Schweiz: Gletscherbruch und Bergsturz im Lötschental

Gletscherbruch löst Bergsturz im Lötschental aus- Dorf Blatten teilweise verschüttet und zerstört

Blatten, 28.05.2025Im Schweizer Kanton Wallis ist bei Blatten im Lötschental eingetreten, wovor man sich seit letzter Woche fürchtete: Ein massiver Abbruch des Birchgletschers hat eine gewaltige Lawine aus Geröll, Eis und Schlamm ausgelöst, die große Teile des Dorfes verschüttet hat. Zuvor war es zu einer Vielzahl von Felsstürzen gekommen, bei denen Material vom Kleinen Nesthorn abbrach und sich auf dem Gletscher ansammelte. Der Bergsturz verursachte laut Medienberichten ein Erdbeben Mb 3,1.

Blatten ist Geschichte.

Nun wurde der südliche Bereich des Lötschentals stark verwüstet: Zahlreiche Gebäude – darunter auch die Kirche – wurden zerstört. Laut Behörden gibt es derzeit keine Verletzten, allerdings wird eine Person vermisst. Die 300 Dorfbewohner waren bereits vor neun Tagen evakuiert worden.

Die Geröllmassen des Bergsturzes verschütteten auch den Fluss Lonza und bilden einen natürlichen Staudamm. Die Lonza führt momentan zwar nicht viel Wasser, trotzdem staut es sich hinter dem Damm auf und es könnte zu Überflutungen kommen.

Gemeindepräsident Matthias Bellwald sprach gegenüber den Medien von einem „unvorstellbaren Ereignis“, betonte aber, dass man den Mut nicht verliere: „Wir haben das Dorf verloren, aber nicht das Herz.“ Er kündigte an, alles Menschenmögliche zu tun, um Blatten wieder aufzubauen.

Auch die Walliser Kantonsregierung zeigte sich tief betroffen. Staatsrat Franz Ruppen sprach von einer «totalen Katastrophe», die über alle bisherigen Befürchtungen hinausgehe.

Zur Unterstützung wurde die Armee angefordert. Ein Erkundungsteam wurde bereits aktiviert, um die Lage vor Ort zu beurteilen und mögliche Hilfseinsätze zu planen. Der Luftraum über Blatten wurde gesperrt.

Die Lage bleibt weiterhin angespannt: Der Gletscher bewegt sich noch und die Gefahr weiterer Murgänge besteht. Die Behörden warnen eindringlich davor, das evakuierte Gebiet zu betreten.

Die Felsstürze vom Kleinen Nesthorn und der Gletscherabbruch in Blatten sind das Ergebnis eines komplexen Zusammenspiels von geologischen Instabilitäten und klimatischen Veränderungen. Die fortschreitende Klimaerwärmung und der damit verbundene Permafrostverlust erhöhen das Risiko solcher Ereignisse in den Alpen und anderen Gebirgsregionen signifikant. Die Entwicklung kam nicht überraschend, denn bereits 1990 wurde das Kleine Nesthorn für instabil erklärt. Seitdem steht es unter besonderer Beobachtung.

In der Schweiz gibt es mindestens 3 weitere Berge, an denen Vergleichbares wie am Kleinen Nesthorn droht. Doch nicht nur hier taut der Permafrost, sondern auch in Österreich und Norwegen, wo es ebenfalls instabile Felswände gibt, die besonders überwacht werden.

Island: Erdbeben und Bodenhebung am 28.05.2025

Weitere Erdbeben auf Reykjanes und Snaefellsnes – Bodenhebung geht weiter

Während des starken Erdbebenschwarms, der sich am Wochenende westlich von Reykjanes ereignete – und immer noch nicht ganz vorbei ist –, war es auf der Halbinsel aus seismischer Sicht relativ ruhig, wobei es sein kann, dass bei der allgemeinen Unruhe schwache Erdbeben bei Svartsengi nicht aufgezeichnet wurden. In den letzten 24 Stunden wurden aber wieder einige Erschütterungen im südlichen Abschnitt des Svartsengi-Gebiets detektiert. Sie tangierten auch Grindavik.

Bodenhebung bei Svartsengi. © IMO

Obwohl die Seismizität bei Svartsengi und Sundhnukur wenig spektakulär ist, sieht es mit der Bodenhebung anders aus. Zwar würde ich nicht unbedingt so weit gehen, sie als spektakulär zu bezeichnen, doch die Hebegeschwindigkeit des Bodens entspricht jener vom Sommer letzten Jahres und ist somit höher, als es vor der letzten Eruption der Fall gewesen ist. Anzeichen, dass sich die Aktivität kurz- und mittelfristig abschwächt, so wie es von einigen Vulkanologen prognostiziert wird, kann ich momentan nicht erkennen. An der Messstation SENG hob sich der Boden in den letzten 7 Wochen um 200 mm. Die Hebung dürfte – bei gleichbleibender Geschwindigkeit – Mitte Juni auf dem Niveau wie vor der Eruption Anfang Mai ankommen. Ab diesem Zeitpunkt steigt die Eruptionswahrscheinlichkeit deutlich an. Signifikant erhöht ist sie dann etwa einen Monat später, also zur Hauptreisezeit auf Island. Die Ausbrüche störten bis jetzt zumindest nicht den Flugverkehr in Keflavik und auch der Highway nach Reykjavik blieb bis jetzt von den Auswirkungen der Eruptionen verschont, so dass Touristen wahrscheinlich auch im Falle eines Vulkanausbruchs entlang der Sundhnukur-Kraterreihe unbehelligt bleiben dürften.

Die Seismizität im Bereich des Grjotarvatn auf der Snaefellsnes-Halbinsel bleibt deutlich erhöht: Innerhalb von 24 Stunden manifestierten sich dort gut 25 Erschütterungen, die überwiegend Magnituden im Bereich der Mikroseismizität hatten. Stärkste Erschütterung brachte es auf Mb 1,8 in 17 Kilometern Tiefe. Aufgrund des tiefen Hypozentrums ist es wahrscheinlich, dass das Beben einen Bezug zu Fluidbewegungen hatte. Obgleich die Vulkanologen das Areal genau im Blick haben, lässt sich bis jetzt nicht vorhersagen, ob und wann es zu einem Vulkanausbruch in dem Gebiet bei Borganes kommen wird.

Mexiko: Erdbebenserie bei Revilla Gigedo Inseln

Erdbebenserie erschüttert mexikanisches Inselparadies Revilla Gigedo – Stärkstes Beben Mw 5,9

Datum: 28.05.2025 | Zeit: 01:30:39 UTC | Koordinaten: 19.770 ; -109.060 | Tiefe: 4 km | Mw 5,9

Cabo San Lucas, 28.05.2025Vor der Westküste Mexikos ereignete sich eine Erdbebenserie, die bis jetzt aus 12 Einzelbeben besteht. Die beiden stärksten Erschütterungen hatten die Magnituden 5,9 und 5,8. Die Hypozentren lagen in 4 und 13 Kilometern Tiefe. Das schwächste Beben brachte es auf Mb 3,9.

Erdbeben bei Revilla-Gigedo. © EMSC

Die Epizentren wurden dem Revilla-Gigedo-Archipel zugeordnet, das 380 Kilometer südwestlich der Baja California liegt. Nächstgelegener Ort an der Südspitze von Baja ist Cabo San Lucas in 358 Kilometern Entfernung.

Wahrnehmungsmeldungen liegen nicht vor, doch aus vulkanotektonischer Sicht sind die Erdbeben von Interesse: Das Revilla-Gigedo-Archipel ist vulkanischen Ursprungs und liegt westlich der Rivera-Mikroplatte, die von einigen Transformstörungen und dem Mittelamerika-Graben begrenzt wird. Die Erdbeben manifestierten sich an der Rivera-Fracture-Zone (RFZ), bei der es sich um eine rechtsinnige Blattverschiebung handelt. In dieser Beziehung gleicht die Störung dem San-Andreas-Fault, in dessen Verlängerung sich die RFZ befindet.

Der vulkanische Inselbogen des Revilla-Gigedo-Archipels liegt ca. 230 Kilometer von den Epizentren entfernt und besteht aus 4 größeren und mehreren kleinen Inseln, die allesamt unbewohnt sind, sieht man einmal von einer kleinen Marinebasis auf der größten Insel Socorro ab. Auf Soccoro liegt der 1050 m hohe Schildvulkan Mount Evermann, der zuletzt 1951 sowie von 1993 bis 1994 eruptierte. Über den Aktivitätsstatus des wenig erforschten und nicht weiter überwachten Vulkans ist mir nichts bekannt, doch es ist nicht ausgeschlossen, dass sich die Erdbeben an der RFZ auf die Aktivität des Vulkans auswirken könnten.

Die letzte Meldung zum Mount Evermann, die beim GPV einzusehen ist, stammt aus dem Jahr 1995. Damals wurde beschrieben, dass es 7 Fumarolen und einige heiße Quellen gibt, die von den Nachwirkungen der schwachen Eruptionen ein Jahr zuvor zeugen.

Campi Flegrei: Fluchtrouten werden zugebaut

Vom Marcellum aus sieht man die eng zusammenstehenden Wohnkomplexe von Pozzuoli. © Marc Szeglat

Baumaßnahmen versperren Evakuierungsroten in Pozzuoli – Weitere Erdbeben in den Campi Flegrei

In der süditalienischen Caldera Campi Flegrei bleibt die Situation angespannt: Seit gestern gab es 19 weitere Erdbeben, die zwar alle nur von geringer Magnitude im Bereich der Mikroseismizität waren, aber von der weiteren Druckbeaufschlagung des Vulkansystems zeugen. Nach wie vor ist es nicht hundertprozentig klar, ob nur das oberflächennahe Hydrothermalsystem zusehends unter Druck gerät oder ob auch das magmatische Fördersystem als Ganzes eine Drucksteigerung erfährt. Ich bin der Meinung, dass eine Druckzunahme im Hydrothermalsystem tiefere Prozesse widerspiegelt. Möglich, dass der Druck im Hydrothermalsystem schneller steigt als im darunter liegenden magmatischen System, doch irgendwoher müssen ja die Fluide kommen, die das Hydrothermalsystem zusehends unter Druck setzen.

Die Fortsetzung des allgemeinen Trends zur Druckbeaufschlagung des Systems bestätigen die ING-Forscher in ihrem jüngsten Wochenbericht für den Beobachtungszeitraum 19. – 25. Mai. In dieser Woche gab es 23 schwache Erdbeben und die Bodenhebung setzte sich mit einer Geschwindigkeit von 15 mm pro Monat fort. Seit Beginn der Hebungsphase im Jahr 2005 sind so gut 1465 mm Bodenhebung zusammengekommen, wobei sich die Hebegeschwindigkeit in den letzten Jahren immer weiter steigerte. Es ist die dritte Hebungsphase der letzten 100 Jahre und sie unterscheidet sich in ihrer Dauer signifikant von den Vorgängern, die nur 2 Jahre dauerten. Die aktuelle Phase dauert also bereits 10 Mal zu lange, verläuft im Ganzen aber langsamer ab als die vorherigen.

Anstieg der Kohlendioxid-Emissionen. © INGV

Bemerkenswert ist der hohe Kohlendioxid-Ausstoß, der im Rahmen des letzten starken Erdbebenschwarms in die Höhe schoss, um anschließend wieder auf das vorherige Niveau zurückzukehren. Besonders auffällig ist das an der Pisciarelli-Messstation Station V07 zu beobachten gewesen, wo sich der Wert von 11.000 g/m²/tag mehr als verdoppelte und Höchstwerte angenommen hatte.

Die Aktivitätssteigerung des Calderavulkans wird auch klar, wenn man sich die Anzahl der Erdbeben anschaut, die im Jahresverlauf registriert wurden: Im letzten Jahr wurden 4900 Beben lokalisiert. In den ersten 5 Monaten dieses Jahres waren es bereits 3450.




Fluchtrouten werden zugebaut

In der letzten Woche gab es eine weitere Konferenz im Senat, bei der der Präsident des Zivilschutzes gehört wurde. Präfekt Fabio Ciciliano stellte klar, dass die im Evakuierungsplan festgelegten Fluchtrouten in Pozzuoli und anderen Gemeinden der Campi Flegrei an Bedeutung verlieren, da um sie herum neue Baumaßnahmen durchgeführt werden, die die Fluchtrouten beeinträchtigen.

Generell wird angezweifelt, dass im Notfall eine schnelle Evakuierung des Gebiets möglich ist, insbesondere wenn erst evakuiert wird, nachdem es zu einem starken Erdbeben oder Vulkanausbruch gekommen ist. Trümmer oder Ascheablagerungen könnten die teils schmalen Straßen in Pozzuoli blockieren und unpassierbar machen. Das Foto oben zeigt, die eng beieinander stehenden Wohnhäuser von Pozzuoli. Brücken und Rampen sind Schwachstellen der Infrastruktur. Noch schlimmer sieht es mit den Gemeinden östlich von Pozzuoli aus: Wichtige Zugangsstraßen verlaufen durch Tunnel unter die Schlackenkegel hindurch, die nicht nur Nadelöhre darstellen, sondern besonders schnell blockiert werden könnten.