Campi Flegrei: Evakuierungsübung am 5. und 6. November

Vulkanübung „Campi Flegrei 2025“: Evakuierungstest in Pozzuoli und Neapel

Während die Erdbeben in den Campi Flegrei unvermindert weitergehen – seit gestern gab es gut 35 Erdstöße – kündigte der Zivilschutz eine neue Notfallübung an: Am 5. und 6. November findet in der Region Kampanien die nationale Zivilschutzübung „Campi Flegrei 2025“ statt. Ziel ist es, die Einsatz- und Evakuierungspläne im Falle eines Ausbruchs des Vulkans Campi Flegrei zu testen. Die Übung wird vom italienischen Zivilschutzministerium, der Region Kampanien, der Präfektur Neapel und den Gemeinden der Roten Zone von Pozzuoli organisiert. Auch die Zwillingsregionen Sardinien und Sizilien nehmen teil, die im Ernstfall Bevölkerung aus Neapel aufnehmen würden.

Zivilschutz in Pozzuoli

Der erste Übungstag am 5. November konzentriert sich auf die Zusammenarbeit zwischen Behörden und Einsatzkräften. Am 6. November folgt die praktische Evakuierung eines Schulkomplexes: 120 Schüler und 15 Lehrkräfte des Instituts Bernini in Chiaia werden evakuiert. Von der Schule aus werden sie in drei Wartezonen (Piazza Vittoria, Piazza San Nazzaro und Piazza San Luigi) gebracht und anschließend mit Bussen zum Hafen von Neapel transportiert. Dort wird der Begegnungsbereich am Seebahnhof erstmals im Rahmen einer Großübung getestet.

Die Teilnehmer werden mit einem digitalen System registriert und symbolisch den Zwillingsregionen zugewiesen: Bewohner von Posillipo nach Sardinien, jene aus Chiaia, San Ferdinando und Montecalvario nach Sizilien. Am Hafen werden medizinische, logistische und Informationsbereiche eingerichtet. Die Übung endet gegen 13 Uhr.

Es wird die zweite großangelegte Übung in den Campi Flegrei sein. Bei der ersten Übung im letzten Jahr übte man noch die Reaktion auf stärkere Erdbeben, die im Zusammenhang mit der aktuellen Bodenhebungsphase ebenfalls auftreten können.

Mit diesem Test schließt die Region Kampanien den Zyklus der „Exe Flegrei“-Übungen ab. Ein wichtiger Schritt zur Vorbereitung auf mögliche vulkanische Krisen im dicht besiedelten Großraum Neapel.

Campi Flegrei: Smartphones als Seismometer eingesetzt

Studie benutzte in den Campi Flegrei Smartphones als Erdbebensensoren – Informationen zu Standort-Effekten gesammelt

Tausende Beschleunigungsmesser in Mobiltelefonen eröffnen neue Möglichkeiten für die Erdbebenforschung. Eine internationale Studie zeigt, dass sich mithilfe dieser Sensoren hochauflösende Karten der Bodenverstärkung von Erdbebenwellen erstellen lassen – ein wichtiger Schritt hin zu sichereren Städten.

Die Magnitude und Tiefe eines Erdbebens bestimmen nur teilweise, wie stark die Erschütterungen an der Oberfläche zu spüren sind. Entscheidend sind auch Standortfaktoren wie die lokalen Bodenverhältnisse, die die Bewegung verstärken oder abschwächen können. Die genaue Kartierung solcher Standort-Effekte ist essenziell, um gefährdete Stadtgebiete zu erkennen und bei zukünftigen Ereignissen gezielt reagieren zu können.

In Bezug auf die Campi Flegrei erstaunt es immer wieder, dass ungewöhnlich schwache Erdbeben mit Magnituden kleiner als 2 gespürt werden können. Hier scheint es ungewöhnlich starke Standorteffekte zu geben, denen nun ein Forschungsteam unter Leitung von Francesco Finazzi (Universität Bergamo), Fabrice Cotton (GFZ Potsdam) und Rémy Bossu (Europäisch-Mediterranes Seismologisches Zentrum) nachging. Dazu griff man auch auf die Daten von Smartphones zurück.

Die Forschungen zeigten, dass Daten von Bewegungssensoren aus Smartphones einen bislang unerreichten Detailgrad liefern. Grundlage ist das „Earthquake Network“ (EQN), ein Citizen-Science-Projekt, an dem weltweit Millionen Menschen teilnehmen. Die in den Geräten integrierten Beschleunigungsmesser erfassen Erschütterungen und übermitteln sie in Echtzeit an zentrale Server.

Für die Studie wurden Tausende Messungen aus der seismisch aktiven Region der Campi Flegrei bei Neapel ausgewertet. Die Daten der gut 9000 Smartphones, auf denen die EQN-App installiert war, waren aber nur bei den stärkeren Erdbeben mit Magnituden größer 3,5 verwertbar. Mit den Geräten wurden keine Magnituden bestimmt, sondern die Beschleunigungswerte verglichen. Zur Magnitudenbestimmung dienten die stationären Seismometer des INGV-Netzwerkes. Während die klassische seismische Stationen nur punktuelle Daten liefern, decken die Smartphones eine wesentlich größere Fläche ab. Mit Hilfe komplexer mathematischer Modelle konnten die Forschenden aus den unregelmäßigen Einzelmessungen eine hochauflösende Karte der standortabhängigen Verstärkung (oder Abschwächung) der Erdbebenwellen erstellen.

Die Ergebnisse zeigen deutliche Unterschiede schon über kurze Distanzen: In einigen Gebieten werden Erdbebenwellen abgeschwächt, in anderen verstärken sie sich um ein Vielfaches. Mit solchen Karten lassen sich für zukünftige Beben präzisere „ShakeMaps“ erstellen, die die Intensität der Erschütterungen nahezu in Echtzeit abbilden – ein wertvolles Instrument für Katastrophenschutz, Stadtplanung und Gefahrenbewertung.

Vor einigen Jahren hatte ich selbst eine App installiert, die das Smartphone in ein Seismometer verwandeln sollte. Damals war es damit nur möglich, stärkere Erdbeben ab einer Magnitude von 5,0 zu registrieren. Heute scheinen die Geräte deutlich empfindlicher zu sein. Es stellt sich die Frage, warum Smartphones nicht auch in Regionen ohne seismisches Netzwerk eingesetzt werden, etwa im äthiopischen Afar-Dreieck bei Awash, wo offizielle Messstationen fehlen.

Quellenhinweis
Finazzi, F., Cotton, F. & Bossu, R. (2025). Citizens’ smartphones unravel earthquake shaking in urban areas. Nature Communications, 16, 9527.
© 2025 The Author(s). Veröffentlicht unter CC BY 4.0 (https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/)
DOI: 10.1038/s41467-025-64543-3, sowie Pressemeldung GFZ.

Campi Flegrei: Beschleunigung der Bodenhebung Mitte Oktober

Erdbebenaktivität weiterhin sehr hoch – Beschleunigung der Bodenhebung in den Campi Flegrei detektiert

Der süditalienische Calderavulkan Campi Flegrei kommt nicht zur Ruhe und ein Ende der Hebungsphase ist nicht in Sicht. Das Gegenteil ist der Fall, denn die Bodenhebung hat sich weiter beschleunigt. Dem gestern veröffentlichten Wochenbulletin des INGV ist zu entnehmen, dass die Bodenhebungsrate seit Mitte Oktober auf Monatssicht von 15 mm auf 20 mm gestiegen ist. Zudem gab es im Beobachtungszeitraum zwischen dem 20. und 26. Oktober 178 Erschütterungen. Die stärkste hatte eine Magnitude von 2,8.

Campi Flegrei. © INGV

Die Beschleunigung der Bodenhebung war bereits letzte Woche zu erahnen gewesen. Auch jetzt noch gibt es eine gewisse Unsicherheit, ob die Werte korrekt sind, denn es sind immer Korrekturen der Satellitenbahndaten nötig, die gut 2 Wochen Zeit brauchen. Von daher sind die neuen Werte noch als vorläufig zu betrachten. Aufgrund der hohen Seismizität der letzten Wochen konnte man bereits mit einer Beschleunigung der Hebegeschwindigkeit rechnen. Die Seismizität ist auch jetzt noch überdurchschnittlich hoch: Seit Montag gab es 43 schwache Erschütterungen, etwa so viele, wie man im Sommer noch pro Woche verzeichnete. Die Gefahr mittelstarker Erdbeben mit Magnituden im Viererbereich ist ebenfalls erhöht.

Der Vulkan stößt weiterhin viel Kohlendioxid aus. Die Gastemperaturen lagen bei Pisciarelli im Schnitt bei 94 Grad. Die Solfatara-Hauptfumarole stößt hingegen 166 Grad heiße Gase aus, mit Spitzenwerten von ca. 170 Grad. Damit ist man zwar noch ein gutes Stück von kritischen Werten entfernt, ab denen man im Allgemeinen von einem unmittelbar bevorstehenden Vulkanausbruch ausgeht, doch die seit Jahren langsam steigenden Werte sind bereits hoch und zeigen unmissverständlich, dass das Vulkansystem aufheizt. Eine magmatische Eruption scheint nicht unmittelbar bevorzustehen, die Gefahr phreatischer Ausbrüche ist aber real. Sollte so ein Ausbruch in der Solfatara passieren, dann werden sich die Auswirkungen sehr wahrscheinlich auf den Krater beschränken, wobei im Extremfall Gesteinsfragmente bis auf den teilweise bebauten Kraterrand fliegen können. Eine Explosion bei Pisciarelli, am Nordostfuß der Solfatara, könnte Wohngebäude stärker in Mitleidenschaft ziehen.

Campi Flegrei: Erdbeben Md 3,1 am 26. Oktober

Campi Flegrei von Erdbeben Md 3,1 erschüttert – starkes Schwarmbeben in Progress

In den Campi Flegrei kam es heute Nacht um 00:51:49 Uhr Lokalzeit (22:51:49 UTC am 25. Oktober) zu einem deutlich spürbaren Erdbeben der Magnitude 3,1. Die Herdtiefe wird vom INGV mit 2400 m angegeben. Das Epizentrum befand sich unter dem Nordrand der Solfatara, wo sich eine Kleingartenanlage befindet. Wenige hundert Meter entfernt steht u. a. ein großes Hotel, das deutlich wahrnehmbar durchgeschüttelt wurde, aber wohl zu den stabilsten Gebäuden Pozzuolis gehören dürfte.

Campi Flegrei. © EMSC/Leaflet

Das Erdbeben löste einen erneuten Schwarm aus, der noch anhält und sich bis jetzt aus 47 Beben zusammensetzt. Doch auch vor der beschriebenen Erschütterung war die Seismizität erhöht und meiner Meinung nach handelt es sich um einen einzigen, seit Tagen anhaltenden Erdbebenschwarm aus hunderten Erdbeben.

Der Bürgermeister der Kommune Pozzuoli gab wieder mehrere Kommuniqués, die das Erdbeben betreffend, heraus und wies nicht nur auf den Erdbebenschwarm hin, sondern gab auch Notfallnummern bekannt. Zudem sollen Bürger Schäden an ihren Häusern melden, was oft wohl aus Angst vor einer Zwangsräumung im Schadensfall nicht immer gemacht wird.

Neben dem Beben Mb 3,1 gab es noch weitere Erdbeben, die von den Bewohnern des Calderavulkans deutlich gespürt wurden: Sie hatten die Magnituden 1,9 und 1,7 und lagen in geringer Tiefe unter bebautem Gebiet nordwestlich der Solfatara. Normalerweise würde man meinen, Erdbeben solch geringer Magnitude seien nicht wahrnehmbar, doch tatsächlich konnte ich bei meinem letzten Aufenthalt in der Gegend im März dieses Jahres sogar einen Erdstoß Md 1,2 spüren, der sich wenige hundert Meter von meinem Hotel am Südrand der Solfatara entfernt ereignet hatte. Die geringe Herdtiefe der Beben sowie die besondere geologische Struktur des Beckens der Caldera reflektieren Erdbebenwellen und verstärken sie so, dass man selbst Beben weit unterhalb der eigentlichen Wahrnehmbarkeitsschwelle von M 3,0 spüren kann.

Campi Flegrei: Studie bestätigt Magmaakkumulation

Thermalgebiet von Pisciarelli an der nordöstlichen Basis der Solfatara. © Marc Szeglat

Eine Studie über Campi Flegrei bestätigt einmal mehr Magmaakkumulation in 4 km Tiefe – Borsäurekristalle als Warnsignal

Eine neue Studie, die im Journal of Geophysical Research erschien, sorgt für Aufsehen unter Vulkanologen und sicher bald auch bei den Bewohnern der Caldera. Forschende um Dr. Marco Piochi vom INGV berichten von ihrer Entdeckung in der Caldera Campi Flegrei bei Neapel: winzige, farblose Kristalle aus Borsäure – Sassolit genannt –, die sich seit 2021 vermehrt im Thermalgebiet von Pisciarelli gebildet haben. Was zunächst unspektakulär klingt, könnte ein Schlüssel zum Verständnis der aktuellen Unruhe im größten aktiven Vulkansystem Europas sein.




Campi Flegrei gilt seit Jahren als „ruheloser Vulkan“: Bodenhebungen, die Erdbeben auslösen, und steigende Gasemissionen deuten darauf hin, dass sich unter der Caldera das Hydrothermalsystem verändert und zunehmend unter Druck gerät. Die neuen Analysen zeigen nun, dass tief im Untergrund borreiche, hochkonzentrierte Salzlösungen existieren.

Schematische Darstellung. © Dr. Marco Piochi, INGV

Die Grundstoffe für die Salzlösungen, die die in der Studie auch Sole oder Brinen genannt werden, entstehen durch chemische Prozesse in einem tiefen Magmenkörper, dessen Oberseite sich in etwa 8 Kilometern Tiefe befindet. Von hier aus steigen Fluide auf, die ein magmatisches Reservoir in rund 4 Kilometern Tiefe bilden. An der Oberseite dieses Reservoirs sammelt sich die mit Bor angereicherte Sole, die unter hohem Druck und bei Temperaturen von 250–400 °C flüssig bleibt.

Dampf entsteht im hydrothermalen System der Campi Flegrei, wenn die Sole aus 3 bis 4 Kilometern Tiefe durch Risse aufsteigt und dabei starkem Druckabfall ausgesetzt ist, wodurch der lokale Siedepunkt rasch fällt. Wird dieser Punkt unterschritten, verdampft ein Teil der Flüssigkeit schlagartig – ein Vorgang, den Vulkanologen „hydrothermal flashing“ nennen. Dabei expandiert das Wasser explosionsartig, und gelöste Stoffe wie Borsäure kristallisieren bei Temperaturen unter 170 Grad als Sassolit aus. Diese Prozesse finden typischerweise in 100 bis 500 Metern Tiefe statt und erzeugen das Dampf-Wasser-Gemisch, das an der Oberfläche an den Fumarolen austritt. Wenn der Druck lokal zu groß wird, kann das „Flashing“ zudem phreatische Explosionen auslösen – Dampfexplosionen, die ohne Magmaaustritt auftreten, aber bereits ein moderates Zerstörungspotenzial besitzen.

Das Sassolitvorkommen ist also ein weiterer Indikator dafür, dass sich in Tiefen unterhalb von 4 Kilometern Magma ansammelt, worauf auch mehrere Studien jüngeren Datums hinweisen. Diese Wärmequelle treibt die Zirkulation borreicher Fluide an, die nun sichtbar in Form von Sassolit ausfallen. Die Forschenden sehen einen Übergang von einem geschlossenen zu einem offenen Hydrothermalsystem, da es zu vermehrter Rissbildung im Deckgestein der Caldera gekommen ist. Die Kristallbildung ist somit ein oberflächlicher Ausdruck der erneuten Aktivierung des Vulkansystems.

Für die Gefahreneinschätzung des Vulkans ist das ein Warnsignal: Wenn sich der Magmenkörper weiter erhitzt und mehr Fluide in das hydrothermale System einspeist, steigt die Wahrscheinlichkeit phreatischer Eruptionen.

(Quelle: Piochi, M., et al. (2025). Sassolite Precipitation at the Restless Campi Flegrei Volcano in Italy Points to Hydrothermal Flashing by Deep Boron-Rich Brines. Journal of Geophysical Research: Solid Earth, 130, e2025JB032197. https://doi.org/10.1029/2025JB032197, Lizenz: CC BY 4.0 – Creative Commons Attribution 4.0 International License.)

Campi Flegrei: Erdbeben Md 2,8 am 22. Oktober

Anhaltend hohe Erdbebenaktivität in den Campi Flegrei – stärkste Erschütterung Md 2,8

Die Erdbebentätigkeit in der süditalienischen Caldera Campi Flegrei bewegt sich weiterhin auf hohem Niveau. Heute manifestierte sich am frühen Morgen ein Erdstoß der Magnitude 2,8. Die Herdtiefe wird mit 4 Kilometern angegeben. Das Epizentrum lag offshore, auf einer bekannten Störungszone im Westen der Bucht von Pozzuoli. Hier traten in den vergangenen Jahren immer wieder vergleichsweise starke Erdbeben in größerer Tiefe auf, in Bereichen, in denen sich kleine Magmataschen bilden könnten, die Spannungen auf die Störung ausüben. Möglich ist auch, dass sich Fluide entlang der Störung bewegen und so die Beben auslösen. Einige Forscher sind der Ansicht, dass diese tiefer gelegenen Erdbeben Risse im Deckgestein der Caldera erzeugen und dieses schwächen.

Campi Flegrei. © EMSC

Der Erdstoß wurde von den Bewohnern der Caldera deutlich gespürt und vielfach als „ziemlich stark“ beschrieben. Immer mehr Menschen reagieren auf die Erschütterungen mit wachsender Sorge vor einem sich zusammenbrauenden Vulkanausbruch. Kaum einer glaubt noch daran, dass die Hebungsphase ohne eine Katastrophe in naher Zukunft einfach enden wird.

Die geophysikalischen Parameter geben auch keinen Grund zu dieser Annahme. Im jüngsten Wochenbulletin für die 42. Kalenderwoche berichteten die Geowissenschaftler des IGNV von 135 Erdbeben. Das stärkste hatte eine Magnitude von 2,9. Die Bodenhebung hielt mit der bekannten Rate von 15 mm pro Monat weiter an, wobei die Grafik der Rione-Terra-Messstation andeutet, dass sich die Hebung beschleunigt haben könnte. Seit Beginn der Krise im Jahr 2005 hat sich der Boden um bis zu 154 Zentimeter gehoben, womit die bisherigen Spitzenwerte der Hebungsphase aus den 1980er Jahren übertroffen wurden.

In Bezug auf die Geochemie traten keine großen Änderungen auf und es wurde weiterhin viel Kohlendioxid ausgestoßen. Die Temperatur der Pisciarelli-Fumarole lag bei 94 Grad. Aufgrund von Niederschlägen war das Fangobecken mit Schlamm gefüllt. Die Temperatur der Hauptfumarole der Solfatara stieg weiter leicht an und erreichte zeitweilig die 170-Grad-Marke.

Campi Flegrei: Neue Studie belegt erhöhtes Ausbruchsrisiko

Ausbruchsgefahr der Campi Flegrei größer als bisher angenommen – Daten alter Studien widerlegt

Eine aktuelle Studie italienischer Vulkanologen stellt die bisherige Interpretation der Hebungs- und Senkungsphasen im Gebiet der Campi-Flegrei-Caldera bei Neapel grundlegend infrage – und lässt den Schluss zu, dass die derzeitige vulkanische Unruhe stärker mit magmatischen Prozessen verknüpft ist, als bislang angenommen.

Marcellum. © Marc Szeglat

Das internationale Forscherteam um Mauro Rosi und Flora Giudicepietro vom Istituto Nazionale di Geofisica e Vulcanologia (INGV) veröffentlichte seine Ergebnisse im Fachjournal Geology. Sie zeigen, dass frühere Radiokarbondatierungen fossiler Meeresbewohner – vor allem von Bohrmuscheln und Röhrenwürmern, die am römischen Macellum von Pozzuoli (Serapeo) gefunden wurden – stark verfälscht waren. Jahrzehntelang galten diese Messungen als Beweis für mehrere „nicht-eruptive“ Hebungs- und Senkungsphasen der Küste im Mittelalter. Bei diesen Phasen soll das Marcellum mehrmals so weit abgesenkt worden sein, dass es unter Wasser geriet und sich die Meeresbewohner dort ansiedelten. Das Argument mehrerer nicht-eruptiver Hebungsphasen diente oft zur Beruhigung: Wenn sich die Caldera damals mehrfach hob und senkte, ohne auszubrechen, müsse das heutige Bodenbeben nicht gefährlich sein. Doch genau diese Annahme fällt nun in sich zusammen.

Die neuen Analysen belegen, dass die Radiokarbon-Daten durch CO₂ aus der nahegelegenen Thermalquelle Cantarello, verfälscht wurden. Dieses Gas stammt aus großer Tiefe, enthält kein ¹⁴C und täuschte dadurch ein viel höheres Alter der organischen Proben vor. Bei den neuen Analysen wurden Fossilien von Meeresbewohnern mit jenen des Marcellums verglichen, die in einer Grotte bei Rione Terra gefunden wurden, jenem Ort, der im Zentrum der heutigen Hebungsphase liegt und sich nur einige hundert Meter vom Marcellum entfernt befindet.  Das bedeutet: Die vermeintlich alten Hebungsphasen hat es nie gegeben. Stattdessen gab es in den vergangenen zwei Jahrtausenden nur eine dokumentierte großräumige Hebung – jene, die der Eruption des Monte Nuovo im Jahr 1538 vorausging.

Damit rückt die aktuelle Aktivität der Campi Flegrei in ein neues Licht. Seit 1950 hob sich der Boden der Caldera in mehreren Phasen um insgesamt rund vier Meter. Begleitet wird dies von zunehmender Seismizität und ansteigenden Gasemissionen. Bislang wurde diese Entwicklung teilweise als „Bradyseismus“ ohne unmittelbare Eruptionsgefahr gedeutet. Die neue Studie legt jedoch nahe, dass die gegenwärtige Hebung – ähnlich wie im 15. Jahrhundert – durch aufsteigendes Magma verursacht wird. Andere Studien zeigten in den letzten Wochen bereits, dass ältere Hebungsphasen entweder nicht stattgefunden hatten oder bereits zur Hebungsphase gehörten, die in der Monte-Nuovo-Eruption gipfelte.

Die Forscher warnen, dass die Wahrscheinlichkeit eines künftigen Ausbruchs damit höher einzuschätzen ist als bisher angenommen. Zwar lasse sich kein Zeitpunkt vorhersagen, doch alle geochemischen und geophysikalischen Indikatoren sprächen für eine erneute Magmazufuhr in das flache Fördersystem. „Unsere Ergebnisse sind ein Weckruf“, so Giudicepietro. „Die Campi Flegrei befinden sich in einer kritischen Phase, die größte Aufmerksamkeit verdient.“

Ich persönlich vertrete schon seit einigen Jahren den Standpunkt, dass wir es in den Campi Flegrei mit einem wachsenden Eruptionsrisiko zu tun haben, und halte die alten Modelle zum Phänomen des Bradyseismus für wissenschaftlich überholt. Die Anhänger dieser These ergehen sich in komplizierten Konstrukten hinter dem Phänomen, anstatt zu akzeptieren, was man in der Caldera und besonders in der Solfatara überall sieht: Die Spuren der Kräfte des Vulkanismus sind allgegenwärtig, und was sonst als Magma sollte der Motor hinter der Bodenhebung sein?

(Quelle: https://doi.org/10.1130/G53578.1)

Campi Flegrei: Intensive Erdbebentätigkeit am 19. Oktober

Seismizität der Campi Flegrei bleibt hoch – Nerven der Anwohner liegen blank

In den Campi Flegrei ist die Erdbebenaktivität in den letzten Tagen besonders hoch: Innerhalb von 48 Stunden registrierte das seismische Netzwerk des INGV über 70 Erdbeben unter – oder vielmehr in – der Caldera. Die Anwohner reagieren zunehmend besorgt. Viele wollen einfach nur noch weg.

Campi Flegrei, © EMSC

Das stärkste Beben der letzten 2 Tage hatte eine Magnitude von 2,5. Die Herdtiefe belief sich auf 3000 m. Das Epizentrum wurde nordöstlich des Monte Nuovo lokalisiert. Auf Wochensicht hatten 7 Erdbeben Magnituden ab 2,0. Stärkere Erdbeben über M 3,0 traten in den letzten Tagen nicht auf, aber die schiere Anzahl der Erschütterungen rüttelt nicht nur an der Bausubstanz, sondern auch an den Nerven ihrer Bewohner, die vermehrt fordern, dass die Alarmstufe des Vulkans von „Gelb“ auf „Orange“ angehoben wird, was erste Evakuierungsmaßnahmen erlauben würde.

In den sozialen Medien werden die Kommentare der Bürger, die eine dauerhafte Umsiedlung auf Staatskosten fordern, immer lauter. So kommentierte auf Facebook eine Anwohnerin von Pozzuoli einen Post des INGV, der dazu auffordert, Wahrnehmungsmeldungen der Beben zu machen, folgendermaßen: „Wozu soll das gut sein? Wir hören sie (die Beben) Tag und Nacht, wir wollen doch nur Hilfe.“ Ein anderer Kommentator meinte: „All die verschiedenen Experten aus anderen Ländern warnen vor einer großen Gefahr – nur das INGV scheint mir, gemeinsam mit dem Zivilschutz, die Gefahr herunterzuspielen. Und wenn man die Erklärungen des Bürgermeisters hört, dass beim Anheben der Alarmstufe auf Orange die neapolitanische Wirtschaft zusammenbrechen würde, sieht man, dass sie sich mehr um ihre Geldbörsen kümmern als um das Risiko für ihre Bürger, die fliehen müssten.“ Tatsächlich wird den kommunalen Beamten und besonders dem Bürgermeister auch Korruption vorgeworfen, damit die Alarmstufe nicht angehoben wird.

Sicherlich wäre die Anhebung der Alarmstufe eine folgenschwere Entscheidung, die hohe Kosten mit sich bringt, das soziale Gefüge von Pozzuoli auseinanderreißt und die Wirtschaft noch weiter runterzieht. Und es wollen sicherlich nicht alle Anwohner die Region verlassen. Vor allem Alteingesessene und Hausbesitzer würden im Falle von Zwangsevakuierungen bestimmt nicht mitziehen wollen, insbesondere da nicht klar ist, wie lange eine Evakuierung dauern würde und ob sie Entschädigungen bekommen würden, was ich mir ehrlich gesagt kaum vorstellen kann. Am Ätna wartet man noch heute vergeblich auf Entschädigungen, die vor über 40 Jahren vom Staat versprochen wurden, als es darum ging, vor einem Lavastrom zu fliehen.

Die Situation in den Campi Flegrei ist komplex. Eine zuverlässige Vorhersage – ob und wann es zu stärkeren Erdbeben oder gar einem Vulkanausbruch kommen wird – ist unmöglich zu treffen. Theoretisch kann sich jederzeit ein stärkeres Erdbeben mit einer Magnitude größer 5,0 ereignen, das erste Häuser einstürzen lassen würde. Genauso spontan könnte es zu phreatischen Eruptionen kommen. Ein mittelstarker Ausbruch kann sich innerhalb von Tagen aufbauen, ein starker Vulkanausbruch in wenigen Monaten. Es kann aber auch einfach so weitergehen oder die Aktivität endet.

Ein Kompromiss könnte sein, zunächst Menschen mit Handicap umzusiedeln, die aus eigener Kraft nicht innerhalb kurzer Zeit flüchten können, wozu auch die Verlegung von Altenheimen gehört. Altersschwache und bereits geschädigte Gebäude gehören evakuiert und es müssten erdbebensichere Schutzräume mit Betondächern geschaffen werden, in denen man sich vor einem Vulkanausbruch in Sicherheit bringen kann. Zudem braucht es einen Landungssteg, der weit ins Meer hinausführt, an dem Fähren anlegen können, wenn der Meeresboden weiter ansteigt.

Campi Flegrei: Situation Mitte Oktober 2025

Anhaltende hohe Erdbebenaktivität in den Campi Flegrei – Einschätzung der Gefahrenlage

In der süditalienischen Caldera Campi Flegrei bleiben Bodenhebung und Erdbebentätigkeit hoch und eine nachhaltige Entspannung der Situation ist nicht in Sicht. In den letzten 2 Tagen manifestierten sich mehr als 30 Erschütterungen. Laut dem INGV-Wochenbericht ereigneten sich in der 41. Kalenderwoche 166 Erdbeben. Auf Jahressicht waren es bisher rekordverdächtige 5312 Erdbeben. Die Vulkanologen attestieren den langanhaltenden Trend zur Druckbeaufschlagung des Hydrothermalsystems.

Immer mehr Bewohner der Caldera fordern vom Staat die Umsiedlung aus dem unmittelbaren Gefahrenbereich und den Bau neuer Wohnungen in sicheren Gefilden. Doch dazu scheint der italienische Staat nicht bereit zu sein. Vielfach werden die Gefahr stärkerer Erdbeben und das Ausbruchsrisiko des Vulkans klein geredet oder aber von anderen Stellen überhöht. Auch in unserer FB-Gruppe gibt es Diskussionen darüber, wobei sich manch einer an dem Begriff „Supervulkan“ stört, der in der Presse oft im Zusammenhang mit den Campi Flegrei fällt. Die Vulkanologie kennt diesen Begriff nicht, denn er wurde von den Medien geprägt. Die Öffentlichkeit versteht unter einem Supervulkan einen Feuerberg, der extrem starke Eruptionen hervorbringen kann. Wissenschaftler, die den Begriff benutzen, werden da präziser und bezeichnen Aschestromcalderen als Supervulkan, die in ihrer Geschichte bereits Eruptionen mit einem VEI von 8 erzeugt haben, wobei der eine oder andere Autor auch von VEI 7 bis 8 ausgeht. Je nach Interpretation fällt die Campi-Flegrei dann unter den Begriff „Supervulkan“, denn die stärkste Eruption vor 39.000 hatte einen VEI 7.

Meiner Einschätzung nach sind die Begrifflichkeiten weniger wichtig als die Tatsachen: Campi Flegrei ist eine Aschestromcaldera, die in der Vergangenheit 2 Mal ultraplinianische Eruptionen verursacht hat, die enorme Ignimbrit-Tuffschichten abgelagert haben. Die stärkste dieser Eruptionen schuf bis zu 1 m mächtige Ascheschichten – im 1500 Kilometer entfernten Rumänien. Im Großraum Neapel zeugen bis zu 60 m hohe Tuffablagerungen von der Gewalt der Eruption. Zahlen, die für sich sprechen.

Der letzte Ausbruch in den Campi Flegrei ereignete sich im Jahr 1538, als der Schlackenkegel Monte Nuovo entstand. Bei vielen vulkanischen Manifestationen, die nach dem zweiten calderabildenden Ausbruch vor gut 15.000 Jahren entstanden, handelt es sich um Maare, wie wir sie auch aus dem Vulkanfeld der Eifel kennen. Diese Vulkanart ist monogenetisch und bildet sich innerhalb einer Eruptionsphase, die von starken phreatomagmatischen Explosionen geprägt ist.

Die Eruptionshistorie und die aktuellen Vorkommnisse zeigen, dass es sich bei den Campi Flegrei um ein aktives Vulkansystem handelt, das alle Anzeichen einer Aufheizungsphase zeigt, die in Eruptionen gipfeln könnte. Wann es zu einem Ausbruch kommen wird und wie groß dieser ausfällt, lässt sich bis jetzt nicht prognostizieren. Am wahrscheinlichsten ist eine Intracalderaeruption, so wie sie in den letzten Jahrtausenden immer wieder vorkam. Es lässt sich aber auch nicht ausschließen, dass sich ein ultra-plinianischer Ausbruch zusammenbraut. Natürlich muss es in den nächsten Jahren nicht zwingend zu einer Eruption kommen, doch auf lange Sicht ist ein erneuter Ausbruch des Vulkans wahrscheinlich.

Will man die Bevölkerung vor einer möglichen Katastrophe schützen, erscheint es mir langfristig betrachtet unumgänglich, die Rote Zone mit dem größten Gefahrenpotenzial in der Caldera zu räumen und die Menschen dauerhaft umzusiedeln. Nach heutigem Kenntnisstand ist es nicht vertretbar, mitten in einer aktiven Aschestromcaldera – der gewaltigsten vulkanischen Manifestation unseres Planeten – zu wohnen. Es zu tun bedeutet, mit der latenten Gefahr einer Katastrophe zu leben.