Campi Flegrei: Etablierung eines neuen Warncodesystems

Alarmstufe der Campi Flegrei steht nun auf „Gelb Phase 2“ – Technische Systemänderung der Grund

Der italienische Zivilschutz hat heute in den Campi Flegrei ein neues Vulkan-Warnsystem in Kraft gesetzt, das das bisherige Farbcodesystem um zusätzliche operative Phasen erweitert. Jede der vier Hauptwarnstufen – Grün, Gelb, Orange und Rot – ist nun in zwei Phasen unterteilt, um die Aktivität des Vulkans differenzierter zu erfassen und die entsprechenden Schutzmaßnahmen gezielter steuern zu können.




Während die Hauptfarben weiterhin den allgemeinen Zustand des Vulkans widerspiegeln, definieren die Phasen innerhalb jeder Farbe das Ausmaß der Veränderungen: Phase 1 kennzeichnet den Beginn einer Abweichung vom Normalzustand, Phase 2 steht für eine deutlicher ausgeprägte Aktivitätssteigerung innerhalb derselben Farbstufe.

Derzeit befindet sich die Caldera der Campi Flegrei in „Gelb – Phase 2“, was eine mittlere Alarmstufe bedeutet: verstärkte seismische Aktivität, Bodenhebung und intensivere Gasemissionen, jedoch ohne unmittelbare Gefahr einer Eruption. Das neue System ähnelt dem mexikanischen Popocatépetl-Ampelschema, das ebenfalls Zwischenstufen zur genaueren Risikoabschätzung nutzt.

Die Einführung des neuen Systems war bereits im März beschlossen worden. Damals wurden unter der Bevölkerung bereits Stimmen laut, die eine Erhöhung der Alarmstufe auf „Orange“ forderten. Ab diesem Farbcode können bereits präventive Evakuierungsmaßnahmen in größerem Stil durchgeführt werden – deren Kosten dann der Staat übernehmen muss. Etwas, das Verantwortliche in den Behörden bestimmt nicht gerne oder leichtfertig anordnen. Das neue System erlaubte nun quasi eine leichte Erhöhung der Alarmstufe, ohne gleich Konsequenzen ziehen zu müssen.

Im INGV-Wochenbericht für die KW 44 wurde der gesteigerte Wert für die Bodenhebung von 15 mm auf 20 mm pro Monat bestätigt. Überdies gab es in der Woche 149 Erdbeben, was ein überdurchschnittlich hoher Wert ist. Die Gastemperatur der Pisciarelli-Hauptfumarole lag bei 94 Grad, während die Bocca Grande der Solfatara bis zu 170 Grad heiß war.

Campi Flegrei: Erhöhte Erdbebenaktivität am 02.11.2025

Campi Flegrei mit fast 80 Erdbeben seit gestern – Mehrere Erschütterungen Md größer 2,0

Die Campi Flegrei bei Pozzuoli werden weiterhin von Schwarmbeben erschüttert. Seit gestern ereigneten sich fast 80 schwache Erdbeben, von denen drei Magnituden im Zweierbereich erreichten. Die Hypozentren lagen in Tiefen zwischen 2,7 und 3,2 Kilometern. Die Epizentren verteilten sich leicht: Zwei Erschütterungen wurden direkt unter Pozzuoli registriert, eine weitere nordwestlich der Stadt. Die meisten anderen Beben bewegten sich im Bereich der Mikroseismizität.




Die stärkeren Erschütterungen des Schwarms wurden von den Bewohnern der Caldera deutlich wahrgenommen. Viele Menschen sind mittlerweile für das Thema sensibilisiert, verfolgen die Seismogramme und diskutieren in den sozialen Medien über das Geschehen. Während der Hochphase des Schwarms bebte es zeitweise alle ein bis zwei Minuten. Das INGV und die Kommune gaben die üblichen Warnungen heraus – Warnungen, die allerdings kaum zur Beruhigung der Bevölkerung beitragen und ohne Schutzmaßnahmen sinnlos sind! Es handelt sich im Prinzip um ein durchgehender Erdbebenschwarm, der sich phasenweise verstärkt. Es gibt ein permanentes Risiko stärkerer Erdbeben, unabhängig davon, ob eine intensivere Phase stattfinden oder nicht.

Auch die jüngsten Forschungsergebnisse dürften wenig beruhigend wirken: Sie zeichnen zunehmend das Bild eines Vulkans, der sich auf eine Eruption vorbereitet. Offenbar existiert derzeit noch kein offenes Fördersystem – das Magma steckt in Tiefen unterhalb von fünf Kilometern fest. Doch der steigende Fluiddruck scheint den „Deckel“ der Caldera allmählich aufzubrechen und potenzielle Aufstiegswege zu schaffen. Ob und wann dies gelingt, ist offen. Studien deuten jedoch darauf hin, dass der Aufheizungsprozess länger andauert, als bislang angenommen. Die Bodenhebungsphasen des letzten Jahrhunderts waren demnach keine voneinander unabhängigen Ereignisse, sondern bereits kurzzeitige Episoden derselben thermischen Aktivität. Orientiert man sich an den Ereignissen vor der Monte-Nuovo-Eruption von 1538 – sofern diese korrekt überliefert und interpretiert sind – befindet sich das Gebiet derzeit vermutlich näher an einer möglichen Eruption, als noch vor Kurzem angenommen.

Campi Flegrei: Studie weist neue Bruchzone nach

Neue Studie weist vulkanotektonische Bruchzone anhand von Erdbebenanalysen nach – Belastungsprobe fürs Calderadach der Campi Flegrei

Die besorgniserregende Unruhe unter der Campi-Flegrei-Caldera bei Neapel hat eine neue Dimension erreicht. Forschende der Universität Rom und des italienischen Geoforschungsinstituts INGV berichten in Communications Earth & Environment (Nature, 2025), dass sich unter der dicht besiedelten Region offenbar eine dehnungsorientierte vulkanotektonische Verwerfung bildet. Die Analyse markiert einen Wendepunkt im Verständnis der jüngsten seismischen Aktivität und könnte entscheidend sein für die Bewertung künftiger Gefahren.

Seit 2005 hebt sich der Boden in der Caldera wieder, zuletzt um bis zu anderthalb Meter. Gleichzeitig nahmen Erdbeben und Gasemissionen deutlich zu: Anzeichen, dass sich aufgrund steigenden Fluiddrucks Spannungen im Untergrund aufbauen. Bisher verteilten sich die kleinen Beben diffus unter dem Gebiet, ohne klare Struktur. Doch ab 2023 änderte sich das Muster: Mehr als die Hälfte aller Erdbeben konzentriert sich seither entlang einer klar definierten, schräg verlaufenden Ebene im Zentrum der Caldera. Sie verläuft



Störungszone. © Giordano, G. et al.

Das internationale Forschungsteam nutzte präzise Erdbebendaten aus den Jahren 2019 bis 2024 und kombinierte statistische Verfahren mit einer Monte-Carlo-Analyse, um die räumliche Verteilung der Hypozentren zu rekonstruieren. Bei einer Monte-Carlo-Analyse handelt es sich um ein statistisch-mathematisches Simulationsverfahren, bei dem Variablen nach dem Zufallsprinzip verändert werden – solange, bis ein wahrscheinliches Modell entsteht. Das Ergebnis: eine rund 53 Grad geneigte Struktur mit Nordwest-Südost-Ausrichtung – ein deutlicher Hinweis auf die Entstehung oder Reaktivierung einer Bruchzone. Die geneigte Fläche verläuft etwas nordöstlich der Haupthebungszone bei Rione Terra und streicht das Gelände des Monte Olibano und das Gebiet von Solfatara und Pisciarelli. Die Tiefe der entstehenden Bruchebene reicht von 0,1 bis 5,6 km.

„Wir beobachten hier die Geburt oder Reaktivierung einer Verwerfung in Echtzeit“, schreiben die Forscher. Der Übergang von verstreuter Mikroseismizität zu einer konzentrierten Aktivität zeige, dass das Gestein unter Pozzuoli an seine Belastungsgrenze gelangt sei. Der Untergrund beginne, sich spröde zu verformen – ein Stadium, in dem Risse sich rasch ausweiten und in einem späteren Unruhestadium als Aufstiegswege für Fluide oder Magma dienen könnten.

Als Motor hinter der Aktivität sehen die Forschenden einen Magmenkörper in 8 bis 5 Kilometer Tiefe, der ein Hydrothermalsystem in Tiefen von weniger als 4 Kilometer anheizt. Sie schreiben, dass es unklar ist, ob die beobachteten Phänomene bereits Anzeichen für das Endstadium des Versagens des Caldera-Magmenleitungssystems sind oder ob es sich noch in diese Richtung entwickelt. Sollten die Gesteine um das Magmaleitungssystem versagen und mit Bruch reagieren, könnten stärkere Erdbeben resultieren und der Weg frei für den finalen Magmenaufstieg sein.
Für die Bevölkerung in der Region bedeutet das nicht zwangsläufig einen unmittelbar bevorstehenden Ausbruch, wohl aber eine wachsende seismische Gefahr. Eine stabile, zusammenhängende Verwerfung könnte stärkere Erdbeben ermöglichen, als bislang angenommen. Zudem verändert sich die Art der Deformation in der Caldera, was auf eine neue Phase der magmatischen Aktivität hindeutet.

Die Forschenden betonen, dass die Campi-Flegrei weiterhin intensiv überwacht werden müssen. Ihre neue Analysemethode könne auch auf andere Vulkansysteme angewendet werden, besonders dort, wo Unruhephasen bisher schwer zu deuten waren. Die Studie liefert damit nicht nur ein Warnsignal für Pozzuoli, sondern auch ein Werkzeug, um künftige vulkanische Krisen besser zu verstehen und rechtzeitig zu erkennen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Studie die Entwicklung einer Bruchzone nachweist, die sich in Tiefen zwischen 0,1 und 5,6 Kilometern erstreckt und vom Küstenbereich bei Monte Olibano bis unter die Solfatara-Pisciarelli-Zone und darüber hinaus verläuft. Motor des Prozesses ist eine Magmaansammlung in 5 bis 8 Kilometern Tiefe, die durch die Freisetzung vulkanischer Fluide das oberflächennahe hydrothermale System unter Druck setzt. Entlang der Bruchzone droht das Gestein des Calderadachs zu versagen bzw. zu brechen, was zu stärkeren Erdbeben und im Extremfall auch zu einem Vulkanausbruch führen könnte. Noch ist unklar, in welchem Entwicklungsstadium sich diese Struktur befindet, doch die Anzeichen deuten auf ein bereits fortgeschrittenes Stadium der mechanischen Destabilisierung hin.

(Quellennachweis: Giordano, G. et al. (2025): Birth and growth of a volcanotectonic fault during the current volcanic unrest at Campi Flegrei caldera (Italy). In: Communications Earth & Environment, 6, Artikel 28803. DOI: 10.1038/s43247-025-02803-2. Lizenz: Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0).)

Campi Flegrei: Evakuierungsübung am 5. und 6. November

Vulkanübung „Campi Flegrei 2025“: Evakuierungstest in Pozzuoli und Neapel

Während die Erdbeben in den Campi Flegrei unvermindert weitergehen – seit gestern gab es gut 35 Erdstöße – kündigte der Zivilschutz eine neue Notfallübung an: Am 5. und 6. November findet in der Region Kampanien die nationale Zivilschutzübung „Campi Flegrei 2025“ statt. Ziel ist es, die Einsatz- und Evakuierungspläne im Falle eines Ausbruchs des Vulkans Campi Flegrei zu testen. Die Übung wird vom italienischen Zivilschutzministerium, der Region Kampanien, der Präfektur Neapel und den Gemeinden der Roten Zone von Pozzuoli organisiert. Auch die Zwillingsregionen Sardinien und Sizilien nehmen teil, die im Ernstfall Bevölkerung aus Neapel aufnehmen würden.

Zivilschutz in Pozzuoli

Der erste Übungstag am 5. November konzentriert sich auf die Zusammenarbeit zwischen Behörden und Einsatzkräften. Am 6. November folgt die praktische Evakuierung eines Schulkomplexes: 120 Schüler und 15 Lehrkräfte des Instituts Bernini in Chiaia werden evakuiert. Von der Schule aus werden sie in drei Wartezonen (Piazza Vittoria, Piazza San Nazzaro und Piazza San Luigi) gebracht und anschließend mit Bussen zum Hafen von Neapel transportiert. Dort wird der Begegnungsbereich am Seebahnhof erstmals im Rahmen einer Großübung getestet.

Die Teilnehmer werden mit einem digitalen System registriert und symbolisch den Zwillingsregionen zugewiesen: Bewohner von Posillipo nach Sardinien, jene aus Chiaia, San Ferdinando und Montecalvario nach Sizilien. Am Hafen werden medizinische, logistische und Informationsbereiche eingerichtet. Die Übung endet gegen 13 Uhr.

Es wird die zweite großangelegte Übung in den Campi Flegrei sein. Bei der ersten Übung im letzten Jahr übte man noch die Reaktion auf stärkere Erdbeben, die im Zusammenhang mit der aktuellen Bodenhebungsphase ebenfalls auftreten können.

Mit diesem Test schließt die Region Kampanien den Zyklus der „Exe Flegrei“-Übungen ab. Ein wichtiger Schritt zur Vorbereitung auf mögliche vulkanische Krisen im dicht besiedelten Großraum Neapel.

Campi Flegrei: Smartphones als Seismometer eingesetzt

Studie benutzte in den Campi Flegrei Smartphones als Erdbebensensoren – Informationen zu Standort-Effekten gesammelt

Tausende Beschleunigungsmesser in Mobiltelefonen eröffnen neue Möglichkeiten für die Erdbebenforschung. Eine internationale Studie zeigt, dass sich mithilfe dieser Sensoren hochauflösende Karten der Bodenverstärkung von Erdbebenwellen erstellen lassen – ein wichtiger Schritt hin zu sichereren Städten.




Die Magnitude und Tiefe eines Erdbebens bestimmen nur teilweise, wie stark die Erschütterungen an der Oberfläche zu spüren sind. Entscheidend sind auch Standortfaktoren wie die lokalen Bodenverhältnisse, die die Bewegung verstärken oder abschwächen können. Die genaue Kartierung solcher Standort-Effekte ist essenziell, um gefährdete Stadtgebiete zu erkennen und bei zukünftigen Ereignissen gezielt reagieren zu können.

In Bezug auf die Campi Flegrei erstaunt es immer wieder, dass ungewöhnlich schwache Erdbeben mit Magnituden kleiner als 2 gespürt werden können. Hier scheint es ungewöhnlich starke Standorteffekte zu geben, denen nun ein Forschungsteam unter Leitung von Francesco Finazzi (Universität Bergamo), Fabrice Cotton (GFZ Potsdam) und Rémy Bossu (Europäisch-Mediterranes Seismologisches Zentrum) nachging. Dazu griff man auch auf die Daten von Smartphones zurück.

Die Forschungen zeigten, dass Daten von Bewegungssensoren aus Smartphones einen bislang unerreichten Detailgrad liefern. Grundlage ist das „Earthquake Network“ (EQN), ein Citizen-Science-Projekt, an dem weltweit Millionen Menschen teilnehmen. Die in den Geräten integrierten Beschleunigungsmesser erfassen Erschütterungen und übermitteln sie in Echtzeit an zentrale Server.

Für die Studie wurden Tausende Messungen aus der seismisch aktiven Region der Campi Flegrei bei Neapel ausgewertet. Die Daten der gut 9000 Smartphones, auf denen die EQN-App installiert war, waren aber nur bei den stärkeren Erdbeben mit Magnituden größer 3,5 verwertbar. Mit den Geräten wurden keine Magnituden bestimmt, sondern die Beschleunigungswerte verglichen. Zur Magnitudenbestimmung dienten die stationären Seismometer des INGV-Netzwerkes. Während die klassische seismische Stationen nur punktuelle Daten liefern, decken die Smartphones eine wesentlich größere Fläche ab. Mit Hilfe komplexer mathematischer Modelle konnten die Forschenden aus den unregelmäßigen Einzelmessungen eine hochauflösende Karte der standortabhängigen Verstärkung (oder Abschwächung) der Erdbebenwellen erstellen.

Die Ergebnisse zeigen deutliche Unterschiede schon über kurze Distanzen: In einigen Gebieten werden Erdbebenwellen abgeschwächt, in anderen verstärken sie sich um ein Vielfaches. Mit solchen Karten lassen sich für zukünftige Beben präzisere „ShakeMaps“ erstellen, die die Intensität der Erschütterungen nahezu in Echtzeit abbilden – ein wertvolles Instrument für Katastrophenschutz, Stadtplanung und Gefahrenbewertung.

Vor einigen Jahren hatte ich selbst eine App installiert, die das Smartphone in ein Seismometer verwandeln sollte. Damals war es damit nur möglich, stärkere Erdbeben ab einer Magnitude von 5,0 zu registrieren. Heute scheinen die Geräte deutlich empfindlicher zu sein. Es stellt sich die Frage, warum Smartphones nicht auch in Regionen ohne seismisches Netzwerk eingesetzt werden, etwa im äthiopischen Afar-Dreieck bei Awash, wo offizielle Messstationen fehlen.

Quellenhinweis
Finazzi, F., Cotton, F. & Bossu, R. (2025). Citizens’ smartphones unravel earthquake shaking in urban areas. Nature Communications, 16, 9527.
© 2025 The Author(s). Veröffentlicht unter CC BY 4.0 (https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/)
DOI: 10.1038/s41467-025-64543-3, sowie Pressemeldung GFZ.

Campi Flegrei: Beschleunigung der Bodenhebung Mitte Oktober

Erdbebenaktivität weiterhin sehr hoch – Beschleunigung der Bodenhebung in den Campi Flegrei detektiert

Der süditalienische Calderavulkan Campi Flegrei kommt nicht zur Ruhe und ein Ende der Hebungsphase ist nicht in Sicht. Das Gegenteil ist der Fall, denn die Bodenhebung hat sich weiter beschleunigt. Dem gestern veröffentlichten Wochenbulletin des INGV ist zu entnehmen, dass die Bodenhebungsrate seit Mitte Oktober auf Monatssicht von 15 mm auf 20 mm gestiegen ist. Zudem gab es im Beobachtungszeitraum zwischen dem 20. und 26. Oktober 178 Erschütterungen. Die stärkste hatte eine Magnitude von 2,8.




Campi Flegrei. © INGV

Die Beschleunigung der Bodenhebung war bereits letzte Woche zu erahnen gewesen. Auch jetzt noch gibt es eine gewisse Unsicherheit, ob die Werte korrekt sind, denn es sind immer Korrekturen der Satellitenbahndaten nötig, die gut 2 Wochen Zeit brauchen. Von daher sind die neuen Werte noch als vorläufig zu betrachten. Aufgrund der hohen Seismizität der letzten Wochen konnte man bereits mit einer Beschleunigung der Hebegeschwindigkeit rechnen. Die Seismizität ist auch jetzt noch überdurchschnittlich hoch: Seit Montag gab es 43 schwache Erschütterungen, etwa so viele, wie man im Sommer noch pro Woche verzeichnete. Die Gefahr mittelstarker Erdbeben mit Magnituden im Viererbereich ist ebenfalls erhöht.

Der Vulkan stößt weiterhin viel Kohlendioxid aus. Die Gastemperaturen lagen bei Pisciarelli im Schnitt bei 94 Grad. Die Solfatara-Hauptfumarole stößt hingegen 166 Grad heiße Gase aus, mit Spitzenwerten von ca. 170 Grad. Damit ist man zwar noch ein gutes Stück von kritischen Werten entfernt, ab denen man im Allgemeinen von einem unmittelbar bevorstehenden Vulkanausbruch ausgeht, doch die seit Jahren langsam steigenden Werte sind bereits hoch und zeigen unmissverständlich, dass das Vulkansystem aufheizt. Eine magmatische Eruption scheint nicht unmittelbar bevorzustehen, die Gefahr phreatischer Ausbrüche ist aber real. Sollte so ein Ausbruch in der Solfatara passieren, dann werden sich die Auswirkungen sehr wahrscheinlich auf den Krater beschränken, wobei im Extremfall Gesteinsfragmente bis auf den teilweise bebauten Kraterrand fliegen können. Eine Explosion bei Pisciarelli, am Nordostfuß der Solfatara, könnte Wohngebäude stärker in Mitleidenschaft ziehen.

Campi Flegrei: Erdbeben Md 3,1 am 26. Oktober

Campi Flegrei von Erdbeben Md 3,1 erschüttert – starkes Schwarmbeben in Progress

In den Campi Flegrei kam es heute Nacht um 00:51:49 Uhr Lokalzeit (22:51:49 UTC am 25. Oktober) zu einem deutlich spürbaren Erdbeben der Magnitude 3,1. Die Herdtiefe wird vom INGV mit 2400 m angegeben. Das Epizentrum befand sich unter dem Nordrand der Solfatara, wo sich eine Kleingartenanlage befindet. Wenige hundert Meter entfernt steht u. a. ein großes Hotel, das deutlich wahrnehmbar durchgeschüttelt wurde, aber wohl zu den stabilsten Gebäuden Pozzuolis gehören dürfte.

Campi Flegrei. © EMSC/Leaflet

Das Erdbeben löste einen erneuten Schwarm aus, der noch anhält und sich bis jetzt aus 47 Beben zusammensetzt. Doch auch vor der beschriebenen Erschütterung war die Seismizität erhöht und meiner Meinung nach handelt es sich um einen einzigen, seit Tagen anhaltenden Erdbebenschwarm aus hunderten Erdbeben.

Der Bürgermeister der Kommune Pozzuoli gab wieder mehrere Kommuniqués, die das Erdbeben betreffend, heraus und wies nicht nur auf den Erdbebenschwarm hin, sondern gab auch Notfallnummern bekannt. Zudem sollen Bürger Schäden an ihren Häusern melden, was oft wohl aus Angst vor einer Zwangsräumung im Schadensfall nicht immer gemacht wird.

Neben dem Beben Mb 3,1 gab es noch weitere Erdbeben, die von den Bewohnern des Calderavulkans deutlich gespürt wurden: Sie hatten die Magnituden 1,9 und 1,7 und lagen in geringer Tiefe unter bebautem Gebiet nordwestlich der Solfatara. Normalerweise würde man meinen, Erdbeben solch geringer Magnitude seien nicht wahrnehmbar, doch tatsächlich konnte ich bei meinem letzten Aufenthalt in der Gegend im März dieses Jahres sogar einen Erdstoß Md 1,2 spüren, der sich wenige hundert Meter von meinem Hotel am Südrand der Solfatara entfernt ereignet hatte. Die geringe Herdtiefe der Beben sowie die besondere geologische Struktur des Beckens der Caldera reflektieren Erdbebenwellen und verstärken sie so, dass man selbst Beben weit unterhalb der eigentlichen Wahrnehmbarkeitsschwelle von M 3,0 spüren kann.

Campi Flegrei: Studie bestätigt Magmaakkumulation

Thermalgebiet von Pisciarelli an der nordöstlichen Basis der Solfatara. © Marc Szeglat

Eine Studie über Campi Flegrei bestätigt einmal mehr Magmaakkumulation in 4 km Tiefe – Borsäurekristalle als Warnsignal

Eine neue Studie, die im Journal of Geophysical Research erschien, sorgt für Aufsehen unter Vulkanologen und sicher bald auch bei den Bewohnern der Caldera. Forschende um Dr. Marco Piochi vom INGV berichten von ihrer Entdeckung in der Caldera Campi Flegrei bei Neapel: winzige, farblose Kristalle aus Borsäure – Sassolit genannt –, die sich seit 2021 vermehrt im Thermalgebiet von Pisciarelli gebildet haben. Was zunächst unspektakulär klingt, könnte ein Schlüssel zum Verständnis der aktuellen Unruhe im größten aktiven Vulkansystem Europas sein.




Campi Flegrei gilt seit Jahren als „ruheloser Vulkan“: Bodenhebungen, die Erdbeben auslösen, und steigende Gasemissionen deuten darauf hin, dass sich unter der Caldera das Hydrothermalsystem verändert und zunehmend unter Druck gerät. Die neuen Analysen zeigen nun, dass tief im Untergrund borreiche, hochkonzentrierte Salzlösungen existieren.

Schematische Darstellung. © Dr. Marco Piochi, INGV

Die Grundstoffe für die Salzlösungen, die die in der Studie auch Sole oder Brinen genannt werden, entstehen durch chemische Prozesse in einem tiefen Magmenkörper, dessen Oberseite sich in etwa 8 Kilometern Tiefe befindet. Von hier aus steigen Fluide auf, die ein magmatisches Reservoir in rund 4 Kilometern Tiefe bilden. An der Oberseite dieses Reservoirs sammelt sich die mit Bor angereicherte Sole, die unter hohem Druck und bei Temperaturen von 250–400 °C flüssig bleibt.

Dampf entsteht im hydrothermalen System der Campi Flegrei, wenn die Sole aus 3 bis 4 Kilometern Tiefe durch Risse aufsteigt und dabei starkem Druckabfall ausgesetzt ist, wodurch der lokale Siedepunkt rasch fällt. Wird dieser Punkt unterschritten, verdampft ein Teil der Flüssigkeit schlagartig – ein Vorgang, den Vulkanologen „hydrothermal flashing“ nennen. Dabei expandiert das Wasser explosionsartig, und gelöste Stoffe wie Borsäure kristallisieren bei Temperaturen unter 170 Grad als Sassolit aus. Diese Prozesse finden typischerweise in 100 bis 500 Metern Tiefe statt und erzeugen das Dampf-Wasser-Gemisch, das an der Oberfläche an den Fumarolen austritt. Wenn der Druck lokal zu groß wird, kann das „Flashing“ zudem phreatische Explosionen auslösen – Dampfexplosionen, die ohne Magmaaustritt auftreten, aber bereits ein moderates Zerstörungspotenzial besitzen.

Das Sassolitvorkommen ist also ein weiterer Indikator dafür, dass sich in Tiefen unterhalb von 4 Kilometern Magma ansammelt, worauf auch mehrere Studien jüngeren Datums hinweisen. Diese Wärmequelle treibt die Zirkulation borreicher Fluide an, die nun sichtbar in Form von Sassolit ausfallen. Die Forschenden sehen einen Übergang von einem geschlossenen zu einem offenen Hydrothermalsystem, da es zu vermehrter Rissbildung im Deckgestein der Caldera gekommen ist. Die Kristallbildung ist somit ein oberflächlicher Ausdruck der erneuten Aktivierung des Vulkansystems.

Für die Gefahreneinschätzung des Vulkans ist das ein Warnsignal: Wenn sich der Magmenkörper weiter erhitzt und mehr Fluide in das hydrothermale System einspeist, steigt die Wahrscheinlichkeit phreatischer Eruptionen.

(Quelle: Piochi, M., et al. (2025). Sassolite Precipitation at the Restless Campi Flegrei Volcano in Italy Points to Hydrothermal Flashing by Deep Boron-Rich Brines. Journal of Geophysical Research: Solid Earth, 130, e2025JB032197. https://doi.org/10.1029/2025JB032197, Lizenz: CC BY 4.0 – Creative Commons Attribution 4.0 International License.)

Campi Flegrei: Erdbeben Md 2,8 am 22. Oktober

Anhaltend hohe Erdbebenaktivität in den Campi Flegrei – stärkste Erschütterung Md 2,8

Die Erdbebentätigkeit in der süditalienischen Caldera Campi Flegrei bewegt sich weiterhin auf hohem Niveau. Heute manifestierte sich am frühen Morgen ein Erdstoß der Magnitude 2,8. Die Herdtiefe wird mit 4 Kilometern angegeben. Das Epizentrum lag offshore, auf einer bekannten Störungszone im Westen der Bucht von Pozzuoli. Hier traten in den vergangenen Jahren immer wieder vergleichsweise starke Erdbeben in größerer Tiefe auf, in Bereichen, in denen sich kleine Magmataschen bilden könnten, die Spannungen auf die Störung ausüben. Möglich ist auch, dass sich Fluide entlang der Störung bewegen und so die Beben auslösen. Einige Forscher sind der Ansicht, dass diese tiefer gelegenen Erdbeben Risse im Deckgestein der Caldera erzeugen und dieses schwächen.

Campi Flegrei. © EMSC

Der Erdstoß wurde von den Bewohnern der Caldera deutlich gespürt und vielfach als „ziemlich stark“ beschrieben. Immer mehr Menschen reagieren auf die Erschütterungen mit wachsender Sorge vor einem sich zusammenbrauenden Vulkanausbruch. Kaum einer glaubt noch daran, dass die Hebungsphase ohne eine Katastrophe in naher Zukunft einfach enden wird.

Die geophysikalischen Parameter geben auch keinen Grund zu dieser Annahme. Im jüngsten Wochenbulletin für die 42. Kalenderwoche berichteten die Geowissenschaftler des IGNV von 135 Erdbeben. Das stärkste hatte eine Magnitude von 2,9. Die Bodenhebung hielt mit der bekannten Rate von 15 mm pro Monat weiter an, wobei die Grafik der Rione-Terra-Messstation andeutet, dass sich die Hebung beschleunigt haben könnte. Seit Beginn der Krise im Jahr 2005 hat sich der Boden um bis zu 154 Zentimeter gehoben, womit die bisherigen Spitzenwerte der Hebungsphase aus den 1980er Jahren übertroffen wurden.

In Bezug auf die Geochemie traten keine großen Änderungen auf und es wurde weiterhin viel Kohlendioxid ausgestoßen. Die Temperatur der Pisciarelli-Fumarole lag bei 94 Grad. Aufgrund von Niederschlägen war das Fangobecken mit Schlamm gefüllt. Die Temperatur der Hauptfumarole der Solfatara stieg weiter leicht an und erreichte zeitweilig die 170-Grad-Marke.