Pyroklastische Ströme vom Shinmoe-dake stellen Gefahr dar

Vulkanausbruch an Shinmoedake
Eruption kurz vor dem Abgang des pyroklastischem Stroms am Shinmoe-dake. © André Müller

Kirishima weiterhin aktiv – Vulkanausbruch mit Abgängen gefährlicher pyroklastischer Ströme vom Shinmoe-dake.

Kagoshima, 08.07.2025Der Krater Shinmoe-dake des Kirishima-Vulkankomplexes in Japan ist weiterhin aktiv und fördert Vulkanasche, die mehrere Tausend Meter hoch aufsteigt. Zudem wurden mehrfach Abgänge pyroklastischer Ströme beobachtet, von denen eine besondere Gefahr für Vulkanbeobachter ausgeht, die sich innerhalb des Sperrgebiets bewegen.

Pyroklastischer Strom am Shinmoe-dake

Bei pyroklastischen Strömen handelt es sich um Wolken aus einem Gemisch aus extrem heißen Gasen, Vulkanasche und gröberer Tephra, die auf einem Gaskissen zu Tal rasen und dabei fast keine Geräusche verursachen. Zudem werden sie in Abhängigkeit von der Neigung der Vulkanflanke und der Stärke der Eruption sehr schnell, so dass eine Flucht vor ihnen nur selten erfolgreich verläuft. Im Wesentlichen gibt es 3 Mechanismen, durch die pyroklastische Ströme entstehen: durch Kollaps einer großen plinianischen Eruptionswolke, den Zusammenbruch eines Lavadoms bzw. der Front eines zähen Lavastroms und durch seitwärts gerichtete Explosionen.

Pyroklastische Ströme können sich nicht nur sehr schnell fortbewegen, sondern auch sehr heiß sein. Wer in einen pyroklastischen Strom gerät, stirbt in der Regel infolge schwerster Verbrennungen, von denen nicht nur die Haut betroffen ist, sondern auch die Lungen, die sich bei Verbrennungen mit Gewebewasser füllen, was zum Erstickungstod führt. Kurzum: Pyroklastische Ströme sind so mit das Gefährlichste, was einem an einem Vulkan begegnen kann, und man sollte jeden Kontakt mit ihnen vermeiden. Darum gibt es eine Sperrzone mit einem Radius von 3 Kilometern um den Shinmoe-dake. Die JMA-Vulkanologen gehen davon aus, dass die Ströme bis zu 2 Kilometer weit gleiten, doch bei stärkeren Eruptionen kann ein Vielfaches dieser Strecke erreicht werden. Auf dem Bild vom Sonntag erkennt man, dass die Glutwolke bis zur Basis des Kraterkegels glitt.




Die Tätigkeit des Shinmoe-dake begann am 22. Juni und steigerte sich seitdem kontinuierlich. Am Samstag stiegen Eruptionswolken 5000 m über Kraterhöhe auf. Pyroklastische Ströme wurden zum ersten Mal am Sonntagnachmittag dokumentiert und auch gestern gab es welche. Heute ist das Wetter am Kirishima wieder schlechter, doch eine Livecamaufnahme von heute Morgen lässt erahnen, dass auch zu diesem Zeitpunkt eine weitere dieser gefürchteten Glutwolken abging. Vulkanbeobachter sollten also die Warnungen ernst nehmen und das Sperrgebiet nicht betreten. Eine gute Übersicht auf den Shinmoe-dake hat man vom 1700 m hoch gelegenen Karakuni-dake, dem höchsten Vulkan innerhalb des Kirishima-Komplexes. Er liegt gut 3 Kilometer nordöstlich des aktiven Kraters und somit noch in der Reichweite moderner Drohnen, was natürlich nur von akademischem Interesse ist, da man diese ja in Sichtweite fliegen muss.

Die aktuellen Daten der Vulkanologen zeigen eine leichte Kontraktion des Shinmoe-dake infolge des erhöhten Ascheausstoßes. Es scheint weniger Magma aus der Tiefe aufzusteigen, als am Vulkan in Form von Lava gefördert wird. Von daher könnte es gut sein, dass die eruptive Tätigkeit nicht mehr lange anhalten wird.

Island: Starke Erdbebentätigkeit entlang der VZ

Zahlreiche Erdbeben entlang der Vulkanzonen auf Island – Norden und Südwesten besonders stark betroffen

Reykjavik, 08.07.2025Gestern Nachmittag manifestierten sich auf Island zahlreiche Erdbeben, von denen die Störungs- und Vulkanzonen entlang der divergenten Naht zwischen Europa und Nordamerika besonders betroffen waren. Am ausgeprägtesten war die Seismizität offshore, entlang der Fortsätze des Mittelatlantischen Rückens im Südwesten und im Norden der Insel. Insgesamt gab es unter Island innerhalb von 48 Stunden 224 Erdbeben, wobei Erschütterungen in einiger Entfernung zur Insel nicht mitgerechnet wurden.

Erdbeben Island. © vafri.is

Am anschaulichsten präsentieren sich die Beben auf der Vafri-Shakemap, wenn man den Zoomfaktor so weit verkleinert, dass ein möglichst großer Ausschnitt angezeigt wird. Man erkennt, dass es im Norden Erdbeben gab, die sich ausgehend von der Tjörnes-Fracture-Zone entlang des Kolbeinsey-Ridge erstrecken. Auf einer Strecke von gut 500 Kilometern reihen sich die Erdbeben wie auf einer Perlenkette auf, wobei das nördlichste Endglied von einem Erdbeben der Magnitude 3,4 gebildet wird.

Am südwestlichen Pendant -dem Reykjanes-Ridge- ereignete sich ein Erdbebenschwarm mit fast 100 Beben, rund 13 Kilometer von Eldey entfernt. Hier wurden sogar fünf Beben mit Magnituden im Dreierbereich festgestellt. Auf der Reykjanes-Halbinsel blieb die Seismizität mit 55 Erschütterungen innerhalb von 48 Stunden moderat. Die meisten Beben trugen sich bei Krýsuvík zu.

Ähnlich viele Beben gab es im Bereich des Mýrdalsjökull, wo sich Erdbeben unter der Katla, aber auch nahe der Hekla ereigneten, über die ich bereits gestern berichtet habe. Darüber hinaus ist der Erdbebenschwarm am Grjótárvatn (Snæfellsnes) weiter aktiv. Einige Erschütterungen zeigen sich auch im Bereich von Bárðarbunga.




Ob es zwischen diesen Erdbeben einen Zusammenhang gibt, ist ungewiss. Die Erdbebengebiete sind über den Mittelatlantischen Rücken gekoppelt, auf dem Island liegt. Die Insel entstand durch vulkanische Aktivität entlang des Rückens, wobei der Island-Mantelplume die Erdkruste zusätzlich aufwölbte. Entlang der Plattengrenze entfernen sich die beiden Teile Islands mit einer Geschwindigkeit von 20 bis 30 Millimetern pro Jahr voneinander. Diese Bewegung erzeugt Zugspannungen, die ein Ausdünnen der Kruste und Erdbeben bewirken. Dieser Prozess kann schubweise erfolgen, sodass es möglich ist, dass einer dieser Schübe gestern die Erdbeben im Norden ausgelöst hat. Die Beben in Südisland hängen meiner Meinung nach eher mit magmatischen Prozessen zusammen, die aber ebenfalls ein Zeugnis der Divergenz entlang der kontinentalen Naht darstellen.

Lewotobi Laki-Laki eruptiert Vulkanasche 13 km hoch

Weitere Eruptionen am Lewotobi Laki-Laki – Vulkanasche in 13 km Höhe, Lavadom ausgeblasen

Maumere, 08.07.2025Nach der gewaltigen Eruption am Vormittag, kam der Lewotobi Laki-laki noch lange nicht zur Ruhe und erzeugte weitere starke Explosionen. Die stärkste manifestierte sich am frühen Abend, als um 19:32 Uhr WITA eine Aschewolke 13000 m über Kraterhöhe aufstieg, was einer Höhe von 14584 m über dem Meeresspiegel entspricht. Bei der Eruption zur Dämmerung wurde klar, dass nicht nur Vulkanasche ausgestoßen wurde, sondern auch glühende Tephra. Sie deckte einen Großteil des Vulkanhangs ein. Die Vulkanasche störte erneut den Flugverkehr zwischen Bali und Australien.

Vor dieser Eruption war die Seismizität nur minimal erhöht und das VSI meldete für den Zeitraum 18:00–24:00 Uhr WITA, dass 2 vulkanotektonische Erdbeben und 4 Niederfrequenzerdbeben aufgezeichnet wurden. Außerdem kam es vor der Eruption zu 7 starken Entgasungen. Kleine Variationen in der Seismizität müssen am Lewotobi Laki-Laki bereits die Alarmglocken schrillen lassen, wobei es auch Tage mit leicht erhöhter Seismizität gibt, ohne dass es zu einer starken Explosion kommen würde.

Lavadom verstopf den Krater. © Mbah Lurah

Tatsächlich ist der Vulkan praktisch daueraktiv, denn in Zeiten ohne stärkere Explosionen wächst in seinem Krater ein flacher Lavadom, der das Fördersystem verstopft. Dieser Umstand wird in den Berichten des VSI nicht hinreichend (wenn überhaupt) kommuniziert und wurde erst jetzt anhand von privat gefertigten Drohnenaufnahmen publik. Die Aufnahmen von Mbah Lurah zeigen diesen Pancake-Dom, ohne ihn beim Namen zu nennen. Der Drohnenpilot bezeichnete den Pfropf aus extrem zäher Lava als „gefrorene Lava“. Die jüngsten Aufnahmen stammen vom Nachmittag des 6. Juli und wurden wenige Stunden vor der ersten starken Explosion aufgenommen. Zu diesem Zeitpunkt hatte bereits ein zäher Lavastrom damit begonnen, über eine Depression am Kraterrand zu fließen.

Interessant ist, dass bei älteren Aufnahmen im Juni starke Dampfentwicklungen den Blick auf den Kraterboden praktisch verhinderten. Nur auf einer Aufnahme erkennt man etwas Rotglut zwischen den Dampfschwaden, was auf Domwachstum hindeutet. Der Drohnenpilot macht mit seinen Aufnahmen eine wichtige Arbeit, die eigentlich Job der ortsansässigen Vulkanologen wäre. Mir ist es nicht bekannt, ob es da eine Zusammenarbeit gibt, doch konkrete Warnungen vor starken Eruptionen wurden von den VSI-Mitarbeitern des kleinen Observatoriums vor Ort meines Wissens nach nicht ausgesprochen.




Die immer wieder stattfindenden starken Explosionen kommen nicht völlig ohne Vorwarnung: Kurz vor einer Explosion steigt normalerweise die Seismizität signifikant an, mit Ausnahme der jüngsten Ausbrüche, bei denen es nur eine leichte Erhöhung der Erdbebentätigkeit gab. Der Dom im Krater verstopft mit zunehmender Größe den Förderschlot, wodurch der Gasdruck im Fördersystem zu wachsen beginnt. Offenbar ist eine kritische Größe des Doms erreicht, wenn er anfängt, in der Depression überzulaufen. Kurz vor der Explosion scheint das Fördersystem so blockiert zu sein, dass kaum noch Dampf austreten kann. Bei der Explosion wird zumindest ein Teil des Doms ausgeblasen, was zu pyroklastischen Strömen führt. Prinzipiell würden sich also Prognosemöglichkeiten ergeben, so dass man die Bevölkerung vor Ort und die Fluggesellschaften warnen könnte und sich auf Störungen einstellen könnte.