Erdkern drehte scheinbar seine Rotationsrichtung um

Der innere Erdkern verändert seine Rotationsrichtung – ein Rätsel in 5000 Kilometern Tiefe

In den letzten Tagen berichteten verschiedene Internetmedien vermehrt, dass der innere Erdkern seine Rotationsgeschwindigkeit und Richtung geändert habe. Mehrere Leserinnen und Leser fragten mich daraufhin nach möglichen Auswirkungen auf die Erde. Vorweggenommen: Falls es Effekte gibt, dürften sie sehr gering sein.

Grundlage der Berichte ist eine Forschungsarbeit eines internationalen Teams unter Leitung der Chinesischen Akademie der Wissenschaften in Peking, an der auch die University of Southern California beteiligt war. Laut der Studie, die 2024 bei nature.com erschien, hat der feste innere Kern aus Eisen und Nickel nicht nur seine Rotationsgeschwindigkeit verändert, sondern scheint sich aus Sicht der Erdoberfläche seit etwa 2008 in die entgegengesetzte Richtung zu drehen.

Direkt beobachten lässt sich der fast mondgroße Kern nicht, da er mehr als 5000 Kilometer unter Mantel und äußerem Kern liegt. Hinweise liefert die Seismologie: Erdbebenwellen durchdringen das Erdinnere und geben Aufschluss über dessen Struktur und Dynamik. Besonders aussagekräftig sind PKIKP-Wellen, die an der Grenze zwischen äußerem und innerem Kern reflektiert werden. Werden wiederkehrende Erdbeben, sogenannte „Repeater“, miteinander verglichen, lassen sich selbst kleinste Veränderungen erkennen.

Für ihre Analyse untersuchten die Forschenden 121 solcher Ereignisse zwischen 1991 und 2023 in der Region der South Sandwich Islands. Messstationen in Alaska und Kanada zeigten ein klares Muster: Zwischen 2003 und 2008 rotierte der Kern schneller als die Erdkruste („Superrotation“). Danach verlangsamte er sich deutlich und drehte sich aus unserer Sicht rückwärts („Subrotation“). Wichtig ist: Der Kern hat seine Rotationsrichtung nicht tatsächlich geändert; die scheinbare Umkehr entsteht, weil sich der innere Erdkern nun langsamer als die Erdkruste dreht. Die Forscher vermuten, dass solche Richtungswechsel Teil eines 60- bis 70-jährigen Zyklus sind. Eine neue Erkenntnis ist, dass die Subrotation langsamer verläuft als die Superrotation, was bisherige Modelle gleichmäßiger Pendelbewegungen infrage. Vielmehr deutet alles auf ein komplexes Zusammenspiel von Mantel, äußerem und innerem Kern hin, bei dem auch das Magnetfeld eine Rolle spielt.

Als mögliche Auswirkungen der Erdkernverlangsamung werden Einflüsse auf das Magnetfeld und minimale Änderungen der Tageslänge diskutiert. Außerdem könnte es langfristig betrachtet Auswirkungen auf Vulkanismus und Erdbeben geben.

Ich persönlich halte die möglichen Effekte für sehr gering. Die Geschwindigkeitsunterschiede der Erdkernrotation sind minimal und liegen in der Größenordnung von Bruchteilen eines Millimeters pro Sekunde. Zum Vergleich: Ein Punkt auf der Erdoberfläche am Äquator bewegt sich infolge der Erdrotation mit 463 000 mm/s, was 463 m/s bzw. 1667 km/h (Überschallgeschwindigkeit) entspricht. Der Geschwindigkeitsunterschied zwischen Kern und Erdkruste liegt zwischen 0,02 und 0,07 mm/s (je nach Phase der Rotation). Damit rotiert der Erdkern ein Hundertmillionstel langsamer als die Erdoberfläche. Die minimalen Laufzeitunterschiede sind vor allem vom akademischen Interesse und dürften keine umwälzenden Veränderungen auf unsere Lebenswelt ausüben.

(Quelle der Studie: https://www.nature.com/articles/s41586-024-07536-4)

Taal erzeugt 11 Erdbeben und Tremorphasen

Taal steigert Seismizität und stößt viel Schwefeldioxid aus – phreatische Eruption droht

Erst gestern berichtete ich von gesteigerter Seismizität am philippinischen Vulkan Mayon. Heute zeigt der Taal ebenfalls, dass er sich auf eine phreatische Eruption vorbereiten könnte, denn er zeigt die gleiche Symptomatik wie der zuvor genannte Vulkan.
In den letzten 24 Stunden registrierte das seismische Netzwerk von PHILVOLCS 13 Erdbeben. Darunter befanden sich 8 Tremorphasen, die zwischen 2 und 22 Minuten lang anhielten. Der Tremor zeigt, dass sich Fluide im Untergrund bewegen und sich ein hoher Druck im Fördersystem des Vulkans aufbaut. Letztendlich kann das zu einer phreatischen Explosion aus dem Kratersee auf Volcano Island führen. Bis jetzt stößt der Vulkan viel Dampf aus, der in einer Wolke bis zu 1200 m hoch aufsteigt. Mit den Entgasungen einher geht eine hohe Schwefeldioxid-Emission, die zuletzt 3356 Tonnen des vulkanischen Gases am Tag förderte.

Anders als in den Vormonaten, wenn es Tremorphasen gab, scheint das Fördersystem des Vulkans derzeit nicht verstopft zu sein. Davon zeugt der hohe Gasausstoß. Vielmehr scheint sich in den letzten Tagen wieder die Situation eingestellt zu haben, wie wir sie aus dem Vorjahr kannten. Doch auch ohne Verstopfung kam es damals sporadisch zu phreatischen Eruptionen. Da auch Inflation unter Volcano Island stattfindet, muss es nicht bei phreatischen Eruptionen bleiben, sondern es könnte auch auf magmatische Ausbrüche hinauslaufen.

In diesem Zusammenhang wäre es interessant, aktuelle Messwerte der Acidität und Temperatur des Wassers im Kratersee zu erhalten. Die letzten Messungen wurden Mitte April durchgeführt und beide Werte zeigten gegenüber dem langjährigen Durchschnitt rückläufige Tendenzen an. Mich würde es nicht wundern, wenn sie sich nun wieder den vorherigen Werten annähern würden.

Der Alarmstatus der Taal-Caldera bleibt auf der niedrigsten Stufe „1“. Volcano Island ist Sperrgebiet und darf weder betreten noch überflogen werden.

Obwohl die Taal-Caldera fast doppelt so groß ist wie die Campi Flegrei, wurden auf den Philippinen bis dato keine Spuren einer Supervulkaneruption mit einem VEI 7 oder 8 entdeckt. Es könnte sein, dass die Taal-Caldera infolge mehrerer Eruptionen mit einem kleineren VEI entstanden ist. Dennoch birgt sie im Falle starker Eruptionen mit einem VEI 5 oder 6 ein großes Gefahrenpotenzial für umliegende Gemeinden und sogar für die Landeshauptstadt Manila, die ca. 50 Kilometer nördlich der Caldera liegt.

Katla: Zwei weitere Erdbeben Mb 3,0

Zwei Erdbeben Mb 3,0 erschüttern Katla – möglicherweise droht neuer Gletscherlauf

Unter der Katla-Caldera auf Island, die vom Gletscher Mýrdalsjökull bedeckt ist, kam es heute Nacht in einem Abstand von etwas mehr als einer Stunde zu zwei Erdbeben der Magnitude 3,0, die in einer geringen Tiefe von nur 100 m unter dem Meeresspiegel lagen. Insgesamt wurden in dem Areal innerhalb von 2 Tagen 13 schwache Erschütterungen registriert. Es ist gut möglich, dass die erhöhte Seismizität in Zusammenhang mit einer ebenfalls erhöhten Geothermie unter dem Gletschervulkan steht und sich in nächster Zeit ein weiterer Gletscherlauf ereignen wird.

Beben Island. © IMO

In den letzten Jahren ist es vergleichsweise oft zu diesen Gletscherläufen gekommen, und isländische Geowissenschaftler meinen, dass die größeren dieser Fluten von kleinen Eruptionen unter dem Eis ausgelöst worden sein könnten. Eine nennenswerte Bodendeformation wird im Bereich der Katla aber nicht gemessen, so dass man eigentlich ausschließen kann, dass es kurzfristig zu einer großen Eruption kommen wird, die sich auf die Anwohner der Gegend auswirkt.

Unter gesamt Island wurden innerhalb von 48 Stunden von IMO 236 Beben registriert, was deutlich über dem Durchschnitt der letzten Wochen liegt. 161 Beben wurden unter Reykjanes ausgemacht. Weiterhin sehr aktiv ist der Erdbebenschwarm bei Krysuvik und auch unter dem Fagradalsfjall bebte es. Im Westen dieses Vulkangebiets gibt es eine Bodenhebung, die mit den Geschehnissen im nahen Svartsengi zusammenhängen dürfte. Der unterirdische Magmazufluss vom tiefen in das flacher gelegene Speicherreservoir hält weiterhin an. Auch wenn die täglichen Messwerte schwanken, gehe ich davon aus, dass es einen recht konstanten Magmastrom gibt und dass die Schwankungen auf Messungenauigkeiten zurückzuführen sind.

Einen anhaltenden Erdbebenschwarm gibt es auch beim Grjotarvatn unweit von Borganes bei Snaefellsnes. Dort manifestierten sich 22 Beben. Eine signifikante Bodenhebung gibt es hier momentan aber nicht.

Mayon steigert Erdbebenaktivität

Erhöhte seismische Aktivität am Mayon – Gefahr von phreatischen Ausbrüchen steigt

Auf der philippinischen Insel Luzon zeigt der Mayon erneut Anzeichen erhöhter Unruhe. Das Mayon Volcano Network registrierte heute Nacht insgesamt 26 vulkanische Erdbeben mit Magnituden zwischen M 0,4 und M 2,7. Die meisten dieser Erschütterungen traten in Tiefen von 5 bis 10 Kilometern unter der Nordostflanke des Vulkans auf.

Geodätische Messungen (GPS, elektronische Neigungsmesser und EDM) deuten darauf hin, dass sich der Vulkan bereits seit Oktober 2024 im Nordosten und seit März 2025 im Süden bis Südwesten ungleichmäßig aufwölbt. Auch die Schwefeldioxid-Emissionen liegen leicht über den Durchschnittswerten: Während in diesem Jahr bisher rund 430 Tonnen pro Tag gemessen wurden, stiegen sie am 3. September auf 609 Tonnen pro Tag an. Zudem kann man nachts eine schwache Rotglut am Lavadom erkennen.

Nach Einschätzung von PHIVOLCS könnten die jüngsten seismischen Aktivitäten sowie die längerfristige Bodenhebung auf Magma-Intrusionen in größerer Tiefe hinweisen. Damit erhöht sich die Wahrscheinlichkeit plötzlicher, dampfgetriebener Eruptionen im Gipfelbereich. Solche phreatischen Eruptionen gehen am Mayon oft stärkeren Eruptionsphasen voraus. Zuletzt gab es im Februar 2024 eine phreatomagmatische Eruption, bei der auch Vulkanasche gefördert wurde und die pyroklastische Ströme auslöste.

Der Mayon befindet sich derzeit auf Alarmstufe 1, was einen anomalen Zustand markiert. Es gibt jedoch keine Anzeichen einer unmittelbar bevorstehenden magmatischen Eruption. Möglicherweise wird bei einer weiteren Steigerung der beschriebenen Phänomene die Alarmstufe bald erhöht.

Ungewöhnlich für einen Vulkan auf Alarmstufe 1 ist, dass die Behörden eindringlich warnen, die permanente Gefahrenzone im Umkreis von 6 Kilometern um den Krater nicht zu betreten. Dort drohen lebensgefährliche Gefahren wie Steinschlag, Erdrutsche, ballistische Auswürfe und kurze pyroklastische Ströme. Auch Fluss- und Bachläufe sowie bekannte Lahargebiete sollten bei starkem Regen gemieden werden. Für die Luftfahrt gilt ein Sicherheitsabstand zum Vulkangipfel, da Asche und Gesteinsfragmente eine erhebliche Gefahr für Flugzeuge darstellen können.

Der Mayon ist mit über 50 dokumentierten Ausbrüchen seit dem 17. Jahrhundert der aktivste Vulkan der Philippinen. Die letzte länger anhaltende Eruptionsphase ereignete sich 2023.

Kanarische Inseln: Mehrere Erdbeben mit Magnituden ab 2

Kanarische Inseln seismisch unruhig – mehrere Erdbeben mit Magnituden ab 2 erschüttern die Inseln

Die Kanarischen Inseln vor der Küste Westafrikas sind in den letzten Wochen besonders oft von schwachen Erdbeben heimgesucht worden. Diese Erschütterungen richten zwar keine Schäden an, zeigen aber, dass es aktiven Magmatismus unter den Inseln gibt, die ihre Existenz dem Vulkanismus verdanken.

Der Geologe spricht von Magmatismus, wenn sich Magma in der Erdkruste bewegt und möglicherweise in flachere Regionen aufsteigt. Magmatismus kann zu Vulkanismus führen und ist eine Grundvoraussetzung dafür, dass es zu einem Vulkanausbruch kommt. Nun sind die Kanarischen Inseln vulkanischen Ursprungs und auch wenn ein Vulkanausbruch nicht unmittelbar bevorsteht, könnte sich im Untergrund bereits einer zusammenbrauen. Als möglicher Kandidat kommt der Pico del Teide in Frage.

Erdbeben Kanaren. © EMSC

In den letzten 24 Stunden ereigneten sich auf den Kanarischen Inseln 5 Erdbeben mit Magnituden im Zweierbereich. Sie verteilten sich auf verschiedene Lokationen. Das stärkste Erdbeben hatte eine Magnitude von 2,4 und einen Erdbebenherd in 23 Kilometern Tiefe. Solche tiefen Erdbeben stehen für gewöhnlich mit Magmaintrusionen in Verbindung. Das Epizentrum dieses Bebens wurde zwischen den Inseln Gran Canaria und Formentera ausgemacht.

Im Fokus des Interesses der Weltöffentlichkeit steht aber nach wie vor die seismische Aktivität unter Teneriffa und dem Pico del Teide, über die ich in den letzten Tagen öfters berichtet habe. Nun veröffentlichte INVOLCAN das jüngste Update zur Aktivität des Beobachtungszeitraums vom 29. August bis Freitag, 5. September 2025. In dieser Zeit manifestierten sich unter Teneriffa und in der Meerenge zwischen Teneriffa und Gran Canaria 72 Erdbeben. Das Stärkste brachte es auf eine Magnitude 2,2. Die Beben sind überwiegend vulkanotektonischer Natur und auf die Bewegung magmatischer Fluide zurückzuführen. Zudem wird weiterhin eine erhöhte Emission von Kohlendioxid registriert.

In dem Beobachtungszeitraum wurden auf dem gesamten Archipel 82 Beben festgestellt. 10 Beben ereigneten sich also noch unter den anderen Inseln oder dem Meeresgebiet der Kanaren.

Die Vulkanwarnampeln auf Teneriffa, El Hierro, Lanzarote und Gran Canaria stehen derzeit auf „Grün“. Bewohner und Besucher können daher ohne Einschränkungen ihren alltäglichen Aktivitäten nachgehen. Auf La Palma hingegen bleibt die Ampel weiterhin auf „Gelb“, da die geophysikalischen und geochemischen Parameter auch mehr als zwei Jahre nach dem Ende des Ausbruchs noch nicht vollständig normalisiert sind. Dort wird empfohlen, die Hinweise der Katastrophenschutzbehörden aufmerksam zu verfolgen.

Afghanistan: Starke Nachbeben erschweren Rettungsarbeiten

Weitere starke Nachbeben erschüttern Westen von Afghanistan – Rettungsarbeiten gestalten sich schwierig

Nach dem Erdbeben der Magnitude 6,1, das den Westen Afghanistans am 31. August erschütterte und große Zerstörungen anrichtete, gab es weitere Nachbeben mit Magnituden im Fünferbereich. So gab es Donnerstag ein Beben M 5,6. Heute manifestierte sich ein Erdstoß M 5,2. Das EMSC listet 19 Beben mit Magnituden ab 4,0. Die Beben sind stark genug, um marode und vorgeschwächte Gebäude zum Einsturz zu bringen und die Trümmer bereits kollabierter Häuser weiter zu verdichten, was etwaige Überlebende unter den Trümmern zusätzlich gefährdet.

Weitere Erdbeben in Afghanistan. © EMSC

Die Hoffnung auf Rettung etwaiger Eingeschlossener schwindet auch ohne neue Erdbeben stündlich. Bis jetzt wurden gut 2.200 Tote geborgen. Fast ebenso viele Menschen wurden verletzt. Das Nachbeben vom Donnerstag richtete weitere Schäden an und verursachte zusätzliche Verletzungen. Die Rettungsarbeiten wurden unterbrochen. Bereits am Dienstag hatte ein Beben der Stärke 5,5 die Rettungsmaßnahmen gestört.

In der Erdbebenregion sind nach offiziellen Angaben rund 7.000 Häuser zerstört, ganze Dörfer wurden dem Erdboden gleichgemacht. Die Zerstörungen machten auch vor anderer Infrastruktur wie Straßen und Brücken nicht halt. In der Gebirgsregion verlaufen viele Straßen entlang von Steilhängen, die abgerutscht sind oder von Felsstürzen blockiert wurden, was nicht nur Rettungseinsätze erschwert, sondern auch die Versorgung Überlebender. Da viele Bergdörfer von der Außenwelt abgeschnitten sind, werden Lebensmittel und Notfallgüter aus der Luft abgeworfen. Außerdem mangelt es an schwerem Bergungsgerät.

In den Krankenhäusern der Region werden Überlebende behandelt, viele unter extrem schlechten Bedingungen. Es fehlt an medizinischer Ausstattung. Besonders größere Apparaturen wie EKGs, Monitore zur Herzüberwachung und Röntgengeräte sind Mangelware. Zwar stehen Betten und Personal zur Verfügung, doch ohne technische Geräte stoßen Ärzte und Pfleger schnell an ihre Grenzen.

Auch die soziale Lage erschwert den Zugang zur Hilfe. Frauen und Kinder sind besonders gefährdet. Nach den geltenden Vorschriften dürfen Frauen nicht öffentlich gezeigt werden, was ihre Sichtbarkeit in der Katastrophenhilfe einschränkt. Zudem bestehen Verbote, dass Frauen von fremden Männern berühret werden dürfen. Es gibt berichte, nach denen verletzte Frauen aus diesem Grund nicht aus Trümmern geborgen und in Krankenhäuser transportiert wurden. Frauenorganisationen fordern deshalb verstärkt weibliches medizinisches Personal im Einsatzgebiet.

Die Taliban-Regierung, die international nur von Russland anerkannt ist, hat um internationale Hilfe gebeten. Die Vereinten Nationen haben bereits Nothilfegelder bereitgestellt, Großbritannien sagte Unterstützung in Höhe von einer Million Pfund zu. Dennoch bleibt die humanitäre Lage angespannt, da seit der Machtübernahme der Taliban vor vier Jahren viele Hilfsstrukturen im Land weggebrochen sind. Zudem ist es ungewiss, was von den Taliban tatsächlich an Hilfsgeldern- und Gütern weitergeleitet wird und was in ihren eigenen Taschen verschwindet.

Afghanistan gilt als eines der erdbebengefährdetsten Länder der Welt. Ursache ist die Lage auf mehreren Verwerfungslinien zwischen der indischen und der eurasischen Platte. In den letzten Jahren manifestierten sich mehrere starke Erdbeben mit katastrophalen Folgen. Bei einer Serie von Beben im Jahr 2023 mit einer Maximalmagnitude von 6,3 starben in der Nähe der Stadt Herat mehr als 1.400 Menschen. Ein Jahr zuvor verloren beim Beben der Stärke 5,9 im Osten des Landes mindestens 1.000 Menschen ihr Leben, rund 3.000 wurden verletzt.

Vulcano: Erdbeben und Anstieg des Gasausstoßes

Blick über den Krater von Vulcano in Richtung Lipari und Salina. © Marc Szeglat

Schwaches Erdbeben Mb 2,2 erschüttert Vulcano – signifikanter Anstieg von Gasemissionen und Fumarolentemperatur

Nachdem es auf der Lipareninsel Vulcano in den letzten Monaten nach einer Entspannung der Situation aussah, nahmen die meisten geophysikalischen und geochemischen Parameter im August wieder zu. Zudem gab es heute Mittag ein Erdbeben Mb 2,2 im Südosten der Bucht Porto di Levante.

Laut EMSC manifestierte sich der Erdstoß um 12:09:53 UTC bei den Koordinaten 38.414 ; 14.988 und hatte ein Hypozentrum in 13 Kilometern Tiefe. Der Ursprung des Bebens könnte sowohl rein tektonischer Natur sein oder von aufsteigenden magmatischen Fluiden verursacht worden sein. In der Bucht gab es erst am 25. August eine sehr schwache Erschütterung, die sich oberflächennah ereignete.

In meinem letzten Update zu Vulcano schrieb ich von einer leichten Zunahme der Seismizität. So gab es im August 8 schwache Erdbeben im Bereich von Vulcano. Ob das Beben heute alleine kam und von schwächeren Beben begleitet wurde, ist noch nicht klar, denn das INGV veröffentlicht die Daten immer mit Verzögerung, während das EMSC ganz schwache Beben nicht listet.

Kohlendioxid-Ausstoß. © INGV

Klar hingegen ist, dass es im vergangenen Monat nicht nur einen leichten Anstieg der Seismizität gab, sondern auch eine signifikante Erhöhung der Kohlendioxid-Emissionen am Kraterrand. Tatsächlich waren es die höchsten Werte, die seit Beginn der Krise 2021 gemessen wurden: Die Werte überstiegen am 18. August die Marke von 40.000 g pro Quadratmeter am Tag. Zum Monatsende sank der Wert auf 30.000 g/m²·d. Werte über 10.000 g/m²·d gelten bereits als sehr hoch. Vor dem sprunghaften Anstieg wurden weniger als 5000 g/m²·d gemessen. Einen deutlichen Anstieg der CO₂-Emissionen wurde auch an der Nordbasis des Kraterkegels festgestellt. Die anderen Messpunkte waren unauffällig.

Der Schwefeldioxidausstoß am Krater steigt leicht auf ca. 70 Tonnen am Tag. Zudem erhöhten sich auch die Temperatur der Fumarolen, die nun alle 291 Grad Celsius heiß sind, was ebenfalls ungewöhnlich ist, weil die Fumarolen entlang des Schwefelfelds in den verschiedenen Sektoren unterschiedlich heiß waren. Zuletzt gingen die Temperaturen zurück und lagen bei maximal 280 Grad.

In Bezug auf die Bodendeformationen teilten die Vulkanologen vom INGV mit, dass es keine signifikante Bodendeformation gegeben hat. Die GNSS-Messwerte zeigen allerdings eine leichte Bodenhebung mit einem weiterhin anhaltenden Aufwärtstrend Anfang September.

Meiner Meinung nach dringt ein weiterer Magmenkörper in die tiefere Erdkruste unter Vulcano ein und könnte in den nächsten Wochen weiter aufsteigen und Sorgen bereiten.

Campi Flegrei: Studie identifiziert 54000 Erdbeben mithilfe von KI

Neue Studie identifiziert 54.000 Erdbeben in den Campi Flegrei mithilfe von KI – Beben meistens tektonischen Ursprungs

Die seit 20 Jahren anhaltende und sich seit 2017 permanent steigernde Erdbebentätigkeit im Bereich der süditalienischen Caldera Campi Flegrei inspiriert zahlreiche Forscher zu Studien. So wurde jetzt im Magazin „Science“ die Studie eines internationalen Forscherteams veröffentlicht, das mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz in den seismischen Aufzeichnungen der letzten 3 Jahre 54.000 Erdbeben identifizieren konnte. Weit mehr als bisher bekannt waren. Die meisten Erdbeben sollen tektonischer Natur gewesen sein und nicht direkt mit dem Aufstieg von Magma zusammenhängen. Unterhalb von 4 Kilometern Tiefe wurde keine Erdbeben festgestellt.

Eine Ausnahme bilden laut der Studie, die von Forschern der Stanford University sowie der Universität Neapel Federico II und dem INGV durchgeführt wurde, hybride Erdbeben, die sich im Bereich des Mont Obliano manifestierten. Diese Erschütterungen würden direkt mit Fluidbewegungen zusammenhängen.

Ringförmig angeordnete Erdbeben

Mit Hilfe von KI-gestützten Verfahren wurde anhand der Erdbebenmuster ein ringförmiges Störungssystem um die Bodenhebungszone im Dach der Caldera identifiziert. An diesem Störungssystem ereignen sich laut der Forschergruppe die meisten tektonisch bedingten Erschütterungen. Solche ringförmigen Störungssysteme kennen wir auch von den Dachbereichen bzw. Füllungen anderer Calderen, u.a. vom Bardarbunga in Island.

Die Beben werden nach Meinung der Forscher also nicht direkt von aufsteigendem Magma verursacht. Hinweise auf eine Magmenmigration in Tiefen von weniger als 4 km wurden nicht gefunden.
Obwohl einige Forscher, Bürokraten und auch besorgte Bürger der Region diese Nachricht so interpretieren, als würde nun die Gefahr eines Vulkanausbruchs gebannt sein, gebe ich zu bedenken, dass die allermeisten Erdbeben in Vulkanregionen eben dadurch zustande kommen, dass sich magmatische Fluide entlang von Störungen und Schwächezonen bewegen und Druckerhöhungen diese zu Beben anregen. Was folgt, ist ein Erdbebensignal, das alle Merkmale eines tektonischen Erdbebens aufweist, letztendlich aber dennoch durch Druckanstieg im magmatischen Speicher- und Fördersystem des Vulkans ausgelöst wurde. Zudem hat bis jetzt auch keine andere Studie Magma in weniger als 4 km Tiefe nachweisen können. Tatsächlich würde Magma in so geringer Tiefe kurz vor der Eruption stehen.

Rein vulkanotektonische Erdbeben, bei denen aufsteigendes Magma Gestein bricht, manifestieren sich in geringen Tiefen nur dann, wenn das Magma final aufsteigt. Bei offenen Aufstiegswegen kommt es oft erst Stunden oder Minuten vor einer Eruption zu einer seismischen Krise vulkanotektonischen Ursprungs. Die neuen Erkenntnisse der Studie liefern keinen Grund zur Entwarnung, sondern sie sagen lediglich aus, dass ein Vulkanausbruch nicht unmittelbar bevorsteht. Mehr als 54.000 Erschütterungen innerhalb von 3 Jahren (2 Beben pro Stunde) sowie die Bodenhebung sind alarmierende Anzeichen dafür, dass es im Untergrund einen starken Druckaufbau gibt. (Quelle der Studie: https://www.science.org/doi/10.1126/science.adw9038)

Island: Magmaansammlung unter Svartsengi wächst

Magmaansammlung unter Svartsengi wächst – 6 bis 7 Millionen Kubikmeter seit Anfang August

Die Erdbebentätigkeit unter Svartsengi und der Sundhúnkur-Eruptionsspalte bleibt gering, dennoch sammelt sich unter dem Gebiet auf Reykjanes weiterhin Magma an. Laut einem aktuellen IMO-Bericht akkumulierten sich seit dem Ende der letzten Eruption 6 bis 7 Millionen Kubikmeter Magma, was den Boden stellenweise um gut 120 mm anhob. Die Forscher halten eine Eruption ab Ende September für möglich.

Bodenhebung Svartsengi

Bei ihrer Prognose stützen sie sich auf die Erfahrungen der vorherigen 9 Eruptionen, die starteten, als sich unter Svartsengi mindestens 12 Millionen Kubikmeter Schmelze angesammelt hatten, wobei den meisten Eruptionen allerdings eine Magmenakkumulation von mehr als 20 Millionen Kubikmetern vorausging. Geht man von diesem Wert aus, kann man bei gleichbleibender Magmaaufstiegsgeschwindigkeit aus der Tiefe eher mit einer Eruption im November rechnen.

Die Vulkanologen betonen aber, dass eine Prognose extrem schwierig ist und mit großen Unsicherheiten einhergeht. Ein neuer Ausbruch gilt zwar als wahrscheinlich, doch der genaue Zeitpunkt ist schwer vorherzusagen. Die bisherigen Ereignisse der Sundhnúkur-Kraterreihe seit März 2024 zeigen, dass die Menge des geförderten Magmas erheblich schwankt – zwischen zwölf und 31 Millionen Kubikmetern. Das jüngste Ereignis im Juli könnte eine Ausnahme gewesen sein, da es bereits bei relativ geringer Magmaansammlung ausgelöst wurde. Zudem können sich die Zeiträume zwischen den Eruptionen verlängern, selbst wenn die Ansammlungsrate unverändert bleibt. Ein Ausbruch kann also jederzeit beginnen, die Unsicherheit ist groß.

Als wahrscheinlicher Ort eines neuen Ausbruchs gilt wieder die Region zwischen Sundhnúkur und Stóra-Skógfell. Typische Vorboten einer Eruption sind Mikrobeben, plötzliche Bodenverformungen oder Veränderungen des Drucks in Bohrlöchern. Bisher lagen die Vorwarnzeiten vor einem Ausbruch zwischen 20 Minuten und über vier Stunden – entsprechend knapp bleibt das Zeitfenster für Schutzmaßnahmen.

Die aktuelle Gefahrenbewertung bleibt bestehen und wird derzeit als gering eingestuft.

Erdbeben Mb 3,6 bei Krýsuvík

Auch in Krýsuvík, westlich des Kleifarvatn, bleibt die Erde in Bewegung. Dort wird seit Monaten seismische Aktivität registriert, die jedoch vor allem mit Magmaintrusionen unter Fagradalsfjall und Sundhnúkur in Verbindung gebracht wird. Messungen zeigen eine Landabsenkung, die sich seit Juli 2023 beschleunigt hat. Hinweise darauf, dass sich Magma direkt unter Krýsuvík an die Oberfläche bewegt, gibt es bislang nicht. Allerdings ist die seismische Aktivität hoch und heute Nacht gab es ein Erdbeben der Magnitude 3,6, das sich südlich des Kleiftarvatn manifestierte.