Äthiopien: Drei Erdbeben auf der Riftschulter

Drei mittelstarke bis starke Erdbeben erschütterten in Äthiopien die westliche Riftschulter – Vulkan Erta Alé in der Nähe

Datum: 11.10.2025 | Zeit: 16:18:26 UTC | Koordinaten 13.765 ; 39.802 | Tiefe: 10 km | Mb 5,6




In Äthiopien manifestierten sich heute Abend drei mittelstarke bis starke Erdbeben auf der westlichen Riftschulter des Afar-Dreiecks.  Das stärkste Beben hatte nach ersten Einschätzungen eine Magnitude von 5,6 und einen Erdbebenherd in 10 Kilometern Tiefe. Die beiden anderen Erschütterungen lagen ähnlich tief und hatten die Magnituden 5,3 und 4,4. Die Epizentren lagen gut 46 Kilometer nordöstlich von Mekele, dem früheren Tor zur Danakil und dem Erta Alé.

Auf den ersten Blick dachte ich zunächst, dass es eine neue Magmaintrusion in der Awash-Region gibt, doch beim Hineinzoomen in die Shakemap stellte ich fest, dass dem nicht so ist. Wenn die Verortung der Beben korrekt ist, dann manifestierten sich alle drei Beben an der Störungszone der westlichen Grabenschulter des ostafrikanischen Riftvalleys, das sich im Norden Äthiopiens zum Afar-Dreieck erweiterte. Die Epizentren liegen fast auf der gleichen Breite wie der Schildvulkan Erta-Alé, der sich gut 90 Kilometer entfernt befindet. Die beiden stärkeren Erdbeben könnten sich auf den Vulkan auswirken, der seit dem großen Ausbruch im Juli verhältnismäßig still geworden ist. Bei den Eruptionen hatten sich zwei neue Pitkrater gebildet, die aktuell stark entgasen. Größere Lavaansammlungen gibt es aber nicht.

Die Erdbeben müssten in Mekele deutlich zu spüren gewesen sein, entsprechende Meldungen liegen aber noch nicht vor: Der Ort, der vom Salzhandel lebt und vor dem Bürgerkrieg der letzten Jahre als Tor zum Erta Alé galt, ist seit dem Konflikt noch weiter isoliert und die Infrastruktur stark in Mitleidenschaft gezogen, so dass der Informationsfluss von hier langsam ist, sofern überhaupt Informationen an die Außenwelt dringen. Vulkanspotter, die den Erta Alé besuchen, reisen seit 2 Jahren wieder über Awash an, was zwar deutlich länger dauert, aber sicherer ist.

Hayli Gubbi – Schildvulkan in der Danakil-Depression

Vulkanbeschreibung Hayli Gubbi

Der Hayli Gubbi ist ein bislang kaum erforschter Schildvulkan in Äthiopien. Er liegt im südlichen Teil der Erta-Alé-Vulkankette, die sich im Herzen der Danakil erstreckt. Mit einer Höhe von ca. 520 Metern zählt er zu den kleineren, aber dennoch geologisch bedeutsamen Vulkanen dieser tektonisch aktiven Zone. Der Vulkan fand zum ersten Mal Mitte Juli 2025 auf Vnet Erwähnung – Grund genug hier einen Steckbrief zu veröffentlichen.

Hayli Gubbi. © Copernicus

Die Danakil-Depression gehört zu den heißesten und trockensten Regionen der Erde und ist zugleich ein Paradebeispiel für aktive kontinentale Rifttektonik: Hier zerbricht die Afrikanische Platte, wodurch sich der Ostafrikanische Grabenbruch formt. Im Norden des Grabenbruchs, wo drei Riftsysteme aufeinandertreffen, senkt sich das sogenannte Afar-Dreieck ab, an dem sich der Ostafrikanische Graben, das Rote Meer und der Golf von Aden treffen.

Der Vulkan liegt im südlichsten Abschnitt der Erta-Alé-Kette, einer rund 100 Kilometer langen Reihe aus Schildvulkanen, Spalten und Kratern. Anders als der nördlich gelegene, berühmte Erta Alé, der durch seinen persistierenden Lavasee weltweite Bekanntheit erlangt hat, sind vom Hayli Gubbi rezente Eruptionen unbekannt. Nach heutigem Wissensstand gibt es keine dokumentierten Ausbrüche in historischer Zeit. Geologisch wird der Vulkan jedoch dem Holozän zugeordnet, was auf eine vergleichsweise junge Bildung in erdgeschichtlicher Perspektive hindeutet. Allerdings gibt es Augenzeugenberichte, dass der Vulkan im Februar 2002 eine Dampfwolke ausstieß. Möglicherweise war es zu einer phreatischen Eruption gekommen.

Im Juli 2025 waren auf Satellitenaufnahmen im Infrarotspektrum eine Kette kleiner Hotspots zu erkennen gewesen, die wenige Kilometer nördlich des Hayli Gubbi lagen und bis an seine Flanke heranreichten. Die Vermutung liegt nahe, dass die thermischen Anomalien von unterirdisch fließender Lava verursacht wurden. Allerdings stammte die Lava wahrscheinlich nicht vom Hayli Gubbi, sondern vom Erta Alé, der zu dieser Zeit an seiner Südflanke eruptierte. Die Vermutung liegt nahe, dass Lava von dort aus in einem unterirdischen Riss oder einer alten Tube in Richtung Hayli Gubbi floss.

Typologisch handelt es sich bei Hayli Gubbi um einen basaltischen Schildvulkan mit flachen Flanken, der durch effusive Ausbrüche dünnflüssiger Lava entstanden ist. Im Zentrum des Vulkans befindet sich in einem Krater ein etwa 200 Meter breiter Schlackenkegel, der innerhalb eines grabenartigen Einbruchs sitzt. Diese Struktur lässt darauf schließen, dass tektonische Dehnungsvorgänge – typisch für die Danakil-Region – das ursprüngliche Schild deformiert und möglicherweise eine zentrale Einsenkung verursacht haben. Die umgebenden Laven bestehen größtenteils aus tholeiitischen Basalten, wie sie typisch für Riftzonen und ozeanische Rücken sind. Ihre petrographische Zusammensetzung umfasst meist Plagioklas, Klinopyroxen und gelegentlich Olivin – ein Hinweis auf einen heißen, magnesiumreichen Ursprung im oberen Mantel.

In geodynamischer Hinsicht ist Hayli Gubbi Teil eines Systems, das sich im Übergang von kontinentaler zu ozeanischer Kruste befindet, und ist wohlmöglich Zeugnis der Geburt eines neuen Ozeans.

Erta Alé: Nordkrater gewaltig abgesackt

Der neue Pitkrater im Norden der Erta Alé Caldera. © Seifegebreil Shifferaw

Nordkrater am Erta Alé weiter kollabiert – Riesiger Pit entstanden

Mekele, 25.07..2025Nach und nach kristallisiert sich das wahre Ausmaß der Ereignisse am entlegenen Vulkan Erta Alé heraus, die sich dort seit Mitte Juli ereignen. Neue Aufnahmen vom Nordende der Caldera zeigen, dass sich ein gewaltiger Pitkrater gebildet hat, der mehrere Hundert Meter tief ist. Der Krater ist infolge von Kollaps-Ereignissen entstanden, als das Magma-Reservoir unter dem Vulkan in Richtung Süden abgelaufen ist. Dabei entstand vermutlich ein ca. 40 Kilometer langer magmatischer Gang und ein Rift.

Den Nordkrater in der Erta Alé Caldera kenne ich als leichte Depression, deren Geländekante 2002 ca. 15 m steil abfiel. Im Lauf der letzten Jahre füllte sich die Depression durch wiederholte Lavastrom-Eruptionen auf, bis sogar eine eine Wölbung entstand. Der nun entstandene Krater dürfte wieder die Dimensionen angenommen haben, den er am Anfang des letzten Zyklus des Vulkans inne hatte. Als die Vulkanführer, die die Aufnahmen machten, sich wieder vom Vulkan entfernten, sahen sie erneut Aschewolken aufsteigen, die auf weitere Kollapsereignisse hindeuteten. Ein Anzeichen dafür, dass die Kraterbildung und damit auch das unterirdische Ablaufen des Magmas noch nicht beendet sein könnte. Es ist nicht ausgeschlossen, dass es am Ende des Gangs beim Afdera-Salzsee, wo es auch eine Siedlung gibt, ein Lavastrom austreten könnte.

Auch der Südkrater ist in den letzten Tagen kollabiert. Satellitenfotos nach zu Urteilen, hat er wieder die Größe angenommen wie bei meinem ersten Besuch dort. Es ist gut möglich, dass sich in einem oder auch beiden Pitkratern wieder ein Lavasee bilden wird. Für Touristen ist somit der direkte Kontakt zur Lava wieder in die Ferne gerückt: Zuletzt waren mehrere Hornitos unterwegs, die sich auf den Füllungen bzw. Deckeln der Krater gebildet hatten und Lava strotzten.

Sollten die Kollapsereignisse weitergehen, könnten die beiden nahe beieinander liegenden Krater zu einem Verschmelzen. In diesem Fall könnte man dann schon von einer Calderabildung sprechen. Aber auch schon so ist das ein nicht alltägliches Ereignis.

Äthiopien: Massive Erdbewegungen in der Danakil nahe Erta Alé

Rissbildungen nach Erdbebenserie am Afdera-Salzsee in der äthiopischen Wüste Danakil

Afdera, 24.07.2025Im äthiopischen Afar-Dreieck und speziell in der dortigen Wüste Danakil scheint aktuell ein größerer Riftingprozess im Gange zu sein, der weitestgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit abläuft. Wie Geotourismus-Experte Enku Muguleta berichtet, gab es in den letzten Tagen eine Erdbebenserie in der Umgebung des Afdera Salzsees, in deren Folge sich mehrere Senklöcher und längere Erdspalten auftaten. Die Erdbeben wurden nicht von den bekannten Erdbebendiensten registriert, weil es in der Gegend kein seismisches Netzwerk gibt.

Laut Enku traten die Ereignisse am 22. Juli 2025 gegen 16:00 Uhr auf. Fotos von ortsansässigen Afar zeigen schmale, teils tiefreichende Öffnungen im trockenen, sandigen Gelände. Sie entsprechen in ihrer Morphologie typischen Spannungsrissen oder kleineren Einsturzstrukturen, wie sie nach stärkeren Erschütterungen in instabilen geologischen Zonen auftreten können. Die im Bild erkennbare Tiefe weist auf eine erhebliche Öffnung hin, die Teil eines langen Risses sein kann.

Der Afdera-Salzsee liegt am südöstlichen Ende der Erta-Alé-Vulkankette, die aus einer Reihe flacher Schildvulkane besteht, in deren Zentrum sich die Caldera des Vulkans befindet, dem die Vulkankette ihren Namen verdankt. Erst in der letzten Woche kam es am Erta Alé zu einem bedeutenden Ereignis, bei dem sich infolge einer Spalteneruption an der Südostflanke des Vulkans zwei Pitkrater bildeten. Sie entstanden überwiegend durch Kollaps der Füllung früherer Krater, als der Magmenspiegel im Reservoir unter dem Vulkan durch die Eruption abfiel. Südlich der Eruptionsspalte mit ihrem Lavastrom gab es Hinweise darauf, dass Lava in einer bereits existierenden Lavatube in Richtung des Nachbarvulkans Hayli Gubbi floss.

Magmatische Intrusion und Bildung eines 40 Kilometer langen Gangs möglich

Rifting inklusive Dykebildung

Ich spekulierte bereits zu diesem Zeitpunkt darüber, dass sich auch ein Rift gebildet haben könnte, in dem die Lava abfloss. Die Vulkane der Vulkankette liegen alle auf einer Linie, die am gut 40 Kilometer entfernten Lake Afdera mündet, also dort, wo sich vor 2 Tagen die neuen Risse auftaten. Meiner Meinung nach könnten wir hier Zeugen einer größeren Riftingepisode sein, die mit einer Magmenintrusion einhergeht. Sie geht vom Erta Alé aus und könnte sich durch den gesamten Komplex bis hin nach Afdera erstrecken. Das Satellitenfoto zeigt, dass sich südlich vom Hayli Gubbi ein großes Lavafeld befindet. Damals stoppte die Lava einige Kilometer vor dem Salzsee. Nicht auszuschließen, dass sich eine ähnliche Eruption in naher Zukunft wiederholen wird.

Das Henne-Ei-Problem

Ähnlich wie bei den größeren Ereignissen auf Island steht man hier vor dem Problem, was das Ereignis auslöste: War es das Magma, das sich seinen Weg entlang von Schwächezonen bahnte und so den Graben erschuf, oder lösten tektonische Prozesse eine Riftingepisode aus, in deren Graben dann das Magma floss? Immer, wenn sich so lange Gänge bilden, vermute ich tektonische Kräfte als treibende Kraft hinter den Prozessen. Allerdings gilt zu beachte, dass es noch keine wissenschaftlichen Untersuchungen gibt, die tatsächlich bestätigen, dass Magma soweit in den Süden vordrang. Bis jetzt wurden direkte Zeugnisse von Magma im Untergrund nur bis nördlich des Hayli Gubbi entdeckt.

Zusammenhang mit Intrusionen bei Awash?

Unklar bleibt, ob es einen direkten Zusammenhang zu dem starken Schwarmbeben vom Frühjahr gibt, das sich in der Awash-Region zutrug. Damals wurden die Erdbeben von einer magmatischen Intrusion nebst einer Riftingepisode hervorgerufen. Zwischen den beiden Gebieten liegt eine Strecke von 500 Kilometern. Zudem ändert sich die Richtung, in der die Störungszonen verlaufen. Der Kreuzungspunkt der Störungssysteme liegt im Bereich des Abee-Sees. Von daher glaube ich nicht, dass es sich hier um eine Riftbildung entlang einer Störungszone handelt. Doch die Ereignisse der letzten Monate legen nahe, dass die gesamte Region in eine Phase außerordentlicher tektonischer Aktivität eingetreten ist und dass zeitnah weitere besondere (und auch gefährliche) Ereignisse stattfinden könnten.

Erta Alé: Veränderungen infolge der Eruption sichtbar

Deutliche Veränderungen am Erta Alé infolge der jüngsten Eruption – beide verfüllten Krater abgesackt

Mekele, 22.07.2025Auf den neuesten Sentinel-Satellitenaufnahmen vom Erta Alé erkennt man, dass der Vulkanausbruch der letzten Woche vorbei zu sein scheint. Bei dem Ausbruch hatte sich an der Südflanke des Schildvulkans eine Eruptionsspalte geöffnet, aus der ein Lavastrom floss, der sich in zwei Arme geteilt hatte, die in Richtung Osten und Westen flossen. Möglicherweise floss auch Lava durch ein Rift in südlicher Richtung. In der Nordcaldera des Vulkans sackten sowohl der nördliche als auch der südliche Krater ein und bilden neue Pits.

Zwei Hotspots am 18.. © Copernicus

Interessant ist, dass der tiefere Pitkrater im Süden an der Stelle des alten Kraters liegt und nicht nur dort, wo sich vor den stärkeren Eruptionen im Jahr 2017 der stark geschrumpfte Krater befunden hatte. Der Vulkan scheint also für einen neuen Eruptionszyklus bereit zu sein und erfreut uns hoffentlich in einigen Monaten wieder mit einem Lavasee. Doch davon ist momentan keine Spur vorhanden, denn auf dem Satellitenbild von gestern ist keine thermische Signatur mehr zu sehen. Drei Tage zuvor sah es noch anders aus, als im Südkrater, aber auch im Nordkrater ausgeprägte Wärmesignaturen zu erkennen gewesen waren. Scheinbar ist die Lava durch den Spalt im Süden, der sich etwa 5 Kilometer von der Nordcaldera entfernt gebildet hatte, ausgelaufen. Unklar ist, ob sich wieder ein aktiver Lavasee mit eigener Zirkulation bilden wird, so wie es viele Jahrzehnte lang zu bewundern war.

Auf den Satellitenbildern sieht man zwar keine frische Lava mehr, aber die Spuren starker Entgasungen. Die Gaswolke zieht genau über das Gelände, auf dem sich die Asche abgelagert hat, die bei der kollapsbedingten Eruption gefördert worden war.

Ich stehe mit dem äthiopischen Reiseführer Seifegebreil in Kontakt, der für uns von Addis aus zum Erta Alé fahren wollte, um über die Eruption zu berichten, doch das wurde jetzt erst einmal verschoben.

Erta Alé: Lavastrom im Süden ausgetreten

Lavastrom im Süden des Erta Alé – Kraterbildung durch Kollaps infolge Deflation

Mekele, 17.07.2025Die Ereignisse am Erta Alé, über die ich in den letzten beiden Tagen berichtet habe, stehen offenbar mit der Eruption eines Lavastroms ganz weit im Süden des Vulkans in Verbindung. Ein neues Sentinel-Satellitenfoto zeigt im Infrarotspektrum die Signatur eines Lavastroms, der erst 5 Kilometer südlich der bekannten Hauptcaldera des Vulkans austritt. Dort, im Süden des Vulkans, befindet sich eine weitere Caldera, an deren Rand der Lavastrom sichtbar wird. Möglicherweise hat sich dort eine Eruptionsspalte gebildet.

Der Lavastrom teilt sich in 3 Arme, die sowohl nach Osten als auch nach Westen und Süden fließen. Der letztgenannte Arm scheint in einem Tunnel entlang eines Rifts zu verschwinden, denn noch einmal 5 Kilometer weiter südlich gibt es einige Hotspots, die nördlich des Vulkans Hayli Gubbi liegen. Es ist auch möglich, dass sich hier eigenständige Eruptionszentren öffneten.

Leider ist das Satellitenfoto aus mehreren Bildern zusammengesetzt. Die Naht der Bilder verläuft kurz oberhalb des Lavaaustritts am Rand der Südcaldera. Ausgerechnet das Bild, auf dem die eigentliche Erta-Alé-Caldera liegt, ist noch nicht aktualisiert worden und stammt von den Tagen vor der Eruption, so dass weitere Informationen über die Vorgänge dort fehlen. Es ist aber naheliegend, dass die Bildung des neuen Pitkraters mit dem Abfließen der Lava aus dem Magmenkörper unter dem Vulkan zusammenhängt und durch Kollapsereignisse ausgelöst wurde. Ein Umstand, auf den unser FB-Gruppenmoderator Mike Schüler früh hinwies.

Paradoxerweise ist das Wetter in der Danakil momentan schlecht und in einer der trockensten Wüsten der Erde ist es zu starken Regenfällen gekommen. In Afdera, einer der letzten ständig bewohnten Siedlungen in ca. 50 Kilometern Entfernung zum Erta Alé, ist es durch den Starkregen zu Überflutungen gekommen. Die ärmliche Infrastruktur des Ortes wurde stark beschädigt und die Menschen dort, die sowieso nicht viel haben, stehen vor dem Nichts. Meine persönlichen Erinnerungen an Afdera sind allerdings zwiespältig: Auf meiner ersten Expedition zum Erta Alé im Jahr 2002 wurde unsere Reisegruppe dort von der Polizei in „Schutzhaft“ genommen, aus der wir nur mit Schmiergeldzahlungen entkommen konnten.

Erta Alé: Weitere Hinweise auf Kraterbildung

Erta Alé mit Aschewolken und ausgeprägter thermischer Anomalie – Kraterbildung und möglicherweise ein neuer Lavasee

Mekele, 16.07.2025Am Vulkan Erta Alé in Äthiopien gibt es seit gestern Umwälzungen größeren Ausmaßes, die sich allerdings noch nicht ganz überblicken lassen. Da die Beobachter vor Ort ausschließlich Handyphotos ohne Textbeschreibungen posten, sind wir auf die Interpretation dieser Bilder angewiesen. Neue Satellitenfotos stehen noch aus. Dafür registrierten Satelliten eine sehr starke Wärmestrahlung.

Laut MIROVA betrug die Leistung der emittierten Wärmestrahlung gestern Morgen kurzzeitig 5800 MW (MODIS) was ein sehr hoher Wert ist und nur von einer größeren Lavafläche ausgegangen sein kann. Bilder vom Morgen dokumentieren nicht nur eine Aschewolke, sondern auch rotglühende Tephra, die an zwei gegenüberliegenden Stellen des neuen Kraters aufstieg. Eine Aufnahme vom Abend (Bild links) zeigt eine rot illuminierte Wolke aus dem Krater aufsteigen und es sieht so aus, als hätten sich möglicherweise sogar zwei nebeneinander liegende Pitkrater gebildet. Die hintere Wolke könnte aber mit einem Scheinwerfer angeleuchtet worden sein. 

Während die Anzahl der Krater unklar bleibt, kann man es aber als gesichert ansehen, dass sich ein Pitkrater gebildet hat, in dem zumindest zeitweise Lava brodelte.

Der Krater scheint deutlich größer zu sein, als es der Fall war, bevor der Vorgänger in den letzten Jahren verfüllt wurde. Er scheint recht zudem ziemlich nahe an den Calderarand heranzureichen.

Die Vulkanführer haben zuletzt ihre Gruppen bis an die Hornitos herangeführt, wobei manche zwar Gasmasken trugen (von denen ich ausgehe, dass sie nicht die richtigen Filter enthielten), aber nur die wenigsten mit Wanderstiefeln und Helmen ausgestattet waren. Das Risiko, von plötzlichen Lavaspritzern oder Kollapsereignissen überrascht zu werden, wird von den meisten dieser ortsansässigen (selbst ernannten) Vulkanführer unterschätzt. Vielfach beschränkt sich ihre Erfahrung auf den Erta Alé, was ja nett ist, wenn es darum geht, den Pfad zum Vulkan hochzufinden, aber völlig unzureichend, um Vulkangefahren wirklich einschätzen zu können! Wer also eine Tour zum Erta Alé unternehmen will und nicht selbst über entsprechende Erfahrungen verfügt, sollte sich Vulkanführern mit internationaler Vulkanerfahrung anschließen.

Update: In einer Augenzeugenbeschreibung heißt es, dass es an 4 Stellen in der Caldera Aktivität gibt. Ein erfahrener Reiseanbieter meinte, das Gebiet des ehemaligen Nordkraters wäre aktiv. Möglich, dass sich in beiden ehemaligen Kratergebieten (Nord und Süd) neue Depressionen bilden. Die Asche soll sich noch in 15 Kilometern Entfernung zur Caldera finden. Neben Magmenaufstieg könnte die Ursache auch im gegenteiligen Prozess liegen: Kollaps durch unterirdischen Magmenabfluss. Dagegen spricht dann aber die große Hitzeentwicklung und die rot illuminierten Wolken.

Erta Alé: Aufstieg einer Aschewolke dokumentiert

Aschewolke am Erta Alé deutet auf Rissbildung oder Kollaps hin – Kraterbildung möglich

Mekele, 15.07.2025Seit den starken Schwarmbeben, die sich Anfang des Jahres im Awash-Gebiet des südlichen Afar-Dreiecks ereigneten und mit einer Gang- und Riftbildung einhergingen, war es um den ca. 500 Kilometer weiter nördlich gelegenen Schildvulkan Erta Alé in Äthiopien vergleichsweise ruhig bestellt gewesen. Es gab zwar eine vergleichsweise schwache Aktivität an einem Hornito, der sich im Bereich des früheren Pitkraters gebildet hatte, doch größere Lavaüberläufe blieben aus. Diese ungewöhnliche Ruhe könnte sich nun ändern.

Aschewolke am Erta Alé

Der einheimische Vulkanführer Hummed Edris teilte über den Reiseunternehmer Seifegebreil Shifferaw auf FB ein Video, das eine Aschewolke zeigt, die aus der Erta-Ale-Caldera aufsteigt. Da sehr wahrscheinlich niemand alte Autoreifen verbrennt, liegt es nahe, dass es zu einer vergleichsweise ungewöhnlichen Art vulkanischer Aktivität an dem Vulkan kommt, der normalerweise rotglühende Lavaströme und keine Aschewolken fördert.

Meine Hypothese ist, dass die Asche infolge einer Rissbildung oder des Kollapses und der Ausblasung der Füllung des früheren Pitkraters zustande kommt. Möglicherweise steigt frisches Magma auf und bahnt sich seinen Weg zur Oberfläche, um entweder einen Lavastrom zu bilden oder sogar einen neuen Lavasee zu kreieren.

Thermische Anomalien werden aktuell nicht angezeigt. MIROVA detektierte zuletzt am 15. April eine schwache Wärmestrahlung. Die jüngste Phase intensiver Wärmestrahlung ereignete sich am 15. Januar und lief aus, als die Erdbeben bei Awash stärker wurden. Allerdings erkennt man auf dem jüngsten wolkenfreien Sentinel-Satellitenbild im Infrarotspektrum zwei kleine Hotspots im Bereich des früheren Pitkraters, die darauf hindeuten, dass vor einer Woche am Erta Alé 2 Hornitos aktiv waren.

Während der heißen Sommermonate sind am Erta Alé nur wenige Reisegruppen unterwegs, weswegen der Informationsfluss spärlich ist. Da der Vulkan in einer nur dünn besiedelten Region der Danakil-Wüste liegt, gibt es auch kein Echtzeitmonitoring. Seifegebreil Shifferaw kündigte aber an, selbst zum Erta Alé zu fahren und die Community mit neuen Informationen zu versorgen.

Erta Alé: Lava lockt Touristen an

Brodelnder Lava-Pool am Erta Alé wird zur Touristenattraktion – Fragwürdiges Verhalten gefilmt

Im Krater des äthiopischen Vulkans Erta Alé gibt ein teilweise kollabierter Hornito den Blick auf einen Lava-Teich frei, der in seinem Inneren brodelt. Der Lava-Pond oder auch Pool hat einen geschätzten Durchmesser von 5 bis 7 Metern und befindet sich in dem Bereich des früheren Pitkraters, der bei den Ausbrüchen der letzten 2 Jahre verfüllt wurde. Früher brodelte in diesem Krater ein Lavasee, der zu seinen Spitzenzeiten etwa 100 m im Durchmesser maß und an dessen Rand ich mich mit einigen Vereinsmitgliedern aus wissenschaftlichen Gründen im Jahr 2002 abgeseilt hatte. Eine Aktion, die mich um ein Haar das Leben gekostet hätte.

Nicht zuletzt aus diesem Grund betrachte ich die aktuellen Entwicklungen am Erta Alé mit ein wenig Skepsis, denn neue Videoaufnahmen vom Reiseführer Seifegebreil Shifferaw belegen das unvorsichtige Verhalten von Touristengruppen, die sich bis auf den Rand der Hornitos wagen, um für ein Foto zu posieren. Dabei tragen die meisten T-Shirts, Shorts und leichte Wanderschuhe, was zeigt, dass sich diese Menschen komplett unvorbereitet und ahnungslos auf ein Abenteuer einlassen, von dessen Gefahrenpotenzial sie offenbar null Ahnung haben. Wer sich auf eine Vulkanexpedition in Äthiopien begibt, sollte sich wenigstens rudimentär über die Gefahren des Vulkanismus informieren und sein Hirn nicht beim Führer abgeben. Ich persönlich finde es schön, dass der Besuch des Kraters noch möglich ist und von den Behörden noch nicht verboten wurde, aber selbst in Äthiopien ist mit einem Aufstiegsverbot zu rechnen, wenn es erst einmal zu schweren Unfällen und Klagen gekommen ist.

Die glutflüssige Lava ist gut 1000 Grad heiß und kann infolge von Lavaspattering mehrere Zehnermeter weit spritzen. Lappilligroße Tropfen können schwerste Verbrennungen verursachen und sich bis auf die Knochen durchbrennen. Der Boden am Rand des Hornitos dürfte so heiß sein, dass er den Kleber von Schuhsohlen und evtl. auch Kunstfasereinsätzen schmilzt, darum sollte man an einem Vulkan immer lange Kleidung aus flammenhemmendem Material (Wolle, Baumwolle, Nomex) und Vollleder-Wanderschuhe oder Arbeitsstiefel tragen. Ein Helm, Gasmaske und Schutzbrille sind ebenfalls obligatorisch, wenn man so nahe an einem aktiven Hornito steht. Außerdem sollten sich unter Aufsicht immer nur 3 bis 4 Leute gleichzeitig in der Nähe des Hornitos aufhalten, wenn Laien denn überhaupt unbedingt so nahe dran gehen müssen. Aber auch die beste Kleidung schützt nicht bei größeren unerwarteten Ereignissen, die an einem aktiven Vulkan immer auftreten können.