Laacher-See-Vulkan: Neue Studie löst Kontroverse aus

Fand die Eruption am Laacher-See -Vulkan früher statt, als bislang angenommen?

Erst letzte Woche war ich mit meinem Sohn am Laacher See schwimmen und besichtigte auch die Gasaustritte am Ostufer des Sees, der in einer Depression liegt, die beim letzten Vulkanausbruch vor mehr als 12.000 Jahren entstand. Schon die Art der Depression löste in der Vergangenheit kontroverse Diskussionen unter Wissenschaftlern aus. Früher nahm man an, dass es sich um einen klassischen Maarsee handelt, für den die Vulkaneifel bekannt ist. Doch jüngere Forschungen ergaben, dass die Hohlform mit dem Kraterwall auch Charakterzüge einer Caldera aufweist. Nun gibt es einen weiteren Streit unter Wissenschaftlern, der den genauen Zeitpunkt der letzten Eruption betrifft.

Die Kontroverse begann im Jahr 2021. Damals wurde der Ausbruch vom Mainzer Geoforscher Frederick Reinig neu datiert. Die Datierung erfolgte anhand einer Radiokarbondatierung von Baumringen. Die Bäume wurden bei der Eruption verschüttet und kürzlich aus den Ablagerungen gegraben. Statt vor 12.880 Jahren sollte der Laacher-Vulkan bereits 130 Jahre früher ausgebrochen sein, also vor 13.010 Jahren. Was für uns normale Menschen eigentlich von geringer Bedeutung ist – um nicht zu sagen völlig unbedeutend – kann für die Wissenschaftler relevant sein: Die Asche vom Ausbruch verteilte sich über weite Teile Europas und dient als wichtiger Marker für die Datierung anderer Gesteinsschichten. Das kann nicht nur für den Geologen von Bedeutung sein, sondern auch für Klimatologen und Archäologen, die anhand von besonderen Bodenschichten ihre Klimaarchive lesen oder Funde datieren können und ganze geschichtliche Epochen festlegen. Kurzum könnte eine zeitliche Verschiebung der Laacher-Eruption (den See gab es damals ja noch nicht) weitreichende Folgen für die Geschichtsschreibung nach sich ziehen.

Ein anderes Forscherteam um James Baldini von der Durham University in Großbritannien stellt jetzt die neuen Datierungen des Vulkanausbruchs wiederum infrage. Sie wollen festgestellt haben, dass vulkanische Gase, die bereits vor dem Ausbruch ausgetreten sind, sich in den Ringen der Bäume einlagerten, was die Baumringdatierung verfälscht haben soll. Der aus der Tiefe der Erde stammende Kohlenstoff enthält kein radioaktives Kohlenstoff-Isotop, das für die Radiokarbondatierung verwendet wird. Dadurch erscheinen die Bäume älter, als sie tatsächlich sind. Die Wissenschaftler vermuten, dass die ursprüngliche Datierung vor 12.880 Jahren korrekt ist.

Als weiteres Argument gegen die Neudatierung wird ein Anstieg der Schwefelwerte in grönländischen Eisschichten und Seesedimenten angeführt. Dieser Sulfat-Peak ist in Schichten aus der Zeit vor 12.870 Jahren nachweisbar, kurz nach dem etablierten Datum für den Laacher-See-Ausbruch.

Die Forscher sind uneins über die Gültigkeit der Neudatierung. Das Team von Reinig bestreitet, dass die Bäume durch vulkanisches CO2 kontaminiert wurden. Weitere unabhängige Überprüfungen der Datierung werden vorgeschlagen, um Klarheit zu schaffen. Bis dies geschehen ist, sollten beide möglichen Daten für den Laacher-See-Ausbruch in Betracht gezogen werden. (Quellen: Pressemeldung Durham University,  Nature  https://www.nature.com/articles/s41586-023-05965-1)