Rissbildungen nach Erdbebenserie am Afdera-Salzsee in der äthiopischen Wüste Danakil
Afdera, 24.07.2025 – Im äthiopischen Afar-Dreieck und speziell in der dortigen Wüste Danakil scheint aktuell ein größerer Riftingprozess im Gange zu sein, der weitestgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit abläuft. Wie Geotourismus-Experte Enku Muguleta berichtet, gab es in den letzten Tagen eine Erdbebenserie in der Umgebung des Afdera Salzsees, in deren Folge sich mehrere Senklöcher und längere Erdspalten auftaten. Die Erdbeben wurden nicht von den bekannten Erdbebendiensten registriert, weil es in der Gegend kein seismisches Netzwerk gibt.

Laut Enku traten die Ereignisse am 22. Juli 2025 gegen 16:00 Uhr auf. Fotos von ortsansässigen Afar zeigen schmale, teils tiefreichende Öffnungen im trockenen, sandigen Gelände. Sie entsprechen in ihrer Morphologie typischen Spannungsrissen oder kleineren Einsturzstrukturen, wie sie nach stärkeren Erschütterungen in instabilen geologischen Zonen auftreten können. Die im Bild erkennbare Tiefe weist auf eine erhebliche Öffnung hin, die Teil eines langen Risses sein kann.
Der Afdera-Salzsee liegt am südöstlichen Ende der Erta-Alé-Vulkankette, die aus einer Reihe flacher Schildvulkane besteht, in deren Zentrum sich die Caldera des Vulkans befindet, dem die Vulkankette ihren Namen verdankt. Erst in der letzten Woche kam es am Erta Alé zu einem bedeutenden Ereignis, bei dem sich infolge einer Spalteneruption an der Südostflanke des Vulkans zwei Pitkrater bildeten. Sie entstanden überwiegend durch Kollaps der Füllung früherer Krater, als der Magmenspiegel im Reservoir unter dem Vulkan durch die Eruption abfiel. Südlich der Eruptionsspalte mit ihrem Lavastrom gab es Hinweise darauf, dass Lava in einer bereits existierenden Lavatube in Richtung des Nachbarvulkans Hayli Gubbi floss.
Magmatische Intrusion und Bildung eines 40 Kilometer langen Gangs möglich

Ich spekulierte bereits zu diesem Zeitpunkt darüber, dass sich auch ein Rift gebildet haben könnte, in dem die Lava abfloss. Die Vulkane der Vulkankette liegen alle auf einer Linie, die am gut 40 Kilometer entfernten Lake Afdera mündet, also dort, wo sich vor 2 Tagen die neuen Risse auftaten. Meiner Meinung nach könnten wir hier Zeugen einer größeren Riftingepisode sein, die mit einer Magmenintrusion einhergeht. Sie geht vom Erta Alé aus und könnte sich durch den gesamten Komplex bis hin nach Afdera erstrecken. Das Satellitenfoto zeigt, dass sich südlich vom Hayli Gubbi ein großes Lavafeld befindet. Damals stoppte die Lava einige Kilometer vor dem Salzsee. Nicht auszuschließen, dass sich eine ähnliche Eruption in naher Zukunft wiederholen wird.
Das Henne-Ei-Problem
Ähnlich wie bei den größeren Ereignissen auf Island steht man hier vor dem Problem, was das Ereignis auslöste: War es das Magma, das sich seinen Weg entlang von Schwächezonen bahnte und so den Graben erschuf, oder lösten tektonische Prozesse eine Riftingepisode aus, in deren Graben dann das Magma floss? Immer, wenn sich so lange Gänge bilden, vermute ich tektonische Kräfte als treibende Kraft hinter den Prozessen. Allerdings gilt zu beachte, dass es noch keine wissenschaftlichen Untersuchungen gibt, die tatsächlich bestätigen, dass Magma soweit in den Süden vordrang. Bis jetzt wurden direkte Zeugnisse von Magma im Untergrund nur bis nördlich des Hayli Gubbi entdeckt.
Zusammenhang mit Intrusionen bei Awash?
Unklar bleibt, ob es einen direkten Zusammenhang zu dem starken Schwarmbeben vom Frühjahr gibt, das sich in der Awash-Region zutrug. Damals wurden die Erdbeben von einer magmatischen Intrusion nebst einer Riftingepisode hervorgerufen. Zwischen den beiden Gebieten liegt eine Strecke von 500 Kilometern. Zudem ändert sich die Richtung, in der die Störungszonen verlaufen. Der Kreuzungspunkt der Störungssysteme liegt im Bereich des Abee-Sees. Von daher glaube ich nicht, dass es sich hier um eine Riftbildung entlang einer Störungszone handelt. Doch die Ereignisse der letzten Monate legen nahe, dass die gesamte Region in eine Phase außerordentlicher tektonischer Aktivität eingetreten ist und dass zeitnah weitere besondere (und auch gefährliche) Ereignisse stattfinden könnten.