Erdbeben-News 20.04.23: Türkei

Erdbeben ML 4,6 im Südosten der Türkei

Datum 19.04.23 | Zeit: 22:44:07 UTC | 38.47 N ; 39.19 E | Tiefe: 2 km | ML 4,6

Die Ostanatolische Verwerfung kommt nicht zur Ruhe und erzeugt immer noch viele Nachbeben, auch wenn ihre Anzahl inzwischen deutlich zurück gegangen ist. Das hier gemeldete Beben mit der Lokal-Magnitude 4,6 findet extra Erwähnung, weil es einen Erdbebenherd in nur 2 km Tiefe hatte und somit von der Bevölkerung recht stark wahrgenommen wurde. Solche flachen Nachbeben haben das Potenzial bereits geschädigte Häuser endgültig zum Einsturz zu bringen. Das Epizentrum befand sich 11 km westlich von Sivrice.

Dem EMSC liegen Wahrnehmungsmeldungen vor, die den Erdstoß als kurz, aber stark bezeichnen.

Sin Blick auf die Shakemap zeigt, dass immer noch sehr viel Bewegung in den beiden Armen der Südanatolischen Verwerfung ist. Eigentlich müssten die großen Spannungen inzwischen abgebaut sein, dennoch lässt es sich nicht völlig ausschließen, dass es zu einem weiteren starken Erdbeben mit einer Magnitude größer als 6 kommen kann. Die Gefahr hierfür sehe ich proportional zur steigenden Entfernung der aktuellen Bebenregion zunehmen. Besonders in der Region am Van-See gab es unabhängig von den aktuellen Erdbeben bereits mehrere moderate Erschütterungen, die einen Spannungsaufbau signalisierten.

Bei der Ostanatolischen Verwerfung handelt es sich um eine 550 km lange Störungszone in Form einer Blattverschiebung. Sie markiert die Grenze zwischen der Arabischen Platte und der Anatolischen Platte, auf der sich ein großer Teil der Türkei befindet. Im Norden wird die Anatolische Platte von der Eurasischen Platte mit einer vergleichbaren Störungszone abgegrenzt, die auf den Namen Nordanatolische Verwerfung hört. Da hier Metropolen wie Istanbul und Izmir liegen und das Erdbebenpotenzial groß ist, wird das Zerstörungspotential eines Starbebens als besonders groß eingeschätzt. In den Städten entlang der Nordanatolischen Verwerfung gibt es ähnliche Probleme mit der Bausubstanz wie im Südosten des Landes: viele Gebäude wurden ohne Baugenehmigung erreichtet und werden als nicht erdbebensicher eingestuft. Die Katastrophe ist vorbestimmt!