten sich nicht auf ein bestimmtes Areal, sondern verteilten sich über das Gebiet der Phlegräischen Felder, wobei es sein kann, dass die Beben für eine genaue Lokalisierung zu schwach waren. Die Hypozentren lagen überwiegend in geringer Tiefe, was typisch für Beben im Bereich des Hydrothermalsystems ist.

Neue Daten vom INGV

Die Vulkanologen vom INGV veröffentlichten auch ihr neues Wochenbulletin für den Beobachtungszeitraum 26. Mai bis 1. Juni. In dieser Periode wurden 49 Beben registriert. Das stärkste hatte eine Magnitude von 1,9.

Die Bodenhebung setzte sich mit einer Geschwindigkeit von 15 mm pro Monat fort. Seit Januar 2024 hob sich der Boden um 280 mm. Die Hebung seit Beginn der Hebungsphase liegt bei gut 1480 mm.

Der Gasausstoß folgt generell den langjährigen Trends, doch in der letzten Woche stürzte der CO₂-Ausstoß deutlich ab und nahm Werte ein, wie sie vor der Phase signifikant erhöhter Aktivität seit August 2024 typisch waren. Ob das einen dauerhaften Rückgang des Gasausstoßes signalisiert, ist bis jetzt unklar. In einigen Gebieten gab es öfters größere Schwankungen. Die Gastemperatur der Pisciarelli-Fumarole lag im Durchschnitt bei 96 Grad.

Die süditalienische Caldera befindet sich seit 2005 in einer Hebungsphase, die als Bradyseismos bekannt ist. Der Motor hinter diesem Phänomen ist Magma, das von einer tiefen Quelle ausgehend Fluide mobilisiert, die das Hydrothermalsystem unter Druck setzen. Ob auch Magma in geringe Tiefe aufgestiegen ist, konnte bis jetzt wissenschaftlich nicht eindeutig belegt werden, wird von einigen Autoren aber als wahrscheinlich angesehen.

Campi Flegrei: Fluchtrouten werden zugebaut

Vom Marcellum aus sieht man die eng zusammenstehenden Wohnkomplexe von Pozzuoli. © Marc Szeglat

Baumaßnahmen versperren Evakuierungsroten in Pozzuoli – Weitere Erdbeben in den Campi Flegrei

In der süditalienischen Caldera Campi Flegrei bleibt die Situation angespannt: Seit gestern gab es 19 weitere Erdbeben, die zwar alle nur von geringer Magnitude im Bereich der Mikroseismizität waren, aber von der weiteren Druckbeaufschlagung des Vulkansystems zeugen. Nach wie vor ist es nicht hundertprozentig klar, ob nur das oberflächennahe Hydrothermalsystem zusehends unter Druck gerät oder ob auch das magmatische Fördersystem als Ganzes eine Drucksteigerung erfährt. Ich bin der Meinung, dass eine Druckzunahme im Hydrothermalsystem tiefere Prozesse widerspiegelt. Möglich, dass der Druck im Hydrothermalsystem schneller steigt als im darunter liegenden magmatischen System, doch irgendwoher müssen ja die Fluide kommen, die das Hydrothermalsystem zusehends unter Druck setzen.

Die Fortsetzung des allgemeinen Trends zur Druckbeaufschlagung des Systems bestätigen die ING-Forscher in ihrem jüngsten Wochenbericht für den Beobachtungszeitraum 19. – 25. Mai. In dieser Woche gab es 23 schwache Erdbeben und die Bodenhebung setzte sich mit einer Geschwindigkeit von 15 mm pro Monat fort. Seit Beginn der Hebungsphase im Jahr 2005 sind so gut 1465 mm Bodenhebung zusammengekommen, wobei sich die Hebegeschwindigkeit in den letzten Jahren immer weiter steigerte. Es ist die dritte Hebungsphase der letzten 100 Jahre und sie unterscheidet sich in ihrer Dauer signifikant von den Vorgängern, die nur 2 Jahre dauerten. Die aktuelle Phase dauert also bereits 10 Mal zu lange, verläuft im Ganzen aber langsamer ab als die vorherigen.

Anstieg der Kohlendioxid-Emissionen. © INGV

Bemerkenswert ist der hohe Kohlendioxid-Ausstoß, der im Rahmen des letzten starken Erdbebenschwarms in die Höhe schoss, um anschließend wieder auf das vorherige Niveau zurückzukehren. Besonders auffällig ist das an der Pisciarelli-Messstation Station V07 zu beobachten gewesen, wo sich der Wert von 11.000 g/m²/tag mehr als verdoppelte und Höchstwerte angenommen hatte.

Die Aktivitätssteigerung des Calderavulkans wird auch klar, wenn man sich die Anzahl der Erdbeben anschaut, die im Jahresverlauf registriert wurden: Im letzten Jahr wurden 4900 Beben lokalisiert. In den ersten 5 Monaten dieses Jahres waren es bereits 3450.

Fluchtrouten werden zugebaut

In der letzten Woche gab es eine weitere Konferenz im Senat, bei der der Präsident des Zivilschutzes gehört wurde. Präfekt Fabio Ciciliano stellte klar, dass die im Evakuierungsplan festgelegten Fluchtrouten in Pozzuoli und anderen Gemeinden der Campi Flegrei an Bedeutung verlieren, da um sie herum neue Baumaßnahmen durchgeführt werden, die die Fluchtrouten beeinträchtigen.

Generell wird angezweifelt, dass im Notfall eine schnelle Evakuierung des Gebiets möglich ist, insbesondere wenn erst evakuiert wird, nachdem es zu einem starken Erdbeben oder Vulkanausbruch gekommen ist. Trümmer oder Ascheablagerungen könnten die teils schmalen Straßen in Pozzuoli blockieren und unpassierbar machen. Das Foto oben zeigt, die eng beieinander stehenden Wohnhäuser von Pozzuoli. Brücken und Rampen sind Schwachstellen der Infrastruktur. Noch schlimmer sieht es mit den Gemeinden östlich von Pozzuoli aus: Wichtige Zugangsstraßen verlaufen durch Tunnel unter die Schlackenkegel hindurch, die nicht nur Nadelöhre darstellen, sondern besonders schnell blockiert werden könnten.

Campi Flegrei: Neue Studie zur Ursache der Erdbeben

Blick entlang der Küste der Campi Flegrei. Links der Monte Nuovo. © Marc Szeglat

Studie attestiert den Campi Flegrei Erdbeben durch Druckentlastung im Gasspeicher

Eine weitere Studie eines Forscherteams aus Italien und Österreich befasste sich mit der Suche nach dem Auslöser der Erdbeben in den Campi Flegrei und erstellte mit einer hochauflösenden seismischen Tomografie ein verfeinertes Modell des Untergrunds der Caldera. Dabei wurden neue Einzelheiten über deren strukturellen Aufbau enthüllt.

Das Verfahren der seismischen Tomografie ist nicht neu und wurde im Rahmen der Berichterstattung auf Vnet schon hinlänglich beschrieben. Zusammenfassend kann man sagen, dass die Auswertung tausender Erdbeben in einem Gebiet Rückschlüsse über dessen Untergrundstrukturen zulässt – unterschiedliche Gesteinsschichten, aber auch Störungen und Speicherreservoire von Fluiden können mit Hilfe von Bildgebungsverfahren sichtbar gemacht werden. Das Herzstück der seismischen Tomografie ist der Umstand, dass die Geschwindigkeit von Erdbebenwellen abhängig von dem Medium ist, das sie durchlaufen. Laufzeitunterschiede der Erdbebenwellen geben somit Informationen über den Untergrund preis. Damit das funktioniert, ist ein dichtes Geofon-Netzwerk erforderlich, wobei fest installierte Geräte durch mobile Einheiten ergänzt werden können.

Konkret entwickelten die Forscher um De Landro (Uni Neapel) und Muzellec (Uni Wien) eine Methode, ein besonders hochauflösendes Modell des Untergrunds der Campi Flegrei zu entwickeln, indem die Laufzeitunterschiede von P- und S‑Wellen analysiert wurden. Zudem bestätigten sie ihre Theorien durch geophysikalische Modellversuche an Gesteinsproben.
Im Wesentlichen wurde zunächst der bereits bekannte Aufbau des Untergrunds der Caldera bestätigt und mit genaueren Angaben verfeinert. Demnach gibt es drei große Einheiten im Untergrund der Caldera:

Modell des Untergrunds © Die Studienautoren
  • In 1 bis 2 Kilometern Tiefe liegt eine Deckgesteinsschicht, die ein Fluidreservoir nach oben abdichtet.
  • Das Reservoir befindet sich in einer Tief von 2 bis 3,5 Kilometern Tiefe unterhalb des Solfatara-Gebiets und Rione Terra nahe dem Hafen von Pozzuoli.
  • Unterhalb von 3,5 Kilometern Tiefe befindet sich ein Grundgebirge aus marinen Kalkgesteinen.

Zudem gibt es signifikante tektonische Störungszonen, die zum einen radial im Randbereich der Caldera verlaufen und im Zentralbereich des Solfatara-Kraters einen Aufstiegskanal für Fluide bilden. Spuren von Magmataschen, wie sie in mehreren anderen Studien jüngeren Datums postuliert wurden, konnten die Forscher in ihren seismisch erzeugten Bildern bis in einer Tiefe von 4 Kilometern nicht entdecken.

Die Studienautoren attestierten den Campi Flegrei ein weiterhin anhaltendes erhöhtes Risiko stärkerer Erdbeben und halten die Gefahr phreatischer Explosionen für real. Magmatisch bedingte Vulkanausbrüche halten sie hingegen kurz- und mittelfristig für wenig wahrscheinlich.

Diskussion der Studienergebnisse

Die Erdbeben in den Campi Flegrei sollen in erster Linie durch Druckentlastung entstehen, wenn sich der Druck im Fluidspeichersystem abbaut. Zunächst werden schwache Erdbeben in geringen Tiefen erzeugt, dann, bei einer Beschleunigung der Druckentlastung, werden nach Meinung der Forscher stärkere Erdbeben in größeren Tiefen unterhalb des Speichersystems generiert, wenn sich das Spannungsregime in Folge der Druckentlastung ändert und tiefer hinabreichende Störungszonen im Randbereich der Caldera aktiviert werden.

Die jüngsten seismischen Schwärme mit den beiden starken Erdbeben Md 4,6 und Md 4,4 finden in der Studie offenbar keine Berücksichtigung, denn diese Beben manifestierten sich nicht an den Störungszonen, die die Caldera begrenzen, sondern eher im Gebiet der westlichen Gasspeicher-Randzone. Doch auch hier könnten Störungszonen verlaufen.

Dass es vor den Phasen mit starken Erdbebenschwärmen tatsächlich zu vermehrter Entgasung kommen könnte, zeigte bereits eine im März veröffentlichte Entdeckung, dass es wenige Tage vor diesen Ereignissen zu einem erhöhten Wärmefluss im Bereich der Solfatara kommt. Dieser könnte mit einem verstärkten Gasfluss einhergehen, den man auch einfach nachweisen können sollte. Unerklärt bleibt, warum sich im Zuge mehrerer starker Erdbebenschwärme die Bodenhebung tatsächlich beschleunigte, denn wenn man von einer Druckentlastung als Trigger der Erdbeben ausgeht, sollte sich die Hebung ja entschleunigen, während eine Beschleunigung der Hebung eher ein Indiz für eine Druckerhöhung im System ist. (Quelle der Studie: nature.com)

Campi Flegrei: Sorge vor Einstellung des Fährbetriebs

Bodenerhebung der Campi Flegrei vergrößert Höhe der Kaianlagen – Fähren können bald nicht mehr anlegen

Pozzuoli, 26.05.2025In Pozzuoli wächst die Sorge davor, dass der anhaltende Bradyseismos die Küste so weit anhebt, dass Fähren bald nicht mehr anlegen können, was sich extrem negativ auf Versorgung und Tourismus der Region auswirken könnte.

Der anhaltende Bradyseismos, der für die zahlreichen Erdbeben der süditalienischen Caldera verantwortlich ist, die von der anhaltenden Bodenhebung verursacht werden, sorgte dafür, dass sich seit dem Jahr 2005 der Boden um gut 150 Zentimeter anhob. Entlang der Küste bedingt das, dass der Meeresspiegel relativ zum Boden um diese Höhe gefallen zu sein scheint, was sich negativ auf den Hafenbetrieb auswirkt. So hat die Kaimauer des Hafens eine kritische Höhe erreicht, bei der besonders bei Ebbe die Autofähren nicht mehr vernünftig anlegen können. Ihre Rampen ragen steil nach oben und können kaum noch den Kontakt zur Fahrbahn herstellen, so dass Fahrzeuge nicht oder nur noch eingeschränkt über die Rampen rollen können. Dieses Problem sollte durch die Installation von Schwimmpontons vor der Kaimauer gelöst werden, die mit dieser eine flexible Verbindung eingehen und an denen die Fähren anlegen sollen. Doch die für Ende Mai vorgesehene Installation der Pontons verschiebt sich sehr wahrscheinlich bis in den Sommer hinein – eine ziemlich schlechte Nachricht, nicht nur für Pozzuoli, sondern auch für die vorgelagerten Inseln Procida und Ischia, die von Pozzuoli aus angesteuert werden. Tatsächlich besteht auch gerade für LKW, mit denen die Inseln versorgt werden, ein großes Problem, noch auf die Fähren zu kommen, so dass auch die Versorgung der Inseln beeinträchtigt ist.

Weiteres Schwarmbeben in den Campi Flegrei

Ein Ende der Hebungsphase ist nicht in Sicht und erst gestern gab es einen kleinen Erdbebenschwarm, der sich überwiegend auf die Solfatara-Gegend konzentrierte. Der stärkste Erdstoß hatte eine Magnitude von 2,0 und einen Erdbebenherd in 2200 m Tiefe. Das Epizentrum lag am Ostrand des Kraters und südlich der Pisciarelli-Fumarole. Seit gestern wurden 19 Erschütterungen detektiert. Das INGV brachte 2 Meldungen zu Schwarmbeben heraus, die vom Bürgermeister der Kommune Pozzuoli aufgegriffen wurden, um die Bevölkerung zu informieren und zu warnen, dass stärkere Beben stattfinden könnten. Diese blieben diesmal aber aus.

Erdbeben Md 2,2 am Vesuv

Erdbeben gibt es nicht nur in den Campi Flegrei, sondern auch am in Sichtweite liegenden Vesuv. Hier ereignete sich heute Morgen ein Beben der Magnitude 2,2. Das Hypozentrum befand sich wieder in nur 100 m Tiefe. Das Epizentrum lag auf der Südostflanke des Gran Cono. Es folgten 2 schwächere Beben.

Campi Flegrei: 151 Erdbeben in der vergangene Woche

Bereich der Grand Fumarole in der Solfatara. © Marc Szeglat

Wochenbericht zur Campi Flegrei liegt vor – Chefvulkanologe spricht von hoher Dynamik des Geschehens

Pozzuoli, 21.05.2025 – Der Wochenbericht des INGV zum Zustand des Calderavulkans Campi Flegrei wurde gestern Nachmittag veröffentlicht. Daraus geht hervor, dass im Beobachtungszeitraum vom 12. bis 18. Mai 151 Erdbeben detektiert wurden. Das stärkste Beben erreichte eine Magnitude von 4,4 und war das zweitstärkste, das jemals unter der Caldera registriert wurde. Es war Teil eines Schwarms, der sich am Dienstag und Mittwoch ereignete und insgesamt 122 Beben umfasste.

Entgegen meinen Erwartungen beschleunigte sich die Bodenhebung nicht und lag in der vergangenen Woche weiterhin bei 15 mm pro Monat. Die übrigen geophysikalischen und geochemischen Parameter zeigten, dass sich das hydrothermale System weiterhin aufheizt und dem langjährigen Trend der Druckzunahme folgt.

Diese Daten griff der Chefvulkanologe des INGV Neapel, Mauro Di Vito, auf einer Tagung des Umweltausschusses des italienischen Senats auf. Er bestätigte dem Vulkan eine intensive Dynamik, die sich weiterhin beschleunigt. Di Vito geht davon aus, dass diese Entwicklung vorerst anhalten wird – obwohl er noch Ende April in einem Zeitungsinterview meinte, es gebe Anlass zur Hoffnung, dass sich die Aktivität abschwächt. Damals hatte sich die Bodenhebung von 30 mm auf den aktuellen Wert reduziert. Die 30 mm pro Monat traten nach dem bislang stärksten Beben (Magnitude 4,6) am 13. März auf. Nun also, nach dem jüngsten Schwarmbeben in der vergangenen Woche, die Kehrtwende.

Mauro Di Vito ergänzte seine Einschätzung mit der Bemerkung, dass das Unbehagen in der Bevölkerung weiter anhalten werde. Diese fühlt sich derzeit mehr als nur unwohl – in Pozzuoli greift angesichts der maroden Bausubstanz vieler Gebäude zunehmend die Angst um sich. Man fürchtet sich vor stärkeren Erdbeben, die ernsthafte Schäden verursachen oder Gebäude gar zum Einsturz bringen könnten. Selbst im Freien ist man in den engen Gassen nicht sicher, denn auch wer sein Haus rechtzeitig verlassen kann, hat kaum Platz, um herabfallenden Dach- oder Fassadenteilen auszuweichen.

Ganz neu ist die Situation für viele alteingesessene Pozzuolaner jedoch nicht: Während der Bradyseismos-Krise von 1982 bis 1984 wurde die Altstadt teilweise evakuiert, und die Menschen wurden in schnell errichteten Fertighäusern untergebracht, die zum Teil heute noch bewohnt werden.

Doch nicht nur die Erdbeben geben Anlass zur Sorge: Die Gastemperaturen der Fumarolen im Solfatara-Gebiet sind in den vergangenen Monaten weiter angestiegen. Die Oberflächentemperaturen liegen bei 168 Grad, während die Fluide im Inneren des hydrothermalen Systems bis zu 350 Grad heiß sind – ein Wert, der sich jenem nähert, ab dem an anderen Vulkanen mit einem Ausbruch gerechnet wird. Hinzu kommen große Mengen an Kohlendioxid, die ausgestoßen werden: Die Werte schwanken um 5000 Tonnen pro Tag. Da CO₂ schwerer als Luft ist, kann es sich in Senken und Kellern ansammeln – mit potenziell lebensgefährlichen Folgen.

Campi Flegrei: Vandalismus und Diebstahl an Messstationen

Hier sieht man an den unteren Bildrändern die Messstationen an der Pisciarelli Fumarole im Schlammpool. © Marc Szeglat

Diebstahl und Vandalismus an Messstationen in Pisciarelli – Weitere Erdbeben in den Campi Flegrei

Pozzuoli, 18. Mai 2025 Die Erdbebentätigkeit in den Campi Flegrei geht weiter und hat sich wieder dem Niveau angenähert, das wir seit 2018 als normal empfinden, obgleich es in anderen Vulkangebieten für Alarmismus sorgen würde. So gab es seit gestern 16 Erschütterungen, überwiegend mit Magnituden im Bereich der Mikroseismizität. Das stärkste Beben hatte heute Morgen eine Magnitude von 2,0.

Um die Erdbeben und andere geophysikalische und geochemische Parameter des Vulkans zu überwachen und seinen Puls zu fühlen, wird vom INGV ein umfangreiches Netzwerk an Messinstrumenten betrieben, das Millionen kostet. Kurz vor der neuerlichen Verstärkung der Krise am 13. März wurde das Budget der Geoforscher vom INGV Neapel um 6 Millionen Euro aufgestockt. Die Gelder wurden vom Ministerium für Universität und Forschung zur Verfügung gestellt. Die Caldera Campi Flegrei zählt zu den am besten überwachten Vulkanen der Welt. Rechnet man alle Instrumente zusammen, so sind in der Caldera gut 120 Messgeräte verschiedenster Art verteilt, darunter mehrere automatische Multiparameter-Stationen. Vier überwachen den Meeresboden im Golf von Pozzuoli, vier weitere das Solfataragebiet einschließlich des Thermalgebiets von Pisciarelli. Dort gibt es auch eine neue GEMMA-Station, die sich in der Testphase befindet. Nun wurde ausgerechnet die Multiparameter-Station von Pisciarelli Opfer von Diebstahl und Vandalismus. Bislang unbekannte Täter haben den geochemischen Teil der Station stark beschädigt: Antennen, Batterien und Kupferkabel wurden gestohlen und Sensoren zerstört. Davon betroffen sind nicht nur Sensoren, die den Kohlendioxid-Ausstoß messen und die Daten in Echtzeit ins Observatorium übertragen, sondern auch der Temperatursensor im Gasstrom der Hauptfumarole. Diese Daten sind essentiell für die Vulkanbeobachtung.

Das Pisciarelli-Areal ist nicht einfach zugänglich und durch mehrere Zäune und ein meterhohes Tor gesichert. Hier einzudringen, bedarf es schon einiger krimineller Energie. Der Zugang erfolgt über das Gelände einer Sportanlage, die nur für Clubmitglieder zugänglich ist. Um die schweren Batterien abzutransportieren, müssen sich die Täter hier Zutritt verschafft haben.

Die Wissenschaftler und Techniker vom INGV sind bemüht, die demolierte Anlage schnell wieder online zu bringen. Darin haben sie Übung, denn es war nicht das erste Mal, dass sich Idioten an den Überwachungsanlagen in den Campi Flegrei (und auch am benachbarten Vesuv) vergangen haben.