Türkei: Intensives Schwarmbeben bei Simav

Schwarmbeben bei Simav in der Türkei – Ca. 70 Erdbeben innerhalb weniger Stunden

Datum: 09.06.2025 | Zeit: 10:21:25 UTC | Koordinaten:  39.223 ; 28.970 | Tiefe: 9 km | Mb 3,8

Simav, 09.06.2025Innerhalb weniger Stunden manifestierte sich im Westen der Türkei ein Schwarmbeben, das bis jetzt aus ca. 70 Einzelerschütterungen besteht. Das stärkste Beben hatte eine Magnitude von 3,2 und einen Erdbebenherd in 9 Kilometern Tiefe. Das Epizentrum wurde 15 km nordnordwestlich von Simav ausgemacht. In dem Ort leben gut 34.900 Menschen.

Erdbeben bei Simav © EMSC

Obwohl keine Wahrnehmungsmeldungen vorliegen und die Beben wahrscheinlich wenig Aufmerksamkeit auf sich zogen, sind sie vom tektonischen Aspekt und insbesondere im Zusammenhang mit den Vulkanen interessant, denn Simav ist aufgrund seiner Thermalquellen bekannt. Zudem gibt es Hinweise auf quartären Vulkanismus, der bereits während des Miozäns begonnen hat. Die Region liegt in einem Rift und stand hier zuletzt am 25. April im Fokus der Berichterstattung, da sich ein Erdbeben Mb 4,6 ereignet hatte, dem ein starker Nachbebenschwarm folgte, der tagelang anhielt.

Die aktuellen Beben sind bis jetzt noch schwächer als damals, sehen aber sehr wahrscheinlich in einem Zusammenhang. Dieser könnte tektonischer Natur sein oder aber auch mit der Bewegung magmatischer Fluide im Untergrund zusammenhängen. Nicht auszuschließen ist, dass die Erschütterungen menschengemacht sind, denn ca. 7 Kilometer südöstlich der Erdbebenzone befindet sich ein kleines Geothermalkraftwerk, wo es auch Thermalbäder gibt. Allerdings spricht die Tiefe der Erdbebenherd dagegen, dass die Beben durch Wasserinjektion in den Untergrund entstanden sind. Unmöglich ist es allerdings nicht.

Tektonisch betrachtet befindet sich Simav im südlichen Bereich des gleichnamigen Grabens und die Erdbeben lagen nur wenige Kilometer von der Simav-Fault-Zone entfernt. Der Graben gehört zu einem System ähnlicher Rifts, die im Zusammenhang mit der Krustendehnung im Westen des anatolischen Blocks stehen. Die Dehnung ist eine Reaktion auf die Westwärtsbewegung des Blocks, dessen Ostteil komprimiert wird. Durch die Dehnung und die damit einhergehende Ausdünnung der Erdkruste kann entlang der tektonischen Bruchzonen Magma aufsteigen, was den Miozänen und frühquartären Vulkanismus der Region bedingte.




Betrachtet man einen größeren Ausschnitt der EMSC-Shakemap für die Türkei und den Mittelmeerraum, dann erkennt man, dass es auch entlang der Ostanatolischen Verwerfung zahlreiche schwache Erdbeben gab. Aus tektonischer Sicht ist auch im Ägäisraum viel los, wo es vor allem bei Kreta bebte. In Norditalien kam es zu einem kleinen Erdbebenschwarm östlich von Genua. Er bestand aus 7 schwachen Erschütterungen, die sogar Einzug in die Mainstreammedien gefunden haben.

Türkei: Starkes Erdbeben M 5,8 verursacht ein Todesopfer

Erdbeben Mw 5,8 verursachte leichte Schäden nahe Marmaris in der Türkei – Zahlreiche Verletzte und ein Todesopfer

Datum: 02.06.2025 | Zeit: 23:17:27. UTC | Koordinaten: 36.706 ; 28.241 | Tiefe: 68 km | Mw 5,8

Marmaris, 03.06.2025Gestern Abend erschütterte ein starkes Erdbeben der Magnitude 5,8 den westtürkischen Küstenort Marmaris. Das Epizentrum lag nur 17 Kilometer südlich des beliebten Ferienorts. Obwohl der Erdbebenherd in der relativ großen Tiefe von 68 Kilometern lag und sich damit bereits in der Asthenosphäre befand, entstanden in Marmaris und umliegenden Orten leichte Schäden wie Gebäuderisse.

Obwohl größere Schäden ausblieben und keine Gebäude einstürzten, gab es 69 Verletzte und sogar eine 14-Jährige, die infolge einer Panikattacke verstarb. Auch die Mehrzahl der Verletzungen war auf Panikreaktionen zurückzuführen, ähnlich wie es bereits beim letzten Erdbeben am 23. April nahe Istanbul der Fall gewesen ist: Die Menschen sprangen in Panik aus Fenstern, um sich vor einer drohenden Katastrophe in Sicherheit zu bringen. Das zeigt, wie nervös man in den türkischen Gebieten ist, in denen man in den nächsten Jahrzehnten mit einem Starkbeben rechnen muss.

In den sozialen Medien wurden Videos geteilt, auf denen schwankende Lampen und auf Tischen tanzendes Geschirr zu sehen sind. Außerdem zeigten sie, wie sich Menschen auf freien Plätzen versammelten. Alles in allem scheinen die Folgen des Erdbebens bis auf die Panikreaktionen überschaubar zu sein.

Das Erdbeben war in einem großen Umkreis von fast 1000 Kilometern zu spüren gewesen. Dem EMSC liegen hunderte Wahrnehmungsmeldungen vor, u.a. aus Griechenland, Ägypten und Rumänien. Besonders stark erschüttert wurde auch die griechische Insel Rhodos, die nur wenige Kilometer vor der türkischen Küste bei Marmaris liegt.

Tektonische Situation bei Marmaris und Rhodos

Tektonisch betrachtet ist die Situation in dieser Region des Mittelmeeres sehr komplex und in der Nähe des Erdbebengebiets bei Marmaris verlaufen mehrere dominante Störungszonen: Nördlich von Marmaris liegen die Ausläufer der Nordanatolischen Verwerfung, die für die Erdbeben im Raum Istanbul verantwortlich ist. Im Westen ist es die hellenische Subduktionszone, die Sorgen bereitet, und im Süden befindet sich der Strabo-Graben. Parallel zu diesem Graben verlaufen die STEP-Störungszone und weiter nördlich die Fethiye-Burdur Fault Zone und die Rhodos-Störungszone, bei denen es sich um Übergangsstörungen handelt, die in der Hellenischen Subduktionszone münden. An einer dieser Störungen am Rand des Rhodos-Beckens manifestierte sich das aktuelle Erdbeben.

Richtiges Verhalten bei Erdbeben

Sollte man in die Situation kommen, sich einem Erdbeben ausgesetzt zu sehen, ist es wichtig, sich richtig zu Verhalten und Ruhe zu bewahren. Der Sprung aus einem höher gelegenen Fenster ist sicherlich nur der letzte Ausweg, wenn ein Gebäude bereits dabei ist, zusammenzustürzen. Nur wer auf sicherem Weg ein Gebäude innerhalb weniger Sekunden verlassen kann, sollte dies auch tun. Ist das nicht möglich, wird empfohlen, sich neben stabilen Möbeln auf den Boden zu legen und den Kopf zu schützen.

Türkei: Erdbeben Mb 5,0 bei Konya

Mittelstarkes Erdbeben der Magnitude 5,0 erschütterte Provinz Konya in der Türkei

Datum: 15.05.2025 | Zeit: 12:46:36 UTC | Koordinaten: 39.058 ; 33.268 | Tiefe: 7 km | Md 5,0

Am Donnerstagnachmittag um 15:46 Uhr Ortszeit wurde die Zentraltürkei von einem mittelstarken Erdbeben der Magnitude 5,0 erschüttert. Diese Magnitude stammt vom GFZ. Der türkische Erdbebendienst meldete eine Magnitude von 5,2. Das Hypozentrum lag in nur 7 Kilometern Tiefe. Das Epizentrum befand sich in der Provinz Konya und wurde 17 km östlich des Ortes Kulu verortet. Hier leben 47.000 Menschen. Nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu wurden dabei jedoch keine unmittelbaren Schäden oder Verletzten gemeldet.

Die Erschütterungen waren auch in mehreren benachbarten Provinzen spürbar, darunter in der Hauptstadt Ankara. Dem EMSC liegen aus einem 500 Kilometer messenden Umkreis zahlreiche Wahrnehmungsmeldungen vor. Das Erdbeben wurde teilweise als stark empfunden und dauerte 30 bis 40 Sekunden.

Konya-Gouverneur İbrahim Akın erklärte gegenüber der Presse, dass lokale und nationale Einsatzkräfte im betroffenen Gebiet unterwegs waren, um die Lage zu begutachten. Größere Schäden wurden dabei nicht festgestellt. In Moscheen in Kulu seien kleinere Risse an Minaretten festgestellt worden. Viele Anwohner nahe des Epizentrums waren ins Freie geflüchtet und harrten dort eine Weile aus, da man sich vor einem noch stärkeren Beben fürchtete.

Tektonischer Hintergrund des Bebens bei Kulu

Tektonisch betrachtet liegt das betroffene Gebiet in Zentralanatolien weit entfernt zwischen den beiden dominierenden tektonischen Strukturen der Türkei. Bei diesen handelt es sich um die Nord- und Südanatolische Verwerfungen, die den Anatolischen Block gegen Eurasien und Arabien abgrenzen. Während diese Störungen grob in Ost-West-Richtung verlaufen, gibt es in Zentralanatolien Intraplattendeformationen, die Störungszonen verursachen, die mehr oder weniger senkrecht zu den beiden großen Blattverschiebungen verlaufen.  Zu diesen Störungen zählen zwei Systeme, die das Tuz-Gölü-Becken haben absinken lassen. Bei diesen Störungen handelt es sich um die Şereflikoçhisar-Aksaray-Verwerfungslinie und die Chianbely-Sultanhan-Verwerfungszone. Zwischen diesen Verwerfungen liegt die Senke des Salzsees Tuz-Gölü, an dessen Nordende sich das Beben manifestierte.

Vulkanische Landschaft Zentralanatoliens

In der Erdbebenregion gibt es mehrere vulkanische Manifestationen, die aber als erloschen oder schlafend gelten. Von daher ist es unwahrscheinlich, dass das Erdbeben eine Eruption auslöst. Das nächste große vulkanische Zentrum ist das Karapınar-Vulkanfeld, ca. 80–100 km südlich von Kulu. Hier gab es zuletzt vor ca. 3000 Jahren Eruptionen. Näher am Tuz-Gölü liegen mehrere Dagi – hierbei handelt es sich um wahrscheinlich erloschene Vulkane.

Türkei: Erdbebenschwarm im Westen hält an

Zahlreiche Erdbeben im Westen der Türkei – Simav-Graben als Ursprung

Schaut man sich die Erdbebenlisten beim EMSC an, dann fallen die zahlreichen Erdbeben im Westen der Türkei sofort ins Auge. Seit der letzten Woche bebt es dort an zwei Lokationen besonders häufig: Ein Erdbebengebiet befindet sich im Marmarameer nahe Istanbul. Die Erschütterungen gehen auf das starke Beben der Magnitude 6,2 vom 23. April zurück, das sich an der Nordanatolischen Störung ereignete, und sind als Nachbeben einzuordnen. Experten befürchten jedoch, dass es zu einem noch stärkeren Erdbeben kommen könnte. Die seismische Aktivität hat in den letzten Tagen allerdings nachgelassen.

Das zweite Erdbebengebiet befindet sich in der Region Simav. Die Seismizität ist hier nach wie vor sehr hoch. Es handelt sich überwiegend um schwache Erdbeben mit Magnituden im 2er- und 3er-Bereich. Das stärkste Beben ereignete sich am 25. April und hatte eine Magnitude von 4,6. Dennoch würde ich die Erdbebentätigkeit an dieser Stelle eher als Schwarmbeben bezeichnen denn als Nachbeben, wie es in der Region des Marmarameeres der Fall ist. Anders als an der Nordanatolischen Verwerfung, bei der es sich um eine Transformstörung handelt, an der die Erdplatten seitlich aneinander vorbeigleiten, ist die Ursache der Beben bei Simav im gleichnamigen Grabensystem (Rift) zu suchen. Der Simav-Graben ist Teil des größeren westanatolischen Dehnungssystems, das sich von der Ägäis bis ins westliche Zentralanatolien erstreckt. Der tektonisch bedingte Graben ist von Verwerfungen begrenzt, die durch die Nord-Süd-Dehnung der Erdkruste in der Region verursacht werden. Entlang dieser Verwerfungen sinkt der Grabenboden weiter ab – es handelt sich also um Abschiebungen an Normalverwerfungen.

Ähnlich wie im Ostafrikanischen Graben bildeten sich entlang des Simav-Grabens Vulkane, die derzeit jedoch nicht als aktiv eingestuft werden. Die Vulkane förderten insbesondere rhyolithische und andesitische Laven, zudem gibt es Lavadome. Heiße Quellen und Geothermalfelder zeugen noch heute von tief sitzender magmatischer Aktivität im Untergrund. Die heißen Quellen von Simav erreichen Temperaturen von bis zu 90 Grad Celsius. Auch wenn das aktuelle Schwarmbeben wahrscheinlich tektonischen Ursprungs ist, könnten Fluidbewegungen dennoch einen Einfluss auf die Seismizität haben.

Türkei: Starkes Erdbeben Mw 6,2 bei Istanbul

Datum: 23.04.2025 | Zeit: 09:49:11 UTC | Koordinaten:  40.833 ; 28.227 | Tiefe: 15 km | Mw 6,2

Ein starkes Erdbeben Mw 6,2 im Marmarameer nahe Istanbul – Anwohner reagieren in Panik

Heute Vormittag ereignete sich im Marmarameer nahe Istanbul in der Türkei ein starkes Erdbeben der Magnitude 6,2. Der Erdbebenherd lag in 15 Kilometern Tiefe. Das Epizentrum wurde vom EMSC 37 km südwestlich von Büyükçekmece lokalisiert. In der Stadt leben rund 163.000 Menschen. Die Metropole Istanbul liegt etwa 60 Kilometer vom Epizentrum entfernt. Es kam zu zahlreichen Nachbeben, darunter eines mit einer Magnitude von 5,0.

Der Erdstoß trat um 09:49:11 UTC (11:49:11 MESZ, 12:49:11 Uhr Ortszeit) auf und wurde in einem Umkreis von mehr als 600 Kilometern wahrgenommen. Das Erdbeben war auch in den Nachbarländern Griechenland und Bulgarien zu spüren gewesen.

Beim EMSC gingen zahlreiche Wahrnehmungsmeldungen ein. Zeugen in der Nähe des Epizentrums beschrieben das Beben als sehr stark. Ein Augenzeuge schilderte seine Eindrücke besonders eindrücklich: Er schrieb, dass er sich an den Albtraum von 1999 erinnert fühlte. Neben dem Hauptbeben spürte er auch mehrere Nachbeben sowie ein Vorbeben. Er berichtete, dass er sich sofort auf ein Beben mit katastrophalen Folgen vorbereitete und eine Fluchttasche packte. Das Erdbeben an das sich der Bebenzeuge erinnert fühlt war das Izmit-Erdbeben von 1999. Es hatte eine Magnitude von 7,5 und forderte ca. 17500 Menschenleben.

Die Schilderung macht deutlich, wie stark die Menschen der Region um Istanbul auf Erdbeben reagieren: Sie sind äußerst sensibilisiert, da in der Gegend ein Starkbeben mit potenziell katastrophalen Folgen erwartet wird. Auch wenn diese aktuell ausblieben, reagierten viele Menschen in Panik. Medienberichten zufolge verletzte sich eine Person beim Sprung von einem Balkon. Einsatzkräfte kontrollierten sofort kritische Infrastruktur wie Autobahnen, Brücken, Gleisanlagen und Flughäfen, doch größere Schäden wurden nicht entdeckt. Auch Meldungen über eingestürzte Wohngebäude blieben aus. Dennoch muss in der Region, besonders in den Orten nahe des Epizentrums mit Gebäudeschäden gerechnet werden.

Ein Video, das in den sozialen Medien geteilt wurde, zeigt, wie mehrere größere vom Erdbeben ausgelöste Wellen gegen die Küsten liefen. Aufgrund des Charakters der betroffenen Verwerfung ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass bei einem Beben hier große Tsunamis ausgelöst werden, obgleich bei dem Beben von 1999 Wellen mit einer Höhe von 2,5 Metern entstanden.

Das Erdbeben steht im Zusammenhang mit der Nordanatolischen Verwerfung (NAF). Dabei handelt es sich um eine große Transformstörung im Norden der Türkei, die südlich von Istanbul verläuft und das Marmarameer quert. Die Störung teilt sich zuvor in zwei Arme: Ein Arm verläuft durch das nördliche Marmarameer, der zweite entlang der Südküste. Die aktuelle Bebensequenz ereignete sich am nördlichen Arm, unweit der Region, in der sich die Spur der Störung verliert. Die Nordanatolische Verwerfung weist große Ähnlichkeiten mit dem San-Andreas-Fault in Kalifornien auf. An beiden Störungen verschiebt sich die Erdkruste horizontal und nicht vertikal, wie es entlang von Tiefseegräben der Fall ist. Der Verschiebungssinn ist dextral (rechtseitig). Die NAF ist etwa 1500 Kilometer lang, das Pendant in den USA ist gut 200 Kilometer kürzer. An beiden Störungszonen wird in den nächsten Jahrzehnten ein Starkbeben erwartet.

Entlang der NAF verschiebt sich die anatolische Mikroplatte bzw. der anatolische Block relativ zur eurasischen Platte in Richtung Westen, während die eurasische Platte fast ortsfest ist und sich nur minimal nach Süden bewegt. Die Relativbewegung beträgt ca. 20 bis 25 mm im Jahr und entspricht in etwa der Geschwindigkeit, in der die Fingernägel wachsen.

Wie das GFZ in einer Pressemeldung mitteilt, manifestierte sich in der gleichen Region der Verwerfung bereits am 26. September 2019 ein ähnlich starkes Erdbeben der Magnitude 5,7. Das aktuelle Erdbeben erweitert die damalige Bruchzone, und zwar auch in Richtung Istanbul. Insgesamt ist auf dieser Verwerfung Energie für ein Erdbeben der Magnitude bis zu 7.4 gespeichert, erklärt Marco Bohnhoff vom GFZ. Die Befürchtungen der Anwohner, dass sich ein noch stärkeres Erdbeben ereignen könnte sind also nicht unberechtigt.

Momentan scheinen sich wieder die stärkeren Erdbeben zu häufen, denn gestern gab es bereits einen Erdstoß Mw 6,2 bei den Talaud-Inseln, die zwischen den Philippinen und Indonesien liegen. Auch das Inselreich Vanuatu wurde von einem Erdstoß Mw 6,1 heimgesucht. Wir hatten innerhalb von 24 Stunden gleich 3 Beben mit einer Magnitude über 6,0.

Update: In Istanbul ist ein leerstehendes Haus eingestürzt und ein Krankenhaus musste evakuiert werden. Mehr als 150 Personen erlitten Verletzungen. Die meisten Menschen verletzten sich offenbar selbstverschuldet, indem sie in Panik aus Fenstern sprangen um die wackelnden Gebäude schnell zu verlassen.

Türkei: Unterirdischer Riss breitet sich entlang Zagros zum Irak aus

Alte ozeanische Platte reißt unter der arabischen und eurasischen Kontinentalplatte ab

Forschungsteam untersucht den Einfluss des Zagros-Gebirges im Iran und Irak auf die Erdabsenkung des Vorgebirgsbeckens

Ein internationales Forschungsteam unter Leitung der Universität Göttingen untersuchte die plattentektonischen Prozesse, die im Zagros-Gebirge der irakischen Region Kurdistan zur Bildung einer tiefen Depression führen. Diese Depression bildet ein sedimentgefülltes Becken im Vorland des Gebirges, das sich in Nordwest-Südost-Richtung durch den Süden des Irak und Irans erstreckt, dessen Ausläufer jedoch bis in die Osttürkei reichen. Das Vorgebirgsbecken war ursprünglich zwischen drei und vier Kilometern tief. Sedimente füllten die Senke größtenteils auf, sodass eine langgestreckte Ebene vor dem Gebirge entstand.

Entlang der Zagros-Gebirgszone erstrecken sich prominente Störungszonen, die für ihre Erdbebenaktivität bekannt sind und auch mit den beiden großen Störungen in Anatolien in Verbindung stehen.

Das Gebirge ist ein Ergebnis der Plattentektonik und bildete sich infolge der Kollision der Arabischen Platte mit Eurasien. Vor der Kollision waren beide Platten durch ein urzeitliches Meer, den Neotethys-Ozean, getrennt. Die ozeanische Kruste der Neotethys tauchte entlang einer Subduktionszone unter Eurasien in den Erdmantel ab. Dieser Prozess begann vor etwa 60 Millionen Jahren und endete vor rund 25 Millionen Jahren, als die Arabische Platte mit der Eurasischen Platte kollidierte und die Auffaltung des Zagros-Gebirges einsetzte.


Die Forschenden stellten fest, dass die sedimentgefüllte Depression im Vorland des Zagros-Gebirges tiefer ist als anhand der Gebirgshöhe zu erwarten wäre. Vorgebirgsbecken entstehen durch die Auflast des Gebirges, das die Kontinentalplatte an ihrem Rand nach unten drückt.

Mit seismischen Untersuchungen und Computermodellierungen bestimmten die Forschenden nicht nur die Tiefe des Vorlandbeckens, sondern auch, dass ein Relikt der Neotethys-Kruste an der Unterseite der Arabischen Platte haftet. Dieses zieht die Platte in der Kollisionszone mit Eurasien nach unten und erklärt die große Tiefe des Beckens.

Das subduzierte Stück der Ozeankruste haftete ursprünglich auch unter der Anatolischen Platte in der Türkei. Dort ist die Senke jedoch flacher, was darauf hindeutet, dass sich die ozeanische Kruste bereits gelöst hat. Der entstehende Riss entlang der horizontalen Lösungsfläche dehnt sich weiter in Richtung Nordwestiran aus, was möglicherweise die Erdbebenaktivität der Region beeinflusst.

Die Studie unter Leitung von Dr. Renas I. Koshnaw wurde bereits im letzten Jahr in der Fachzeitschrift Solid Earth veröffentlicht und nun durch eine Pressemeldung der Universität Göttingen bekannt gemacht. Das entwickelte geodynamische Modell könnte auch für weitere geologische Untersuchungen genutzt werden und liefert wichtige Erkenntnisse zur Struktur der Erdkruste. (Quelle: AGU)

Türkei: Mittelstarkes Erdbeben besorgt Bürger

Mittelstarkes Erdbeben Mb 4,5 war im weiten Umkreis spürbar – Meldungen besorgter Bürger

Datum 12.12.24 | Zeit: 11:34:52 UTC | Koordinaten: 40.429 ; 26.230 | Tiefe: 12 km | Mb 4,5

Heute Mittag manifestierte sich um 11:34:52 UTC (14:34:52 Uhr Lokalzeit) ein Erdbeben der Magnitude Mb 4,5. Das Hypozentrum wurde in 12 Kilometern Tiefe verortet. Das Epizentrum befand sich laut EMSC-Angaben 34 km nordwestlich von Çanakkale, kurz vor der Nordwestküste des Mittelmeeres und nahe der Grenze zu Griechenland. Obwohl es sich nur um ein mittelstarkes Erdbeben handelte, war es in einem Umkreis von mehr als 300 Kilometern zu spüren gewesen. Dem EMSC gingen sogar Meldungen aus Bulgarien und Istanbul ein. Vermutlich dachten die Anwohner von Istanbul, dass sich ein Beben in ihrer Nähe ereignet hatte, denn die Stadt liegt an der Nordanatolischen Verwerfung und gleicht einem tektonischen Pulverfass, denn man wartet seit Jahren auf das „Big One“: ein Starkbeben mit großer Zerstörungskraft. Seismologen berechneten eine 70-prozentige Wahrscheinlichkeit für ein Erdbeben innerhalb der nächsten 30 Jahre mit der Magnitude 7 oder mehr. Dementsprechend nervös ist man am Bosporus.

Das aktuelle Beben ereignete sich am Nordarm der Nordanatolischen Verwerfung, die sich am Marmara-Meer in drei Arme teilt. Bei der Störung handelt es sich um eine rechtsversetzende Blattverschiebung, die dem San-Andreas-Fault in den USA gleicht, und sie bildet die Grenze zwischen der Anatolischen Platte und dem eurasischen Kontinent. Die Relativgeschwindigkeit der Platten entlang der Verwerfung beträgt etwa 20–25 mm pro Jahr. Da die Platten nicht widerstandslos aneinander vorbeigleiten, kommt es zu Blockaden und Spannungsaufbau entlang der Störung. Sie lösen sich in einem fast als explosiv zu beschreibenden Ereignis, das die Erdbebenwellen auslöst.

Die südliche Grenze der Anatolischen Platte ist nicht weniger gefährlich, denn hier manifestierte sich das verheerende Gaziantep-Erdbeben. Ein Erdbeben nahe Istanbul hätte wahrscheinlich ähnlich dramatische Folgen.

Gestern ereignete sich übrigens ein vergleichbares Erdbeben (Mb 4,5) südwestlich von Kreta. Betrachtet man die Shakemap genau, dann erkennt man auch wieder ein schwaches Beben nördlich der Vulkaninsel Santorin. Hier kam es in den letzten Tagen häufiger zu Erschütterungen.

Türkei: Zahlreiche schwache bis mittelstarke Erdbeben

Zahlreiche Erdbeben an der Ostanatolischen Verwerfung in der Türkei – Großes Gebiet betroffen

Schaut man sich heute die Erdbebenkarten der Türkei an, dann erkennt man entlang der Ostanatolischen Verwerfung zahlreiche Erdbeben, die sich hier in den letzten 48 Stunden manifestierten. Ein Bebenschwerpunkt liegt natürlich weiterhin im Osten der Verwerfung, dort, wo sich das verheerende Gaziantep-Erdbeben manifestierte. Diese Beben können als Nachbeben der beiden starken Erschütterungen vom Februar 2023 angesehen werden. Doch folgt man der Verwerfung in Richtung Westen, sieht man, dass es auch hier viele Erdbeben gegeben hat. Ein Schwerpunkt liegt hier im Südosten des Van-Sees, wo sich zwei Beben (Mb 4,2 und Mb 4,1) ereigneten, denen zahlreiche schwächere Erschütterungen folgten. Zwischen Gaziantep und dem Van-See klafft eine seismische Lücke, entlang derer es in den nächsten Jahren weitere Starkbeben geben könnte. Auch entlang der zweiten großen Verwerfung, die die Anatolische Mikropatte nach Norden abgrenzt, bebt es oft. Eine Bebenhäufung gibt es auch im Westen der Türkei. Fasst man den Kartenausschnitt weiter, dann erkennt man, dass sich die rege Seismizität nach Westen über Griechenland, Sizilien und Spanien fortsetzt. Alles in allem scheint es viel Bewegung entlang der Plattengrenze zwischen Eurasien und Afrika zu geben. Davon bleiben auch die Vulkanregionen Siziliens nicht verschont, denn in den letzten 2 Tagen ereigneten sich zwei Erdbeben mit Magnituden im Zweierbereich in der Ätna-Gegend. Zwei weitere Erschütterungen manifestierten sich in großen Tiefen in einigem Abstand zur Küste von Stromboli.




Selbst in der Alpenregion bis nach Frankreich hinein zeichnete das seismische Netzwerk zahlreiche Erschütterungen auf.

Schaut man ganz in den Norden Europas, kommt man mit Island zu einem weiteren Bebenspot, der aber nicht mit der Plattengrenze zwischen Afrika und Europa in Verbindung steht, sondern mit der divergenten Kontinentalnaht zwischen Europa und Nordamerika: gemeint ist Island! Hier gab es heute ein Erdbeben Mb 3,6, das sich unter dem Vulkan Bardarbunga manifestierte.

Türkei: Erdbeben Mb 5,0 am 27.10.24

Mittelstarkes Erdbeben in Region Gaziantep – Zahlreiche Wahrnehmungsmeldungen

Datum 27.10.24 | Zeit: 17:07:10 UTC | Koordinaten: 37.637 ; 36.072 | Tiefe: 10 km | Mb 5,0

Die türkische Erdbebenregion bei Gaziantep wurde von einem mittelstarken Erdbeben der Magnitude 5,0 heimgesucht. Das Epizentrum des Erdstoßes wurde 30 km nordöstlich von Kozan verortet. Die Tiefe des Erdbebenherds wurde auf 10 Kilometer fixiert, was bedeutet, dass der Erdstoß in geringer Tiefe stattfand. Diese Daten stammen vom EMSC. Nach Angaben des GFZ lag die Magnitude bei 4,8. Der türkische Erdbebendienst stellte die Tiefe des Erdbebenherds mit 20 Kilometern fest.

Auf der Shakemap mit den Wahrnehmungsmeldungen erkennt man, dass der Erdstoß noch im 400 Kilometer entfernten Beirut wahrgenommen werden konnte. Nahe des Epizentrums könnte es zu leichten Gebäudeschäden gekommen sein. In bereits vorgeschädigten Häusern könnten auch größere Schäden aufgetreten sein. Meldungen hierüber liegen aber nicht vor.

Es gab mehrere schwächere Nachbeben, wobei das Hauptbeben wiederum als Nachbeben der katastrophalen Erdbebenserie vom Februar 2023 betrachtet werden kann, die in der Region extreme Verwüstungen verursachte und mehr als 57.000 Menschenleben forderte. Gut 316.000 Wohnungen wurden damals unbewohnbar und ca. 1,9 Millionen Menschen verloren ihr Zuhause. Die Region hat sich noch lange nicht von den Auswirkungen der Katastrophe erholt. Viele Menschen leben noch heute in Notunterkünften und Containerhäusern.

Die Ursache für die außerordentlich hohe Seismizität der Region liegt nach allgemeiner Auffassung in der Ostanatolischen Verwerfungszone begründet. Sie stellt die 1200 Kilometer lange Nahtstelle zwischen der Anatolischen und Arabischen Platte dar und zählt zu den aktivsten Störungszonen der Welt. Im Bereich der Küstentiefebene bei Adana, in der sich der Erdstoß gestern manifestierte, zweigt eine weitere bedeutende Störungszone von der Ostanatolischen Störung ab: die Levante-Störung. Einige Autoren machen sie für den Doppelschlag der beiden katastrophalen Erdbeben vom Februar letzten Jahres verantwortlich. Die Levante Störung ist genauso lang wie die Ostanatolische Verwerfung und verläuft von Nord nach Süd im Küstenbereich der Arabischen Halbinsel und mündet in den Ozeanischen Rücken des Roten Meeres, über das sie mit dem Ostafrikanischen Graben gekoppelt ist. Entlang der Levante-Störung stoßen mehrere Kontinentalplatten zusammen, doch die Prozesse entlang dieser Störungszone sind noch nicht gut verstanden.