Santiaguito eruptiert Vulkanasche und Lavastrom

Vulkanasche am Santiaguito erreicht 3500 m Höhe über dem Meer – Lavastrom auf der Vulkanflanke unterwegs

Der Santiaguito in Guatemala eruptierte Vulkanasche, die bis auf eine Höhe von 3500 m über dem Meeresspiegel aufgestiegen ist und sich bis zu 40 Kilometer weit in Richtung Westen ausbreitete. Der guatemaltekische Zivilschutz CONRED warnt davor, dass es in bewohnten Gebieten zu Ascheniederschlägen kommen könnte, die eine erhöhte Feinstaubbelastung mit sich bringen. Menschen, die hierauf empfindlich reagieren, sollten Aufenthalte im Freien meiden oder sich mit Atemschutzmasken schützen.

Die Behörde empfiehlt zudem, eine gepackte Notfalltasche parat zu haben, falls es zu größeren Eruptionen kommen sollte. Die Tasche sollte so viel Inhalt haben, dass man 72 Stunden damit auskommt. Zudem soll man sich die Evakuierungsrouten einprägen, was insbesondere für Touristen empfehlenswert ist. Also, am besten Rucksack nicht auspacken!

Ein solcher Notfall könnte dann entstehen, wenn ein größerer Teil des aktiven Lavadoms kollabieren sollte und pyroklastische Ströme bewohntes Gebiet erreichen. Dass der Lavadom wächst und Nachschub frischen Magmas enthält, sieht man daran, dass über seine Südwestflanke ein zäher Lavastrom fließt. Letzte Nacht konnte man ihn via Livecam trotz Wolkendecke gut beobachten, da die Lavafront unterhalb der Bewölkungsschicht lag. Stärkere Explosionen erzeugten zudem glühende Schuttlawinen.

Der Santiaguito ist aktuell der aktivste Vulkan Guatemalas. Der Fuego zeigt inzwischen aber auch wieder Anzeichen dafür, dass er wieder aktiver wird. So wurden am 3. Mai erstmals seit dem Paroxysmus am 10. März wieder Aschewolken detektiert. Zudem gesellten sich nicht Schuttlawinen hinzu, die vom Material stammen, das während des Paroxysmus abgelagert wurde. So eine lange Eruptionspause hat man am Fuego zuletzt nach der katastrophalen Eruption von 2018 gesehen. Den Vulkantourenanbietern in Antigua dürfte die Pause wohl nicht gefallen, insbesondere, da vollkommen offen ist, wie lange sie anhalten wird. Im Extremfall könnte der Fuego jahrelang schweigen. Ähnliches kennen wir vom Arenal in Costa Rica, der jahrzehntelang aktiv war und dann plötzlich einschlief.

Wer eine Vulkanreise nach Guatemala plant, sollte generell bis Oktober/November warten, denn dann werden die atmosphärischen Bedingungen wieder besser. Die Vulkan-Reisesaison in Guatemala endet Anfang April. (Dieser Artikel wurde am 11. Mai bearbeitet und mit aktuellen Angaben zum Fuego ergänzt)

Sangay: Vulkanasche driftet in 7300 m Höhe westwärts

Vulkan Sangay eruptiert explosiv – Vulkanasche in 7300 m Höhe löst Warnung für den Flugverkehr aus

Im Osten der ecuadorianischen Anden ist der Vulkan Sangay erneut ausgebrochen. Bei explosiven Eruptionen wurde Vulkanasche bis in eine Höhe von 7300 m gefördert, wo sie in Richtung Westen driftet und Ascheregen in besiedelten Gebieten verursacht. Das VAAC Washington sah sich veranlasst, eine VONA-Warnung herauszugeben, um den Flugverkehr vor dem gefährlichen Phänomen zu warnen.

Der Sangay ist ein 5290 m hoher Stratovulkan im Osten der Anden, dessen Hänge in Richtung Amazonasbecken entwässern. Die aktuelle Eruptionsserie begann im Jahr 2019. Zeitweise wuchs in einem der beiden Krater ein Lavadom, von dem ein zäher Lavastrom ausging, der eine Bresche in die Vulkanflanke erodierte. Es kam zur Bildung pyroklastischer Ströme und Lahare, die in den vergangenen Jahren immer wieder vom Sangay ausgingen. Besonders letztere veränderten den Verlauf mehrerer Flüsse. Lahare sind Schlammströme, die durch starke Regenfälle entstehen, welche auf den Vulkanflanken abgelagerte Asche mobilisieren. Nicht zuletzt deshalb beginnen die Berichte der Vulkanologen des Instituto Geofísico (IG) stets mit einem kurzen Niederschlagsbericht.

Auch gestern wurde Vulkanasche bis zu 2100 m über der Kraterhöhe gefördert. Die Gemeinde Cebadas meldete leichten Ascheniederschlag. Das seismische Netzwerk registrierte 144 seismische Signale, die mit explosiver Tätigkeit in Zusammenhang standen. In der Nacht wurden rotglühende Schuttlawinen beobachtet, die rund 1100 Höhenmeter unterhalb des Kraters abstiegen. Zudem kam es zu starken Entgasungen mit deutlichen Schwefeldioxid-Emissionen. MIROVA detektierte eine thermische Anomalie mit einer Leistung von 32 MW. Sie deutet auf die Präsenz heißer Lava im Krater hin und könnte mit den Schuttlawinen in Verbindung stehen. Möglicherweise wächst auch wieder ein Lavadom im Krater.

Wärmestrahlung vom Fernandina auf den Galápagos-Inseln

Apropos Wärmeanomalien: Auch von einem anderen ecuadorianischen Vulkan wird derzeit eine solche gemeldet. Satellitendaten zeigen am Inselvulkan Fernandina auf den Galápagos-Inseln eine Wärmestrahlung mit einer Leistung von 15 MW. Sollte die Messung korrekt sein, könnte dies ein Anzeichen dafür sein, dass sich der Vulkan auf eine Eruption vorbereitet. Auf Fernandina öffnen sich immer wieder große Eruptionsspalten am Calderarand, die große Mengen Lava fördern.

Bardarbunga: Calderaboden hebt sich schnell

Mobile Radaranlage mit Blick auf den Bardarbunga im Jahr 2014. © Marc Szeglat

Schnelle Inflation am Bardarbunga: Neue Messungen sollen Klarheit bringen

Gestern berichtete ich über das Erdbeben M 4,8, das den Bardarbunga am Abend des 5. Mai erschütterte. Die Magnitude des Bebens wurde nach einer manuellen Überprüfung auf M 5,3 hochgestuft, womit es sich in den Reigen der starken Erdbeben unter der Caldera einreiht. Dem Hauptbeben folgen gut 20 schwächere Erdstöße. 

Wie es der Zufall so will, hielt sich der Geophysikprofessor Magnús Tumi Guðmundsson von der Universität Island zur Zeit des Erdbebens am Bardarbunga auf und führte am Vulkan Schwerkraftmessungen durch. Magnús geht der Fragestellung nach, wie schnell sich das Magma unter dem Vulkan akkumuliert, und will die Heberate des Calderabodens genau ermitteln. Da sich der Vulkan unter dem Gletscher Vatnajökull befindet, sind direkte Messungen der Hebegeschwindigkeit schwierig, da man eine mehrere Hundert Meter mächtige Eisschicht zwischen sich und der Caldera hat. Da das Eis eine Eigendynamik hat, kann man aus der Hebung des Eises die Hebung des Calderabodens mit Messungen an der Oberfläche nicht exakt bestimmen.

Bisherige Messungen ergaben, dass sich der Calderaboden mit einer Rate von 2–3 Metern pro Jahr hebt, was eine sehr imposante Heberate darstellt. Bei der großen Holuhraun-Eruption in den Jahren 2014–15 kam es zu einer Subsidenz des Bodens von mehr als 60 Metern. Gut ein Drittel der Senkung wurde durch die Hebung, die kurz nach der Eruption einsetzte, bereits wieder kompensiert. Damals traten nördlich des Gletschers 1,1 Kubikkilometer Lava aus und kreierten das größte Lavafeld auf Island seit der Laki-Eruption 1783.

Der Bardarbunga zählt zu den aktivsten und mächtigsten Vulkanzentren des Landes. Gemeinsam mit Katla, Hekla und Grímsvötn ist er für rund 80 Prozent aller Ausbrüche in Island in den letzten Jahrhunderten verantwortlich. Die Eruptionen am Bardarbunga finden für gewöhnlich nicht im Bereich der Caldera statt, sondern aus Eruptionsspalten, die sich in einiger Entfernung zum Gletscher öffnen. Das Magma bahnt sich seinen Weg durch unterirdisch verlaufende magmatische Gänge, so wie wir es in den letzten Monaten auch von der Reykjaneshalbinsel her kennen.




Mit ersten Ergebnissen der aktuellen Schwerkraftmessungen wird innerhalb der nächsten zwei Wochen gerechnet. Die Vulkanologen blicken gespannt auf die Daten – und auf das, was sie über die Zukunft des Bardarbunga verraten könnten. Allerdings werden sich keine genauen Prognosen zum Zeitpunkt der nächsten Eruption anstellen lassen. Bislang ist unklar, ob sie wieder so viel Magma wie vor der Eruption 2014 ansammeln muss, damit es zu einem weiteren Ausbruch kommt, oder ob dieser auch bei einem geringeren Druck starten kann.

Kilauea: Eruptive Episode No 20 in Progress

Die 20. eruptive Episode am Kilauea startete durch – 150 m hohe Lavafontäne steigt auf

Auf Big Island Hawaii begann heute Morgen gegen 03:28 UTC (17:28 Uhr Hawaii-Zeit) die 20. eruptive Episode des Kilauea durchzustarten und Lavafontänen zu erzeugen. Wie bei den 19 Episoden zuvor speist die Lavafontäne einen Lavastrom, der einen guten Teil des Halema’uma’u-Kraterbodens überflutet. Die höchste Lavafontäne erreicht eine Höhe von ca. 150 m und wird vom nördlichen Förderschlot eruptiert. Mit gut 90 Minuten Verspätung stimmte auch der Südschlot mit ein und fing an, eine kleinere Fontäne zu fördern, die bis zu 20 m Höhe erreicht.

Mit Beginn der Lavafontänen-Tätigkeit setzte eine Subsidenz der Hangneigung ein und es wird starke Deflation beobachtet. In den Tagen zwischen den Ausbrüchen blähte sich der Gipfel infolge von Magmeninflation auf, wobei sich der Hang um 6,5 ​​Mikroradian versteilte.

Das Vorspiel zur Lavafontänen-Tätigkeit dauerte relativ lange, bereits vor 2 Tagen konnte ich via Livecam Rotglut am südlichen Förderschlot erkennen. Gestern kam es den ganzen Tag über zu Pulsen, in denen die Lava bereits aus dem Förderschlot floss. Diese Tätigkeit ging mit stoßartigen Entgasungen einher, die von den HVO-Vulkanologen als Gaskolben (Gas-Pistons) bezeichnet werden. Von diesen Gas-Pistons wurden alleine am 5. Mai 30 Zyklen registriert. In der Vorläuferphase der 19. Episode wurden 26 Gaspiston-Phasen festgestellt, die in regelmäßigeren Intervallen auftraten, als es vor der aktuellen Eruptionsepisode der Fall war.

Während der Eruptionspause stieß der Kilauea gut 1700 Tonnen Schwefeldioxid am Tag aus. Stränge vulkanischen Glases, bekannt als Peles Haare, aus früheren Episoden sind im gesamten Gipfelbereich des Hawaii Volcanoes National Park und den umliegenden Gemeinden noch vorhanden und können durch Wind wieder aufgewirbelt werden. Natürlich stellt das Haar der Vulkangöttin auch während der Eruptionen ein Problem dar und wird im großen Stil erzeugt.

Die On-off-Eruption begann am 23. Dezember 2024 und wird als eine intervallische Eruption betrachtet, die zwischendurch pausiert. Eine ähnliche Betrachtungsweise des Geschehens wurde auch vom INGV in Bezug auf die Ätna-Paroxysmen vorgeschlagen: Die Paroxysmen sollen Ausdruck einer einzigen Eruption sein, die zwischendurch pausiert.

Der Kilauea ist ein 1247 m hoher Schildvulkan, der im Schatten des größten Vulkans der Welt – des Mauna Loa – liegt. Beide Feuerberge werden vom gleichen Hotspot gespeist. Der Kilauea dürfe derzeit der aktivste Vulkan der Welt sein.

Campi Flegrei: Studie enthüllt Schwachstelle des Vulkans

Weitere Erdbeben, Reduzierung der Hebegeschwindigkeit und Identifizierung einer Schwachstelle in den Campi Flegrei

Obwohl es in der süditalienischen Caldera Campi Flegrei heute wieder mehrere Erdbeben gab – das stärkste hatte eine Magnitude von 2,3 –, deuten die geophysikalischen und geochemischen Parameter auf eine kurzfristige Entspannung der Situation hin: Laut dem heute veröffentlichten Bulletin wurden im Beobachtungszeitraum vom 28. April bis 4. Mai 2025 43 Erdbeben detektiert und eine leichte Reduzierung der Bodenhebungsgeschwindigkeit von 20 mm im Monat auf 15 mm festgestellt. Außerdem hat sich der Kohlendioxid-Ausstoß weiter reduziert, bewegt sich aber immer noch über dem Durchschnittsniveau des letzten Jahres. Die Gas-Temperatur der Pisciarelli-Fumarole lag bei 97 Grad.

Entgegen den Aussagen des INGV-Direktors Mauro de Vito, der bereits letzte Woche in einem Interview meinte, dass die neusten Daten Grund zum Optimismus gäben, sehe ich in dem leichten Rückgang der Aktivität kein Anzeichen für eine grundlegende Änderung im Geschehen. Vielmehr handelt es sich um das übliche Verhalten des Vulkans, nachdem es eine Verstärkung der seismischen Krise gegeben hat, die mit einer signifikanten Beschleunigung der Bodenhebung und einer Erhöhung des Gasausstoßens einherging. Die gemessenen Werte liegen immer noch über dem Durchschnitt dessen, was wir seit 2018 praktisch als normal ansehen, was an anderen Vulkanen aber bereits Grund für Alarmismus wäre.

De Vitos Optimismus steht konträr zu den Forschungsergebnissen der letzten Monate, die immer mehr zu bestätigen scheinen, dass der Motor hinter dem Bradyseismos, der seit jeher für Bodenhebung und Erdbeben in den Campi Flegrei verantwortlich gemacht wird – Magma ist, das nicht nur Fluide aufsteigen lässt, sondern auch selbst bis in 4 Kilometer Tiefe unter dem Vulkan migriert ist. Die neuesten Studienergebnisse, die heute in einem Blogartikel des INGV vorgestellt wurden, zeigen, dass es sogar eine bislang unbekannte Schwachstelle in Form einer instabilen Gesteinsschicht gibt, in der bereits Magma intrudierte.

Neue Studie identifiziert poröse Gesteinsschicht

Die fragile Zone in der Erdkruste unter der Caldera wurde mit Hilfe von hochauflösenden 3-D-Bildern des Untergrunds und der Analyse von Gesteinsproben einer Tiefenbohrung identifiziert, die 3 Kilometer hinab reichte und als Geothermie-Explorationsbohrung angelegt wurde. Die neu entdeckte Schwächezone liegt in 3–4 Kilometern Tiefe und umfasst einen Übergangsbereich aus porösem Gestein, der in 2500 bis 2700 m Tiefe beginnt. Diese Zone ist für Fluide durchlässiger als die darüberliegenden Gesteinsschichten aus vulkanischem Material und nicht so widerstandsfest wie die in größeren Tiefen liegenden Kalksteinschichten. Daher sammeln sich in dieser Schwächezone magmatische Fluide, was zur Bodenhebung und zu Erdbeben führt.

Numerische Simulationen deuten darauf hin, dass frühere Magmaintrusionen genau in dieser Zone gestoppt wurden, was die Schwächung weiter begünstigte. Kleinere Magmamengen erstarren dort häufig, ohne die Oberfläche zu erreichen. Größere oder schnell aufsteigende Magmamengen könnten jedoch nach einer Akkumulationsphase diesen Bereich überwinden – wie beim Ausbruch des Monte Nuovo im Jahr 1538. Außerdem ist es nicht ausgeschlossen, dass größere Magmamengen, die aus einem großen Reservoir in 8 Kilometern Tiefe aufsteigen, diese Schwäche- und Zwischenspeicherschicht in einem Rutsch überwinden.

Obwohl die Studie keine unmittelbaren Prognosen ermöglicht, liefert sie wichtige Erkenntnisse über die Dynamik der Campi Flegrei. Sie unterstreicht die Bedeutung kontinuierlicher und interdisziplinärer Überwachung, um kritische Veränderungen frühzeitig zu erkennen und das Risiko für die Bevölkerung zu verringern.

Ontake: Neue Prognose-Methode zu Vulkanausbrüchen entwickelt

Studie am Ontake lieferte neue Methode für Prognose von Vulkanausbrüchen – Variation der Scherwellenaufspaltung liefert Warnhinweis

Für Menschen, die in der Nähe aktiver Vulkane leben, sind zuverlässig funktionierende Frühwarnsysteme essentiell. Doch noch immer ist es schwierig jeden Vulkanausbruch vorherzusagen, besonders, da es manchmal zu Eruptionen kommt, die keine der üblichen Warnsignale aussenden und die Menschen überraschen. Ein Forschungsteam der Universität Oxford hat nun einen vielversprechenden Ansatz entwickelt, um bevorstehende Ausbrüche besser vorhersagen zu können, die durch die üblichen Raster fallen.

Als es im September 2014 zu einer unerwarteten Eruption des japanischen Vulkans Ontake kam, war das Entsetzen groß: 36 Menschen – überwiegend Wanderer, Pilger und Skifahrer, die am Vulkan unterwegs waren – starben, zahlreiche Personen erlitten Verletzungen. Offiziellen Angaben zufolge soll es sich um eine phreatische Eruption gehandelt haben, die entgegen allen Regeln der Vulkanologie nicht nur Vulkanasche über 10 Kilometer hat aufsteigen lassen, sondern auch einen über 3 Kilometer langen pyroklastischen Strom hervorbrachte. Aufgrund dieser Katastrophe und der offenbar fehlenden Anzeichen einer bevorstehenden Eruption wählten Wissenschaftler der Universität Oxford den Ontake als Studienobjekt aus. Ein weiterer Grund hierfür war der Umstand, dass es bereits im Jahr 2007 eine kleinere Eruption gegeben hatte und man so Vergleichswerte hatte.

Das Forscherteam um Professor Mike Kendall stellte die Theorie auf, dass aufsteigendes Magma Spannungen im umgebenden Gestein erzeugt, die sich auf Brüche und Verwerfungen auswirken. Diese Veränderungen zeigen sich in der sogenannten seismischen Anisotropie – also der richtungsabhängigen Ausbreitung von Erdbebenwellen. Die durch das Magma verursachten Spannungen führen dazu, dass sich Risse und Brüche im Gestein verändern, was die Ausbreitungsgeschwindigkeit seismischer Scherwellen beeinflusst. Dabei kann es zur Scherwellenaufspaltung kommen, insbesondere wenn sich Risse öffnen und schließen. Werden diese Veränderungen in den seismischen Signalen regelmäßig erfasst, könnten sie Hinweise darauf liefern, ob ein Ausbruch bevorsteht – und wie heftig dieser ausfallen könnte.

Die erneute Analyse der seismischen Daten vom Ontake zeigte, dass es während des ersten Ausbruchs keine größeren Veränderungen im seismischen Signal gab, aber kurz vor der Eruption von 2014 verdoppelte sich die Scherwellenaufspaltung. Die Forschenden schließen daraus, dass dieses Signal ein wertvoller Frühindikator zur Erkennung von sich anbahnenden Vulkanausbrüchen sein könnte.

Die Methode soll künftig auch bei anderen Vulkanen getestet werden. Ihr großer Vorteil: Sie könnte nicht nur rechtzeitig vor einem Ausbruch warnen, sondern auch helfen, dessen mögliche Heftigkeit einzuschätzen – ein wichtiger Schritt, um Leben besser zu schützen.

Meiner Meinung nach belegt die Studie auch, dass es sich bei der Ontake-Eruption von 2014 nicht um einen phreatischen Ausbruch gehandelt hat, sondern um einen phreatomagmatischen oder um einen, der von magmatischen Gasen getriggert wurde. Denn wenn Spannungen durch aufsteigendes Magma zur Bildung von Verwerfungen und Rissen führte, die Variationen in den Scherwellen auslösten, dann gab es wahrscheinlich auch einen Ausstoß frischer Lava. Bei phreatischen Eruptionen werden die Explosionen von schlagartig verdampftem Wasser ausgelöst, das allein aufgrund eines hohen geothermischen Gradienten vaporisiert, ohne dass es zum Kontakt mit der Schmelze kommt. Doch diese Eruptionen sind für gewöhnlich deutlich schwächer, als es 2014 der Fall gewesen war. Meiner Beobachtung nach werden magmatische Eruptionen oft als phreatisch bezeichnet, wenn sie plötzlich und ohne Vorwarnung auftraten oder diese Vorwarnungen von den Vulkanologen verschlafen wurden. (Quelle: https://seismica.library.mcgill.ca/article/view/1101)

Bardarbunga: Erdbeben Mb 4,8 am Abend

Datum: 05.05.2025 | Zeit: 21:14:01 UTC | Koordinaten: 64.613 ; -17.387 | Tiefe: 8 km | Mb 4,8

Erhöhte seismische Aktivität unter der Bardarbunga-Caldera und in Westisland

Unter der subglazialen Bardarbunga-Caldera wurde gestern Abend ein mittelstarkes Erdbeben der Magnitude 4,8 registriert. Der Erdstoß ereignete sich um 21:14 UTC in einer Tiefe von 7700 Metern. Das Epizentrum wurde 7,4 km östlich von Bardarbunga verortet. Es folgten mehrere Nachbeben Das Hauptbeben war deutlich in der dünn besiedelten Region südlich des Vatnajökull-Gletschers spürbar, verursachte jedoch keine Schäden.

Bereits am Morgen desselben Tages, um 5:34 Uhr, hatte sich ein Erdbeben der Magnitude 3,5 ereignet. Das Epizentrum lag im nordöstlichen Teil der Bardarbunga-Caldera. Solche Beben sind in dieser Caldera nicht ungewöhnlich und spiegeln die ständige Bewegung und den Druckaufbau unter dem Gletschereis wider. Die Seismizität unter Bardarbunga war in den vergangenen Tagen bereits deutlich erhöht, was von einem verstärkten Magmenzustrom aus der Tiefe herrühren könnte.

Bardarbunga ist ein aktiver Zentralvulkan unter dem mächtigen Eisschild des Vatnajökull im isländischen Hochland und bekannt für seine ausgeprägte seismische Aktivität. Zuletzt hatte sich im Februar 2025 ein noch stärkeres Beben mit einer Magnitude von 5,2 ereignet. In diesem Jahr jährt sich zudem das Ende des Holuhraun-Ausbruchs zum zehnten Mal – jener Ausbruch, der zwischen 2014 und 2015 das größte Lavafeld in Island seit der Laki-Eruption von 1783 bildete und mit einer massiven magmatischen Intrusion aus der Bardarbunga-Caldera verbunden war.

Bereits am 4. Mai wurde um 16:17 Uhr ein Erdbeben der Magnitude 3,1 in der Nähe von Grjótárvatn festgestellt. Dieses Gebiet liegt im Westen Islands, im Landesinneren zwischen dem Lavafeld Hallmundarhraun und dem Langjökull-Gletscher. In dieser Region kommt es regelmäßig zu seismischen Ereignissen, die in den letzten Monaten an Häufigkeit und Stärke zugenommen haben – ein vergleichbares Beben wurde zuletzt am 23. April gemeldet.

Die Anzahl der seismischen Ereignisse auf der Reykjaneshalbinsel war in den letzten Stunden nicht mehr ganz so hoch wie noch am Wochenende. Allerdings hat sich das Wetter verschlechtert, sodass schwache Erschütterungen möglicherweise nicht registriert werden. Beben wurden vor allem im Osten der Halbinsel dokumentiert; ein kleiner Erdbebenschwarm wurde bei Raufarhólshellir beobachtet.

Die Bodenhebung bei Svartsengi hält weiterhin an, zeigt jedoch je nach Messreihe gewisse Schwankungen, die auf Abweichungen in den Satellitenbahnen zurückzuführen sein könnten. Weitere Messungen werden zeigen, ob tatsächlich eine Trendänderung vorliegt.

White Island: Whakaari in Eruption

Aktivitätssteigerung am Whakaari auf White Island – Vulkanologen dürfen wohlmöglich bald wieder die Insel betreten

Der neuseeländische Vulkan Whakaari auf der Insel White Island ist in den letzten Tagen aktiver geworden und eruptiert Vulkanasche, die laut einer VONA-Meldung des VAAC Wellington bis auf eine Höhe von 1000 Metern über dem Meeresspiegel aufsteigt. Da sich der Kraterboden nur wenige Dutzend Meter über dem Meeresspiegel befindet, entspricht das auch ungefähr der Höhe der Aschewolke über dem Krater.

Die Livecam bei Whakatāne an der Nordküste der Nordinsel liefert eine Fernaufnahme des Geschehens. Ansonsten gibt es überraschend wenige Informationen, da die Messinstrumente auf der Insel seit sechs Jahren außer Betrieb sind. Das zuständige Observatorium GeoNet hat bislang nicht über die Aktivitätssteigerung berichtet – das letzte Update zu Whakaari liegt bereits drei Wochen zurück. Damals wurde vor gelegentlichen Explosionen mit Ascheemissionen gewarnt, und der Alarmstatus wurde auf Stufe 3 erhöht.

Seit der verhängnisvollen Eruption im Jahr 2019 sind die Vulkanologen auf Daten der Fernerkundung angewiesen. Damals ereignete sich eine starke phreatomagmatische Eruption, bei der 22 Touristen starben und 25 schwer verletzt wurden. Sie befanden sich in geführten Gruppen auf der Insel. Der Ausbruch bedeutete nicht nur das abrupte Ende des Vulkantourismus auf White Island, sondern zerstörte auch fast die gesamte Überwachungsausrüstung. Diese hatte zwar deutliche Warnsignale geliefert, doch wurden diese von den Vulkanologen ebenso wie von den Reiseveranstaltern, die Touristen zur Insel brachten, nicht ausreichend ernst genommen. Eine dritte beteiligte Partei ist die Familie Buttle, in deren Besitz die Insel steht. Es kam zu einem Prozess, bei dem sowohl Reiseveranstalter als auch die Inselbesitzer zunächst für schuldig befunden wurden. Die Angehörigen der Opfer und die Überlebenden erhielten insgesamt zehn Millionen Neuseeland-Dollar Entschädigung. Vulkanologen wurden ebenfalls angeklagt, jedoch freigesprochen.

Seitdem ist Forschern der Zugang zur Insel untersagt. Laut neuseeländischen Medien laufen derzeit Gespräche zwischen Regierungsvertretern und der Eigentümerfamilie, um eine Rückkehr von Wissenschaftlern zu ermöglichen, damit neue Instrumente installiert werden können. Zwar existieren auf der Nordinsel einige Überwachungsgeräte, doch da White Island rund 50 Kilometer vor der Küste liegt, sind diese zu weit entfernt, um Tremor oder Bodendeformationen am Whakaari zu registrieren. Auch visuelle Überwachung durch Fernrohre und Livecams funktioniert auf diese Entfernung nur eingeschränkt. So blieben viele kleinere Eruptionen unbemerkt, und morphologische Veränderungen im Krater wurden nur bei seltenen Überwachungsflügen festgestellt. Eine verlässliche Überwachung der vulkanischen Aktivität ist aus Sicht des Katastrophenschutzes auf Dauer unverzichtbar.

Juristische Wende auf Neuseeland

Sehr wahrscheinlich zeigt sich die Familie Buttle nun verhandlungsbereit, weil das Gerichtsurteil gegen sie am 28. Februar dieses Jahres in der Revision aufgehoben wurde. Der neuseeländische High Court hob die Verurteilung der Whakaari Management Limited (WML) auf. Das Unternehmen, das sich im Besitz der Brüder Andrew, James und Peter Buttle befindet, war zuvor wegen Verstößen gegen das neuseeländische Arbeitsschutzgesetz im Zusammenhang mit dem Vulkanausbruch verurteilt worden. Das Gericht folgte jedoch der Argumentation, dass man als Landbesitzer keine Kontrolle über die touristischen Aktivitäten auf der Insel ausgeübt habe und somit nicht gegen arbeitsrechtliche Vorschriften verstoßen habe.

Das Urteil ist insofern wegweisend, als es deutlich macht, dass Eigentümer, die lediglich Land zur Verfügung stellen, nicht automatisch für die Sicherheit von touristischen Aktivitäten verantwortlich sind, die von Dritten organisiert werden. Ein Gedankenkonzept, das vielleicht auch auf andere Vulkane wie Stromboli übertragbar wäre – und damit zumindest Individualreisenden wieder ermöglichen könnte, solche Orte eigenverantwortlich zu betreten.

Weiterführende Links: White Island in Neuseeland

Yellowstone: KI hilft bei Früherkennung

Grand Prismatic Spring im Yellowstone Nationalpark. © Marc Szeglat

Forscher setzen Maschinelles Lernen und KI zur Vulkanüberwachung im Yellowstone ein – Früherkennung der Bildung neuer Geothermalfelder möglich

Die Entwicklung von Künstlicher Intelligenz mithilfe des Maschinellen Lernens schreitet in einem unvorstellbaren Tempo voran und ist aus vielen Bereichen des täglichen Lebens und der Forschung nicht mehr wegzudenken. Das Besondere an einer KI ist, dass ihr Wissen nicht einprogrammiert wird, sondern dass sie eigenständig aus Daten lernt. Diesen Vorgang nennt man Maschinelles Lernen. Mittlerweile wird dieses „elektronische Lernen und Denken“ auch in der Seismologie und Vulkanologie eingesetzt. Erst letzte Woche schrieb ich über den Einsatz von KI bei der Echtzeitbeobachtung und anschließenden Auswertung von Erdbeben während der seismischen Krise bei Santorin und dem Unterwasservulkan Kolumbos. Heute berichte ich über den Einsatz Maschinellen Lernens in der Yellowstone-Caldera.

Forschende des Yellowstone Volcano Observatory (YVO), das dem US Geological Survey (USGS) untersteht, setzen neuerdings Maschinelles Lernen ein, um die Entstehung neuer hydrothermaler Felder vorherzusagen. Da die Landschaft in der weitläufigen Caldera einem ständigen Wandel unterliegt und viele abgelegene Regionen in der bewaldeten Gebirgslandschaft nur schwer zugänglich und mit konventionellen Methoden kaum zu überwachen sind, wurde ein System weiterentwickelt, das ursprünglich von anderen USGS-Kollegen zur Exploration bislang unentdeckter geothermaler Felder im Westen der USA konzipiert wurde. Diese Gebiete könnten potenziell zur Stromerzeugung erschlossen werden. Im Fokus steht dabei das geologisch aktive Great Basin, das sich zwischen der Sierra Nevada im Westen und der Wasatchkette im Osten über mehrere US-Bundesstaaten erstreckt.

Mithilfe Maschinellen Lernens versuchen die Wissenschaftler, geologische Daten mit dem Vorkommen hydrothermaler Systeme zu korrelieren. Dabei kommen insbesondere sogenannte Entscheidungsbäume zum Einsatz, die Bedingungen identifizieren, unter denen hydrothermale Aktivität wahrscheinlich ist, die sich zur Stromerzeugung nutzen lässt.

Obwohl eine geothermische Energiegewinnung im Yellowstone verboten ist, da die Caldera unter dem strengem Schutz eines Nationalparks steht, könnten dieselben Analysewerkzeuge dazu dienen, dort neue Thermalgebiete im Embryonalstadium zu lokalisieren. In die ursprünglichen Entscheidungsbäume fließen geologische Parameter wie Wärmefluss, Tektonik, Seismizität und Spannungen ein. Da jedoch im Yellowstone-Plateau der Wärmefluss nahezu überall hoch ist, mussten die Entscheidungsbäume speziell angepasst werden, um zusätzliche geologische Faktoren zu berücksichtigen.

Solche Analysen könnten nicht nur Hinweise darauf geben, wo sich demnächst neue heiße Quellen, Schlammtöpfe oder Geysire bilden, sondern auch überraschende geologische Zusammenhänge aufdecken. Erste Ergebnisse zeigen eine starke Korrelation zwischen hydrothermaler Aktivität und geologischen Strukturen wie Verwerfungen, die den unterirdischen Flüssigkeitsfluss erleichtern. Die Forschung soll künftig klären, welche Kombinationen geologischer Bedingungen entscheidend sind – trotz durchgehend hoher Wärme.

Neben der konkreten Anwendung im Yellowstone könnten diese Erkenntnisse weltweit Bedeutung erlangen – etwa für Regionen wie das Taupō-Caldera-System in Neuseeland oder die Campi Flegrei in Italien. So hilft die Forschung nicht nur, die zukünftige Entwicklung im Park besser zu verstehen, sondern auch, das Potenzial geothermischer Energie andernorts besser zu nutzen.

Dass eine Überwachung des Hydrothermalsystems im Yellowstone notwendig ist und auch in entlegenen Arealen des Parks durchgeführt werden muss, zeigen die steten Veränderungen in der Caldera. So entstanden in den letzten Jahren nicht nur mehrere neue postvulkanische Manifestationen in den gut erschlossenen Teilen der Caldera, sondern es bildete sich sogar ein ganzes Thermalfeld in einem abgelegenen Teil des Parks. Rückwirkend durchgeführte KI-Analysen von alten Satellitenbildern zeigten, dass sich bereits im Jahr 2000 die Vegetation im Gebiet am Tern Lake veränderte – bemerkt wurde die Bildung des neuen Thermalgebiets von den Forschern aber erst im Jahr 2018.