Nyiragongo: Vulkanausbruch nicht vorhersagbar

Spalteneruption am Nyiragongo war laut Studie nicht vorhersagbar

Der kongolesische Vulkan Nyiragongo zählt zu den gefährlichsten Feuerbergen der Welt. Obwohl es sich um einen Schildvulkan handelt, deren Eruptionen normalerweise ohne Explosionen ablaufen, geht vom Nyiragongo ein großes Gefahrenpotenzial aus, denn seine plötzlich auftauchenden Lavaströme fließen schnell und fördern sehr viel Schmelze, die die nahe gelegenen Siedlungen innerhalb weniger Stunden erreichen kann. Zuletzt geschah das am 22. Mai 2021. Mehrere Dörfer wurden zerstört und es starben 20 Personen. Verheerender war der Ausbruch von 2002, als Teile der Großstadt Goma unter der Lava verschwanden und mehr als 147 Menschen den Tot fanden. Nach den Eruptionen wurden regelmäßig Stimmen laut, die Vorwürfe erhoben und fragten, warum die Menschen nicht vor einem Ausbruch gewarnt wurden. Eine neue Studie zeigt nun, dass eine Vorhersage der Eruptionen unmöglich war, obwohl schon Wochen zuvor einige Wissenschaftler des Goma-Observatoriums vor einem neuen Lavastrom gewarnt hatten. Die Warnungen erfolgten allerdings größtenteils aufgrund von Statistiken, da das Zeitintervall zwischen den letzten beiden Eruptionen (1977 und 2002) erreicht war. Zudem gab es in den Monaten vor dem Ausbruch von 2021 eine erhöhte Aktivität am Lavasee im Vulkankrater.

Die Studie wurde unter Leitung von Delphine Smittarello durchgeführt. Die Geowissenschaftlerin forscht am Europäischen Zentrum für Geodynamik und Seismologie in Luxemburg und besuchte den Nyiragongo mehrfach. Die Vulkanologen fühlen dem Nyiragongo mit einer Reihe von Messmethoden den Puls, wobei das Netzwerk erst im Jahr 2015 installiert wurde. Unter den Messgeräten befinden sich Gasspektrometer, Neigungsmesser und Seismometer. Deren Daten wurden nun nochmals ausgewertet und auch Satellitendaten wurden mit einbezogen. Delphine Smittarello kam zu dem Schluss, dass es im Vorfeld der Eruption keine Auffälligkeiten der geophysikalischen Parameter gab. Erst 40 Minuten vor dem Ausbruch setzten vulkanotektonische Erdbeben ein, die auf einen schnellen Magmenaufstieg mit einhergehender Spaltenöffnungen auf der Vulkanflanke hindeuteten. Das Besondere am Nyiragongo ist, dass in seinem tiefen Krater jahrelang ein Lavasee brodelte. Er wurde aus einem Reservoire gespeist, dass sich in gut 2 km Tiefe befindet und damit ungewöhnlich flach liegt. Über die Jahre hinweg akkumulierte sich dort eine gewaltige Menge Magma, die praktisch mit Beginn der Eruption schnell aufstieg und sich aus den Spalten in der Vulkanflanke ergoss. Das Magma, nebst der Lava des Lavasees flossen aus.

Die Forscher sind nun bemüht ein System zu entwickeln, damit die Menschen im Schatten des Vulkans wenigstens bei den ersten Anzeichen des Magmenaufstiegs gewarnt werden können.

Neues Gefahrenszenario am Nyiragongo

Die Studie untersuchte auch die Erdbebentätigkeit, die sich während und nach dem eigentlichen Vulkanausbruch bis unter den Kivusee erstreckte. Wie schon vermutet wurde, entstanden die Erdbeben durch Magma, dass in nur 500 m Tiefe durch die Erdkruste migrierte. Der unterirdische Lavafluss entsprach einer Dyke-Intrusion mit einem Volumen von 243 Millionen Kubikmeter, die vom Fördersystem des Nyiragongos ausging. Ähnliches erlebte man 2014 am isländischen Vulkan Bardarbunga. Dort kam es zu einem gewaltigen Lava-Ausbruch, einige Kilometer abseits des Vulkans. Im Kongo blieb die Schmelze im Erdboden unter dem Kivusee stecken. Im Seewasser sind große Mengen Kohlendioxid und Methan gelöst. Ich vermute, dass das Kohlendioxid aus Magmenköpern stammt, die bereits bei früheren Eruptionen unter den Seeboden eindrangen. Daraus ergibt sich für die Region ein weiteres Gefahrenszenario, denn wenn das intrudierte Magma eines Tages am Seeboden austreten sollte, können phreatomagmatische Eruptionen entstehen. Die Erschütterungen und geänderten Temperaturbedingungen des Seewassers könnten das gelöste Gas schlagartig freisetzten, mit verheerenden Folgen für die Anwohner des Kivu-Sees. (Quelle: nature.com)