Nevado del Ruiz: Neue Livecam

Vier Jahrzehnte nach Armero: Kolumbien öffnet den Blick auf den Nevado del Ruiz

Der Nevado del Ruiz ist der aktivste Vulkan Kolumbiens und löste zuletzt am 9. November eine VONA-Warnung beim VAAC-Washington aus, als Vulkanasche bis auf eine Höhe von 5800 m aufgestiegen war und vom starken Wind nach Südwesten geweht wurde. Einen Tag später hat der kolumbianische Geologische Dienst (SGC) erstmals eine Überwachungskamera am Vulkan Nevado del Ruiz für die Öffentlichkeit freigeschaltet. Die Kamera, die am Vulkanologischen und Seismologischen Observatorium Manizales (OVSMA) rund 30 Kilometer nordwestlich des Arenas-Kraters installiert ist, bietet rund um die Uhr einen Panoramablick auf den aktiven Vulkan.




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Mit dieser Initiative erinnert der SGC an eines der tragischsten Ereignisse in der Geschichte Kolumbiens – den Ausbruch des Nevado del Ruiz am 13. November 1985. Damals führte eine plötzliche Eruption des vergletscherten Vulkans zu einem verheerenden Lahar, der die Stadt Armero nahezu vollständig auslöschte. Der Ausbruch führte zu einer Eisschmelze des Gipfelgletschers, wodurch sich riesige Schutt- und Schlammlawinen mit hoher Geschwindigkeit ins Tal wälzten. Innerhalb weniger Stunden wurde Armero von meterhohen Massen aus Schlamm, Eis und Gestein begraben – und das, obwohl die Stadt 43 Kilometer vom Vulkan entfernt lag.

Rund 25.000 Menschen kamen ums Leben, viele von ihnen im Schlaf überrascht. Nur ein kleiner Teil der damals rund 30.000 Einwohner der Stadt konnte sich retten. Die Tragödie gilt als eine der schlimmsten vulkanischen Katastrophen des 20. Jahrhunderts. Besonders in Erinnerung geblieben ist das Schicksal der 13-jährigen Omayra Sánchez, deren Todeskampf unter den Trümmern von internationalen Medien dokumentiert wurde – ein Symbol für das menschliche Leid und das institutionelle Versagen jener Zeit.

Obwohl Wissenschaftler bereits Wochen vor dem Ausbruch Warnungen ausgesprochen hatten, erreichten sie die Behörden und die Bevölkerung zu spät oder wurden nicht ernst genommen. Fehlende Koordination, mangelhafte Kommunikation und ein unzureichendes Verständnis für vulkanische Risiken trugen maßgeblich zum Ausmaß der Katastrophe bei.

Diese Ereignisse markierten einen Wendepunkt in der kolumbianischen Katastrophen- und Vulkanüberwachung. In den Jahren nach Armero gründete der Staat das Vulkanologische und Seismologische Observatorium von Manizales sowie weitere Überwachungszentren. Damit begann die systematische Beobachtung der kolumbianischen Vulkane – ein entscheidender Schritt hin zu einer modernen Gefahrenfrüherkennung.

Heute, vierzig Jahre später, öffnet der SGC symbolisch ein neues Kapitel: Mit dem bei YouTube öffentlich zugänglichen Livestream der SGC-WEBCAM soll nicht nur an die Opfer erinnert, sondern auch das Bewusstsein für die vulkanische Bedrohung gestärkt werden. Über die Live-Übertragung lassen sich nun in Echtzeit Gasaustritte, Aschewolken und nächtliches Glühen beobachten – je nach Wetterlage und Aktivitätsgrad des Vulkans.

Der SGC betont, dass diese Initiative Teil der Kampagne „Armero: 40 Jahre Vulkanforschung“ ist, die dem Gedenken, der Aufklärung und der wissenschaftlichen Bildung dient. Die Katastrophe von 1985 war die Geburtsstunde der modernen Vulkanbeobachtung in Kolumbien – und ihr Vermächtnis wirkt bis heute fort: in jeder Messstation, jedem Alarmplan und nun auch in jeder Kamera, die auf den Nevado del Ruiz gerichtet ist.