Pflanzen geben Hinweise zu bevorstehenden Vulkanausbruch

Dass vulkanische Gase Pflanzen absterben lassen klingt logisch und ist hinlänglich bekannt. Jetzt berichtet eine neue Studie allerdings vom umgekehrten Effekt und er könnte sogar dazu genutzt werden, um Vulkanausbrüche vorherzusagen. Der Geophysiker Nicolas Houlié geht in seiner Studie noch ein Stück weiter und untersucht, ob Pflanzen nicht sogar den Ort einer bevorstehenden Eruption anzeigen könnten.

Streifen intensiven Pflanzenwachstums vor einem Vulkanausbruch

Im Jahr 2001 wurde auf Satellitenfotos des Ätnas eine Reihe von Pinien aufgespürt, die besonders grüne Nadeln hatten, was auf eine gesteigerte Photosynthese hindeutete. Wanderer am Boden konnten hingegen keine Veränderungen feststellen. Die Bäume wuchsen in einem 30 m schmalen Streifen, der eine Länge von gut 2 km hatte. Doch das verstärkte Pflanzenwachstum war nur von kurzer Dauer: im Herbst 2002 öffnete sich entlang des Vegetationsstreifens eine Eruptionsspalte und die Bäume vergingen in einem Lavastrom. Recherchen der Forscher ergaben, dass das gleiche Phänomen bereits einige Monate vor anderen Eruptionen aufgespürt wurde, etwa 1973, als Aufnahmen aus dem alten Skylab-Labor einen Streifen verstärkter Vegetation zeigten, entlang dessen sich einige Monate später eine Eruptionsspalte geöffnet hatte. Weitere Auswertungen von Satellitenfotos ergaben, dass das Phänomen auch vor der Ätna-Eruption von 2001 auftrat. Ebenso an anderen Vulkanen, wie z.B. am Nyiragongo im Kongo, der ebenfalls im Jahr 2001 eruptierte. Vor dem Ausbruch verstärkte sich das Pflanzenwachstum entlang der künftigen Eruptionsspalte. Doch was verstärkte das Pflanzenwachstum? Um dem Rätsel auf die Spur zu kommen, wurden Holzproben von überlebenden Bäumen genommen, die in einem Radius von 150 m um die Spalten standen. Die Wissenschaftler stellten die Hypothese auf, dass vulkanische Gase vermehrt Kohlenstoff an die Oberfläche transportierten, doch dass konnte anhand der Holzproben nicht nachgewiesen werden. Dafür stellte man eine geringere Konzentration an bestimmten Sauerstoffisotopen fest, was auf eine vermehrte Wasserzufuhr hindeutete. Sehr wahrscheinlich war es einfach der Wasserdampf, der mit den Gasen aufstieg und den Boden durchfeuchtete, wovon die Pflanzen profitierten.

Forscher entwickelten in den letzten Jahren weitere Methoden, um Hinweise aus der Natur zu interpretieren, mit denen Vulkanausbrüche vorhergesagt werden sollen. So rüstete man am Ätna Ziegen mit GPS Sendern aus, um aus ihren Bewegungsmustern auffälliges Verhalten abzuleiten, das auf einer bevorstehende Eruption hindeuten könnte. In der Vulkaneifel werden Ameisen beobachtet, ob sie ihre Ameisenhügel vermehrt dort bauen, wo Kohlendioxid aus dem Boden strömt. Einzeln für sich genommen, stellt keine der Methoden ein hinreichendes Kriterium für die Vorhersage einer Eruption dar, doch alle zusammen genommen, können den Wissenschaftler wichtige Hinweise liefern, ob sich am Vulkan ein Ausbruch zusammenbrauen könnte. (Quelle: https://doi.org/10.1029/2021EO210590)

Können Tiere Erdbeben vorhersagen?

Eine immer wieder aufkommende Frage ist, ob Tiere Erdbeben vorhersehen können? Es gibt zahlreiche Berichte von merkwürdigem Tierverhalten, bevor Erdbeben auftreten. Das Spektrum des Verhaltens, als auch das der involvierten Tierarten ist groß und reicht von Ameisen bis Ziegen. Laut Berichten aus China sollen Schlangen und Amphibien ihre Bauten verlassen haben, bevor ein starkes Erdbeben auftrat. Hunde bellen, Schafe und Ziegen spielen verrückt und Vögel verlassen die bedrohte Gegend.

Seriöse Forscher haben verschiedene Forschungsprojekte laufen, um dieser Frage auf den Grund zugehen: Ameisen sollen etwa Kohlendioxid-Ausgasungen vor einem Erdbeben, oder Vulkanausbruch erschnüffeln und durch seltsames Verhalten warnen. Am Ätna werden Ziegen mit GPS-Sender ausgestattet, damit man ihr Verhalten vor einer Eruption studieren kann. Nun präsentiert eine weitere Studie erste Ergebnisse: Wissenschaftler des GFZ-Potsdam untersuchten das Phänomen statistisch. Heiko Woith und seine Mitarbeiter studierten 180 Studien zum Thema und Analysierten 700 Berichte über auffälliges Tierverhalten vor Erdbeben, die bei 160 verschiedene Erdbeben gemacht wurden. Am Wahrscheinlichsten scheint die Theorie, dass die Tiere Vorbeben wahrnehmen und auf diese reagierten. Daher korrelierten die Wissenschaftler das Tierverhalten mit dem Auftreten von Vorbeben, die in einem Erdbebenkatalog (ISC-GEM) vermerkt sind. Untersucht wurden Erdbeben mit Magnituden größer als 5,5 zwischen den Jahren 2000 bis 2012. Man ist davon ausgegangen, dass entsprechende Erdbeben in einer Entfernung von 100 Kilometern für Tieren spürbar sind. Anschließend wurde für alle Erdbeben ab Magnitude 6 untersucht, ob es in diesem Umkreis und innerhalb von 60 Tagen Vorbeben gab. Das Resultat: bei 16 Prozent der Hauptbeben gab es diese Vorbeben. Nur einen Tag vorher wurden solche Warnbeben in 7 Prozent der Fälle registriert, eine Stunde vorher in 3 Prozent der Fälle. Heiko Woith meint zu den Beobachtungen: „Diese Verteilung in Raum und Zeit ist ähnlich der Verteilung von Auffälligkeiten im Verhalten von Tieren. Wir gehen davon aus, dass zumindest ein Teil der Fälle, wo Tiere als Erdbeben-Warner gehandelt werden, als Reaktion auf Vorbeben zu verstehen sind.“ Weitere Aussagen lassen sich nicht treffen, da die Berichte über das Tierverhalten zu ungenau sind und nicht wissenschaftlich dokumentiert wurden. Als verlässliches Frühwarnsystem lassen sich Tiere nach bisherigen Erkenntnisse nicht einsetzten, da könnte man auch versuchen, aus den Vorbeben selbst eine Prognose zu ziehen, was bisher nicht zuverlässig genug funktioniert. Allerdings kann es nicht schaden auf entsprechendes Tierverhalten zu achten, wenn man sich in einem Erdbebengebiet aufhält.

Andere Forscher sind da optimistischer: um Tiere besser per GPS beobachten zu können, schafften Wissenschaftler um Martin Wikelski (Max Planck Instituts für Ornithologie) gerade eine neue Antenne zur Internationalen Raumstation. Im Rahmen des ICARUS-Projektes sollen so Tierwanderungen besser beobachtet werden können. Dafür werden verschiedenste Tierarten mit GPS-Sendern ausgestattet. Darunter befinden sich Ziegen am Ätna. Bewegungsmuster sollen erstellt werden, um herauszufinden, ob sich die Ziegen vor einem Vulkanausbruch ungewöhnlich verhalten. Sollte dies der Fall sein, könnte man die Ziegen als Frühwarnsystem einsetzten. Erste Erfolge konnte man Bereits verbuchen: vor einem Ätna-Ausbruch waren die Ziegen ungewöhnlich aktiv.

Quelle: GFZ, MPI, Studie “Can Animals Predict Earthquakes?”, Heiko Woith, Gesa M. Petersen, Sebastian Hainzl, Torsten Dahm; Bulletin of the Seismological Society of America (2018)