Island: Eruptionsspalte verlängerte sich am Vormittag

Eruptionsspalte verlängerte sich im Laufe des Vormittags – weitere Spaltenöffnung nahe Fagradalsfjall

Reykjavik, 16.07.2025Der neunte Vulkanausbruch entlang der Sundhnúkur-Kraterreihe geht weiter, doch der Tremor schwächt sich bereits ab. Auch die Erdbeben haben praktisch aufgehört, was darauf hindeutet, dass die Gangbildung abgeschlossen ist. Zuvor öffneten sich im Laufe des Vormittags weitere Spaltensegmente, so dass sich die ursprüngliche Spalte auf gut 2400 m verlängerte. Westlich des Fagradalsfjall entstand eine 500 m lange Spalte. 

Wie der aktuelle Stand der Eruption ist, lässt sich leider nicht sagen, denn das Wetter ist schlecht und die Livecams sind in Wolken gehüllt. Aus den isländischen Presseberichten geht hervor, dass die Entwicklung der Eruptionsspalte ungewöhnlich dynamisch war und sich über mehrere Stunden erstreckte. Zunächst wurde die Eruption von den IMO-Fachleuten als vergleichsweise klein beschrieben und offenbar wollte man die Fehleinschätzungen der letzten Tage nicht eingestehen, denn es hieß, dass die Eruption startete, obwohl man meinte, dass der Magmenkörper unter Svartsengi noch nicht über das entsprechende Volumen verfügte. Zu dem Zeitpunkt, als die Eruptionsspalte zwischen 700 und 1000 m lang war, wurde die Förderrate mit ca. 500–700 Kubikmetern pro Sekunde angegeben. Das entspricht etwa einem Drittel der bei früheren Eruptionen geförderten Höchstrate. Doch zu diesem Zeitpunkt hielten die Erdbeben noch an und der unterirdische Gang breitete sich aus und offenbar brach das Magma auch bis zur Oberfläche durch, wie die weiteren Spaltenöffnungen belegen. Bis zum Mittag dürfte die Förderrate temporär an jene anderer starker Eruptionen gereicht haben.

Dass man vor Ort völlig überrascht war, zeigt auch der Umstand, dass der Bürgermeister von Grindavik nicht informiert wurde, als die seismische Krise begann. Fannar Jónasson meinte, dass es nicht so schlimm sei, weil sich die Eruptionsspalte weit im Norden von Sundhnúkur geöffnet habe, und spekulierte, dass IMO vielleicht unter Personalmangel leidet, weil auch viele Mitarbeiter in den Ferien sind. Am Morgen übernahm dann der Zivilschutz das Kommando und rief den Notstand aus. Grindavik ist nun wieder touristisches Sperrgebiet.

Das Thermalressort „Blaue Lagune“ und das Geothermalkraftwerk wurden vor Grindavik evakuiert. Der Polizeichef von Suðurnes wies darauf hin, dass Touristen das Gebiet der Eruption nicht betreten dürfen. Außerdem wurde eine Flugverbotszone für Drohnen eingerichtet. Medienvertreter dürfen zumindest bis nach Grindavik.

Die Geschehnisse zeigen einmal mehr, wie schnell sich Situationen in Vulkangebieten ändern können und wie schnell selbst Fachleute falsche Prognosen erstellen können. Daher gilt es, an Vulkanen immer mit allem zu rechnen.

Erta Alé: Weitere Hinweise auf Kraterbildung

Erta Alé mit Aschewolken und ausgeprägter thermischer Anomalie – Kraterbildung und möglicherweise ein neuer Lavasee

Mekele, 16.07.2025Am Vulkan Erta Alé in Äthiopien gibt es seit gestern Umwälzungen größeren Ausmaßes, die sich allerdings noch nicht ganz überblicken lassen. Da die Beobachter vor Ort ausschließlich Handyphotos ohne Textbeschreibungen posten, sind wir auf die Interpretation dieser Bilder angewiesen. Neue Satellitenfotos stehen noch aus. Dafür registrierten Satelliten eine sehr starke Wärmestrahlung.

Laut MIROVA betrug die Leistung der emittierten Wärmestrahlung gestern Morgen kurzzeitig 5800 MW (MODIS) was ein sehr hoher Wert ist und nur von einer größeren Lavafläche ausgegangen sein kann. Bilder vom Morgen dokumentieren nicht nur eine Aschewolke, sondern auch rotglühende Tephra, die an zwei gegenüberliegenden Stellen des neuen Kraters aufstieg. Eine Aufnahme vom Abend (Bild links) zeigt eine rot illuminierte Wolke aus dem Krater aufsteigen und es sieht so aus, als hätten sich möglicherweise sogar zwei nebeneinander liegende Pitkrater gebildet. Die hintere Wolke könnte aber mit einem Scheinwerfer angeleuchtet worden sein. 

Während die Anzahl der Krater unklar bleibt, kann man es aber als gesichert ansehen, dass sich ein Pitkrater gebildet hat, in dem zumindest zeitweise Lava brodelte.

Der Krater scheint deutlich größer zu sein, als es der Fall war, bevor der Vorgänger in den letzten Jahren verfüllt wurde. Er scheint recht zudem ziemlich nahe an den Calderarand heranzureichen.

Die Vulkanführer haben zuletzt ihre Gruppen bis an die Hornitos herangeführt, wobei manche zwar Gasmasken trugen (von denen ich ausgehe, dass sie nicht die richtigen Filter enthielten), aber nur die wenigsten mit Wanderstiefeln und Helmen ausgestattet waren. Das Risiko, von plötzlichen Lavaspritzern oder Kollapsereignissen überrascht zu werden, wird von den meisten dieser ortsansässigen (selbst ernannten) Vulkanführer unterschätzt. Vielfach beschränkt sich ihre Erfahrung auf den Erta Alé, was ja nett ist, wenn es darum geht, den Pfad zum Vulkan hochzufinden, aber völlig unzureichend, um Vulkangefahren wirklich einschätzen zu können! Wer also eine Tour zum Erta Alé unternehmen will und nicht selbst über entsprechende Erfahrungen verfügt, sollte sich Vulkanführern mit internationaler Vulkanerfahrung anschließen.

Update: In einer Augenzeugenbeschreibung heißt es, dass es an 4 Stellen in der Caldera Aktivität gibt. Ein erfahrener Reiseanbieter meinte, das Gebiet des ehemaligen Nordkraters wäre aktiv. Möglich, dass sich in beiden ehemaligen Kratergebieten (Nord und Süd) neue Depressionen bilden. Die Asche soll sich noch in 15 Kilometern Entfernung zur Caldera finden. Neben Magmenaufstieg könnte die Ursache auch im gegenteiligen Prozess liegen: Kollaps durch unterirdischen Magmenabfluss. Dagegen spricht dann aber die große Hitzeentwicklung und die rot illuminierten Wolken.

Campi Flegrei: Erdbeben und Anstieg des Gasausstoßes

Der Krater des Monte Nuovo. © Marc Szeglat

Erdbeben Md 2,1 am Monte Nuovo – Gasausstoß wieder auf vorheriges Niveau angestiegen

Pozzuoli, 16.07.2025Unter der süditalienischen Caldera Campi Flegrei kam es gestern Nachmittag erneut zu einem erwähnenswerten Erdbeben. Es hatte die Magnitude 2,1 und eine Herdtiefe von 2700 m. Das Besondere: Das Epizentrum befand sich an der südwestlichen Basis des Monte Nuovo. Hierbei handelt es sich um den jüngsten Schlackenkegel in der Caldera. Dort mündet eine Störungszone, die in der Mitte des golfs von Pozzuoli beginnt.

Der Erdstoß am Monte Nuovo war im näheren Umkreis des Epizentrums zu spüren gewesen, obwohl die Magnitude unter der offiziell gültigen Wahrnehmbarkeitsschwelle von M 3,0 lag. In den Campi Flegrei ist es aber nicht unüblich, dass auch schwächere Erdbeben von der Bevölkerung wahrgenommen werden, was zum einen an der dichten Besiedlung der Region liegt und zum anderen an den geringen Herdtiefen. Zudem scheint der Kessel der Caldera Erdbebenwellen zu reflektieren, so dass die Beben in der Caldera verstärkt wahrgenommen werden.

Gestern erschien auch der INGV-Wochenbericht für den Beobachtungszeitraum 7. bis 13. Juli 2025. In dieser Periode wurden 32 Beben festgestellt. In der Vorwoche waren es 56. Die Seismizität war also relativ niedrig. Die Bodenhebung blieb aber bei einer Geschwindigkeit von 15 mm im Monat, was davon zeugt, dass es trotz der vergleichsweise geringen Seismizität keine nachhaltige Entspannung der Situation gibt. Im Gegenteil: Je weniger schwache Erdbeben es gibt, die die Spannungen im Boden abbauen, die durch die Hebung entstehen, desto größer ist die Gefahr für stärkere Erdbeben.

Der Gasausstoß erhöhte sich wieder auf das Niveau, wie es vor dem Rückgang im Juni gemessen wurde. Der Kohlendioxidausstoß dürfte somit wieder bei ca. 5000 Tonnen am Tag gelegen haben, was ein beachtlicher Wert ist. Er zeugt davon, dass sich in der Tiefe ein großer Magmenkörper befindet, von dem das Gas ausgeht. Ein signifikanter Anstieg der Schwefeldioxidemissionen würde anzeigen, dass das Magma weiter aufsteigt, wodurch sich die Eruptionsgefahr deutlich erhöhen würde.

Die maximale Gastemperatur der Pisciarelli-Fumarole lag bei 95 Grad. Das Minimum von 92 Grad wurde während eines Regenschauers gemessen.

Island: Vulkanausbruch Nr. 9 hat nachts begonnen

Auf Island hat der 9. Vulkanausbruch in Folge begonnen – Lavafontänen entlang einer Eruptionsspalte

Reykjavik, 16.07.2025Heute Nacht begann auf Island der 9. Vulkanausbruch in Folge. Um 03:54 Uhr begann sich im nördlichen Bereich der Sundhnúkur-Kraterreihe eine Eruptionsspalte zu öffnen, die eine Länge von mehreren hundert Metern erreicht. Lavafontänen bilden einen Vorhang aus Lava und speisen Lavaströme, die zu den Seiten abfließen. Infrastruktur ist bis jetzt nicht gefährdet. Die gesundheitsschädliche Gaswolke zeiht Richtung Norden.

Seismische Krise begann nach Mitternacht

Die Eruptionsspalte liegt nordöstlich der vulkanischen Erhebung Stóra Skógfell und südöstlich von Litla-Skógfell und damit in der Region, auf der sich bereits im August 2024 die Eruption konzentrierte. Sie befindet sich deutlich weiter nördlich, als sich die meisten anderen Spalten öffneten. Bis jetzt handelt es sich um eine nicht ganz so große Eruption. Doch wie anhaltende Erdbeben zeigen, geht sie wahrscheinlich wieder mit der Bildung eines magmatischen Ganges einher, der sich entlang der gesamten Länge der Sundhnúkur-Kraterreihe erstreckt. Die Beben beginnen am nördlichen Stadtrand von Grindavík und reichen im Norden fast bis zu dem Highway zwischen Keflavík und Reykjavík. Der magmatische Gang wird aber nicht bis in die äußeren Bebenzonen ragen, sondern etwas kürzer sein. Die Erdbeben begannen diesmal früher als vor den letzten Eruptionen und setzten kurz nach Mitternacht (UTC) ein.

Für die IMO-Vulkanologen kam die Eruption offenbar überraschend, denn sie schrieben noch gestern, dass sich erst zwei Drittel des Magmas wieder akkumuliert hätten, das bei der letzten Eruption im April eruptiert wurde bzw. in den damals sehr langen Gang abfloss. Ich habe in meinem Update gestern vorsichtig vor einer möglicherweise bevorstehenden Eruption gewarnt und rechnete bereits in den letzten Wochen mit einer Eruption in der zweiten Julihälfte. Die aktuellen Vorgänge scheinen meine These zu stützen, dass bei der großen Gangbildung im April ein Großteil der Schmelze aus dem tief unter Fagradalsfjall liegenden Magmaspeicher stammt. Die eruptierte Lava kam hingegen aus dem flacheren Speichersystem unter Svartsengi.

Mit dem Eruptionsbeginn haben wir auch die Bestätigung, dass die korrigierten GNSS-Messdaten gestern richtig waren: Sie zeigten eine stagnierende Bodenhebung und der Graph bewegte sich einige Tage seitwärts. In dieser Zeit floss das Magma bereits unterirdisch aus Richtung Svartsengi nach Sundhnúkur ab. Offenbar gibt es ein offenes Fördersystem, denn die Seismizität war nur marginal erhöht und verlief längs der Kraterreihe und nicht von West nach Ost.