Campi Flegrei: Neue Studie belegt erhöhtes Ausbruchsrisiko

Ausbruchsgefahr der Campi Flegrei größer als bisher angenommen – Daten alter Studien widerlegt

Eine aktuelle Studie italienischer Vulkanologen stellt die bisherige Interpretation der Hebungs- und Senkungsphasen im Gebiet der Campi-Flegrei-Caldera bei Neapel grundlegend infrage – und lässt den Schluss zu, dass die derzeitige vulkanische Unruhe stärker mit magmatischen Prozessen verknüpft ist, als bislang angenommen.

Marcellum. © Marc Szeglat

Das internationale Forscherteam um Mauro Rosi und Flora Giudicepietro vom Istituto Nazionale di Geofisica e Vulcanologia (INGV) veröffentlichte seine Ergebnisse im Fachjournal Geology. Sie zeigen, dass frühere Radiokarbondatierungen fossiler Meeresbewohner – vor allem von Bohrmuscheln und Röhrenwürmern, die am römischen Macellum von Pozzuoli (Serapeo) gefunden wurden – stark verfälscht waren. Jahrzehntelang galten diese Messungen als Beweis für mehrere „nicht-eruptive“ Hebungs- und Senkungsphasen der Küste im Mittelalter. Bei diesen Phasen soll das Marcellum mehrmals so weit abgesenkt worden sein, dass es unter Wasser geriet und sich die Meeresbewohner dort ansiedelten. Das Argument mehrerer nicht-eruptiver Hebungsphasen diente oft zur Beruhigung: Wenn sich die Caldera damals mehrfach hob und senkte, ohne auszubrechen, müsse das heutige Bodenbeben nicht gefährlich sein. Doch genau diese Annahme fällt nun in sich zusammen.

Die neuen Analysen belegen, dass die Radiokarbon-Daten durch CO₂ aus der nahegelegenen Thermalquelle Cantarello, verfälscht wurden. Dieses Gas stammt aus großer Tiefe, enthält kein ¹⁴C und täuschte dadurch ein viel höheres Alter der organischen Proben vor. Bei den neuen Analysen wurden Fossilien von Meeresbewohnern mit jenen des Marcellums verglichen, die in einer Grotte bei Rione Terra gefunden wurden, jenem Ort, der im Zentrum der heutigen Hebungsphase liegt und sich nur einige hundert Meter vom Marcellum entfernt befindet.  Das bedeutet: Die vermeintlich alten Hebungsphasen hat es nie gegeben. Stattdessen gab es in den vergangenen zwei Jahrtausenden nur eine dokumentierte großräumige Hebung – jene, die der Eruption des Monte Nuovo im Jahr 1538 vorausging.

Damit rückt die aktuelle Aktivität der Campi Flegrei in ein neues Licht. Seit 1950 hob sich der Boden der Caldera in mehreren Phasen um insgesamt rund vier Meter. Begleitet wird dies von zunehmender Seismizität und ansteigenden Gasemissionen. Bislang wurde diese Entwicklung teilweise als „Bradyseismus“ ohne unmittelbare Eruptionsgefahr gedeutet. Die neue Studie legt jedoch nahe, dass die gegenwärtige Hebung – ähnlich wie im 15. Jahrhundert – durch aufsteigendes Magma verursacht wird. Andere Studien zeigten in den letzten Wochen bereits, dass ältere Hebungsphasen entweder nicht stattgefunden hatten oder bereits zur Hebungsphase gehörten, die in der Monte-Nuovo-Eruption gipfelte.

Die Forscher warnen, dass die Wahrscheinlichkeit eines künftigen Ausbruchs damit höher einzuschätzen ist als bisher angenommen. Zwar lasse sich kein Zeitpunkt vorhersagen, doch alle geochemischen und geophysikalischen Indikatoren sprächen für eine erneute Magmazufuhr in das flache Fördersystem. „Unsere Ergebnisse sind ein Weckruf“, so Giudicepietro. „Die Campi Flegrei befinden sich in einer kritischen Phase, die größte Aufmerksamkeit verdient.“

Ich persönlich vertrete schon seit einigen Jahren den Standpunkt, dass wir es in den Campi Flegrei mit einem wachsenden Eruptionsrisiko zu tun haben, und halte die alten Modelle zum Phänomen des Bradyseismus für wissenschaftlich überholt. Die Anhänger dieser These ergehen sich in komplizierten Konstrukten hinter dem Phänomen, anstatt zu akzeptieren, was man in der Caldera und besonders in der Solfatara überall sieht: Die Spuren der Kräfte des Vulkanismus sind allgegenwärtig, und was sonst als Magma sollte der Motor hinter der Bodenhebung sein?

(Quelle: https://doi.org/10.1130/G53578.1)

Campi Flegrei: Intensive Erdbebentätigkeit am 19. Oktober

Seismizität der Campi Flegrei bleibt hoch – Nerven der Anwohner liegen blank

In den Campi Flegrei ist die Erdbebenaktivität in den letzten Tagen besonders hoch: Innerhalb von 48 Stunden registrierte das seismische Netzwerk des INGV über 70 Erdbeben unter – oder vielmehr in – der Caldera. Die Anwohner reagieren zunehmend besorgt. Viele wollen einfach nur noch weg.

Campi Flegrei, © EMSC

Das stärkste Beben der letzten 2 Tage hatte eine Magnitude von 2,5. Die Herdtiefe belief sich auf 3000 m. Das Epizentrum wurde nordöstlich des Monte Nuovo lokalisiert. Auf Wochensicht hatten 7 Erdbeben Magnituden ab 2,0. Stärkere Erdbeben über M 3,0 traten in den letzten Tagen nicht auf, aber die schiere Anzahl der Erschütterungen rüttelt nicht nur an der Bausubstanz, sondern auch an den Nerven ihrer Bewohner, die vermehrt fordern, dass die Alarmstufe des Vulkans von „Gelb“ auf „Orange“ angehoben wird, was erste Evakuierungsmaßnahmen erlauben würde.

In den sozialen Medien werden die Kommentare der Bürger, die eine dauerhafte Umsiedlung auf Staatskosten fordern, immer lauter. So kommentierte auf Facebook eine Anwohnerin von Pozzuoli einen Post des INGV, der dazu auffordert, Wahrnehmungsmeldungen der Beben zu machen, folgendermaßen: „Wozu soll das gut sein? Wir hören sie (die Beben) Tag und Nacht, wir wollen doch nur Hilfe.“ Ein anderer Kommentator meinte: „All die verschiedenen Experten aus anderen Ländern warnen vor einer großen Gefahr – nur das INGV scheint mir, gemeinsam mit dem Zivilschutz, die Gefahr herunterzuspielen. Und wenn man die Erklärungen des Bürgermeisters hört, dass beim Anheben der Alarmstufe auf Orange die neapolitanische Wirtschaft zusammenbrechen würde, sieht man, dass sie sich mehr um ihre Geldbörsen kümmern als um das Risiko für ihre Bürger, die fliehen müssten.“ Tatsächlich wird den kommunalen Beamten und besonders dem Bürgermeister auch Korruption vorgeworfen, damit die Alarmstufe nicht angehoben wird.

Sicherlich wäre die Anhebung der Alarmstufe eine folgenschwere Entscheidung, die hohe Kosten mit sich bringt, das soziale Gefüge von Pozzuoli auseinanderreißt und die Wirtschaft noch weiter runterzieht. Und es wollen sicherlich nicht alle Anwohner die Region verlassen. Vor allem Alteingesessene und Hausbesitzer würden im Falle von Zwangsevakuierungen bestimmt nicht mitziehen wollen, insbesondere da nicht klar ist, wie lange eine Evakuierung dauern würde und ob sie Entschädigungen bekommen würden, was ich mir ehrlich gesagt kaum vorstellen kann. Am Ätna wartet man noch heute vergeblich auf Entschädigungen, die vor über 40 Jahren vom Staat versprochen wurden, als es darum ging, vor einem Lavastrom zu fliehen.

Die Situation in den Campi Flegrei ist komplex. Eine zuverlässige Vorhersage – ob und wann es zu stärkeren Erdbeben oder gar einem Vulkanausbruch kommen wird – ist unmöglich zu treffen. Theoretisch kann sich jederzeit ein stärkeres Erdbeben mit einer Magnitude größer 5,0 ereignen, das erste Häuser einstürzen lassen würde. Genauso spontan könnte es zu phreatischen Eruptionen kommen. Ein mittelstarker Ausbruch kann sich innerhalb von Tagen aufbauen, ein starker Vulkanausbruch in wenigen Monaten. Es kann aber auch einfach so weitergehen oder die Aktivität endet.

Ein Kompromiss könnte sein, zunächst Menschen mit Handicap umzusiedeln, die aus eigener Kraft nicht innerhalb kurzer Zeit flüchten können, wozu auch die Verlegung von Altenheimen gehört. Altersschwache und bereits geschädigte Gebäude gehören evakuiert und es müssten erdbebensichere Schutzräume mit Betondächern geschaffen werden, in denen man sich vor einem Vulkanausbruch in Sicherheit bringen kann. Zudem braucht es einen Landungssteg, der weit ins Meer hinausführt, an dem Fähren anlegen können, wenn der Meeresboden weiter ansteigt.

Campi Flegrei: Situation Mitte Oktober 2025

Anhaltende hohe Erdbebenaktivität in den Campi Flegrei – Einschätzung der Gefahrenlage

In der süditalienischen Caldera Campi Flegrei bleiben Bodenhebung und Erdbebentätigkeit hoch und eine nachhaltige Entspannung der Situation ist nicht in Sicht. In den letzten 2 Tagen manifestierten sich mehr als 30 Erschütterungen. Laut dem INGV-Wochenbericht ereigneten sich in der 41. Kalenderwoche 166 Erdbeben. Auf Jahressicht waren es bisher rekordverdächtige 5312 Erdbeben. Die Vulkanologen attestieren den langanhaltenden Trend zur Druckbeaufschlagung des Hydrothermalsystems.

Immer mehr Bewohner der Caldera fordern vom Staat die Umsiedlung aus dem unmittelbaren Gefahrenbereich und den Bau neuer Wohnungen in sicheren Gefilden. Doch dazu scheint der italienische Staat nicht bereit zu sein. Vielfach werden die Gefahr stärkerer Erdbeben und das Ausbruchsrisiko des Vulkans klein geredet oder aber von anderen Stellen überhöht. Auch in unserer FB-Gruppe gibt es Diskussionen darüber, wobei sich manch einer an dem Begriff „Supervulkan“ stört, der in der Presse oft im Zusammenhang mit den Campi Flegrei fällt. Die Vulkanologie kennt diesen Begriff nicht, denn er wurde von den Medien geprägt. Die Öffentlichkeit versteht unter einem Supervulkan einen Feuerberg, der extrem starke Eruptionen hervorbringen kann. Wissenschaftler, die den Begriff benutzen, werden da präziser und bezeichnen Aschestromcalderen als Supervulkan, die in ihrer Geschichte bereits Eruptionen mit einem VEI von 8 erzeugt haben, wobei der eine oder andere Autor auch von VEI 7 bis 8 ausgeht. Je nach Interpretation fällt die Campi-Flegrei dann unter den Begriff „Supervulkan“, denn die stärkste Eruption vor 39.000 hatte einen VEI 7.

Meiner Einschätzung nach sind die Begrifflichkeiten weniger wichtig als die Tatsachen: Campi Flegrei ist eine Aschestromcaldera, die in der Vergangenheit 2 Mal ultraplinianische Eruptionen verursacht hat, die enorme Ignimbrit-Tuffschichten abgelagert haben. Die stärkste dieser Eruptionen schuf bis zu 1 m mächtige Ascheschichten – im 1500 Kilometer entfernten Rumänien. Im Großraum Neapel zeugen bis zu 60 m hohe Tuffablagerungen von der Gewalt der Eruption. Zahlen, die für sich sprechen.

Der letzte Ausbruch in den Campi Flegrei ereignete sich im Jahr 1538, als der Schlackenkegel Monte Nuovo entstand. Bei vielen vulkanischen Manifestationen, die nach dem zweiten calderabildenden Ausbruch vor gut 15.000 Jahren entstanden, handelt es sich um Maare, wie wir sie auch aus dem Vulkanfeld der Eifel kennen. Diese Vulkanart ist monogenetisch und bildet sich innerhalb einer Eruptionsphase, die von starken phreatomagmatischen Explosionen geprägt ist.

Die Eruptionshistorie und die aktuellen Vorkommnisse zeigen, dass es sich bei den Campi Flegrei um ein aktives Vulkansystem handelt, das alle Anzeichen einer Aufheizungsphase zeigt, die in Eruptionen gipfeln könnte. Wann es zu einem Ausbruch kommen wird und wie groß dieser ausfällt, lässt sich bis jetzt nicht prognostizieren. Am wahrscheinlichsten ist eine Intracalderaeruption, so wie sie in den letzten Jahrtausenden immer wieder vorkam. Es lässt sich aber auch nicht ausschließen, dass sich ein ultra-plinianischer Ausbruch zusammenbraut. Natürlich muss es in den nächsten Jahren nicht zwingend zu einer Eruption kommen, doch auf lange Sicht ist ein erneuter Ausbruch des Vulkans wahrscheinlich.

Will man die Bevölkerung vor einer möglichen Katastrophe schützen, erscheint es mir langfristig betrachtet unumgänglich, die Rote Zone mit dem größten Gefahrenpotenzial in der Caldera zu räumen und die Menschen dauerhaft umzusiedeln. Nach heutigem Kenntnisstand ist es nicht vertretbar, mitten in einer aktiven Aschestromcaldera – der gewaltigsten vulkanischen Manifestation unseres Planeten – zu wohnen. Es zu tun bedeutet, mit der latenten Gefahr einer Katastrophe zu leben.

Campi Flegrei: Hohe Erdbebenaktivität am 13. Oktober

Weiters Schwarmbeben erschütterte Campi Flegrei – Mehr als 60 Beben detektiert

Gestern begann in den Campi Flegrei ein weiterer Erdbebenschwarm, der bis in die Nacht dauerte und sich aus mehr als 60 Einzelbeben zusammensetzte. Die beiden stärksten Erschütterungen hatten eine Magnitude von 2,5. Das erste Beben ereignete sich am 12. Oktober um 13:35 UTC am Südfuß des Monte Nuovo in 1,6 km Tiefe. Der zweite Erdstoß wurde im Norden des Solfatarakraters verortet. Der Erdbebenherd befand sich in 2,5 km Tiefe. Dieser Erdstoß ereignete sich um 15:01 UTC. Nur 3 Minuten später folgte ein Beben Md 2,1 in 2,3 Kilometern Tiefe. Dieses Beben lag unter dem ehemaligen Campingplatz in der Solfatara, den ich übrigens sehr vermisse, denn es war einer meiner Lieblingsplätze in Italien!

Die meisten der schwächeren Beben, von denen viele Magnituden im Bereich der Mikroseismizität hatten, lagen unter der Solfatara und angrenzenden Bereichen. Einige Beben streuten über ein weites Areal der Caldera.

Wie üblich gab es eine Warnung des Schwarms vom Bürgermeister der Kommune Pozzuoli. Die drei stärkeren Erdbeben konnten von den Menschen in Pozzuoli gespürt werden. In den sozialen Medien gibt es Kommentare von Christen, die vermehrt zu Gebeten aufrufen und glauben, dass die Erdstöße Zeichen Gottes wären. Ich dachte immer, unter der Erde würde jemand weniger Nettes herrschen. Wer oder was auch immer für die Beben verantwortlich ist, es verheißt nichts Gutes für die Anwohner des Calderavulkans, den man durchaus als Höllenloch betrachten kann.

In den sozialen Medien wurden nicht nur Kommentare geteilt, sondern auch Fotos einer fast senkrecht aufsteigenden Dampfwolke, die von der Pisciarelli-Fumarole aufstieg. Sie war tatsächlich dichter und stieg höher auf als sonst, was aber auch windstille und niedrigen Temperaturen geschuldet sein könnte. Andererseits könnten durch die Erdbeben auch vermehrt Gase freigesetzt worden sein.

Campi Flegrei: Erdbebenschwarm am 11. Oktober

Ein weiterer Erdbebenschwarm erschüttert Campi Flegrei – bereits über 5150 Erdbeben in 2025

In den Campi Flegrei ist ein neuer Erdbebenschwarm in Progress, der in der Nacht begann und bereits aus mehr als 30 Erdbeben besteht. Die Magnituden liegen überwiegend im Bereich der Mikroseismizität (Md > 1,5), wobei das stärkste Beben eine Magnitude von 1,8 hatte und sich im Norden des Solfatara-Kraters manifestierte. Das Ereignis ist typisch für eine Bebensequenz im Hydrothermalsystem des Calderavulkans und steht mit der fortschreitenden Druckerhöhung im Fördersystem in Verbindung.

Erdbebenkarte. © INGV

Bereits jetzt – Mitte Oktober – ist klar, dass 2025 ein Rekordjahr in Bezug auf die Erdbebentätigkeit der Campi Flegrei wird: Das INGV lokalisierte bereits 5150 Erdbeben und damit deutlich mehr als die 4900 Erschütterungen im Vorjahr. Im Jahr 2021 waren es noch 1157 Beben. Dabei stieg nicht nur die Anzahl der Erdbeben von Jahr zu Jahr, sondern auch die erreichten Magnituden und damit die freigesetzte Gesamtenergie der Beben. Von einer Entspannung der Situation kann also keine Rede sein. Im Gegenteil, sie spitzt sich immer weiter zu und das Risiko katastrophaler Ereignisse steigt kontinuierlich.

Allein die ständigen Vibrationen der Erdbeben bedingen, dass die Gebäudeinfrastruktur immer weiter geschwächt wird. So reichen bereits Erdbeben mit Magnituden im Dreierbereich aus, um die geschwächten Gebäude sichtbar zu schädigen. Im Nachhinein wurde bekannt, dass auch durch das Erdbeben Md 3,3 vom letzten Samstag Schäden entstanden. In erster Linie bildeten sich neue Gebäuderisse und Putz platzte von Fassaden ab.

Durch die anhaltende Bodenhebung, deren Rate seit dem Frühjahr etwa 15 mm im Monat beträgt, ist auch der kleine Bootshafen Darsena weiter trockengefallen. Er befindet sich neben dem historischen Festungskomplex von Rione Terra, wo der Schwerpunkt der Hebung liegt.

In den sozialen Medien wird berichtet, dass in den letzten Wochen permanent Techniker und INGV-Mitarbeiter in Pozzuoli unterwegs sind und geophysikalische Messungen durchführen. Das trägt wenig zur Beruhigung der Anwohner bei, sondern schafft weitere Sorgen. Viele Anwohner fordern von der Regierung inzwischen eine permanente Umsiedlung aus dem Gefahrenbereich, doch dafür fehlen offenbar Geld und Platz.

Campi Flegrei: Von Buckelstrassen und Gaskonzentrationen

Buckel in der Strada Solfatara der Campi Flegrei sorgen weiter für Unmut – Gaskonzentrationen ungewöhnlich hoch

Die Gesamtsituation in den süditalienischen Campi Flegrei sieht wenig positiv aus. Im heute veröffentlichten Monatsbericht des INGV ist zu lesen, dass der Vulkan weiterhin viel Kohlendioxid ausstößt. Zudem sorgen Buckel im Asphalt der Via Solfatara weiterhin für Unruhen.

Über die Buckel im Asphalt der Via Solfatara hatte ich bereits im letzten Monat berichtet. Jetzt ist sogar ein Fernsehsender auf das Phänomen aufmerksam geworden und hat einen Beitrag erstellt, den man sich in unserer FB-Gruppe anschauen kann. Die Vulkanologen vom IMGV haben sich auch bemüht und das Phänomen mit drohnengestützten Wärmebildkameras untersucht, konnten abseits der Aufwölbungen aber nichts feststellen. Die Buckel sind in einem Gebiet aufgetreten, das durch ein Fumarolenfeld führt. Die Fumarolen am Straßenrand entgasen mit einer Temperatur von 90 Grad. Die Vermutung ist naheliegend, dass die blasenartigen Buckel durch Entgasungen unter dem Asphalt zustande kommen. Vielleicht sollte man mal ein kleines Loch in die Straße bohren, um zu schauen, ob sich unter den Buckeln Fluide ansammeln oder ob es dort einen erhöhten Wärmefluss gibt.

CO₂/H₂O. © INGV

Einen erhöhten Wärmefluss gibt es auf jeden Fall in der Solfatara und im Bereich des Thermalgebiets von Pisciarelli am äußeren Nordwestfuß der Solfatara. Im letzten Monat wurden hier Kohlendioxid-Emissionen mit einer Konzentration von mehr als 4500 ppm gemessen, was ein sehr hoher Wert ist. Pro Tag stößt der Vulkan bis zu 5800 Tonnen CO₂ aus, was einen neuen Spitzenwert darstellt. Auch das CO₂/H₂O-Verhältnis hat sich negativ in dem Sinne entwickelt, als dass immer mehr Kohlendioxid als Wasserdampf in den Gasemissionen enthalten ist, was auf einen immer stärker werdenden magmatischen Einfluss auf die Gase hindeutet. Auch die Gastemperaturen stiegen im September weiter an und betrugen an der Bocca Grande 171 Grad. Die Gastemperatur von Pisciarelli betrug in 5 m Entfernung vom Hauptgasstrom 95 Grad.

Seit Beginn der Hebungsphase im Jahr 2005 hob sich der Boden bei Rione Terra um fast 153 cm. Die Hebegeschwindigkeit liegt aktuelle bei 15 mm im Monat. Im September wurden 423 Erdbeben festgestellt. Das stärkste hatte eine Magnitude von 3,3.

Insgesamt heißt das, dass das Vulkansystem weiter aufheizt und der magmatische Einfluss an Bedeutung gewinnt. Wahrscheinlich sammelt sich im Untergrund weiterhin Magma an. Dass es keine Referenzwerte an diesem Vulkan gibt, die vor einer Eruption gesammelt wurden, erschwert die Einschätzung, ob und wann ein Vulkanausbruch bevorsteht.

Campi Flegrei: Erdbeben Mb 3,3 am späten Abend

Der Erdstoß Mb 3,3 manifestierte sich unter den Gebäuden am linken Bildrand- © Marc Szeglat

Spürbares Erdbeben der Magnituden 3,3 erschütterte Campi Flegrei – Leute blieben ruhig

Am späten Samstagabend um 22:50 UTC (also eigentlich Sonntagnacht um 00:50 Uhr Lokalzeit) ereignete sich in den Campi Flegrei ein Erdbeben der Magnitude 3,3. Das Beben war Teil eines Schwarms aus gut 30 Einzelerschütterungen. Der Erdstoß mit einem Hypozentrum in 2400 m Tiefe wurde von den Anwohnern deutlich gespürt und dürfte viele aus dem Schlaf gerissen haben, denn er lag zwischen der Solfatara und Rione Terra im Stadtzentrum von Pozzuoli unter bebautem Gebiet nahe des Bahnhofs. Doch Panik brach diesmal nicht aus und die Menschen blieben weitestgehend ruhig.

Campi Flegrei. © INGV

Genau in dieser Ruhe sehen einige Medienkommentatoren des Ereignisses das Problem, denn noch vor 2 Jahren hätte solch ein Erdstoß die Menschen mobilisiert und auf die Straßen gebracht, nicht nur um sich vor evtl. stärkeren Erdstößen in Sicherheit zu bringen, sondern auch um zu protestieren: Viele Bewohner von Pozzuoli fühlen sich seit langem unwohl und würden das Gefahrengebiet der Caldera am liebsten verlassen, doch ihnen fehlen Geld und Perspektiven, um aus eigener Kraft umzusiedeln. Früher forderte man vom Staat finanzierte Umsiedlungsmaßnahmen, doch außer Evakuierungsplänen, von denen viele annehmen, dass sie im Ernstfall nicht funktionieren werden, kommt vom Staat nicht viel an Hilfe. Zwar wurden Gelder für Kontrollmaßnahmen beschädigter Gebäude zur Verfügung gestellt, doch diese werden aus Angst vor dem Ergebnis oft nicht abgerufen: Sollte ein Gebäude für unbewohnbar erklärt werden, stehen die Bewohner oft vor dem Nichts. Etwaige Zuschüsse für Umsiedlungsmaßnahmen von Bewohnern unbewohnbarer Häuser reichen bei weitem nicht aus, um woanders Fuß zu fassen.

Politiker und Behörden setzen offenbar weiter auf das Prinzip Hoffnung, dass die seit 20 Jahren anhaltende und sich immer weiter verstärkende Krise einfach wieder so aufhören wird wie die beiden letzten Bradyseismosphasen, die allerdings nur 2 Jahre anhielten. Selbst wenn die aktuelle Phase wieder stoppen sollte, ohne in einer Katastrophe zu enden, wird es langfristig betrachtet mit hoher Wahrscheinlichkeit irgendwann zu einer Eruption kommen. Doch langfristiges und vorausschauendes Denken, Planen und Handeln ist nicht gerade eine Stärke der Politik.

Campi Flegrei: Schwarmbeben am 02. Oktober

Erneut intensiver Erdbebenschwarm in den Campi Flegrei – Ein starker Erdstoß schreckte Bürger auf

Die süditalienische Caldera wird zur Stunde von einem weiteren starken Erdbebenschwarm erschüttert. Die Kommune Pozzuoli veröffentlichte um 14:41 Uhr MESZ eine Warnung, nach der ein Schwarmbeben begonnen hatte. Bis um 20:00 Uhr wurden 37 Erdbeben registriert. Das stärkste hatte eine Magnitude von 2,7 und eine Herdtiefe von 2,8 km. Das Epizentrum wurde nordwestlich der Solfatara lokalisiert.

Der Erdstoß wurde von vielen Anwohnern der Region deutlich wahrgenommen und als stark beschrieben. Er erzeugte ein tiefes Grollen, was die Menschen zusätzlich beunruhigte. Man fürchtet vor allem das Auftreten stärkerer Erdbeben mit Magnituden größer als 4, die sich jederzeit ereignen könnten. Erdbeben dieser Magnituden hatten in den letzten Monaten immer wieder für Schäden gesorgt.

Update 03.10: Das Schwarmbeben hat an Intensität nachgelassen, doch auch am Morgen gab es weitere Erdbeben. Im letzten Update der Kommune Pozzuoli heißt es, dass das Schwarmbeben bislang aus 54 Beben bestand. Auf der GOSSIP-Shakemap vom INGV sind aber seit dem Morgen des 2. Oktobers mehr als 70 Beben verzeichnet. Mehrere Beben hatten Magnituden im Zweierbereich. Sie konzentrierten sich am Rand des Stadtteils Pisciarelli, nordöstlich der Solfatara und in relativer Nähe zur bekannten Fumarole. In dieser Region ist das Risiko phreatischer Eruptionen besonders groß.

Ich gehöre zu der Fraktion von Menschen, die davon ausgehen, dass die seit Jahren auftretenden Effekte Anzeichen eines Aufheizens des Vulkansystems sind und dass letzten Endes ein Vulkanausbruch in den Campi Flegrei droht. Dabei ist es bis jetzt nicht vorhersagbar, wann ein Ausbruch stattfinden wird und wie groß er wird. Kleine oder normalgroße Eruptionen könnten sich mittelfristig (Wochen bis Monate) aufbauen, ein großer Vulkanausbruch könnte noch Jahrzehnte oder länger auf sich warten lassen. Doch selbst wenn es zu einem sehr starken Vulkanausbruch kommen sollte, bedeutet das für uns in Deutschland nicht das Ende der Welt. Es würde wahrscheinlich zu einigen Einschränkungen führen, aber nicht unseren Untergang bedeuten. Ich erwähne das an dieser Stelle noch einmal, da ich einigen Kommentaren in unserer FB-Gruppe entnehme, dass diesbezüglich große Sorgen bestehen. Bei einer Supervulkaneruption würde der Großraum Neapel verwüstet werden und in weiten Teilen Italiens käme es zu massiven Verwerfungen. Selbst Rom halte ich dann -in Abhängigkeit von der Windrichtung- nicht für einen sicheren Hafen.

Campi Flegrei gerät weiter unter Druck

Erdbebenaktivität weiterhin erhöht – Bodenhebung hält an

Die süditalienische Caldera Campi Flegrei gerät weiter unter Druck, wodurch sich der Boden kontinuierlich hebt und Erdbeben erzeugt werden. Seit gestern ereigneten sich gut 30 Erschütterungen. Die stärkste hatte eine Magnitude von 2,0 und lag in 2700 m Tiefe vor der Küste von Pozzuoli und somit im Zentrum des Calderadachs, das im Falle einer großen Eruption brechen wird.

Das jüngste Mikrobeben manifestierte sich am Fuß des Monte Nuova, wo es zuletzt einen normalstarken Vulkanausbruch gegeben hatte. Die Bezeichnung der Monte-Nuova-Eruption von 1538 als „normalstark“ sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass ein vergleichbares Ereignis heute schnell eine Katastrophe in dem dicht besiedelten Ballungsraum am Rand von Neapel erzeugen würde. Dass es zu so einer Eruption vergleichsweise kurzfristig kommen könnte, davon sind immer mehr Forscher überzeugt. Jüngst meinte der Direktor des INGV Neapel, Professor Giuseppe De Natale, gegenüber italienischen Medien, dass man sich auf eine Eruption vorbereiten müsse.

Die Worte von de Natale haben nicht gerade zur Beruhigung der Stimmung in Pozzuoli und den anderen Gemeinden in den Campi Flegrei beigetragen, insbesondere da in den sozialen Medien Fotos von toten Fischen am Strand und aufgewölbten Fahrbahndecken nahe der Solfatara geteilt wurden. Vermutlich bilden sich unter dem Asphalt neue Fumarolen. Eine Straße wurde wegen der Effekte des Bradyseismos bereits gesperrt, wobei ich immer mehr der Meinung bin, dass der Begriff „Bradyseismos“ Augenwischerei ist. Will man neutral bleiben, müsste man von den Kräften des Magmatismus sprechen oder eben konkret von Vulkanismus. Denn hinter dem Aufheizen des Hydrothermalsystems des Vulkans steckt nichts anderes als Magma, das auf seine Eruption wartet.

Das wird auch aufs Neue in den Daten des INGV bestätigt, die im Wochenbericht für den Beobachtungszeitraum 22. bis 28. September 2025 heute veröffentlicht wurden: In der letzten Woche wurden Erdbeben registriert und der Boden hob sich mit einer Rate von 15 mm pro Monat, als mit fast 4 mm pro Woche. Während regenbedingt die Fumarolentemperatur bei Pisciarelli von 94 auf 93 Grad sank, nahm die Hauptfumarolentemperatur in der Solfatara um ein Grad zu. Sie liegt nun bei 166 Grad. Der Trend zur Druckbeaufschlagung hält an.