Campi-Flegrei-Neue Studie sieht Ausbruchsrisiko

Neue Studie attestiert dem süditalienischen Caldera-Vulkan Campi Flegrei ein erhöhtes Ausbruchsrisiko

Seit einigen Tagen geistert eine neue Studie italienischer Forscher durchs Netz, die den Calderavulkan Campi Flegrei unter die Lupe nahm. Mit Hilfe der natürlich auftretenden Erdbeben wurde das Verhalten der Gesteinsschichten untersucht, die bislang eine undurchdringliche Barriere für das Magma bildeten.

Der Vulkan bildet eine 15×12 Kilometer durchmessende Caldera, die einen großen Teil des Golfs von Pozzuoli einnimmt und sich auch an Land ausbreitet. Während der eigentliche Calderarand nur für Experten sichtbar ist, verdeutlichen mehrere Schlackenkegel und Kraterseen auch dem Laien, dass man sich in einem Vulkangebiet aufhält. Auf Deutsch wird das Areal Phlegräische Felder genannt, was verdeutlich, dass sich die Namensgeber zwar des vulkanischen Charakters des Gebiets bewusst waren, aber nicht unbedingt, dass man sich im Inneren einen großen Vulkans befindet. In direktem Umkreis des Vulkans leben mehr als 360.000 Menschen; viele von ihnen leben mitten im Vulkan. Vor gut 38.000 Jahre brach er in einer gigantischen Eruption aus, die heute sehr wahrscheinlich jeden der Anwohner töten würde und auch über die Todeszone hinaus das Leben in weiten Teilen Europas massiv beeinflussen würde. Seitdem gab es mehrere normalgroße Vulkanausbrüche. Der letzte ereignete sich 1538. Damals entstand der Schlackenkegel Monte Nuovo. Der bekanntere Solfatara-Krater eruptierte im Jahr 1158. Heute finden sich in seinem Gebiet die beeindruckendsten postvulkanischen Erscheinungen.

Die Campi-Flegrei ist überdies für ein Phänomen bekannt, das Bradyseismos genannt wird: es kommt zu mehrjährigen Phasen, während derer sich der Boden um mehrere hebt und anschließend wieder langsam absinkt. Die Bodendeformationen gehen einher mit einer starken Seismizität. Es kommt zu Tausenden schwachen Erdbeben, die meistens im Bereich der Mikroseismizität liegen, aber auch die Wahrnehmbarkeitsschwelle überschreiten können und Magnituden im 3er-Bereich haben. Die Bodenhebungen werden von magmatischen Fluiden (Gas und Wasser) verursacht, die sich im Untergrund ansammeln und teilweise an der Oberfläche austreten. Um sich in den oberflächennahen Gesteinsschichten ansammeln zu können oder an der Oberfläche zu entweichen, müssen die Fluide fast undurchdringliche Sedimentschichten durchqueren. Die stabilste dieser Schichten liegt in 2,5 km Tiefe. Die Schichten dichten die Caldera nach oben ab, so dass Magma nicht aufsteigen kann, sondern sich in ca. 8 km Tiefe unter den Sedimentschichten ansammelt. Dadurch steigt der Druck im Magmenkörper und die Gesteinsschichten geraten unter Spannungen. Auf diese Spannungen kann Gestein auf zwei Arten reagieren: durch Verformung und Bruch. Meistens verhält es sich so, dass auch das härteste Gestein eine gewisse Elastizität besitzt und sich unter Spannungen erst einmal verformt. Diese Verformung kann sich an der Erdoberfläche in einer Anhebung des Bodens manifestieren, besonders, wenn ein großes Areal betroffen ist, dass under Spannungen gerät. Gesteine, auch mehrere Kilometer mächtige Gesteinsschichten, sind bis zu einem gewissen Punkt verformbar, aber sobald ein Schwellenwert überschritten ist, kommt es zum Bruch des Gesteins. Als erstes brechen Zonen, die bereits geschwächt sind und wo die Spannung am stärksten einwirkt. Es bilden sich Risse, die nicht nur für Gas und Wasser durchlässig sind, sondern auch für Magma.

Die besagte Studie untersuchte nun die Spannungsverhältnisse der Campi Flegrei und kam zu dem Schluss, dass die Deckelschichten der Caldera bis zum Sommer 2020 auf steigende Spannungen verformbar -der Fachmann spricht von duktil- reagierten. Seitdem kommt es vermehrt zum Bruch der Gesteine, was sich in stärkeren Erdbeben in Tiefen unterhalb von 2 km äußert. Es bilden sich Frakturen, durch die Magma aufsteigen könnte. Allerdings sind die Risse noch zu fein, als dass kurzfristig mit einer Eruption zu rechnen ist. Die Forscher stellten drei Szenarien auf, was ihrer Meinung nach passieren könne:

a) Es entsteht ein neues Gleichgewicht der Spannungen im Untergrund infolge eines erhöhten Fluidstrom in der Kruste und der Boden senkt sich wieder ab.

b) Der Strom magmatischer Fluide fluktuiert in der Kruste und es bilden sich Risse, die durch Mineralisation aus den Fluiden wieder verschlossen werden. Es kommt zu einer Abfolge langsamer Hebungs- und Absenkungsphasen. Als Beispiel für dieses Szenario werden die Vorgänge der Yellowstone-Caldera herangezogen, doch Meiner Meinung nach treffen sie ja genau auch auf die Ereignisse der Campi-Flegrei zu, denn wir befinden uns in der 4. Hebungsphase seit Beginn des 20. Jahrhunderts. Zwischen den Hebungsphasen gab es bis jetzt 3 Phasen der Bodenabsenkung.

c) Die Hebung hält an und die Deckelschichten brechen vollständig- eine unmittelbare Folge wären phreatische Eruptionen, wenn die akkumulierten Fluide durchbrechen. Dieses Szenario könnte dann auch in einem magmatischen Vulkanausbruch gipfeln. Das Kluftsystem bei Sofatara-Pisciarelli ist ein bevorzugter Ort für einen Bruch, so die Forscher.

Im Endeffekt bestätigt diese Studie was man bereits ahnte: der Vulkan könnte langfristig betrachtet wieder ausbrechen. Wie groß eine Eruption werden wird ist noch nicht abzuschätzen. Genausogut kann es aber noch Jahrzehnte, oder Jahrhunderte mit dem Bradyseismos weitergehen, ohne dass es zu einem Vulkanausbruch kommt. Aufgrund der beobachteten Rissbildungen scheint das Ausbruchsrisiko höher zu sein, als es von vielen Fachleuten bislang angenommen wurde.

Zusammenfassung:

  • Zunahme von Erdbeben in Tiefen unterhalb von 2,5 km deuten auf Rissbildungen im Gesteinsdecke hin.
  • Die Risse könnten sich zu größeren Brüchen erweitern.
  • Durch die Brüche könnte Magma aufsteigen.
  • Es könnte zum Vulkanausbruch kommen.

(Quelle der Studie: nature.com)

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Was ist der Unterschied zwischen duktil und spröde?

Der Geologe unterscheidet zwischen sprödem und duktilem Verhalten von Gesteinen. Der Begriff „duktil“ bezieht sich auf die Fähigkeit eines Gesteins, sich unter Druck oder Zug zu verformen, ohne zu brechen. Es bezeichnet die plastische Verformbarkeit eines Gesteins oder Minerals. Wenn ein belastetes Gestein nicht weiter verformbar ist verhält es sich spröde und es kommt zum Bruch. Verschiedene Gesteinsarten unterscheiden sich in ihrer Verformbarkeit und brechen bei unterschiedlichen Druck- und Zugbedingungen.