Santorin: Erdbeben Mb 3,0 am 10. Mai

Erdbeben Mb 3,0 an der Nordostküste von Santorin – leichte Bodendeformationen detektiert

Datum: 10.05.2025 | Zeit: 20:22:55 UTC | Koordinaten: 36.465 ; 25.453 | Tiefe: 8 km | Mb 3,0

An der Nordküste von Santorin manifestierte sich gestern Abend ein Erdbeben der Magnitude 3,0. Das Hypozentrum befand sich in 8 Kilometern Tiefe. Das Epizentrum wurde 7 km ostnordöstlich von Oía verortet. Damit lag das Beben deutlich näher an Santorin als die meisten Beben vergleichbarer oder stärkerer Magnitude, die sich im Rahmen des ausgeprägten Schwarmbebens Mitte Januar bis Februar ereigneten. Auch in der Gegend des Schwarms um die kleine Insel Anydros herum gab es in den letzten Stunden zwei Erschütterungen mit der Magnitude 2,9.

Sowohl Magnitude als auch die Tiefe des Erdbebenherds M 3,0 sprechen dafür, dass der Erdstoß im Bereich der Wahrnehmbarkeit lag, entsprechende Meldungen liegen dem EMSC aber nicht vor. Wahrscheinlich macht man sich nach dem dauernden Gewackel im Winter keine Gedanken mehr, wenn es einmal grummelt.

Die Reisewarnungen beim Auswärtigen Amt wurden für Santorin jüngst aufgehoben, und die Tourismusbranche bereitet sich auf die Sommersaison vor. Die Erdbeben heute zeigen aber, dass die Gefahr für ein stärkeres Erdbeben noch nicht gebannt ist, auch wenn die Wahrscheinlichkeit dafür geringer geworden ist.

Bodensenkung auf Nea Kameni – Bodenhebung an der Ostküste

InSAR-Aufnahmen beim EGMS (European Ground Motion Service) zeigen, dass sich die Ostküste Santorins in den letzten Wochen lokal um einige Millimeter gehoben hat, während der zentrale Bereich der Caldera mit Nea Kameni weiter absenkte. Das spricht dafür, dass Magma, dass sich Ende letzten Jahres unter der Caldera akkumuliert hatte im laufe des Erdbebenschwarms in Richtung Osten und unterirdisch abgeflossen ist. Das Beben heute könnte mit unterirdischen Magmenbewegungen zusammenhängen, die Spannungen in der Erdkruste erzeugen, die sich an Schwächezonen oder Störungen entladen. Dass es in nächster Zeit einen Vulkanausbruch auf Santorin geben wird, halte ich für wenig wahrscheinlich. Allerdings sind tektonomagmatische Prozesse äußerst dynamisch und von der Wissenschaft noch nicht zur Gänze verstanden. Die Situation könnte sich schnell ändern.

Wer einen Urlaub auf Santorin plant, dem möchte ich weder dazu raten noch abraten. Ich selbst würde hinfahren, aber ich bin ja auch ein wenig anders gepolt als die meisten Menschen, für die Sicherheit eine besonders hohe Priorität hat. Ich vermute mal, dass man dieses Jahr vielleicht recht günstig Urlaub auf Santorin machen kann. Wer hinfährt, sollte aber ein solide wirkendes Hotel buchen, das nicht unbedingt Hanglage hat, und sich Fluchtrouten einprägen.

Kolumbos, der Vulkan der Gold und Silber spuckt

Forschungsmission untersuchte hydrothermale Sulfid-Lagerstätte am Kolumbos bei Santorin – Gold und Silber enthalten

Der griechische Unterwasservulkan Kolumbos liegt nordöstlich von Santorin und ist spätestens seit der seismischen Krise Anfang des Jahres Gegenstand zahlreicher Studien. Eine Forschergruppe um Simon Hector vom Karlsruher Institut für Technologie beschäftigte sich jedoch bereits zuvor mit den hydrothermalen Quellen im Kraterbereich des Vulkans und veröffentlichte ihre Ergebnisse kürzlich bei nature.com. Ziel der Untersuchung war es, die Prozesse zu verstehen, die zur Bildung einer umfangreichen Metallsulfid-Lagerstätte am Kraterboden geführt haben – und das in einer Wassertiefe von rund 500 Metern.

Mithilfe einer Unterwasserdrohne entdeckten Wissenschaftler schornsteinartige Strukturen, die als sogenannte „Black Smokers“ bekannt sind. Aus diesen Kaminen treten heiße, metallreiche und schwefelhaltige Fluide aus, die bei der Abkühlung im Meerwasser mit diesem reagieren. Dabei bilden sich Metallsulfide, die sich am Meeresboden ablagern und dort Lagerstätten entstehen lassen. Im Fall von Kolumbos fanden die Forscher ungewöhnlich große Mengen an Gold und Silber, die gemeinsam mit Sulfiden der Metalle Arsen (As), Blei (Pb), Kupfer (Cu), Quecksilber (Hg), Antimon (Sb), Zinn (Sn), Titan (Ti) und Zink (Zn) auftreten. Im Fokus der Forschungen stand dabei jedoch nicht das Edelmetallvorkommen, sondern das vergleichsweise preiswerte Element Blei – ein Schlüsselelement für die Herkunftsanalyse der hydrothermalen Lösungen.

Geologie des Vulkans Kolumbos

Der Unterwasservulkan Kolumbos liegt nordöstlich von Santorin im Anhydros-Riftbecken, einem Teil des südägäischen Vulkanbogens. Er befindet sich in einer geologischen Senkungszone mit tiefreichenden Verwerfungen. Unter dem Vulkan liegt ein mehrere Kilometer mächtiges Grundgebirge aus Granit, Gneis und Schiefern, überlagert von jüngeren Gesteinseinheiten. Das Vulkangebäude besteht aus 5 Schichten vulkanischen Materials. Die beiden jüngsten stammen vom letzten Ausbruch im Jahr 1650 und bestehen überwiegend aus rhyolitischem Bimsstein, mit basaltischen und andesitischen Einschlüssen.

Im Untergrund liegen zwei Magmakörper in unterschiedlichen Tiefen. Im Tieferen wird aus basaltischer Schmelze durch Reaktion mit dem granitischen Grundgebirge Rhyolith. Dieses steigt von der unteren Erdkruste aus auf und akkumuliert sich in einem zweiten Magmenkörper in nur 2 bis 4 Kilometer Tiefe unter dem Kolumbos.


Durch die Untersuchung des Bleis wollten die Forscher klären, ob die Metalle magmatischen Ursprungs sind – also aus einem Magmenkörper stammen – oder ob sie durch Auslaugung bereits vorhandener Meeresgesteine in Lösung gingen. Hierzu verglichen sie das Blei-Isotopenverhältnis in Gesteinsproben aus den Black Smokers mit dem potenzieller Ausgangsgesteine des Meeresbodens. Das Ergebnis: Das Isotopenverhältnis des Bleis in den Schlotwänden entspricht dem der vulkanischen Gesteine, die der Kolumbos gefördert hat.

Magmatische Gase transportierten neben Blei auch Arsen, Silber, Gold, Kupfer, Quecksilber, Antimon, Zinn und Zink. Das ebenfalls nachgewiesene Titan hingegen stammt aus der Auslaugung rhyolithischer Gesteine. Aus diesem Rhyolith stammen zudem Sulfide, die an der Bildung von Pyrit beteiligt waren. Verschiedene Salze sowie das Bleisulfid Galenit wurden durch hydrothermale Prozesse in die Meeresumgebung eingebracht. Im Pyrit identifizierten die Forscher unter dem Mikroskop wachstumsbedingte Zonierungen aus Galenit – ein Hinweis auf episodische Pulse magmatischer Fluide während des Wachstums der Schlote.

Insgesamt überwiegt der magmatische Anteil an den hydrothermalen Lösungen bei der Bildung der Sulfid-Lagerstätte im und am Kolumbos. Das spricht für das Vorhandensein eines aktiven Magmenkörpers unter dem Vulkan. Die austretenden hydrothermalen Fluide weisen Temperaturen von bis zu 265 °C auf – ein weiterer Beleg für die Präsenz von Magma im Untergrund. Lediglich der hohe Wasserdruck in 500 Metern Tiefe verhindert das Verdampfen der Fluide.

Wie hoch der Anteil an Gold und Silber in der Lagerstätte tatsächlich ist, bleibt offen. Doch ein Vulkan, der Gold und Silber hervorbringt, ist in jedem Fall bemerkenswert. (Quelle: nature.com)

Santorin: Erdbebensituation am 25.02.25

Sonnenuntergang auf Santorin. © Marc Szeglat

Santorin mit zwei Erdbeben im Viererbereich – Anzahl der Beben weiter rückläufig

Datum 24:02.25 | Zeit: 11:33:08 UTC | Koordinaten: 36.687 ; 25.688 | Tiefe: 7 km | Mw 4,3

Obwohl die Gesamtzahl der Erdbeben im Gebiet nordöstlich von Santorin weiter abgenommen hat, ereigneten sich in den letzten 24 Stunden noch 2 Beben mit den Magnituden 4,3 und 4,1. Zudem gab es 14 schwächere Erdbeben. Die beiden stärksten Beben manifestierten sich nördlich der kleinen Insel Anydros, die zuletzt im Zentrum des Bebensturms lag. Obgleich man noch nicht mit Sicherheit sagen kann, dass das Schwarmbeben vorbei ist und nicht wieder aufleben könnte, hat sich die Situation deutlich entspannt. Die Situation könnte aber trügerisch sein, denn es könnten sich auch wieder größere Spannungen im Untergrund aufbauen. Ob diese tektonisch bedingt sind oder ggf. von einer weiteren Magmenintrusion verursacht werden, ist im Ergebnis in Bezug auf Erdbeben erst einmal zweitrangig. In beiden Fällen könnten Erschütterungen im Sechserbereich entstehen. Im zweiten Fall würde die Wahrscheinlichkeit eines submarinen Vulkanausbruchs steigen.

Generell kommt es bei Gangbildungen nicht immer zu einem Vulkanausbruch, wie man auch sehr schön am Beispiel des Ostafrikanischen Riftvalleys sehen kann, wo sich nun in der äthiopischen Afar-Region innerhalb von 3 Monaten mindestens 2 große magmatische Intrusionen ereigneten. Da es in der Afar-Region kein vernünftiges seismisches Netzwerk gibt, wurden nur Erdbeben mit Magnituden größer 4 registriert, wobei das stärkste Beben mit einer Magnitude von 6 erst vor 2 Wochen auftrat, nachdem die eigentliche Intrusion offenbar vorbei war. Vergleicht man beide Ereignisse, könnten sie von ähnlichem Ausmaß gewesen sein, wobei die Gangbildung in der Afar-Region wahrscheinlich größer war. Zwar wurden dort nur die stärkeren Erdstöße registriert, doch hier konnte man mittels Satelliten Bodendeformationen messen und hydrothermale Aktivität bis hin zu phreatischen Explosionen beobachten. Da die Ereignisse in Griechenland in großer Tiefe unter Wasser abliefen, fehlen solche Beobachtungen. Messergebnisse von den Stationen am Meeresboden wurden bislang nicht veröffentlicht. Daher gibt es eine gewisse Unsicherheit, ob es magmatisch bedingte Beben waren bzw. sind. Das Beispiel Äthiopien zeigt aber, dass die Gefahr eines stärkeren Erdbebens auch bei Santorin noch nicht gebannt ist.

In Griechenland und speziell auf Santorin muss man wohl über einen Paradigmenwechsel nachdenken. Es stellte sich heraus, dass natürlich viele Gebäude in prekären Lagen ohne Baugenehmigung errichtet wurden. Überdenken muss man auch das Konzept des Massentourismus. Zum einen stellt sich die Frage der Gebäudesicherheit von Hotels, Pensionen und vor allem Privatunterkünften. Zum anderen muss man Pläne entwickeln, wie man die Menschenmassen im Sommer im Notfall evakuiert und versorgt. Vielleicht helfen entsprechende Konzepte auch, den touristischen Overkill der Insel zu minimieren. Doch eins scheint mir klar zu sein: Die Preise für Urlauber dürften in diesem Jahr niedriger als sonst sein, doch wenn man neue Konzepte entwickelt, wird es wohl später noch teurer werden.

Übrigens, der Erdbebenschwarm auf Santorin bestand aus mehr als 21.500 Erschütterungen.

Santorin: Weitere Erdbeben mit Magnituden 5,1

Zwei weitere Erdbeben mit Magnituden 5,1 erschütterten Santorin

Datum 18.02.25 | Zeit: 06:08:09 UTC | Koordinaten:  36.608 ; 25.618 | Tiefe: 8 km | Mw 5,1

Die Erdbebenkrise bei der griechischen Insel Santorin hält weiter an. Die Anzahl der Erdbeben variierte in den letzten 48 Stunden wenig, doch heute Morgen gab es wieder 2 stärkere Erdbeben mit einer Magnitude von 5,1. Sie manifestierten sich um 04:46:52 Uhr und um 06:08:09 Uhr UTC. Die Hypozentren beider Beben lagen in 8 Kilometern Tiefe. Die Epizentren lagen wieder in dem Offshore-Bereich nordöstlich von Santorin, wobei ein Beben westlich und das andere östlich der kleinen Insel Anydros lag. Generell erkennt man, dass es jeweils in dem Bereich der stärkeren Beben zu einer Clusterbildung kommt, mit einer Tendenz der weiteren Ostwärts-Verlagerung der Epizentren.

Während sich einzelne Forschergruppen in Bezug auf den Ursprung der Beben klar positionieren, mögen sich die federführenden Institutionen nicht festlegen und bleiben nach allen Seiten diplomatisch offen. In einem Bericht vom GFZ-Potsdam heißt es weiterhin, dass es sowohl magmatisch getriggerte Beben als auch rein tektonische Erschütterungen sein könnten. Auch eine Kombination von beiden Ursachen halten sie für möglich.




Einige Forscher formulieren aber auch ziemlich detaillierte Vorstellungen zu dem, was ihrer Meinung nach passiert ist. So habe ich Medienberichte gelesen, nach denen der griechische Forscher Athanasios Ganas (Geodynamischen Instituts Athen) meinte, dass der Magmenaufstieg unter Santorin begonnen hatte, dann Richtung Kolumbos migrierte und von dort weiter in das jetzt seismisch aktive Gebiet strömte. Grund zu der Annahme liefert die Bodenhebung von wenigen Zentimetern, die zwischen Herbst und Beginn der seismischen Krise im Calderabereich von Santorin gemessen wurde. Das ist eines der möglichen Szenarien, aber nicht unbedingt das Wahrscheinlichste.

Nach wie vor lassen sich über den weiteren Verlauf des Erdbebenschwarms keine verlässlichen Prognosen anstellen, höchstens Szenarien des denkbar Möglichen erstellen. Diese Szenarien beginnen dabei, dass nichts weiter passiert und die Erdbeben nach einer Weile aufhören. Es könnte aber auch eine erneute Verstärkung der Beben geben, bis hin zum Auftreten eines starken Erdbebens mit großem Zerstörungspotenzial, in dessen Folge auch ein Tsunami entstehen könnte. Ein Vulkanausbruch ist ebenfalls denkbar, der würde sich aber wahrscheinlich submarin abspielen. Auch in diesem Fall könnte ein Tsunami resultieren.

Santorin: Magmatischer Einfluss bestätigt

Lavablick von Nea Kameni Richtung Thira auf Santorin. © Marc Szeglat

Erdbebenaktivität bei Santorin schwächt sich ab – Forscher bestätigen magmatischen Einfluss auf die Bebentätigkeit

In den letzten zwei Tagen kam es im Erdbebengebiet nordöstlich von Santorin zu einer weiteren Abschwächung des Schwarmbebens. Es werden zwar immer noch viele Erdbeben registriert, doch sowohl Anzahl als auch Stärke der Erschütterungen haben nachgelassen.

Das stärkste Erdbeben der letzten 48 Stunden manifestierte sich am 13. Februar und hatte eine Magnitude von 4,7. In dem Zeitraum wurden neun Beben im Viererbereich festgestellt. Heute gab es bislang drei Beben mit Magnituden zwischen 4,2 und 4,0. Die Hypozentren lagen in 14 und 12 Kilometern Tiefe.

Entwarnung kann aber noch nicht gegeben werden, denn die Aktivität bewegt sich noch auf hohem Niveau und könnte sich wieder verstärken. Zudem besteht weiterhin die Gefahr eines starken Erdbebens.

Interessanterweise hat sich gestern in der äthiopischen Awash-Region das stärkste Beben Mw 6,0 der Serie ereignet, obgleich die Aktivität seit Wochen rückläufig war. Da dort, wie auch bei Santorin, die Ursachen für die Beben ähnlich sind, könnte Vergleichbares auch bei Santorin passieren. Womit wir zum interessantesten Teil des heutigen Posts kommen.




Magmaintrusion verursacht Erdbeben

Nach Wochen der Unsicherheiten, Spekulationen und Kontroversen zum Ursprung der Beben bei Santorin bestätigte heute ein internationales Forscherteam, dass der Motor hinter der seismischen Aktivität nordöstlich von Santorin eine große Magmenintrusion ist.

Die griechische Seismologie-Professorin Evi Nomikou präsentierte auf ihrem FB-Profil ein Modell des Untergrunds, das in den letzten Tagen auf neuen Forschungsergebnissen basierend erstellt wurde. Demnach aktiviert ein größerer Magmenkörper, der unter die Horst- und Grabenstruktur des Meeresbodens intrudiert, zahlreiche kleinere Störungen zwischen den großen Störungszonen, die die tektonische Struktur an ihren Rändern dominieren. Dabei soll es bereits zu oberflächennahen Gangbildungen gekommen sein, die die kleineren Störungen mit Magma auffüllten und sie quasi kitteten.

Tatsächlich bestätigte die Seismologin, die am Institut für Geologie und Geoumwelt der Universität Athen forscht, dass es in den letzten Tagen bereits zu vulkanischen Tremorphasen kam, die bis zu 2 Stunden dauerten. Tremor wird durch oberflächennahen Magmabewegungen ausgelöst und gilt als Anzeichen eines bevorstehenden (oder bereits stattfindenden) Vulkanausbruchs.

Ich möchte darauf Hinweisen, dass es auch Tremorarten nicht vulkanischen Ursprungs gibt. So können Fluidbewegungen genauso Tremor verursachen, wie lang anhaltende tektonische Bewegungen an Störungszonen. Diese sind oft mit einem langsamen Abgleiten von Bergflanken verbunden, was zu Hangrutschungen führen kann. In diesem Fall würde ein Tsunami drohen.

Zur Zeit kreuzt das Forschungsschiff AEGAEO über dem Erdbebengebiet und sammelt neue Daten, die hoffentlich zu weiteren Erkenntnissen führen werden.

Was heißt das für Santorin?

Sollte es zu einem Vulkanausbruch im Erdbebengebiet kommen, wird er sich wahrscheinlich submarin abspielen. Meine langjährige Erfahrung in Punkto Vulkan- und Erdbebenbeobachtung sagt mir aber auch, dass Magma nicht immer an dem nahegelegensten Ort austreten muss. Der größte Teil der Magmaansammlung befindet sich in 5–10 Kilometern Tiefe und könnte vor bzw. während des finalen Aufstiegs seitlich migrieren und diagonal aufsteigen. Theoretisch wäre es möglich, dass es zu einer Eruption bei den Vulkanen Kolumbus oder Santorin kommt. Jedenfalls haben wir eine Bestätigung, dass die Region magmatisch weiterhin aktiv ist und sich ein Vulkanausbruch aufbauen könnte.

Santorin: Erdbeben Mw 5,3 am 10.02.25

Wasserverfärbungen Nea Kameni in der Santorin-Caldera (Archiv). © Marc Szeglat

Weitere Erdbeben bei Santorin – Stärkste Erschütterung Mw 5,3

Datum 10.02.25 | Zeit: 20:16:28 UTC | Koordinaten: 36.67, 25.7 | Tiefe: 8 km | Mw 5,3

Der Erdbebenschwarm nordwestlich von Santorin geht weiter. Die Aktivität fluktuiert zyklisch und alle 10 bis 12 Stunden kommt es zu einer Verstärkung der Aktivität, bei der nicht nur die Anzahl der Erdbeben zunimmt, sondern auch ihre Stärke. Während einer dieser Hochphasen ereignete sich gestern Abend um 20:16:28 UTC ein vergleichsweise starkes Erdbeben der Magnitude 5,3. Der Erdbebenherd lag in 8 Kilometern Tiefe. Das Epizentrum lag nördlich der kleinen Insel Anydros und gefährlich nahe an der Amorgos-Störung, an der sich 1956 das Starkbeben Mw 7,2 ereignete. In den letzten Tagen verlagerte sich die Erdbebenaktivität weiter nach Nordwesten. Schaut man sich die Shakemap an, dann erkennt man, dass sich die meisten Beben nun nordöstlich von Anydros ereignen. Vor ein paar Tagen lag das Eiland noch im Zentrum des Bebenclusters und am Anfang des Schwarms lag der Schwerpunkt des Schwarms südwestlich der Insel. Tatsächlich verläuft die Migration der Beben nicht linear, sondern es gab mehrere Hin-und-her-Bewegungen entlang einer Linie, die an der Ostflanke des Unterwasservulkans beginnt.

Migration der Erdbeben entlang einer Linie

Das EMSC hat eine Animation der Epizentren-Verlagerung im Zeitverlauf gemacht, bei der man die oben beschriebene Migration sehr gut erkennen kann. Die Animation wurde von den Kollegen von „Volcanoes y Ciencia Hoy“ ausfindig gemacht. Schade, dass man versäumte, eine Reliefkarte des Meeresbodens unter die Animation zu legen. Dafür gibt es aber inzwischen eine tektonische Karte des Meeresbodens, auf der die Lage der Erdbeben eingezeichnet wurde. Sie zeigt, dass die Erdbebenmigration zwar parallel zur Hauptstörungsrichtung des Grabens verläuft, aber nur in seinem nordöstlichsten Verlauf mit der Santorin-Anafi-Störung übereinstimmt. Von den Erdbebenmarkierungen verdeckt ist eine kleinere tektonische Bruchlinie, die am Kolumbos beginnt und von der Erdbebenmigration leicht geschnitten wird.

Die Erdbeben könnten nun mit einer tektonisch bedingten Rissöffnung in Zusammenhang stehen oder aber von einem magmatischen Gang verursacht werden, der sich entlang von tektonischen Schwächezonen ausbreitet. Die eingangs erwähnten Verstärkungsintervalle deuten auf Letzteres hin und konnten u.a. bei der Ausbreitung der Intrusionen an den Vulkanen Bardarbunga und Fagradalsfjall, sowie im Vorfeld der La Palma-Eruption beobachtet werden.

Dass das Beben Mw 5,3 gestern Abend so nahe an der Amorgos-Störung lag, ist beunruhigend, denn es besteht die Gefahr, dass auch diese Störung aktiviert werden könnte. Wie erwähnt hat sie ein deutlich größeres Potenzial, starke Beben hervorzubringen, als die Störungen am Boden des Grabens.

Santorin: Weiteres Erdbeben Mw 5,0

Blick über die Caldera von Santorin. © Marc Szeglat

Erneutes Erdbeben Mw 5,0 im Erdbebengebiet nordöstlich von Santorin

Datum 08.02.25 | Zeit: 09:00:42 UTC | Koordinaten:   36.545 ; 25.597 | Tiefe: 8 km | Mw 5,0
Im nordöstlich von Santorin gelegenen Erdbebengebiet kommt die Erde bzw. der Meeresboden nicht zur Ruhe, denn er wird immer noch von zahlreichen Erdbeben erschüttert. Nachdem es nachts ruhiger geworden war und die Aktivität einen rückläufigen Trend aufwies, kam es morgens dann wieder zu einem stärkeren Erdbeben der Magnitude 5,0. Das Hypozentrum lag in nur 8 Kilometern Tiefe. Laut dem EMSC manifestierte sich der Erdstoß um 09:00:42 UTC bei den Koordinaten Geo-URI 36.545 ; 25.597. Damit lag das Beben ein wenig südlich des Hauptclusters und näher an dem submarinen Vulkan Kolumbos, den ich auf der Shakemap oben mit einem weiß gestrichelten Ellipsoid gekennzeichnet habe. Die eigentliche Kolumbo-Caldera kann man am südwestlichen Ende der Markierung erkennen. Das Ellipsoid schließt die gesamte Vulkankette ein, die in Richtung Nordosten verläuft und einige Bebenmarkierungen mit einschließt, die sich direkt unter der Vulkankette ereigneten.

Inzwischen gibt es von den verschiedenen geophysikalischen Instituten und organisationellen Webseiten Statements zu den Vorgängen im Erdbebengebiet und immer mehr Forscher und Beobachter vertreten die These, dass sich die Mehrzahl der Beben zwar an einer tektonischen Störungszone ereignet, aber dass der Aufstieg bzw. die Migration magmatischer Fluide die treibende Kraft hinter den Erdbeben ist. Sollte sich diese Hypothese bewahrheiten, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein Starkbeben mit einer Magnitude größer als 7 ereignen wird, geringer, als wenn es sich um ein rein tektonisches Bebenereignis handeln würde. Doch wenn sich die These überhaupt wissenschaftlich beweisen lassen sollte, dann erst, wenn man eindeutig eine Hebung des Meeresbodens nachweisen kann. Solange kann es natürlich nicht schaden, dass sich der Katastrophenschutz vor Ort auf ein Worst-Case-Szenario vorbereitet. Selbst im Falle eines bestätigten magmatischen Einflusses auf das Bebengeschehen lassen sich Starkbeben nicht ausschließen. Letztendlich besteht sogar ein gewisses Tsunamirisiko.

So ein Tsunami könnte durch eine plötzlich eintretende Fraktur des Meeresbodens verursacht werden, bei der es einen vertikalen Versatz um mehrere Meter gibt. Im Fall eine submarinen Vulkanausbruches könnte es zu einen Hangrutsch kommen. Die Erdbebenregion liegt in einer Host-und Grabenstruktur, die offenbar auch die Spreizungszone eines Rifts enthält. Tatsächlich eine sehr komplexe vulkanotektonische Situation, die viele Szenarien einschließt.

Santorin: Katastrophenfall ausgerufen

Katastrophenfall auf Santorin ausgerufen – Bodenhebung nachgewiesen

Nachdem sich innerhalb von 2 Wochen mehr als 8000 Erdbeben nordöstlich von Santorin manifestierten, hat das griechische Bürgerschutzministerium über Santorin den Katastrophenfall verhängt. Damit kann nicht nur das Militär zu Hilfe angefordert werden, sondern es können auch offizielle Evakuierungsmaßnahmen durchgeführt werden. Das Militär könnte sich mit seinen Ressourcen an potenziellen Evakuierungen beteiligen und zudem zum Objektschutz der dann verwaisten Gebäude abkommandiert werden, um sie vor Plünderungen zu schützen. Zudem können unbürokratisch Gelder und schweres Gerät freigegeben werden.

Meiner Meinung nach kommt dieser Schritt ein wenig spät, denn gut zwei Drittel der Bevölkerung Santorins sind bereits geflogen. Außerdem scheint der Zenit der Bebenserie vorerst überschritten zu sein: Seit gestern sank die Zahl der stärkeren Erschütterungen im Viererbereich deutlich, obgleich immer noch sehr viele Beben festgestellt werden. Allerdings ist ein Schwarmbeben ein dynamischer Prozess, und solange keine Gewissheit über den Ursprung der Beben besteht, lassen sich nur Szenarien des denkbar Möglichen entwickeln, aber keine genauen Vorhersagen. Diese sind in Bezug auf Erdbeben, Vulkanausbrüche und andere Erdgewalten de facto bis heute nicht zu treffen. Meistens weiß man nur, dass etwas passieren könnte, aber nicht genau was und wann. In Bezug auf Erdbeben ist es noch um einiges schwerer als wenn es um Vulkanausbrüche geht: Besonders starke Erdbeben treten ohne erkennbare Vorzeichen auf und können in erdbebengefährdeten Gebieten jederzeit auftreten, auch ganz ohne Vorwarnung. Von daher muss man wohl mit dem latenten Risiko leben und Vorsorge treffen. Dazu gehören insbesondere eine erdbebensichere Bauweise und natürlich eine vernünftige Standortwahl dieser Gebäude.

Was die Herkunft der Beben angeht, kristallisiert sich nun auch von wissenschaftlicher Seite immer mehr heraus, dass sie magmatisch getriggert werden: Daten, die von den Sentinel-1-Satelliten und den GNSS-Netzwerken des Volcanic Monitoring Institute erhoben wurden, zeigen, dass es auf Santorin selbst zu einer leichten Bodenhebung kam. Zusammen mit den bereits mitgeteilten visuellen Beobachtungen, die Fischer an der Küste von Anydros machten, deutet das auf eine stärkere Bodenhebung im Erdbebengebiet am Meeresgrund hin. Infolge einer größeren Anhebung könnte es in deren Randbereich zur Hebung auf Santorin gekommen sein. Natürlich lässt sich auch nicht ausschließen, dass es unter der Insel selbst zu einer kleineren Magmaansammlung gekommen ist. Hier werden weitere Daten nötig sein, um ein differenzierteres Bild des Geschehens zu machen.

Eine Studie von 2022 entdeckte unter dem submarinen Vulkan Kolumbos, an dem es die ersten Beben des aktuellen Schwarms gegeben hatte, einen größeren Magmenkörper. Sollten Messungen feststellen, dass es hier eine Subsidenz gegeben hat, während es in Richtung Anydros eine Hebung gab, wäre das ein Indiz, dass Magma vom Kolumbos-System aus migrierte.

Santorin: Schwarmbeben legt Bausünden offen

Dicht drängen sich die Häuser entlang der Steilküste von Santorin. © Marc Szeglat

Erdbebenschwarm geht etwas abgeschwächt weiter – Katastrophenszenario enthüllt Bausünden

Der Erdbebenschwarm nordöstlich der griechischen Insel Santorin ist noch voll im Gange, allerdings sind Erdbeben mit Magnituden im Fünferbereich seit gestern Abend nicht mehr aufgetreten. Das letzte dieser Beben hatte eine Magnitude von 5,1 und manifestierte sich um19:38 UTC in nur 4 Kilometern Tiefe. Das stärkste Beben heute brachte es auf Mw 4,6. Es ereignete sich in den frühen Morgenstunden. Seitdem hat die Energie der Beben etwas nachgelassen. Dennoch kann man noch nicht von einer Entspannung der Situation sprechen. Massive, magmatisch bedingte Schwarmbeben kommen in Schüben und dauern lange an, können aber auch schnell nachlassen, wenn der Magmennachschub ins Stocken kommt.

Ich bin mir inzwischen ziemlich sicher, dass die Beben durch eine Intrusion magmatischer Fluide ausgelöst werden, die eine Störungszone aktivieren. Damit widerspreche ich der Einschätzung der meisten griechischen Seismologen, die von rein tektonischen Beben ausgehen. Tektonisch bedingte Schwarmbeben dauern für gewöhnlich nicht so lange, es sei denn, es ging ein Starkbeben voran, doch dann spricht man nicht von einem Schwarmbeben, sondern von Nachbeben. Die Wahrscheinlichkeit des Auftretens eines Starkbeben halte ich zwar nicht für ausgeschlossen (das ist es im Wirkungsbereich des Hellenischen Bogens nie), aber auch nicht für dramatisch höher als sonst, denn wenn sich Starkbeben durch Vorbeben ankündigen, dann nicht durch so einen extensiven Schwarm wie diesen. Rein tektonisch bedingte Schwarmbeben geht irgendwann die Energie aus bzw. haben die Spannungen im Gestein abgebaut. Im vorliegenden Fall wurde bereits so viel Energie freigesetzt, dass es einem starken Beben entspricht. Für solch eine Bebenserie braucht es eine beständige Energiequelle, die immer neue Spannungen aufbaut, und diese Energiequelle heißt Magma! Aber auch im Falle magmatisch bedingter Schwarmbeben können starke Beben mit Magnituden im Sechserbereich auftreten und dann ist es besser, nicht in deren Nähe zu sein.

Besonders starke, magmatisch bedingte Schwarmbeben können Wochen dauern und gipfeln dann oft (aber nicht immer) in einer Eruption. Jüngste Beispiele hierfür sind die isländischen Vulkane Eyjafjallajökull, Bardarbunga und die Spaltenvulkane auf Reykjanes. Aber auch vor der submarinen Mayotte-Eruption gab es langanhaltende Schwarmbeben, wie wir sie jetzt sehen. Das sind Vulkane, die überwiegend basaltische Schmelze eruptieren. Hier könnte aber eine weniger fließfähige Schmelze involviert sein, was einen Ausbruch infolge einer Intrusion weniger wahrscheinlich macht. Doch sollte das Magma die Oberfläche erreichen, steht ein explosives Ereignis an. Der letzte starke Erdbebenschwarm ohne magmatische Eruption ereignete sich übrigens im Januar im äthiopischen Riftvalley.




Steinschläge gefährden Gebäude auf Santorin

Die Erdbeben lösten auf Santorin vermehrt Steinschläge aus, und auf einmal wird es dem dümmsten Bauherren klar, dass so manches Gebäude und sogar ganze Ansiedlungen am Fuß von Klippen besser nicht gebaut worden wären! Im Prinzip gilt das nicht nur für die Gebäude am Fuß der Klippen, sondern auch für die oben auf den Klippen. Und das sind auf Santorin verdammt viele! Der gesamte Calderarand, der die pittoreske Steilküste von Thira bildet, ist bei einem Starkbeben potenziell partiell abrutschgefährdet. Und spätestens bei einem starken Ausbruch liegt man im Trajektor großer Lavabomben und ist dem Ascheregen vollends ausgesetzt. Geht man rein vom Sicherheitsaspekt aus, dessen Messlatte ja zumindest in Bezug auf Vulkanbesteigungen immer höher gesteckt wird, dürften solche Vulkaninsel aber auch Gegenden wie die Campi Flegrei überhaupt nicht besiedelt sein. Die größten Katastrophen ereignen sich meisten übrigens, wenn niemand damit rechnet.