Campi Flegrei: Weitere Erdbeben am 4. Juli

Die Pisciarelli-Fumarole gilt als möglicher Ort phreatischer Eruptionen. © Marc Szeglat

Weitere Erdbeben erschüttern Campi Flegrei – Steigender Druck schürt Sorgen

Pozzuoli, 04.07.2025In den Campi Flegrei kam es zu einem weiteren Schwarmbeben. Italienische Geowissenschaftler befürchten, dass steigernder Druck stärkere Erdbeben hervorbringen werden. Es besteht die Gefahr phreatischer Explosionen.

Erdbeben CF

Campi Flegrei – hinter diesem Namen verbirgt sich ein Vulkan, von dessen tatsächlicher Größe frühe Siedler der Gegend südwestlich von Neapel nichts ahnten. Diese Ahnungslosigkeit veranlasste sie dazu, sich mitten in der größten Caldera Europas niederzulassen – eine folgenschwere Entscheidung, wie sich in den letzten Jahren herausstellt: Seit 20 Jahren kommt es immer wieder zu Schwarmbeben, die seit 2018 stetig an Intensität und Stärke zunehmen. Die Beben gehen einher mit einem Phänomen, das als Bradyseismos bezeichnet wird. Hierunter versteht man Hebungen und Senkungen des Bodens, die sich noch im letzten Jahrhundert abwechselten. Doch seit 2005 kennt der Boden nur noch eine Richtung und die ist oben. Diese Hebung verursachte in den letzten Monaten zwei der stärksten Beben, die hier seit Beginn der Messungen registriert wurden. Sie hatten die Magnituden 4,6 und manifestierten sich am 13. März und am 1. Juli. Doch auch das jüngste dieser Beben reichte nicht aus, um die Spannungen im Boden abzubauen, denn gestern gab es einen weiteren spürbaren Erdstoß der Magnitude 2,6. Das Epizentrum befand sich nordöstlich der Solfatara und südlich vom Astroni-Krater. Die Herdtiefe lag bei 2200 m. Es folgten 19 weitere Beben, die überwiegend im Bereich der Solfatara lagen.

Steigender Gasdruck besorgt zwei Geowissenschaftler

Die Bewohner der Caldera reagieren zunehmend nervös und auch die Wissenschaftler werden immer unruhiger. Der neapolitanische Vulkanologe Giuseppe Mastrolorenzo gab gegenüber lokalen Medien zu, dass sich die aktuelle Situation von den vorherigen Bradyseismos-Phasen unterscheidet, und findet das beunruhigend. Die vorherigen Hebungsphasen dauerten meistens keine 2 Jahre. In dieser Zeit hob sich der Boden deutlich schneller als es jetzt der Fall ist, die Erdbeben erreichten aber nicht so hohe Magnituden wie jetzt. Beunruhigend ist auch, dass das Beben vom 1. Juli im Randbereich der Hebungszone lag und nicht in ihrem Zentrum. Zudem manifestierte sich das Beben in fast 5 Kilometern Tiefe, was ebenfalls ungewöhnlich ist. Nach Meinung des Wissenschaftlers belegt dies, dass der Gasdruck stärker ist als bei früheren Phasen und dass auch eine Gefahr noch stärkerer Erdbeben für den Randbereich der Caldera besteht.
Der höhere Druck könnte ein weiterer Beleg dafür sein, dass das Gas von einer flacher liegenden Magmaquelle stammt, als es bei den vorherigen Phasen der Fall gewesen ist.

Ein anderer INGV-Vulkanologe – Roberto Isaia – arbeitete an einer Studie mit, die mit Hilfe von geoelektrischen Messmethoden die Verwerfungen im Bereich von Solfatara und Pisciarelli eingehender untersucht. Diese Verwerfungen dienen als Aufstiegswege magmatischer Fluide und münden in den Fumarolengebieten, die einen Teil des Gasdruckes abbauen. Vor Jahrtausenden gab es hier verstärkt phreatische Eruptionen, deren Spuren noch heute nachweisbar sind. Roberto fand heraus, dass diese Aufstiegswege durch Rutschungen und Erdbewegungen verstopfen könnten, wodurch auch heute die Gefahr phreatischer Eruptionen steigen würde: Mit ein Grund, warum der Zugang zur Solfatara und dem Pisciarelli-Gebiet bereits vor Jahren gesperrt wurde.

Tatsächlich ließ vor 3 Wochen der Gasausstoß bei Pisciarelli überraschend nach, ein Indiz, dass es zu einer Blockade der Aufstiegswege gekommen sein könnte.

Campi Flegrei: Erdbeben Md 4,6 im Westen der Caldera

Blick über die Erdbebenregion im Westen der Campi Flegrei. Pennata in der Bildmitte. © Marc Szeglat

Erdbeben der Magnitude Md 4,6 im Westen der Campi Flegrei – stärkstes Beben bei Bacoli

-Der Artikel erhielt um 17 Uhr ein größeres Update-

Datum: 30.06.2025 | Zeit: 10:47:11 UTC | Koordinaten: -60.958 ; -38.947 | Tiefe: 4,9 km | Md 4,6

Pozzuoli, 30.06.2025Die süditalienischen Campi Flegrei (Phlegräischen Felder) wurden heute Mittag um 12:47:11 Uhr (MESZ) von einem vergleichsweise starken Erdbeben der Magnitude 4,6 erschüttert. Das Epizentrum lag vor der Küste von Bacoli im Westen der Caldera. Die Herdtiefe wurde in 4,9 Kilometern Tiefe festgestellt. Die Daten stammen vom INGV und sind erst wenige Minuten alt. Daher könnten sie noch korrigiert werden. 

Erdbeben Md 4,6. © INGV

Es folgten mehrere Nachbeben, darunter eines mit einer Magnitude 2,2, das 4 Minuten nach dem Hauptbeben auftrat. Das EMSC meldete bislang nur diesen Erdstoß.
Bei dem Beben handelt es sich zusammen mit dem gleichstarken Erdstoß vom 13. März um das stärkste Beben, das je in der Caldera gemessen wurde. Erstmals trat so ein starker Erdstoß vor der Küste von Baccoli auf. Ob es dort Schäden gab, ist noch unklar. Die Kommune Pozzuoli gab Entwarnung und meinte, es wären einer ersten Sichtung zufolge keine Schäden aufgetreten. Dennoch gab das Bürgermeisteramt ein Statement zu den Erschütterungen heraus und veröffentlichte erneut Kontaktdaten, unter denen Bürger Schäden melden können.

Menschen verließen fluchtartig die Gebäude – Schulen wurden evakuiert

Das Erdbeben kam für viele Abiturienten zu einer Unzeit, denn an einigen Gymnasien des Großraums Neapel wurden die mündlichen Abiturprüfungen absolviert. Da die Schulen im Fall spürbarer Erdbeben kurzfristig evakuiert werden, mussten alle Schüler die Gebäude verlassen, was die Prüfungen unterbrach.
Ersten Medienberichten zufolge kam es auch jenseits der Schulen und öffentlichen Gebäude zu Fluchtbewegungen, als Tausende besorgter Bürger nach dem starken Erdstoß die Gebäude verließen und auf Straßen und Plätzen flüchteten.

Nahe des Capo Miseno ganz im Südwesten der Caldera kam es zu Steinschlägen an der Steilküste der kleinen Insel Pennata, die eine Bucht begrenzt, die einen natürlichen Hafen bildet. Dort sind die Kampanischen Ignimbrite aufgeschlossen, die während der calderabildenden Eruption von vor 39.000 Jahren entstanden. Aufnahmen zeigen, wie auf breiter Front entlang der Klippen Gesteinsstaub aufgewirbelt wurde. Angesichts der Bilder kann ich mir schwer vorstellen, dass es in dem Gebiet zwischen Bacoli und Miseno nicht zu leichten Gebäudeschäden gekommen sein soll.

Bei Miseno handelt es sich um einen durchaus geschichtsträchtigen Ort: Von hier aus beobachtete der Gelehrte Plinius der Jüngere im Jahre 79 n.Chr. den katastrophalen Ausbruch des Vesuvs. Seine Beschreibungen der Eruption prägten später den Begriff „plinianische Eruption“. soll.

Inzwischen wird das Beben auch beim EMSC angezeigt. Die Lage des Epizentrums wurde vom INGV aber etwas korrigiert: Demnach befand es sich weiter von der Küste entfernt, als zunächst angegeben, und wird nun in jenem Bereich des Golfs von Pozzuoli angezeigt, in dem eine Störungszone verläuft, die bereits einige Erdbeben hervorgebracht hat. Die Tiefe des Hypozentrums spricht dafür, dass es sich um ein Beben handelt, das mit Rissbildung im Deckgestein der Caldera einhergegangen sein kann. Es unterscheidet sich auf jeden Fall von den zahlreichen schwachen Erdbeben innerhalb des Hydrothermalsystems.

Das Beben kam nicht sonderlich überraschend, denn in den letzten Tagen hatte nach einer Phase der relativen Ruhe die Seismizität wieder leicht angezogen. Doch solange die Bodenhebung anhält, wird es keine längerfristige Entspannung der Situation in den Campi Flegrei geben. Im Gegenteil: Die Spannungen im Untergrund werden durch die sich summierende Bodenhebung immer größer. Irgendwann wird auch der Punkt erreicht sein, ab dem das System nicht mehr plastisch reagiert. Dann kommt es zu immer stärkeren Erdbeben infolge von Gesteinsbruch nebst Rissbildung.

Campi Flegrei: Schwarmbeben mit 22 Erschütterungen

Schwarmbeben erschüttert erneut Campi Flegrei – 22 Beben innerhalb von 24 Stunden

Pozzuoli, 25.06.2025Pozzuoli und die Phlegräischen Felder (Campi Flegrei) wurden gestern erneut von einem Erdbebenschwarm heimgesucht: Innerhalb von 24 Stunden manifestierten sich 22 Beben. Die stärksten drei Erschütterungen hatten die Magnituden 1,8 und 2 Mal 1,5.

Erdbeben Campi Flegrei. © INGV

Die Hypozentren befanden sich in Tiefen zwischen 2,9 und 2,2 Kilometern. Die Epizentren konzentrierten sich in dem Bereich nordwestlich der Solfatara, in dem es letzte Woche ein stärkeres Erdbeben gegeben hatte, aber auch unter der Solfatara bebte es. Mindestens eine der Erschütterung konnte von Anwohnern gespürt werden, obwohl die Magnituden eigentlich unterhalb der Wahrnehmbarkeitsgrenze lagen. Das Beben der Magnitude 1,8 manifestierte sich offshore im Westen des Golfs von Pozzuoli und ereignete sich vor dem eigentlichen Schwarmbeben.

Das INGV und die Kommune alarmierte die Bevölkerung und wies auf den Schwarm hin, der größtenteils unbemerkt ablief. Dennoch kann es besonders in solchen Phasen zu stärkeren Erdbeben kommen, die Schäden verursachen könnten, daher die Warnung an die Menschen. Außerdem werden mit den Warnungen auch immer Telefonnummern veröffentlicht, an die sich von Schäden betroffene Bürger melden können. Schäden wurden diesmal aber nicht gemeldet.

In dem gestern veröffentlichten INGV-Bericht für den Beobachtungszeitraum 16. bis 22. Juni ist zu lesen, dass in dieser Woche 58 Erdbeben registriert wurden. Das Stärkste hatte eine Magnitude von 3,2.

Die Bodenhebung setzte sich mit einer Geschwindigkeit von 15 mm pro Monat fort, so wie sie es seit April tut. Die geophysikalischen Parameter bewegten sich in der Bandbreite des Üblichen und zeigten keine signifikanten Änderungen im Vergleich zur Vorwoche. Somit wurde der langfristige Trend der Druckzunahme des Systems fortgesetzt. Auffällig ist allerdings der Temperaturrückgang der Gastemperatur der Pisciarelli-Fumarole von 96 auf 94 Grad. Hier hatte es zuvor auch einen Drop in der Kohlendioxid-Emission gegeben. Möglicherweise bahnt sich hier eine Änderung im System an, wobei ich mir 2 Szenarien vorstellen kann: Der Zustrom heißer Fluide aus der Tiefe hat nachgelassen oder es ist zu einer teilweisen Blockade des Fördersystems gekommen.

Campi Flegrei: Erdbeben Md 3,2 am 21. Juni

Großraum Napoli: Links Campi Flegrei mit Pozzuoli, mittig Neapel und der Hafen, rechts der Vesuv. Entfernung CF-Vesuv ca. 25 Kilometer Luftlinie. © EMSC

Spürbares Erdbeben Md 3,2 erschütterte Campi Flegrei – Epizentrum nahe der Tangenziale

Pozzuoli, 21.06.2025Pozzuoli und die Campi Flegrei wurden heute Nacht wieder von einem Schwarmbeben erschüttert, das stärkste Einzelbeben hatte eine Magnitude von 3,2. Das Hypozentrum befand sich in 2700 m Tiefe und damit in der Deckschicht unterhalb des Hydrothermalsystems.

Zwei weitere Erschütterungen brachten es auf Md 2,2 und 2,0. Letzteres Beben manifestierte sich nur wenige Sekunden nach dem stärksten Beben, das andere knapp 5 Minuten zuvor. Alle drei Beben lagen nahe der Tangenziale nordöstlich der Solfatara. Bei der Tangentiale handelt es sich um eine Art Stadtautobahn, die Pozzuoli mit Neapel verbindet und quer durch den Ballungsraum am Golf von Neapel zieht. Sie ist die Haupt-Evakuierungsroute aus dem Kessel der Campi Flegrei und wird auch durch Tunnel geleitet, die unter die vulkanisch geprägten Hügel der Caldera hindurchführen. Die aktuellen Epizentren zeigen, dass es auch im Randbereich des Haupthebungsgebietes zu stärkeren Erdbeben kommen kann. Sollte es hier zu Erdbeben mit Magnituden größer 5 kommen, ist eine Beschädigung der Tangentiale durchaus möglich – schlecht, wenn der wichtigste Weg aus der gefährdeten Stadt heraus so exponiert ist. Im Falle starker Erdbeben oder eines Vulkanausbruchs sehe ich pessimistisch einer Evakuierung in letzter Minute entgegen. Meiner Meinung nach führt die sicherste Evakuierungsroute über See. Entsprechende Kapazitäten sollte man aufbauen.

Der aktuelle Erdstoß konnte wieder von den Anwohnern der Gegend gespürt werden. In den sozialen Medien wurden entsprechende Kommentare gepostet. Ein Bebenzeuge hoffte, dass sich der Erdstoß nicht wieder negativ auf die Ruinen von Pompeji ausgewirkt hat. Bei einem vergleichbaren Beben im letzten Monat war hier eine Mauer eingestürzt. Pompeji liegt östlich des Vesuvs, den man im oben eingebundenen Satelliten-Panorama am rechten Bildrand sieht, dort, wo zwei kleine Wolken zu erkennen sind. Die Lage der Campi Flegrei sieht man gut an den Markierungen der drei stärksten Beben des Schwarms, der übrigens aus gut 30 Einzelbeben bestand und um 23:00 Uhr UTC begann.

Gestern schrieb ich noch, dass in Pozzuoli wieder die Hoffnung aufkeimte, dass sich die Aktivität generell abschwächen würde, nur weil es einige Tage weniger Erdbeben als zuletzt gab. Solche Hoffnungen sind bis jetzt nur unbegründetes Wunschdenken, denn tatsächlich folgt auf jede vermeintlich ruhigere Phase eine intensivere. Die Krise wird umso stärker, je länger die Periode mit der geringeren Aktivität andauerte. Solange die Bodenhebung weitergeht, wird es auch immer weiteren Spannungsaufbau und Erdbeben geben. Und wie wir seit 2018 gesehen haben, kann es auch zu einer mehrmonatigen Abschwächung der Hebegeschwindigkeit auf unter 10 mm im Monat kommen, ohne dass das Ende der Unruhephase erreicht wäre.

Campi Flegrei: Bau neuer Fluchtroute

Blick vom westlichen Rand über die Caldera Campi Flegrei in Richtung Monte Nuovo und Pozzuoli. © Marc Szeglat

Weitere Erdbeben in den Campi Flegrei – Bau einer Fluchtroute beginnt

Pozzuoli, 20.06.2025 – Um den süditalienischen Calderavulkan Campi Flegrei ist es zuletzt etwas stiller geworden, was allerdings kein Grund für eine allgemeine Entwarnung ist. Im Gegenteil, da die Bodenhebung weiterhin mit einer Geschwindigkeit von 15 mm pro Monat anhält, gehe ich davon aus, dass sich weitere Spannungen aufbauen. Je weniger Erdbeben stattfinden, um diese Spannungen regelmäßig abzubauen, desto größer wird die Gefahr, dass sich bald wieder stärkere Erdbebenschwärme manifestieren werden. Tatsächlich gab es gestern bereits wieder fünf Erschütterungen mit Magnituden über 1. Das stärkste Beben brachte es auf Md 1,9 und hatte ein Hypozentrum in 2500 m Tiefe. Das Epizentrum lag vor der Küste südlich des Hafens.

Aus dem letzten INGV-Wochenbericht geht hervor, dass es zwischen dem 09. und dem 15. Juni 29 Erdbeben gab. Auffällig war ein deutlicher Rückgang des Ausstoßes an Kohlendioxid im Bereich von Pisciarelli, wo die Gastemperatur im Durchschnitt 95 Grad betrug. Die Vulkanologen gehen davon aus, dass der Rückgang ein lokales Phänomen war, und sehen den Trend der langjährigen Druckbeaufschlagung des Systems nicht gebrochen. Möglich, dass es zu einer Blockade des Entgasungssystems gekommen ist, was einen Druckanstieg beschleunigen würde und die Gefahr phreatischer Eruptionen erhöht.

Interessant ist die Meldung, dass sich die Kommune Pozzuoli dazu durchringen konnte, eine neue Fluchtroute anzulegen. Das Projekt wird wohl bereits seit 40 Jahren diskutiert und soll nun endlich umgesetzt werden. Für 10 Millionen Euro soll eine neue Verbindungsstraße angelegt werden, die Pozzuoli direkt an die Ringstraße anschließt. So eine Verbindung würde wohl nicht nur im Evakuierungsfall dafür sorgen, dass der Verkehr schneller abfließt. Die Bauarbeiten sollen gut 15 Monate dauern. und werden von der Società Tangenziale di Napoli durchgeführt. Sie sind Teil des Programms für präventive Infrastrukturmaßnahmen in den Phlegräischen Feldern.

Campi Flegrei: Starkes Schwarmbeben am Abend

Trockengefallener Hafen Darsena und das Stadtzentrum Pozzuoli. © Marc Szeglat

Ein weiterer seismisch unruhiger Tag in den Campi Flegrei – Mehr als 70 Beben innerhalb von 24 Stunden

Pozzuoli, 08.06.2025In den Campi Flegrei durchlebten die Menschen wieder einige unruhige Stunden voller Ängste vor stärkeren Erschütterungen. Diese blieben zwar aus, doch unter den mehr als 70 registrierten Beben innerhalb von 24 Stunden mischten sich auch einige Erschütterungen mit Magnituden im Zweierbereich, die von sensiblen Seelen wahrgenommen werden konnten.

Erdbeben Campi Flegrei. © INGV

Die Mehrzahl der Beben manifestierte sich südlich der Solfatara, im Gebiet der ehemaligen Marinebasis, wo sich auch ein alter Lavadom befindet. Die Ebben zogen dabei bis unter den pozzoulanischen Stadtteil Rione Terra, wo das Zentrum der Bodenhebung liegt und sich der Boden am schnellsten hebt. Meldungen über neue Schäden liegen nicht vor, aber jeder Erdbebenschwarm trägt zur Schwächung der Bausubstanz bei, so dass bereits mittelstarke Erdbeben immer größer werdende Schäden verursachen können.

INGV und die Kommune Pozzuoli warnten die Bevölkerung vor den Erdbeben und gaben Telefonnummern bekannt, unter denen Bürger neue Schäden melden können.

Im jüngst erschienenen Monatsbulletin für den Mai ist zu lesen, dass es 495 Beben gab. Die stärkste Erschütterung hatte eine Magnitude von 4,4. Schaut man sich die Diagramme zu den Erdbebenstatistiken an, dann erkennt man eine steil nach oben verlaufende Kurve in Bezug auf die Zunahme von Erdbebenanzahl, deren Magnituden und der kumulierten Energie. Besonders letzterer Parameter steigt seit 2022 sprunghaft an. Seit 2023 kommt es zu einer sprunghaften Zunahme von Erdbeben mit Magnituden ab 3. In diesem Jahr traten auch erstmalig Erdbeben mit Magnituden im Viererbereich auf. Auffällig ist, dass sich die Beben ab Md 3,0 überwiegend in 2 bis 3 Kilometern Tiefe ereignen. Dort befindet sich eine Schwächeschicht in den Gesteinen, die den Bereich einer möglichen Magmenakkumulation nach oben hin abdichtet. Offenbar gerät diese Schicht immer mehr unter Druck und droht zu versagen.




Ende Mai erreichte die maximale Bodenhebung 1465 mm – gemessen seit 2005 an der Station RITE. Die Hebegeschwindigkeit lag im Durchschnitt bei 15 mm im Monat. Durch die Hebung dehnt sich der Boden auch vertikal aus. Dieser Versatz betrug in den letzten 2 Jahren bis zu 150 mm. Diese Bodendeformationen schwächen die Bausubstanz zusätzlich zu den Erdbeben und machen sie für Erdbebenschäden anfällig.

CO₂/H₂O-Verhältnis. © INGV

Besonders bemerkenswert finde ich in dem Bericht das Chronogramm des CO₂/H₂O-Verhältnisses für die Gase der BG-Fumarole. Das Verhältnis gilt als Indikator für den Anteil an magmatischem Kohlendioxid in den Gasen, der in den letzten Monaten parallel zur Zunahme stärkerer Erdbeben sprunghaft angestiegen ist. Ein Indiz dafür, dass Magma in geringere Tiefen intrudiert.

Offenbar hält der Trend der Druckbeaufschlagung des Systems weiter an. Wie groß der Gasdruck inzwischen ist, zeigen auch Bilder, die in den sozialen Medien geteilt wurden. Sie zeigen, wie ein neuer Gasaustritt unter dem Asphalt einer Straße durchbrach. Die Gefahr phreatischer Eruptionen steigt unaufhörlich und verstärkt sich mit jedem starken Erdbebenereignis sprunghaft. Mittel- bis langfristig betrachtet steigt auch die magmatisch bedingte Eruptionsgefahr.

Campi Flegrei: Erdbeben verursachte Einsturz in Pompeji

Pompeji aus der Luft gesehen. © Marc Szeglat

Campi Flegrei mit weiteren Erdbeben – Erdstoß Md 3,2 verursachte möglicherweise den Einsturz einer Mauer in Pompeji

Pozzuoli, 06.06.2025In den Campi Flegrei kommt die Erde nach wie vor nicht zur Ruhe und es ist ein weiterer Erdbebenschwarm in Progress, der mit dem Erdbeben Md 3,2 von gestern in Zusammenhang steht. Seit gestern manifestierten sich mehr als 70 Erschütterungen. Es gab 6 Beben mit Magnituden ab 2,0. Sie konzentrierten sich überwiegend östlich der Solfatara bei Pisciarelli.

Das stärkste Erdbeben Md 3,2 steht im Verdacht, den Kollaps einer Wand in den Ausgrabungen von Pompeji verursacht zu haben. Neben der Wand sollen auch Teile eines Gewölbes eingestürzt sein. Das beschädigte Gebäude in der Insula Meridionalis wird restauriert und wurde bereits bei einem schweren Erdbeben im Jahr 1980 stark in Mitleidenschaft gezogen und war seitdem abgestützt. Für Besucher war es nicht zugänglich und laut Informationen vom Archäologischen Park sollen auch keine Fresken oder andere Kunstschätze zerstört worden sein.

Ich persönlich bin etwas skeptisch, ob das Erdbeben tatsächlich die Ursache des Einsturzes war. Pompeji liegt ca. 30 Kilometer von der Solfatara und den Campi Flegrei entfernt. Die Behörden haben eingehende Untersuchungen eingeleitet, ob nicht eine andere Ursache hinter dem Einsturz stecken könnte.

Zuschüsse für Erdbebenopfer ab 1. September beantragbar

Neue Schäden in Pozzuoli wurden nicht gemeldet, obwohl auch hier mehrere Gebäude einsturzgefährdet sind. Im Ort hat man aber noch mit der Beseitigung der Schäden der Erdbeben vom 13. bis 15 März zu kämpfen, als es zu dem bislang stärksten Erdbeben der Magnitude 4,6 gekommen ist. Für die Menschen, deren Häuser unbewohnbar geworden sind, gibt es jetzt eine gute Nachricht: Die Stadt Neapel stellt finanzielle Hilfen für betroffene Haushalte bereit. Beide Beben verursachten Schäden, insbesondere in den Stadtteilen Pozzuoli und Bagnoli. Viele Gebäude wurden als unbewohnbar eingestuft, zahlreiche Familien mussten ihre Wohnungen verlassen.

Ab dem 1. September können betroffene Bürger Anträge auf Zuschüsse für Reparaturen und seismische Sanierungen stellen. Voraussetzung ist, dass die Immobilie der Hauptwohnsitz ist und bis spätestens 8. Mai 2025 als bewohnbar gemeldet war. Auch später geräumte Wohnungen sind unter bestimmten Bedingungen förderfähig.

Die Stadt Neapel hat hierfür einen Fonds mit insgesamt 50 Millionen Euro bis 2027 eingerichtet – 20 Millionen Euro stehen bereits 2025 zur Verfügung, in den Folgejahren je 15 Millionen. Der Stadtrat beschloss die Maßnahme auf Vorschlag von Stadtplanungsdezernentin Laura Lieto und Infrastrukturstadtrat Edoardo Cosenza.

Campi Flegrei: Erdbeben Md 3,2 am 05.Juni

Neue Erdbebenserie erschütterte Campi Flegrei – Stärkstes Beben Md 3,2

Datum: 05.06.2025 | Zeit: 04:48:25 UTC | Koordinaten: 40.830 ; 14.149 | Tiefe: 2,7 km | Md 3,2

Pozzuoli, 05.06.2025In den frühen Morgenstunden ereigneten sich in Pozzuoli mehrere spürbare Erdbeben, die erneut für Aufregung in der Bevölkerung sorgten. Das stärkste Beben manifestierte sich um 04:48:25 UTC (06:48:25 Uhr Lokalzeit) und hatte laut Angaben des INGV eine Magnitude von 3,2.

Die Tiefe des Hypozentrums lag bei 2,7 Kilometern und damit im unteren Bereich des Hydrothermalsystems. Das Epizentrum wurde im Stadtteil Pisciarelli ausgemacht, der östlich der Solfatara liegt und für seine Fumarole bekannt ist. Diese liegt nur ca. 200 m vom Epizentrum entfernt. Drei weitere Erschütterungen hatten Magnituden im Zweierbereich, die aufgrund ihrer geringen Tiefe und Lage unter einem Wohngebiet ebenfalls gespürt wurden, obwohl sie unter der eigentlichen Wahrnehmbarkeitsschwelle von M 3,0 lagen. Bis jetzt blieb ein großer Erdbebenschwarm aus, was vergleichsweise untypisch ist, doch da die Erdbeben erst vor einer Stunde auftraten, könnte sich das noch ändern. Ebenso ist es möglich, dass die hier angegebenen Daten von Seismologen noch begutachtet und korrigiert werden.

Beim Erdbebendienst EMSC sind zum stärksten Beben Wahrnehmungsmeldungen eingegangen, die bis aus Neapel in 9 Kilometern Entfernung stammen und die Magnitude des Bebens höher einschätzten. Über Schäden liegen hingegen keine Meldungen vor.

Das INGV und die Kommune Pozzuoli warnten vor einem neuen Schwarm in den Campi Flegrei. Als Aktivierungsschwelle für diese Warnungen müssen innerhalb von 30 Minuten 4 Beben registriert worden sein, von denen eins eine Magnitude größer als 1,5 hat, was hier eintrat. Sollten nur Mikrobeben mit Magnituden kleiner 1,5 auftreten, sind 10 Erschütterungen nötig, um Schwarmbebenalarm zu geben.

Gestern gab es in Pozzuoli auch wieder eine Bürgerversammlung, bei der neben den Bürgermeistern der vom Bradyseismos betroffenen Kommunen auch Behördenvertreter vom Zivilschutz und INGV anwesend waren. Man sprach über die Sorgen der Bewohner der Region und versicherte, dass die Offiziellen weiterhin an Maßnahmen arbeiteten, um das Geschehen in der Caldera lückenlos zu überwachen. Zudem ist man um Schadensbegrenzung bemüht.

Campi Flegrei: Erdbebenschwarm und neue Daten

Weitere Erdbeben unter den Campi Flegrei – 23 Beben seit gestern

Pozzuoli, 04.05.2025Unter dem Calderavulkan Campi Flegrei hat es in den letzten Tagen weitere Erdbeben gegeben und ein Abflauen der bradyseismodalen Aktivität ist nicht in Sicht. So wurden alleine seit gestern 23 schwache Erschütterungen mit Magnituden im Bereich der Mikroseismizität festgestellt.

Die Beben fokussierten sich nicht auf ein bestimmtes Areal, sondern verteilten sich über das Gebiet der Phlegräischen Felder, wobei es sein kann, dass die Beben für eine genaue Lokalisierung zu schwach waren. Die Hypozentren lagen überwiegend in geringer Tiefe, was typisch für Beben im Bereich des Hydrothermalsystems ist.

Neue Daten vom INGV

Die Vulkanologen vom INGV veröffentlichten auch ihr neues Wochenbulletin für den Beobachtungszeitraum 26. Mai bis 1. Juni. In dieser Periode wurden 49 Beben registriert. Das stärkste hatte eine Magnitude von 1,9.

Die Bodenhebung setzte sich mit einer Geschwindigkeit von 15 mm pro Monat fort. Seit Januar 2024 hob sich der Boden um 280 mm. Die Hebung seit Beginn der Hebungsphase liegt bei gut 1480 mm.

Der Gasausstoß folgt generell den langjährigen Trends, doch in der letzten Woche stürzte der CO₂-Ausstoß deutlich ab und nahm Werte ein, wie sie vor der Phase signifikant erhöhter Aktivität seit August 2024 typisch waren. Ob das einen dauerhaften Rückgang des Gasausstoßes signalisiert, ist bis jetzt unklar. In einigen Gebieten gab es öfters größere Schwankungen. Die Gastemperatur der Pisciarelli-Fumarole lag im Durchschnitt bei 96 Grad.

Die süditalienische Caldera befindet sich seit 2005 in einer Hebungsphase, die als Bradyseismos bekannt ist. Der Motor hinter diesem Phänomen ist Magma, das von einer tiefen Quelle ausgehend Fluide mobilisiert, die das Hydrothermalsystem unter Druck setzen. Ob auch Magma in geringe Tiefe aufgestiegen ist, konnte bis jetzt wissenschaftlich nicht eindeutig belegt werden, wird von einigen Autoren aber als wahrscheinlich angesehen.