Island: Erdbeben Mb 5,0 am Reykjanes-Ridge

Mittelstarkes Erdbeben Mb 5,0 erschüttert Reykjanes-Ridge bei Island – bis jetzt keine Auswirkungen auf Svartsengi

Am Morgen des 9. Dezember 2025 ereignete sich in der Region südwestlich von Reykjavík ein Erdbeben der Magnitude 5,0. Der Erdstoß mit einer Tiefe von etwa 10 Kilometern wurde um 10:12 Uhr UTC registriert und lag rund 328 Kilometer süd-südwestlich der isländischen Hauptstadt sowie etwa 286 Kilometer südwestlich von Grindavík. Trotz der Stärke des Erdbebens gibt es bislang keine Wahrnehmungsmeldungen, da das Epizentrum offshore und weit entfernt von besiedelten Regionen liegt.



Erdbeben Reykjanes-Ridge. © EMSC

Das Erdbeben manifestierte sich an jenem Teil des Mittelatlantischen Rückens, der als Reykjanes-Ridge bekannt ist: hierbei handelt es sich um jenen Teil des submarinen Gebirges, der bei Island aus der Tiefe des Ozeans aufsteigt und die gleichnamige Halbinsel bildet, auf der wir seit 2021 die intensive vulkanische Aktivität sahen. Die Insel liegt genau auf dem divergenten Mittelatlantischen Rücken, jener kontinentalen Naht, an der die Eurasische und die Nordamerikanische tektonische Platte auseinanderdriften. Dieses Auseinanderbrechen der Erdkruste führt regelmäßig zu Erdbeben und vulkanischer Aktivität, da hier Magma aus dem Erdmantel an die Oberfläche steigt und neue Kruste bildet.

Island ist somit nicht nur ein Stück Land, sondern eine lebendige Schnittstelle zweier Kontinentalplatten. Die kontinuierliche Bewegung von etwa zwei Zentimetern pro Jahr verursacht Spannungen in der Erdkruste, die sich immer wieder in Form von Erdstößen entladen, wie es heute wieder passiert ist.

Der Erdstoß stand zwar in einem tektonischen Zusammenhang mit den Geschehnissen auf der Reykjanes-Halbinsel, zeigte bis jetzt aber keine Auswirkungen auf die im Untergrund brodelnde magmatische Aktivität. Unter dem Svartsengigebiet hebt sich der Boden langsam weiter, wobei die aktuellen GNSS-Messwerte eine weitere Verlangsamung der Heberate andeuten. Entweder verlangsamt sie sich, weil aus dem tiefen Reservoir weniger Schmelze aufsteigt, oder weil der flach liegende Magmenspeicher aufgrund des hohen Gegendrucks der bereits vorhandenen Schmelze nicht mehr neues Magma aufnehmen kann. Theroretisch müsste der Druck groß genug sein um eine neue Eruption zu triggern.

Aufgrund des schlechten Wetters auf Island – heute Morgen gab es um Reykjavik herum Schneechaos – können schwache Erdbeben nicht detektiert werden, so dass die IMO-Shakemap ungewöhnlich leer ist.

Island: Neuer Gletscherlauf der Skafta hat begonnen

Neuer Gletscherlauf in der Skaftá auf Island: Einblick in ein verborgenes System unter dem Vatnajökull

Auf Island hat ein erneuter Gletscherlauf in der Skaftá eingesetzt. Der Fluss entwässert den Westen des Vatnajökull-Gletschers, unter dem der subglaziale Vulkan Grimsvötn verborgen liegt. Bereits in der Nacht zum Sonntag begann der Wasserstand des Flusses, langsam zu steigen, und stabilisierte sich im Verlauf des Montags. Der Abfluss bleibt bislang moderat, dennoch zeigt das Ereignis einmal mehr die komplexen Prozesse unter dem Vatnajökull, wo sich Schmelzwasser in zwei subglazialen Kavernen sammelt und in unregelmäßigen Abständen schlagartig entleert.

Gletscherlauf 2021

Unter dem Eis des Vatnajökull existieren zwei bedeutende Wasseransammlungen, die als östliche und westliche Skaftárkessel bekannt sind. In diesen Hohlräumen sammelt sich Schmelzwasser, das durch die geothermisch bedingte Eisschmelze entsteht, sodass sich über Monate oder Jahre hinweg große Wassermengen ansammeln können. Sobald der Wasserdruck eine bestimmte Schwelle übersteigt, hebt er die darüberliegende Eiskappe an und schafft sich einen schmalen Abflussweg. Das Wasser strömt dann in kurzer Zeit in die umliegenden Flussläufe, was sich an rasant steigenden Pegeln bemerkbar macht. Welche der beiden Kavernen diesmal der Auslöser ist, lässt sich aufgrund der ähnlichen chemischen Signaturen des austretenden Wassers derzeit noch nicht sicher feststellen. Fest steht, dass das Wasser stark nach Schwefelwasserstoff riecht, ein Indiz dafür, dass es sich tatsächlich um Schmelzwasser handelt, das infolge der geothermischen Aktivität des Vulkans entstanden ist.

Der Gletscherlauf auf Island ist im Kontext von Vnet von gewisser Relevanz, da die Entleerung eines solchen Schmelzwasserbeckens in seltenen Fällen den Druck im Untergrund so verändert, dass vulkanische Aktivität begünstigt wird: Durch die Druckentlastung auf den Boden und dem darunter befindlichen Magma können in seltenen Fällen Eruptionen des Grimsvötn getriggert werden, doch die meisten Gletscherläufe verlaufen ohne anschließende Eruption.

Der aktuelle Gletscherlauf in der Skaftá gilt als vergleichsweise mild, die Infrastruktur ist vorerst nicht gefährdet. Dennoch erinnern diese Vorgänge daran, wie aktiv und empfindlich das Zusammenspiel von Eis, Wasser und Vulkanismus im Inneren des Vatnajökull geblieben ist.

Island: Zwei Erdbeben im Dreierbereich unter Vatnajökull

Vatnajökull auf Island von Doppelbeben Mb 3,4 und 3,2 erschüttert – Bodenhebung bei Svartsengi geht weiter

Unter dem Vatnajökull im Osten Islands wurden heute gegen 10:10 UTC zwei Erdbeben mit den Magnituden 3,4 und 3,1 registriert. Sie folgten mit nur wenigen Minuten Abstand zueinander und hatten Herdtiefen von nur 600 Metern, was typischerweise dazu führt, dass Erschütterungen lokal deutlicher wahrgenommen werden können, auch wenn die Magnitude schwach bis moderat ist. Da die östliche Vatnajökull-Gegend aber unbewohnt ist, liegen keine Wahrnehmungsmeldungen vor.

Erdbeben Island. © EMSC/Leaflet

Das Epizentrum des stärkeren Bebens lag bei den Koordinaten 64,457° und –17,716°. Nächstgrößere Stadt ist Höfn, das ca. 123 Kilometer westlich der Epizentren liegt. Eher ungewöhnlich ist, dass sich die Beben nicht an einem der Vulkansysteme unter dem Gletscher manifestierten, sondern unter dem Randbereich des Gletschers. Dass die Beben nahe der Oberfläche lokalisiert wurden, könnte damit zusammenhängen, dass sie mit Eisbewegungen verknüpft sind. Wenig weiter westlich verläuft auch der Ostarm der isländischen Hauptstörungszone, die ebenfalls für derartige Erschütterungen verantwortlich gewesen sein könnte. Am 11. September wurde zuletzt ein ähnlich starker Erdstoß in der Region detektiert.

In den letzten Monaten wurde am Ostrand des Vatnajökulls eine leichte Bodenhebung detektiert, die sich zuletzt abschwächte und inzwischen stagniert – ein Vorgang, der für den Randbereich des größten Gletschers Islands nicht untypisch ist.

Bodenhebung und Erdbeben gibt es auch auf der Reykjaneshalbinsel, wobei sich die Hebung bei Svartsengi Anfang November abschwächte, seitdem aber weitestgehend konstant anhielt. Meiner Meinung nach müsste das Magmaspeichersystem voll und bereit sein, mit dem nächsten Ausbruch zu beginnen. Das Bodenhebungsniveau entspricht dem, das wir vor den meisten anderen Eruptionen gesehen haben. Die Seismizität liefert aber keine Anzeichen für einen unmittelbar bevorstehenden Vulkanausbruch, wobei mit einer seismischen Krise nur Minuten vor der Eruption zu rechnen ist. Dennoch steigerte sich vor den vorangegangenen Ausbrüchen bereits Tage vor der Eruption die Erdbebentätigkeit spürbar. Bis jetzt kommt es zwar immer wieder zu vereinzelten Erdbeben bei Grindavík und entlang von Sundhnúkur, doch von einer signifikanten Steigerung kann nicht die Rede sein. So ist es gut möglich, dass die Pause – die bereits jetzt die längste seit Beginn der Eruptionsserie ist – noch ein paar Tage anhält.

Island: Nächtliches Schwarmbeben bei Reykjanestá

Erdbebenschwarm erschüttert Südwestspitze von Reykjanes – stärkstes Beben Mb 3,3

Datum: 28.11.2025 | Zeit: 23:13:49 UTC | Koordinaten 63.629 ; -23.503 | Tiefe: 10 km | Mb 3,3

In der Nacht zum Samstag wurde das Reykjanes-Spaltensystem von mehreren Erdbeben an 2 Lokationen erschüttert. Zuerst bebte es 12.0 km westsüdwestlich von Geirfugladrangur, in der Nähe der kleine Insel Eldey. Hier manifestierte sich um 23:13:49 UTC das stärkste Beben der Serie: es hatte eine Magnitude von 3,3 und ein Hypozentrum in 10 Kilometern Tiefe. Es gab an dieser Stelle noch einige schwächere Erdbeben. In den Frühen Morgenstunden des Samstags ereignete sich dann kurz vor der Küste von Reykjanestá ein kleines Schwarmbeben. Hier gab es 12 Beben. Die beiden stärksten hatten die Magnituden 2,5 und 2,4. Die restlichen beben lagen im Bereich der Mikroseismizität.

Reykjanes. © IMO

Das Reykjanes-Spaltensystem – und besonders der Offshore-Teil – ist mit dem mittelatlantischen Rücken assoziiert, der sich auf der Reykjanes-Halbinsel an Land fortsetzt. Die Beben hier können rein tektonischer Natur sein, aber auch mit Fluidbewegungen im Zusammenhang stehen. Ebenfalls Fluidgesteuert könnte ein Mikrobeben unter Grindavik im benachbarten Svartsengi-Spaltensystem gewesen sein. Interessanterweise bebt es hier momentan am häufigsten unter der leidgeplagten Stadt, die vor 2 Jahren von starken Erdbewegungen heimgesucht und schwer beschädigt wurde. Generell bewegt sich die Seismizität im Svartsengigebiet auf niedrigem Niveau, obwohl sich hier der Boden hebt. Dass lässt darauf schließen, dass alles was tektonisch brechen konnte bereits gebrochen ist. Nach wie vor bleibt die Unsicherheit groß, wann es zum nächsten eruptiven Ereignis kommen wird.

Wandern wird auf unserer gedanklichen Reise auf Reykjanes ein Vulkansystem weiter nach Westen, sehen wir, dass es heute im Bereich des Fagradalsfjall eine leicht erhöhte Seismizität gibt: hier wurden 3 Mikrobeben detektiert. Ruhiger ist es indes im Krysuvik-System geworden, wo in den letzten 24 Stunden nur 2 Erschütterungen hinzu kamen.

Insgesamt registrierte IMO im Bereich des Reykjanes-Rückens innerhalb von 48 Stunden 40 Erschütterungen – kein Spitzenwert, aber ein Anzeichen, dass die seismovulkansiche Aktivität der Region weiter geht, auch wenn es im Jahresverlauf ruhiger geworden ist.

Island: Schwarmbeben am Öræfajökull

Schwarmbeben erschütterte den Öræfajökull im Vatnajökull-Gebiet

In der Nacht zum Mittwoch begann am höchsten Vulkan Islands – dem Öræfajökull – ein Schwarmbeben, das sich bis jetzt aus 16 schwachen Erschütterungen zusammensetzt und sich auch heute Vormittag mit einzelnen Beben fortsetzt. Das stärkste Beben hatte eine Magnitude von 2,1 und ein Hypozentrum in 4,2 Kilometern Tiefe. Das Epizentrum wurde 26,8 km nördlich von Hvannadalshnjúku verortet.

Öræfajökull

Erdbeben in dieser Vulkanregion des Vatnajökulls sind nicht völlig ungewöhnlich, kommen aber nicht so häufig vor wie etwa unter Bardarbunga oder Gimsvötn. Im Jahr 2018 gab es allerdings eine Phase signifikant erhöhter Aktivität, als es zu zahlreichen Schwarmbeben kam, die durch Bodenhebung ausgelöst wurden. Damals fürchtete man einen Ausbruch des Vulkans und erhöhte den Alarmstatus, doch nach einigen Monaten entspannte sich die Situation wieder.

Es bleibt abzuwarten, ob das Schwarmbeben ein isoliertes Ereignis bleibt oder ob sich in den nächsten Wochen vergleichbare Ereignisse wiederholen. Dann könnten die Beben andeuten, dass der Öræfajökull weiter auflädt.

Ähnlich verhält es sich mit einem weiteren subglazialen Vulkan Islands: Katla liegt unter dem Gletscher Mýrdalsjökull und zeigt ebenfalls immer wieder Phasen mit erhöhter Schwarmbebenaktivität. Anders als am Öræfajökull vermuten Wissenschaftler, dass es hier bereits zu kleineren Eruptionen unter dem Eis kommt. Diese bringen Gletscherfluten von Schmelzwasser hervor, wie sie zuletzt im Sommer festgestellt wurden. Unter dem Myrddalsjökull ereigneten sich in den letzten Stunden 12 schwache Erschütterungen – zu wenige, um auf einen subglazialen Vulkanausbruch hinzuweisen, genug, um den anhaltenden Aufheizungsprozess der Katla zu bestätigen.

Situation auf Reykjanes unverändert

Dagegen gibt es im Svartsengi-Gebiet auf Reykjanes immer noch wenige Erdbeben: Zwar werden täglich ein bis zwei Erschütterungen registriert, doch diese geben keinen Anlass zu glauben, dass die erwartete Eruption in Kürze beginnen wird. Die Bodenhebung hält aber auf vergleichsweise niedrigem Niveau an.

Im benachbarten Krysuvik-System gibt es zwar weiterhin eine erhöhte Seismizität, doch die Subsidenz (Bodensenkung) hat aufgehört und in den letzten Wochen ist sogar eine leichte Bodenhebung zu erkennen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Eruptionswahrscheinlichkeit im Svartsengi-Gebiet weiter hoch ist. Dennoch gibt es Anzeichen, dass sich der Magmenaufstieg aus der Tiefe reduziert hat. Möglicherweise, weil der Gegendruck im flachen Speichersystem zu groß geworden ist. Die Tätigkeit unter Krysuvik könnte aber auch andeuten, dass sie die Prozesse und Druckverhältnisse im tiefen Magmenkörper, dessen Zentrum unter Fagradalsfjall liegt, geändert haben. In diesem Fall sind zuverlässige Prognosen, wie es auf Reykjanes weitergeht, unmöglich zu erstellen.

Island: 17 Millionen Kubikmeter Magma angesammelt

Magmaakkumulation unter Svartsengi wächst weiter – Risiko für neuen Ausbruch bleibt hoch

Unter dem isländischen Vulkan Svartsengi nimmt das Magmavolumen weiter zu. Wie der Isländische Wetterdienst mitteilt, setzt sich die Magmaakkumulation seit dem letzten Ausbruch im Juli unvermindert fort. Die Zuwachsrate blieb zuletzt weitgehend konstant, sodass sich inzwischen rund 16 bis 17 Millionen Kubikmeter Magma unter dem System angesammelt haben. Damit nähert sich das Volumen jenem Wert, der nach bisherigen Erfahrungen einen erneuten Ausbruch wahrscheinlich macht.

Beim letzten Ausbruch am 16. Juli 2025 strömten zwischen 11 und 13 Millionen Kubikmeter Magma aus dem Reservoir unter Svartsengi und wurden in Form von Lava und Gas an der Sundhnúkur-Kraterreihe eruptiert. Die Vulkanologen gehen davon aus, dass ein neuer Ausbruch dann wahrscheinlicher wird, sobald sich ein vergleichbares Magmavolumen erneut angesammelt hat. Bereits Anfang Oktober hatten Modellrechnungen ergeben, dass dieses Niveau erneut erreicht wurde – seither befindet sich das Gebiet in einer Phase erhöhter Ausbruchsgefahr.

Gleichzeitig erschwert die aktuelle Entwicklung präzise Vorhersagen. Der Magmazufluss liegt nach IMO-Einschätzung derzeit bei etwa einem Kubikmeter pro Sekunde und hat im Vergleich zu den vorherigen Eruptionszyklen deutlich abgenommen. Es gilt: Je langsamer Magma aufsteigt, desto schwieriger ist es, den Zeitpunkt einer Eruption einzuschätzen. Die Fachleute betonen, dass sich der nächste Ausbruch bestenfalls im Rahmen mehrerer Monate eingrenzen lässt.

Im Mittel traten bei den Ausbrüchen seit März 2024 zwischen 21 und 23 Millionen Kubikmetern Magma aus Svartsengi aus. Sollte die derzeitige Akkumulationsrate konstant bleiben, wäre dieses Volumen nach Meinung der Forscher Anfang Februar 2026 erreicht. Die Modellrechnungen zeigen, dass das System weiterhin auf einen kritischen Schwellenwert zusteuert.

Meiner Einschätzung nach hat sich die Bodenhebung in den letzten Wochen zwar verlangsamt, aber wie man an dem Graphen zur Bodenhebung erkennen kann, entlud sich bei der letzten Eruption nicht das komplette Magmenreservoir und es verblieb einiges an Restschmelze im Magmenkörper. Daher ist der Druck im Magmenkörper bereits jetzt wieder auf hohem Niveau und ein Ausbruch sollte deutlich vor Februar einsetzen.

Während in Svartsengi und Grindavík lediglich geringe seismische Aktivität registriert wird, hat sich die Bodenabsenkung im benachbarten Krýsuvík nahezu stabilisiert. Die Gefahrenkarte bleibt vorerst unverändert und wird am 9. Dezember erneut überprüft. Die Behörden beobachten die Lage aufmerksam – ein neuer Ausbruch bleibt möglich.

Island am 19.11.2025: Schwarmbeben bei Reykjanes

Schwarmbeben vor der Südwestspitze von Reykjanes – Mehr als 200 Beben seit gestern Abend

Gestern Abend begann gegen 21:00 UTC ein Schwarmbeben vor der Küste der Westspitze von Reykjanes. Seitdem manifestierten sich mehr als 200 Erschütterungen mit Magnituden kleiner als 3. Die stärkste Magnitude wird mit Mb 2,3 angegeben. Die Erdbebenherde streuen, liegen aber überwiegend vergleichsweise flach, in weniger als 10 km Tiefe. Die Epizentren bilden einen Cluster ca. 6 km südwestlich von Reykjanestá, jenem Ort, der für seinen Leuchtturm bekannt ist.

Island. © IMO

Laut Aussage von IMO-Naturgefahrenspezialistin Bryndís Ýr Gísladóttir gegenüber der Lokalpresse sind Schwarmbeben in dieser Region seit der Reaktivierung der Aktivität auf Reykjanes nicht selten und stellen keine unmittelbare Gefahr für die Bevölkerung dar, obgleich die stärksten Erschütterungen in der Region gespürt werden konnten.

Meiner Erfahrung nach kommt es zu stärkeren Schwärmen in diesem Bereich des Reykjanes-Spaltensystems, je näher die Eruption bei Svartsengi rückt, das nur wenige Kilometer vom Reykjanes-System entfernt liegt.

Die Bodenhebung bei Svartsengi schwächte sich in den letzten Tagen leicht ab, geht aber dennoch weiter. Sie hat inzwischen Größen erreicht, die typisch für den Beginn einer neuen Eruption oder Gangintrusion sind. Demnach kann der erwartete Ausbruch nun jederzeit einsetzen, ohne dass es zu weiteren Vorwarnzeichen kommt, wenn man den heutigen Schwarm bei Reykjanestá nicht als solches interpretieren will. Bereits vor den letzten Eruptionen wurde die direkte Vorwarnzeit, die durch den Beginn einer seismischen Krise bei Svartsengi gekennzeichnet war, immer kürzer und lag zuletzt bei deutlich unter einer Stunde. Etwas mehr Zeit verschafft die Beobachtung der Drucksteigerung in Bohrlöchern des Geothermalkraftwerks Svartsengi.

In den letzten Tagen gab es nicht nur Erdbeben auf der Reykjanes-Halbinsel, sondern auch unter dem Mýrdalsjökull mit der Katla und an der westlich gelegenen Hekla. Im Umfeld dieses Vulkans auf Südisland gibt es eine leichte Bodenhebung von ca. 20 mm. Möglich, dass wir hier den übernächsten Ausbruch auf Island sehen werden. Der Aufheizungsprozess der Hekla verläuft typischerweise vergleichsweise still und bereits vereinzelt auftretende Beben gelten als Hinweis hierauf.

Island: Kollaps des Golfstroms befürchtet

KI-generiertes Bild anhand eines realen Fotos von Reykjavik. © Marc Szeglat

The Day after Tomorrow: Island erklärt möglichen Abriss der AMOC als Nationale Bedrohung

Wer erinnert sich nicht an die dramatischen Szenen aus dem Film „The Day after Tomorrow“, als Regisseur Roland Emmerich im Jahr 2004 New York einfrieren ließ? Als Grund für die neue Eiszeit postulierte der Regisseur und Drehbuchautor den Zusammenbruch der AMOC (Atlantische Meridionale Umwälzzirkulation), einem marinen Strömungssystem im Atlantik, zu dem auch der Golfstrom gehört. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen, dass dieses Szenario im 21. Jahrhundert deutlich wahrscheinlicher wird als man bislang angenommen hat. Was damals vielfach als Vision eines Filmemachers belächelt wurde, könnte bereits in wenigen Jahrzehnten Realität werden. Eine Prognose, auf die Island mit der Deklarierung einer „nationalen Sicherheitsbedrohung“ reagierte. Politiker sprechen von einer „existentiellen Gefahr für Klima und Gesellschaft“.

Das vergleichsweise milde Klima Islands hängt maßgeblich von einem komplexen Netzwerk warmen Wassers ab, das vom Atlantik her Wärme nach Norden transportiert. Ohne diese Strömungen wäre Island – und gesamt Nord- und Mitteleuropa – deutlich kälter und stürmischer, so der isländische Umwelt-, Energie- und Klimaminister Jóhann Páll Jóhannsson. Die AMOC funktioniert dabei wie ein riesiges Förderband: Kaltes Wasser aus der Polarregion fließt in der Tiefe des Atlantiks in den Süden und verursacht einen oberflächennahen Rückstrom warmen Wassers aus den Tropen. Infolge des vermehrten Süßwassereintrags in den Atlantik durch das klimawandelbedingte Schmelzen arktischer Gletscher droht das Förderband der AMOC aus dem Gleichgewicht zu geraten und könnte kollabieren.

Die Wahrscheinlichkeit hierfür wird in neuen Studien als besorgniserregend hoch eingestuft: Sollte wider Erwarten das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens erreicht werden, liegt die Wahrscheinlichkeit eines AMOC-Abrisses bei 25%. Doch an ein Erreichen dieser Klimaschutzziele glaubt kaum noch jemand. Verharren die globalen CO₂-Emissionen auf aktuellem Niveau, beträgt sie etwa 37 % und folgen die Emissionen dem derzeitig steigenden Trend, liegt die Wahrscheinlichkeit eines AMOC-Versagens bei rund 70 %. In diesem Jahrhundert wohlgemerkt. Selbst wenn es nicht zu einem vollständigen Abriss der AMOC kommt, ist die Wahrscheinlichkeit einer Abschwächung sehr groß. Bereits eine signifikante Abschwächung des Warmwasserrückstroms wäre so, als würde man die Heizung Europas zurückdrehen.

Ein Kollaps der AMOC hätte nicht nur für Island gravierende Folgen. Laut Forschenden könnten in Teilen Mitteleuropas die Temperaturen um fünf bis 15 Grad sinken, was eine „moderne Eiszeit“ bedeuten würde. Darüber hinaus drohten massive globale Wetter- und Klimaveränderungen: ein Anstieg des Meeresspiegels an der US- und europäischen Ostküste, Störungen der Monsunsysteme in Afrika und Asien sowie eine mögliche Ausbreitung von Meereis bis nach Großbritannien. Island selbst könnte in eine starke regionale Abkühlung geraten und zeitweise von Meereis umgeben sein.

Im August informierte Minister Jóhannsson die Regierung über neue Forschungsergebnisse, die ernste Zweifel an der Stabilität der AMOC äußerten. Bereits im September stufte der Nationale Sicherheitsrat Islands den möglichen Zusammenbruch erstmals als nationale Sicherheitsbedrohung ein – ein Novum für klimabedingte Risiken im Land. Diese Einstufung fordert nun eine koordinierte und hochrangige Reaktion der Regierung, um Präventions- und Anpassungsstrategien zu entwickeln.

Der Minister warnt eindringlich: „Das Klima könnte sich so drastisch verändern, dass eine Anpassung unmöglich wird.“ Für Island, dessen Wirtschaft stark von der Fischerei abhängt, wäre ein Zusammenbruch ein „existenzielles Risiko“. Auch Mitteleuropa steht vor schweren Herausforderungen, während sich die globale Klimakrise weiter zuspitzt.

Die Auswirkungen einer kleinen Eiszeit wären weltweit spürbar – von zerstörten Ernten bis zu katastrophalen Überschwemmungen. In Deutschland wäre mit einem Klima ähnlich wie auf Kamtschatka zu rechnen: kalte, schneereiche Winter die bis in den Frühling dauern und nur eine kurze Vegetationsperiode während des Hochsommers.

(Quellen der wichtigsten Studien zum potenziellen AMOC-Amok:

Smolders, E. J. V., van Westen, R. M., & Dijkstra, H. A. (2024). Probability estimates of a 21st-century AMOC collapse. arXiv:2406.11738. https://arxiv.org/abs/2406.11738

van Westen, R. M., Vanderborght, E. Y. P., Kliphuis, M., & Dijkstra, H. A. (2024). Substantial risk of 21st century AMOC tipping even under moderate climate change. arXiv:2407.19909. https://arxiv.org/abs/2407.19909

Bellomo, K., Meccia, V., Fabiano, F., D’Agostino, R., Corti, S., & von Hardenberg, J. (2023). Influence of the Atlantic Meridional Overturning Circulation on future climate change impacts. In: Proceedings of the XXVIII General Assembly of the IUGG. Potsdam: GFZ German Research Centre for Geosciences. DOI: 10.57757/IUGG23-0905)

Island: 3 Erdbebenschwärme auf Reykjanes

Reykjanes von 3 kleineren Schwarmbeben erschüttert – Bodenhebung bei Svartsengi hält an

Heute gab und gibt es auf der isländischen Reykjanes-Halbinsel drei kleinere Erdbebenschwärme, sodass insgesamt 62 Beben registriert wurden. Die Schwärme verteilen sich auf unterschiedliche Spaltensysteme, sparen das Svartsengi-Gebiet aber weiterhin aus. Dort hält die Bodenhebung weiter an, auch wenn sie sich leicht abgeschwächt hat.

Diese Abschwächung ist nicht untypisch für ein Stadium fortgeschrittener Magmenakkumulation: Sie kann durch den hohen Druck im oberen Magmenspeichersystem verursacht werden, der es aufsteigendem Magma erschwert, in den Magmenkörper einzudringen. Eine ähnliche Phänomenologie wurde bereits vor mehreren Eruptionen entlang der Sundhnúkur-Eruptionsspalte beobachtet. Natürlich ist es auch möglich, dass aus dem tieferen Magmenspeicher tatsächlich weniger Schmelze aufsteigt – eine Hypothese, die von einigen isländischen Geowissenschaftlern seit Längerem vertreten wird. Die nächsten Tage und Wochen werden zeigen, ob dem so ist oder ob die Aktivität weiter anhält und letztlich in dem erwarteten Vulkanausbruch gipfeln wird.

Die drei beschriebenen Schwarmbeben manifestierten sich in den Störungssystemen von Reykjanes, Krýsuvík und Hengill. Die Erdbeben im letztgenannten System stehen möglicherweise mit dem Geothermalkraftwerk Hellisheiði in Verbindung und könnten menschengemacht sein. Allerdings gibt es dort auch natürliche geothermale Erscheinungen, und der Aufstieg von Fluiden könnte Störungszonen ebenfalls aktiviert haben.

Der Erdbebenschwarm im Krýsuvík-System ist seit Wochen mal mehr, mal weniger aktiv, und es gibt verschiedene Spekulationen über seine Ursache: Seit dem Sommer senkte sich der Boden um fast 60 mm, und diese Subsidenz könnte die Beben ausgelöst haben. Einige Geoforscher sehen die Ursache der Erschütterungen in einer Verringerung des Drucks infolge von Probebohrungen für die Geothermie. Seit einigen Tagen deuten die Messdaten zudem auf einen abrupten Stopp der Subsidenz hin und zeigen sogar einen gegenteiligen Effekt. Alles in allem könnten Druckänderungen im Hydrothermalsystem hinter den Erdbeben stecken.

Tektonischer Hintergrund:

Die Reykjanes-Halbinsel markiert den Übergangsbereich zwischen dem Mittelatlantischen Rücken und der kontinentalen Kruste Islands. Statt einer einzelnen, klar definierten Riftzone existiert hier ein Mosaik aus mehreren schräg verlaufenden Spalten- und Störungssystemen, die in Segmenten versetzt zueinander liegen. Diese Segmentierung entsteht durch die Kombination von Dehnung und seitlicher Scherung, denn die Plattenbewegung verläuft nicht senkrecht zum Rücken, sondern schräg dazu. Deshalb treten Erdbeben häufig in Form kleinerer Schwärme auf, die sich entlang dieser Störungszonen ausrichten. Die periodische Freisetzung tektonischer Spannungen spielt eine wesentliche Rolle im Reykjanes-Feuerzyklus, bei dem tektonische und magmatische Prozesse eng ineinandergreifen und die Region in Phasen von Jahrzehnten bis Jahrhunderten aktivieren.