Türkei: Seismologe prognostiziert stärkere Erdbeben in Kütahya

Erdbeben im türkischen Kütahya: Seismologe warnt vor Migration der Erdbeben in Richtung Nordosten

Datum: 08.10.2025 | Zeit: 23:54:07 UTC | Koordinaten: 39.247 ; 29.013 | Tiefe: 9 km | Mb 4,9

Gestern Abend ereignete sich im Erdbebengebiet bei Simav ein weiterer Erdstoß der Magnitude 4,9. Das Epizentrum wurde 18 km nördlich von Simav lokalisiert. Das Hypozentrum befand sich in 9 Kilometern Tiefe. Der Erdstoß wurde von den Anwohnern der Region deutlich gespürt und sogar noch in Istanbul und dem fast 400 Kilometer entfernten Bulgarien wahrgenommen. Laut türkischen Presseberichten sollen wieder zahlreiche Menschen panikartig ins Freie geflüchtet sein.

Simav-Graben. © EMSC

Das Beben ereignete sich nahe einer der Störungszonen des Simav-Grabens, über den ich in den letzten Monaten öfters berichtet habe. Entlang des Grabens haben sich inzwischen zwei Erdbebencluster gebildet. Täglich gibt es mehr als ein Dutzend schwacher Erdbeben und gelegentlich auch mittelstarke bis starke Erschütterungen wie das Beben gestern. Das stärkste Erdbeben im August hatte eine Magnitude von 6,1 und verursachte einige Schäden und Verletzte.
Nun ergriff der türkische Seismologe Professor Dr. Osman Bektaş das Wort und wies darauf hin, dass sich die seismische Aktivität nach Nordosten in Richtung Kütahya-Tavşanlı ausbreitet. Insbesondere der Naşa-Erdbebencluster zeigt weiterhin Zuwachs: Nachdem vor vier Tagen ein Beben der Stärke 4,1 registriert wurde, nimmt die Seismizität nun mit einer Magnitude von 4,9 in nordöstlicher Richtung zu.

Der Professor ist der Meinung, dass das starke Sindırgı-Erdbeben der Magnitude 6,1 das umliegende Verwerfungssystem aktivierte und eine Zunahme der seismischen Aktivitäten ausgelöst hat. Der Uşak-Block, begrenzt durch die Simav- und Gediz-Verwerfungen, die die stärksten Deformationen in der Ägäis aufweisen, bildet seit 1969 einen Makro-Erdbebencluster, der nun ebenfalls auf Kütahya gerichtet ist, so Bektaş in einem Statement gegenüber der Lokalpresse. Die Behörden und Experten beobachten die Region weiterhin genau, da die seismische Tendenz auf eine potenzielle Zunahme der Beben hindeutet.

Meiner Meinung nach könnte zwischen den beiden Erdbebenclustern eine seismische Lücke entstanden sein, in der noch hohe Spannungen in der Erdkruste vorhanden sind. Daher rechne ich eher mit einem weiteren starken Beben zwischen den Clustern als in einem der bestehenden, obgleich auch hier noch ein großes Bebenpotenzial vorhanden ist.

Interessant finde ich auch, dass es in der Region einen hohen geothermischen Gradienten gibt und im Bereich des ersten Bebenclusters ein Geothermiekraftwerk betrieben wird.

Mathematisches Vorhersagemodell für Vulkanausbrüche erstellt

Mathematisches Modell zur Vorhersage von Vulkanausbrüchen: Shannon-Entropie könnte Prognosen genauer machen

Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung von Dr. Miguel Ángel Méndez hat ein neuartiges mathematisches Verfahren entwickelt, mit dem sich Vulkanausbrüche künftig präziser vorhersagen lassen könnten. Die Methode basiert auf Parametern aus der Informationstheorie und Signalstatistik – insbesondere der Shannon-Entropie (SE), der Kurtosis und dem Frequenzindex (FI). An der Studie waren unter anderem das Instituto Volcanológico de Canarias (INVOLCAN), die Universität Granada und das Instituto Tecnológico y de Energías Renovables (ITER) beteiligt. Sie wurde im Journal of Volcanology and Geothermal Research veröffentlicht.

Vulkanausbruch La Palma

Die Forschenden wendeten das Konzept der Shannon-Entropie auf seismische Daten an, um Veränderungen in der inneren Dynamik von Vulkanen zu erkennen. In der Vulkanologie beschreibt die Entropie, wie „geordnet“ oder „chaotisch“ die seismischen Signale eines Vulkans sind. Ein niedriger Entropiewert bedeutet, dass die Signale regelmäßig und vorhersehbar sind – das System arbeitet geordneter. Ein Entropieabfall kurz vor einem Ausbruch deutet darauf hin, dass das vulkanische System gleichmäßige, rhythmische Schwingungen wie harmonischen Tremor erzeugt, die mit dem Aufstieg von Magma und der Vorbereitung einer Eruption verbunden sind. Hohe Entropie steht dagegen für zufällige, unvorhersehbare Erdbebensignale, wie sie während einer Ruhephase auftreten können.

Ergänzend dazu liefert die Kurtosis Hinweise auf impulsive seismische Ereignisse, Schwärme und explosive Phasen, während der Frequenzindex Veränderungen in den dominanten Frequenzbändern erfasst, die etwa mit Frakturen, Tremor oder Magmaaufstieg verknüpft sind. Die Kombination dieser Parameter erlaubt es, sowohl die Vorläufer als auch die verschiedenen Entwicklungsphasen einer Eruption detaillierter zu charakterisieren.

Das Team analysierte seismische Daten zweier Vulkane: des Tajogaite auf La Palma, der 2021 ausbrach, und des mexikanischen Colima, der zwischen 2013 und 2022 aktiv war. Dabei zeigte sich, dass die Shannon-Entropie bereits Stunden vor den Eruptionen deutlich abfiel, während Kurtosis und Frequenzindex charakteristische Veränderungen aufwiesen, die mit zunehmender vulkanischer Aktivität korrelierten. Im Fall des Tajogaite konnte der bevorstehende Ausbruch mindestens neun Stunden im Voraus erkannt werden. Ein Anstieg der Entropie nach dem Ende der Eruption signalisierte zudem die Rückkehr zur vulkanischen Ruhe.

Da die Methode automatisiert auf große Datenmengen angewendet werden kann und Echtzeitanalysen ermöglicht, könnte sie bestehende Überwachungssysteme deutlich verbessern. INVOLCAN betont, dass dieser Ansatz einen entscheidenden Fortschritt für die Vulkanbeobachtung auf den Kanarischen Inseln darstellt, da die frühzeitige Erkennung geordneter seismischer Muster sowie impulsiver Ereignisse und Frequenzänderungen entscheidend für den Bevölkerungsschutz und die Notfallplanung ist. (Quelle: https://doi.org/10.1016/j.jvolgeores.2025.108454, Pressemeldung INVOLCAN)

Vulkan Fuego weiterhin sehr aktiv

Fuego bleibt sehr aktiv und eruptiert in schneller Folge – glühende Schuttlawinen unterwegs

Der Fuego in Guatemala ist weiterhin sehr aktiv und eruptiert in schneller Folge strombolianisch. Dabei werden bis zu 12 Eruptionen pro Stunde registriert. Aschewolken erreichen eine Höhe von 4800 m und lösen VONA-Warnungen aus. Die vorherrschende Windrichtung ist Osten, so dass die Aschewolken gen Westen getrieben werden und sich auf eine Distanz von 15 Kilometern ausbreiten. Zudem wird glühende Tephra ausgestoßen, die man nachts besonders gut sieht.

Laut INSIVUMEH erreicht die glühende Tephra Höhen zwischen 200 und 350 Metern über dem Kraterniveau. Sie decken das Kratergebiet und die oberen Vulkanflanken mit Gesteinsfragmenten ein, die dann als glühende Schuttlawinen hangabwärts rollen. Die größeren Schuttlawinen erreichen die Vegetationsgrenze und können Brände auslösen.

Auf der AFAR-Livecam lassen sich die Eruptionen gut beobachten, zumindest wenn es wolkenfrei ist. Phasenweise kommen die Explosionen so schnell hintereinander, dass ein beständiger Glutstrom auf der Außenflanke entsteht. Auf Langzeitbelichtungen entsteht in solchen Fällen der Eindruck eines Lavastroms. Doch ein solcher ist aktuell nicht unterwegs.

Die Explosionen erzeugen gelegentlich Druckwellen, die in den Ortschaften am Vulkanfuß Fensterscheiben klirren lassen. Außerdem gibt es Phasen, in denen der Fuego Geräusche wie eine Dampflok erzeugt.

Während der Fuego selbst nicht bestiegen werden darf, ist der Aufstieg auf den benachbarten Acatenango frei. Von dort kann man die Eruptionen relativ gefahrlos beobachten. Dennoch sollten Vulkanspotter darauf achten, Winterkleidung mitzunehmen, denn beim nächtlichen Ansitzen im starken Wind kann es trotz Äquatornähe ganz schön kalt werden. Bei Wetterumschwüngen drohen zudem heftige Gewitter und im Extremfall Schneestürme. Es sind schon schlecht ausgerüstete Wanderer erfroren.

Ähnlich verhält es sich auf dem Gipfel des Santa Maria, von wo aus man auf den Domvulkan Santiaguito hinabblickt. Der Domvulkan ist weiterhin aktiv und stößt 1 bis 2 Mal stündlich Aschewolken aus, die bis auf 3500 m Höhe steigen. Es entstehen glühende Schuttlawinen und die Vulkanologen warnen vor Laharen und proklastischen Strömen.

Lewotobi Lakilaki mit frequenten Eruptionen

Lewotobi Lakilaki steigerte seine Eruptionsfrequenz – mehrere Tremorphasen detektiert.

Auf der indonesischen Insel Flores steigerte der Lewotobi Lakilaki seine Eruptionsfrequenz und eruptiert seit einigen Tagen mehrmals täglich Aschewolken. Gestern erreichten sie eine Höhe von 5000 m über Kraterhöhe und lösten VONA-Warnungen aus. Zugleich steigen die Sorgen vor einer starken Explosion, die den Dom ausbläst und pyroklastische Ströme generieren könnte.

Lewotobi Laki-laki

Zuletzt blies der Lewotobi seinen Pancake-Dom Anfang August aus, was hoch aufsteigende Eruptionswolken und erwähnte pyroklastische Ströme erzeugte, die über die Vulkanflanke hinabrasten. Pyroklastische Ströme gehören zu den gefährlichsten Manifestationen des Vulkanismus. Sie sind nicht zu stoppen, können sogar Anhöhen überwinden und zerstören alles auf ihrem Weg. Zudem bewegen sie sich sehr schnell, was eine Flucht schwierig macht. Aus diesem Grund sind die Siedlungen in einem 6-Kilometer-Radius um den Krater des Vulkans bereits seit Monaten evakuiert und es gibt keine Anzeichen für eine nachhaltige Entspannung der Situation, so dass die Evakuierten weiterhin nicht in ihre Heimat zurückkehren können.

Neben der Zunahme der explosiven Aktivität gibt es auch täglich bis zu 50 vulkanisch bedingte Erdbeben unterschiedlichster Art. Neben vulkanotektonischen Erschütterungen werden von den Seismometern auch Hybriderdbeben und Tremorphasen registriert. Sie deuten darauf hin, dass ich im Untergrund magmatische Fluide bewege. Der Dom vermindert zudem die Entgasungen, was zusätzlich zu einer Druckerhöhung im Fördersystem führt.

Die Bevölkerung wird vom Zivilschutz darum gebeten, Ruhe zu bewahren, den Anweisungen der lokalen Behörden Folge zu leisten und Gerüchten oder nicht verifizierten Informationen keine Beachtung zu schenken.

Zudem sollten sich die Bewohner der umliegenden Gebiete der Gefahr von regenbedingten Lahar-Fluten bewusst sein, die in den vom Gipfel des Vulkans ausgehenden Flüssen entstehen können. Anwohner, die vom Ascheregen betroffen sind, werden aufgefordert, Masken oder Mund-Nasen-Bedeckungen zu tragen, um ihre Atemwege vor der Vulkanasche zu schützen.

Hekla: Magmenkörper wächst langsam aber stetig

Hekla lädt langsam auf – Islands bekannter Vulkan unter Beobachtung

Geophysiker beobachten derzeit ein anhaltendes Anschwellen des isländischen Vulkans Hekla. Messungen zeigen, dass der Magmakörper unter dem Berg kontinuierlich mit neuer Schmelze versorgt wird und wächst – ein Hinweis darauf, dass sich der Vulkan langfristig auf eine neue Eruption vorbereitet.

Die Hekla liegt im Süden Islands, rund 110 Kilometer östlich von Reykjavík, und erhebt sich auf 1.491 Meter. Der oft schneebedeckte Stratovulkan ist einer der aktivsten des Landes: Seit der Besiedlung Islands im 9. Jahrhundert ist er mehr als 20 Mal ausgebrochen, zuletzt im Februar 2000. Damals dauerte die Eruption knapp zwei Wochen und förderte rund 0,1 Kubikkilometer Lava.

Aktuelle Untersuchungen der Universität Island und internationaler Partner zeigen, dass Magma mit einer Rate von etwa 250 Litern pro Sekunde aufsteigt und sich in einem Reservoir unter dem Vulkan ansammelt. Geodätische Messungen belegen eine langsame Hebung des Geländes. Die Aufwölbung ist inzwischen etwa doppelt so groß wie vor dem letzten Ausbruch. Das deutet auf zunehmenden Druck in der Tiefe hin. Eigentlich rechneten die Vulkanologen bereits vor Jahren mit einem Ausbruch, als der Magmenkörper die Größe wie vor der letzten Eruption erreicht hatte.

Die Aufstiegsrate des Magmas in den Magenkörper ist im Vergleich mit jener unter dem Svartsengigebiet gering und entspricht in etwa nur 10 Prozent dessen, was dort im Augenblick an Schmelze aufsteigt. Daher spiegelt sich die Bodenhebung kaum in den öffentlichen GNSS-Daten wider. Dabei hat die Magmenaufstiegsrate unter Svartsengi seit dem Sommer nachgelassen und beläuft sich auf den zweitniedrigsten Wert seit Beginn der Tätigkeit im Oktober/November 2023.

InSAR-Analysen und seismische Modelle liefern präzisere Einblicke in den Magmenkörper unter der Hekla. Das Hauptreservoir liegt demnach in einer Tiefe von etwa 14 bis 20 Kilometern und vergrößert sein Volumen jährlich um 0,003 bis 0,02 Kubikkilometer. Zusätzlich existiert ein flacheres Reservoir in 5 bis 9 Kilometern Tiefe, das bei früheren Ausbrüchen eine zentrale Rolle spielte.

Islands Vulkane werden vom Isländischen Wetterdienst, dem Institut für Geowissenschaften und internationalen Forschungsteams in Echtzeit überwacht. Satellitendaten, GPS-Messungen und seismische Sensoren liefern kontinuierlich Informationen über Deformationen und Magmenbewegungen. Trotz modernster Technik bleibt jedoch unklar, wann Hekla tatsächlich wieder ausbrechen wird. Experten sind sich einig: Der Vulkan ist aufgeladen und bereit für seine nächste Eruption.