Island: Beschleunigung der Messwerte zur Bodenhebung

Nach Verlangsamung der Bodenhebung erfolgt wieder eine Beschleunigung – Seismizität weiterhin hoch

Auf Island ist die Seismizität weiterhin hoch und gestern wurden auf der gesamten Insel innerhalb von 48 Stunden über 300 Erdbeben detektiert. Weit über 200 Beben ereigneten sich im Bereich der Reykjanes-Halbinsel. Heute ist das Wetter wieder schlecht und es werden – wie in der Vorwoche – wieder weniger Beben registriert, was aber an Wind und Regen liegen dürfte. Auffällig ist weiterhin die hohe Seismizität im Westen des Fagradalsfjall. Unklar hingegen ist der Grund für die Bebentätigkeit. Werden hier Störungszonen infolge des Magmenaufstiegs bei Svartsengi aktiviert, oder regt sich unter Fagradalsfjall selbst Magma? Eine signifikante Bodenhebung gibt es hier aktuell nicht.

Anders sieht es hingegen weiterhin im benachbarten Svartsengi-Gebiet aus: Nach der Verlangsamung der Heberate in der vergangenen Woche hat sie sich in den letzten 2 Tagen wieder beschleunigt. Möglicherweise nimmt auch das Wetter Einfluss auf die GPS-Messungen, oder aber der Magmenaufstieg unterliegt größeren Schwankungen. Ich schätze, dass aktuell gut 4 Kubikmeter Magma vom tieferen Reservoir in das flachere unter Svartsengi strömen. Seit dem Ende der letzten Eruption Anfang April hob sich der Boden bereits um gut 15 Zentimeter und hat damit mehr als die Hälfte der Hebungsrate hinter sich gebracht, die es bis zur Parität zum Bodenhebungsniveau wie vor der letzten Eruption braucht. Ab diesem Zeitpunkt beginnt die Eruptionswahrscheinlichkeit wieder deutlich zu steigen.




Der Professor Haraldur Sigurdsson schrieb jüngst in seinem Blog, dass praktisch unter der gesamten Reykjanes-Halbinsel Schmelze in einer Tiefe von 8 bis 10 Kilometern vorhanden sei und man eine große Schmelzschicht in ca. 25 Kilometern Tiefe vermute. Ob das Magma weiter aufsteigt, würde in hohem Maße von den Bewegungen entlang der kontinentalen Naht zwischen Eurasien und Nordamerika abhängen, wo sich die beiden Platten voneinander entfernen. Die Plattenbewegungen erfolgen nicht gleichmäßig, sondern in Schüben. Aktuell würde es viele Krustenbewegungen geben, die sich über die gesamte Strecke vom Reykjanes-Rücken im Südwesten bis zum Hengill im Osten erstrecken. Daher ist mit weiterem Magmenaufstieg zu rechnen. Haraldur findet die Frage spannend, ob auch die Beben am Grjotarvatn mit diesem Ereignis zusammenhängen, und will die Situation weiter beobachten.

Island: Erdbeben und Bodendeformation

Zahlreiche Erdbeben unter Island registriert – 218 Erschütterungen innerhalb von 48 Stunden

Beobachtete man die Erdbebenaktivität der letzten Woche auf Island, hätte man meinen können, dass sie deutlich rückläufig war. Doch der Schein trügte, denn sehr wahrscheinlich lag der vermeintliche Rückgang der Seismizität an dem starken Wind, der das seismische Netzwerk mit „Noise“ überfrachtete und eine Registrierung schwacher Erdstöße erschwerte bzw. vereitelte. Kaum ist das Wetter wieder besser, werden auch wieder sehr viele Erdbeben registriert, die sich an den üblichen Destinationen ereigneten. Insgesamt wurden 218 Beben festgestellt. Die stärkste Erschütterung manifestierte sich gestern unter Bardarbunga und hatte eine Magnitude von 3,5. Der Erdbebenherd lag unter dem Nordosten der Caldera, in einer Tiefe von 4,7 Kilometern. Im Kartenabschnitt des Vatnajökulls sind 37 Erschütterungen eingetragen.

Im Westen Islands hält der Erdbebenschwarm beim Grjotarvatn an. Hier gab es bereits letzte Woche ein Erdbeben mit einer Magnitude größer als 3. Hier gab es seit Samstag 20 Erschütterungen.

Die meisten Beben ereignen sich weiterhin unter Reykjanes und hier entlang des magmatischen Gangs und der Rifts, die sich Anfang April gebildet hatten, aber auch unter dem Fagradalsfjall kommt es zu Beben. 120 Erschütterungen werden momentan auf der Halbinsel angezeigt, ein Schwarmbeben, das sich vor der Westküste von Reykjanes ereignet hat nicht mitgerechnet. Dieses Beben schlägt mit nochmals 17 Erschütterungen zu Buche.

Die Bodenhebung bei Sundhnukur hat sich hingegen in der letzten Woche deutlich verlangsamt, so dass mit einem baldigen Ausbruch nun doch nicht mehr zu rechnen ist. Bei aktueller Heberate rechne ich nicht vor dem Sommer mit einem weiteren Ereignis. Wobei meine Einschätzung nur eine Momentaufnahme ist, die auf dem aktuellen Trend beruht, die sich jedoch schnell ändern kann. Die Heberate kann gleichbleiben, sich aber auch weiter verlangsamen oder wieder beschleunigen.

Generell zeigt die Bodenhebung, dass weiterhin Magma aus dem tief gelegenen Reservoir in das flachere unter Svartsengi strömt. Die meisten Modelle gehen davon aus, dass sich das Zentrum des tief liegenden Reservoirs unter dem Fagradalsfjall befindet. Hier könnte sich innerhalb weniger Wochen Spannendes entwickeln.

Island: Glasfaserkabel messen Bodendeformationen

Folgen der Grabenbildung in Grindavik am 10. November 2023. © Marc Szeglat

Mit Glasfaser gegen die Lava – Wie Island die Vulkanüberwachung revolutioniert

Island, die Insel aus Feuer und Eis im Nordatlantik, ist zum Vorreiter einer bahnbrechenden Technologie geworden, die hilft, Vulkanausbrüche schneller und präziser vorherzusagen. Geowissenschaftler setzen dort auf ein Netzwerk aus Glasfaserkabeln, die ursprünglich für den Datenverkehr des Internets verlegt wurden und nun auch dazu genutzt werden, um kleinste Bodenbewegungen zu messen – und so die Vorzeichen von Magmaintrusionen wie jene vom 10. November 2023 in Grindavik frühzeitig zu erkennen.

Das Prinzip nennt sich Distributed Acoustic Sensing (DAS). Dabei werden bestehende – und mittlerweile auch neu verlegte – Glasfaserkabel mit speziellen Analysegeräten verbunden, die aus winzige Laufzeitunterschiede von Lichtimpulsen Veränderungen im Untergrund ableiten können. Jedes Kabel wird so zu Tausenden virtueller Sensoren. Auf Island hat diese Technik bereits erste große Erfolge erzielt: Besonders auf der Reykjanes-Halbinsel, wo sich der Boden seit 2020 immer wieder hebt, Risse bildet und neue Vulkanspalten aufbrechen, konnten Forscher Intrusionen von Magma in Echtzeit verfolgen und so Warnungen aussprechen. In einem Fall erkannte man auch, dass nur eine kleine Intrusion im Gang war, und verhinderte so einen Fehlalarm.

Eine aktuelle Studie zeigte, wie das Glasfasernetz half, die Entwicklung eines Dykes – eines magmatischen Gangs im Untergrund – zwischen den Sundhnúkur-Kratern und Grindavík aufzuzeichnen. Aus den gemessenen Dehnungen konnten die Wissenschaftler sogar die Geschwindigkeit berechnen, mit der sich das Magma im Untergrund ausbreitet. In einigen Fällen betrug sie zunächst fast einen Meter pro Sekunde, verlangsamte sich dann, als das Magma näher an die Oberfläche kam. Besonders eindrucksvoll: Schon bevor sich erste oberflächennahe Erdbeben zeigten, registrierte das Glasfaserkabel tiefere Bewegungen.

Inzwischen wird die DAS-Technik weltweit an Vulkanen getestet: am Ätna in Italien, am Kilauea auf Hawaii und sogar im Yellowstone-Gebiet der USA. Es gibt auch Überlegungen diese Technik in den italienischen Campi Flegrei anzuwenden. Überall dort versprechen sich Geophysiker neue Einblicke in die Entstehung von Ausbrüchen. Noch stehen viele dieser Projekte am Anfang – Island ist aktuell der einzige Ort, wo DAS bereits in einem operativen Überwachungsbetrieb eingesetzt wird.

DAS wird aber nicht nur in der Vulkanüberwachung eingesetzt. Ursprünglich wurde es zu Überwachung von Infrastruktur wie Pipelines, Gleisanlagen, Brücken und Tunneln entwickelt. Die Geoforscher haben die bereits existierende Technik adaptiert.

Wie funktioniert Distributed Acoustic Sensing (DAS)

Die Grundprinzipien von DAS sind einfach: Ein sogenannter Interrogator wird an ein Glasfaserkabel angeschlossen und sendet kontinuierlich Laserimpulse durch die Faser. Natürliche Unregelmäßigkeiten in der Glasfaser verursachen eine geringe Rückstreuung des Lichts (Rayleigh-Streuung). Wenn das Kabel durch externe Einflüsse wie Vibrationen, akustische Wellen oder Dehnungen beeinflusst wird, verändern sich die Eigenschaften des rückgestreuten Lichts minimal. Diese Veränderungen werden vom Interrogator erfasst und analysiert, um den Ort und die Art der Störungen entlang der Faser zu bestimmen. Dadurch ermöglicht DAS eine kontinuierliche und präzise Überwachung großer Netzwerke in Echtzeit.


Durch die Kombination von DAS-Daten mit Satellitenaufnahmen (InSAR), GNSS-Messungen und klassischen Seismometern entsteht ein nahezu lückenloses Bild der unterirdischen Vorgänge. Künftig könnten Bewohner gefährdeter Gebiete noch früher gewarnt werden – vielleicht Stunden oder sogar Tage vor einer Eruption.

DAS bietet den Vorteil, dass es gegenüber den satellitengestützten Messmethoden eine deutlich höhere zeitliche Auflösung bietet und bereits kleinere Bodendeformationen erfassen kann. Besonders bei InSAR-Messungen können Tage zwischen zwei Überflügen eines Satelliten über eine bestimmte Region vergehen. Dafür bietet diese Methode aber den Vorteil, dass sie überall auf der Welt funktioniert. Die DAS-Technik kommt vor allem im urbanen Siedlungsbereich zum Einsatz, dort, wo schon Glasfaserkabel liegen. Und natürlich auf Vulkanen, wo mittlerweile extra entsprechende Kabel verlegt werden. Das ist allerdings nicht ganz unkritisch zu betrachten, denn die Verlegung von Glasfaserkabeln geht nicht ohne Eingriff in die Natur vonstatten und diese Kabel verrotten natürlich nicht und bleiben lange Zeiträume erhalten. (Quelle: Studie science.org)




Aktuelle Situation auf Island

Apropos Island: Dort hat sich die Bodenhebung deutlich verlangsamt und nähert sich weiter den Werten an, die wir vor der Eruption Anfang des Monats gesehen haben. Auch die Erdbebentätigkeit der letzten Tage war geringer als in der Vorwoche, was aber zum Teil darauf zurückzuführen ist, dass es durch starke Winde zu einer Beeinträchtigung in der Erdbebenerfassung kam. Unter Bardarbunga manifestierte sich gestern ein Erdbeben M 3,2.

Island: Erhöhte Seismizität beim Grjótárvatn

Erhöhte Aktivität im Vulkansystem Ljósufjöll nahe des Grjótárvatn– Experte befürchtet einen sich zusammenbrauenden Vulkanausbruch

Der Grjótárvatn liegt an der Basis der isländischen Snæfellsnes-Halbinsel, am Rand des eher wenig bekannten Vulkansystems Ljósufjöll. Seit Mitte letzten Jahres rückt diese abgelegene Region zunehmend in den Fokus der Wissenschaftler. Grund dafür sind wiederkehrende Schwarmbeben, die man auch als einen langanhaltenden Erdbebenschwarm mit geringer bis mäßiger Intensität einstufen könnte. Allein in den letzten 48 Stunden wurden 21 Erschütterungen registriert, die vom Isländische Wetteramt etwa 25 Kilometer nördlich von Borgarnes verortet wurden.

Die Beben konzentrieren sich unter einem Lavafeld zwischen den Seen Grjótárvatn und Langavatn – einem Gebiet, das dem Ljósufjöll-System zugerechnet wird. Das stärkste Beben der letzten Stunden erreichte eine Magnitude von 2,4 und lag in nur 1,1 Kilometern Tiefe. Das stärkste registrierte Beben seit Beginn der seismischen Aktivität im Jahr 2021 hatte eine Magnitude von 3,7 und ereignete sich am 15. April 2025. Schon im Herbst 2024 kam es hier zu einer Tremorphase – seither sind Geowissenschaftler zunehmend besorgt, dass es in der Region zu einer Eruption kommen könnte.

Zu ihnen zählt auch der emeritierte Geophysik-Professor Páll Einarsson von der Universität Island, den ich 2004 bei meiner bislang längsten Islandreise auf Snæfellsnes kennengelernt und später an der Uni interviewt hatte. In einem Bericht für das Wetteramt bezeichnet er die Situation als potenziell ernst. Die meisten Beben finden laut Einarsson in Tiefen von 15 bis 20 Kilometern statt, was für magmatische Aktivität spricht. Diese Tiefeneinschätzung kann ich allerdings nicht nachvollziehen. Es gibt zwar so tiefe Beben, aber die meisten liegen deutlich flacher. Ein 2024 in Hítardalur installiertes GPS-Messgerät zeigt zudem erste Oberflächenverformungen.

Einarsson zieht Parallelen zur Eruption auf der Insel Heimaey 1973 – damals betrug die Warnzeit nur rund 30 Stunden. Auch im Fall eines Ausbruchs im Ljósufjöll-System könnte es eng werden.

Ob es tatsächlich zu einem Ausbruch kommt, ist unklar. Die geologischen Daten reichen bislang nicht aus, um eine verlässliche Prognose zu treffen. Sicher ist nur: Die Aktivität nimmt zu – und die Fachwelt beobachtet die Entwicklung mit wachsender Aufmerksamkeit.

Das Vulkansystem Ljósufjöll gilt als geologisch kaum erforscht. Die letzte bekannte Eruption manifestierte sich im Jahr 1148 – wenige Jahrzehnte bevor auch die Vulkansysteme der Reykjanes-Halbinsel wieder aktiv wurden. Mit den aktuellen Ereignissen rückt die Region jedoch wieder stärker in den Fokus und man muss sich fragen, ob es hier einen übergreifenden Aktivitätszyklus gibt, der die Vulkansysteme auf beiden Halbinseln beeinflusst.

Auch auf Reykjanes bleibt es spannend

Auch auf der weiter südlich gelegenen Reykjanes-Halbinsel bleibt die Lage dynamisch. IMO-Deformationsspezialist Benedikt Gunnar Ófeigsson erklärte kürzlich im Interview mit Channel 2, dass er in diesem Jahr nicht mehr mit einer Eruption bei Sundhnúkur rechne, da sich die Bodenhebung verlangsamt habe und die Intervalle zwischen den Ausbrüchen länger geworden seien.

Doch aktuelle Messungen vom heutigen Tag zeigen, dass sich die Hebung doch nicht so stark verlangsamt hat wie zunächst vermutet. Meiner Meinung nach haben die Ereignisse Anfang April die Karten neu gemischt – es wäre fahrlässig, frühere Muster einfach fortzuschreiben. Eine neue Studie hat zudem den Untergrund unter Reykjanes bis in 40 Kilometer Tiefe durchleuchtet: Die Ergebnisse zeigen, dass sich unter vielen Teilen der Halbinsel Magma ansammelt, das früher oder später seinen Weg nach oben finden wird.

Später ist dabei das entscheidende Stichwort – mehr dazu demnächst!

Island: Erdbeben und Bodenhebung am 21.04.25

Zahlreiche Erdbeben auf Reykjanes und im Süden von Island – Bodenhebung verlangsamte sich

Auf bzw. unter Island ist es heute aus seismischer Sicht sehr unruhig, denn es wurden innerhalb von 48 Stunden 336 Erdbeben registriert. Ohne dass es einen besonders starken Erdbebenschwarm gibt, ist das recht viel.

Die Beben konzentrieren sich in vier Bereichen: im Norden entlang der TFZ, im Gebiet des Vatnajökulls, im Süden Islands und auf der Reykjanes-Halbinsel. Dort wurden 296 Erschütterungen festgestellt. Wie gehabt verteilen sich die Beben hier entlang des magmatischen Gangs und der neu entstandenen Grabenbrüche, die vor 3 Wochen entstanden. Auffallend viele Beben gibt es unter dem Fagradalsfjall, aber auch im Krysúvik-System.

Nachdem die GPS-Messwerte zur Bodenhebung in den letzten Tagen fast keine Hebung mehr anzeigten, hat sich das Bild mittlerweile relativiert, dennoch ist ein Rückgang der Hebegeschwindigkeit zu verzeichnen. Nach aktuellem Stand liegt sie zwar noch über dem, was wir vor dem jüngsten Ausbruch gesehen haben, ist aber im Vergleich nur noch ca. 50 % größer. Ich schätze den unterirdischen Magmenzufluss auf ca. 4 Kubikmeter pro Sekunde. Die Hebung seit dem 3. April liegt bei 13 Zentimetern. Ein herber Dämpfer für all jene, die auf einen baldigen Ausbruch gehofft haben, auch wenn er bei gleichbleibender Inflation nicht ganz so lange auf sich warten lassen dürfte wie zuvor.

Weitere Erdbeben im Süden Islands konzentrierten sich auf den Bereich der Torfajökull-Caldera und den westlich anschließenden Gebieten. Die Caldera wurde in den vergangenen Wochen häufig von Erdbeben erfasst und es ist gut möglich, dass die Beben von unterirdischen Fluidbewegungen verursacht werden. Einige Erschütterungen gab es auch unter der Katla.

Im Bereich des Vatnajökulls bebte es vor allem unter der Bardarbunga-Caldera und im Askja-System. Die Bodenhebung hier stagniert seit Monatsanfang.

Island: Hohe Bebentätigkeit auf Reykjanes am 19.04.25

Zahlreiche schwache Erdbeben entlang des magmatischen Gangs, beim Fagradalsfjall und bei Krysúvik

In meinem – mittlerweile fast täglich erscheinenden – Update zur Bebentätigkeit und Bodenhebung auf der Reykjanes-Halbinsel auf Island geht es heute um zahlreiche Mikrobeben entlang mehrerer Teilstücke entlang des magmatischen Gangs und um einen Schwarm bei Krysúvik.




Die Bebentätigkeit entlang des Dykes bei Sundhnúkur blieb auch in den letzten 24 Stunden hoch. Vor allem sind es Mikrobeben in 4–5 Kilometern Tiefe, die in den letzten 48 Stunden fast 200 Mal auftraten. Dabei konzentrieren sie sich auf 4 Abschnitte, die bei Grindavik, nördlich von Stora-Skogfell und westlich vom Keilir liegen. Seit einigen Tagen ist auch die Bebentätigkeit am Fagradalsfjall signifikant erhöht, obgleich es dort keine neue Intrusion gegeben hat. In den letzten 24 Stunden neu hinzugekommen ist ein Schwarmbeben im Krysuvik-System.

Unter Svartsengi steigt weiter Magma auf, doch die neusten Messwerte deuten an, dass sich die Hebungsrate des Bodens verlangsamt hat und somit der Magmenaufstieg geringer geworden ist. Doch ausgerechnet in der Region mit der größten Bodenhebung gibt es vergleichsweise wenig bis gar keine Erdbeben. Das ist insoweit auch nicht ungewöhnlich, denn vor den letzten Eruptionen und Intrusionen war die Seismizität hier auch sehr gering.

Aber was löst nun die beschriebenen Beben aus? Die Vermutung liegt nahe, dass es weiterhin Fluidbewegungen entlang des Dykes gibt und auch dass die Grabenbildung weiter nachwirkt. Nicht auszuschließen ist, dass es im tiefer liegenden Magmenkörper eine starke Magmenakkumulation gibt, die sich an der Oberfläche noch nicht in Bodenhebung widerspiegelt, aber in den Spaltensystemen oberhalb des Magmaspeichers Spannungen verursacht, die die Beben auslösen. In diesem Fall kann man in den nächsten Wochen erwarten, dass Magma in flachere Erdschichten eindringt und sich dort akkumuliert, was starke Schwarmbeben auslösen sollte und natürlich das Eruptionsrisiko in die Höhe treibt. Vielleicht sehen wir sogar eine Reaktivierung der eruptiven Tätigkeit beim Fagradalsfjall, wo die Eruptionsserie 2021 begonnen hat.

Island: Schwarmbeben am Fagradalsfjall am 18.04.25

Zahlreiche Erdbeben entlang des magmatischen Gangs bei Sundhnúkur und am Fagradalsfjall

Auf der isländischen Reykjaneshalbinsel gibt es auch am K-Freitag zahlreiche Erdbeben: In den letzten 48 Stunden wurden vom seismischen Netzwerk 207 Erschütterungen festgestellt. Die meisten manifestierten sich entlang des magmatischen Gangs und seiner Grabenbrüche, die sich im Zuge der Intrusion und Eruption zwischen dem 1. und 3. April entlang der Sundhnúkur-Kraterreihe gebildet haben, wobei der Gang auch über den Verlauf der Kraterreihe hinausschoss. Aber nicht nur dort bebte es, sondern auch am benachbarten Risssystem des Fagradalsfjall, das ja der erste Brennpunkt der Aktivität auf Reykjanes zwischen 2021 und 2023 war.

Die Magnituden der meisten Erdbeben sind sehr schwach und liegen im Bereich der Mikroseismizität. Die Tiefen der Erdbebenherde befinden sich überwiegend in 4–5 Kilometer Tiefe, also in einer Tiefe, die für Fluidbewegungen typisch ist.




Interessanterweise gab es im Zuge der Gangintrusion eine signifikante Bodenhebung nördlich des Fagradalsfjall. Leider ist das Messnetzwerk in diesem Areal sehr ausgedünnt, so dass es schon fast als unbrauchbar zu bezeichnen ist, aber es ist nicht ausgeschlossen, dass sich auch jetzt noch Magma im Bereich zwischen Fagradalsfjall und Keilir akkumuliert. Die neusten Messungen bei Svartsengi deuten auf einen Rückgang der Hebegeschwindigkeiten des Bodens hin, wobei es sich hier auch um die viel zitierten Messungenauigkeiten infolge von Bahnabweichungen der Satelliten handeln könnte. Die nächsten Tage werden zeigen, ob es tatsächlich einen weiteren Trend zur Verlangsamung der Hebegeschwindigkeit des Bodens gibt.

Unter der gesamten Insel wurden übrigens 268 Beben festgestellt. Auffällig waren die Beben im Bereich von Katla, Torfajökull und Hekla. Nach Einschätzung mehrerer Vulkanologen war letztgenannter Vulkan bereits vor gut einem Jahrzehnt bereit zu eruptieren, aber irgendwie ist bis jetzt nichts aus dem Ausbruch geworden. Ein weiteres Beispiel dafür, wie schwer es ist, Vulkanausbrüche vorherzusagen.

Island und die Katastrophen vom Breiðamerkurjökull

Blick über den Sander, der Gletscherzunge Breiðamerkurjökull bis zum Vulkan Öræfajökull. © Marc Szeglat

Breiðamerkurjökull: Wie eine Klimakatastrophe und ein Vulkanausbruch eine der faszinierendsten Landschaften Island prägten

Nirgendwo sonst auf der Erde liegen Schöpfung und Zerstörung so dicht beisammen wie an Vulkanen. Und kaum eine andere Landschaft der Erde ist von den Kräften des Vulkanismus mehr geprägt als Island, wo Feuer und Eis zusammen treffen. Hier die Geschichte eines einst blühenden Tals, dass heute eisige Touristenattraktionen liefert und Brennpunkt des Klimawandels ist.

Island wurde seit der Landnahme durch die Wikinger im Jahr 870 von zahlreichen Naturkatastrophen heimgesucht. Eine der schwerwiegendsten verwandelte ein bis dahin bewaldetes Tal im Osten der Insel in eine Ödnis – ein Ort, der heute paradoxerweise zahlreiche Touristen anzieht. Die Rede ist vom Tal zu Füßen der Gletscherzunge Breiðamerkurjökull, die vom größten Gletscher Europas, dem Vatnajökull, ausgeht. Heute befindet sich dort die Sanderfläche Breiðamerkursandur, in der die Gletscherlagune Jökulsárlón liegt – ein Relikt besagter Katastrophe.

Nach der Landnahme war die Region um den Breiðamerkurjökull unter dem Namen Litlahérað bekannt. Damals waren der Vatnajökull und auch seine Gletscherzungen deutlich kleiner als heute, denn Island erlebte ein milderes Klima. Die ersten Siedler nutzten die fruchtbaren Ebenen und Täler am Rand des Vatnajökull für Viehzucht und Ackerbau.

Doch das änderte sich im 13. Jahrhundert – zunächst allmählich, dann schlagartig: Es setzte eine Kälteperiode ein, die als „Kleine Eiszeit“ bekannt wurde und das Klima zwischen ca. 1300 und 1850 prägte. In dieser Phase wuchs der Breiðamerkurjökull erheblich an und rückte immer weiter ins Tal vor. Die Siedler mussten ihre Höfe nach und nach aufgeben und wurden vom Eis verdrängt.




Im Jahr 1362 wurde der Prozess durch den Ausbruch eines am Rand des Gletschers liegenden Vulkans signifikant beschleunigt. Der Ausbruch des Öræfajökull – dem höchste Vulkan Islands –  zählt zu den verheerendsten Katastrophen in der isländischen Geschichte. Gewaltige Mengen Asche und Bimsstein wurden über weite Teile des Landes verteilt, und es kam zu starken Gletscherläufen, die ganze Siedlungen zerstörten.

Die Region Litlahérað wurde infolge der Eruption endgültig unbewohnbar und erhielt fortan den Namen Öræfi, was „Ödland“ bedeutet – ein Begriff, der später auch den Vulkan selbst prägte. Mit dem Ausbruch setzte ein beschleunigter Vorstoß des Gletschers ein, der um 1890 seine größte Ausdehnung in historischer Zeit erreichte: Die Gletscherzunge reichte damals fast bis an den Atlantik.

Mit der darauf folgenden Klimaerwärmung zog sich der Gletscher allmählich zurück. Um 1935 entstand durch das Abschmelzen eine kleine Lagune – der Beginn der heutigen Jökulsárlón. Seither hat sich die Lagune stark vergrößert und bedeckt mittlerweile über 25 Quadratkilometer. Gewaltige Eisbrocken brechen regelmäßig von der Gletscherfront ab und treiben durch die Lagune in Richtung Meer, wo sie an den schwarzen Stränden von Breiðamerkursandur angespült werden – darunter auch der bekannte Diamond Beach. Beides, Strand und Gletscherlagune sind beliebte Touristenhotspots. Eine weitere Touristenattraktion sind die kristallblauen Eishöhlen am Rand des Gletschers.

Diese Gletscherlandschaft ist heute ein eindrucksvolles Beispiel für den rasanten Wandel im Zeitalter des Klimawandels. Sie zeigt, wie eng Natur, Klima und menschliche Geschichte miteinander verflochten sind – und wie stark sich Island in nur wenigen Jahrhunderten verändert hat.

Zugleich macht die Geschichte aber auch deutlich, wie dynamisch das Erdklima schon immer war – ganz unabhängig vom Menschen. Nicht selten hatten mächtige Vulkanausbrüche einen entscheidenden Einfluss. Im Fall der Kleinen Eiszeit wirkten vermutlich mehrere Faktoren zusammen, die vor allem auf der Nordhalbkugel für eine Abkühlung sorgten:
Neben zahlreichen Vulkanausbrüchen trug vermutlich auch das sogenannte Maunder-Minimum (1645–1715) zur Abkühlung bei – eine Phase mit besonders geringer Sonnenaktivität und wenigen Sonnenflecken. Auch eine mögliche Abschwächung des Golfstroms wird diskutiert. Dennoch ist bis heute nicht vollständig geklärt, welche Mechanismen genau zur Kleinen Eiszeit führten.

Bemerkenswert ist, dass die Kältephase ausgerechnet in dem Zeitraum endete, den man heute als Referenzwert für die vorindustrielle Temperatur im Kontext des anthropogenen Klimawandels heranzieht. Das macht es – aus meiner Sicht – nicht ganz einfach, den menschlichen Anteil an der aktuellen Klimaerwärmung exakt zu bestimmen.

Island: Neue Gefahrenbewertung von IMO

Seismische Aktivität entlang des magmatischen Gangs geht weiter – IMO veröffentlichte neue Gefahrenbewertung

Aufgrund der anhaltenden Erdbebenaktivität entlang des magmatischen Gangs, der sich zwischen Grindavik und einem Gebiet nördlich von Keilir auf gut 20 Kilometer Länge erstreckt, brachte das IMO gestern Nachmittag eine neue Gefahrenanalyse und -bewertung heraus.

Im Wesentlichen wird bestätigt, was ich bereits gestern schrieb: Die Bodenhebung im Gebiet von Svartsengi dauert an, verläuft derzeit jedoch langsamer als in der Vorwoche. Die Geschwindigkeit der Bodenhebung ist noch ungefähr doppelt so hoch wie unmittelbar vor dem letzten Vulkanausbruch und lässt sich mit der Hebung vor den ersten Eruptionen im Jahr 2024 vergleichen.

Bei weiterer Magmaansammlung seien laut der Meteorologiebehörde – die auch für die Einschätzungen anderer Naturgefahren auf Island verantwortlich ist – erneute Gangbildungen und sogar Vulkanausbrüche entlang der Sundhnúkur-Kraterreihe möglich. Der Magmagang, der sich Anfang April gebildet hat, wird weiterhin von seismischer Aktivität begleitet – täglich werden dort Dutzende Beben registriert, das stärkste der vergangenen Woche erreichte eine Magnitude von 3,3.

In Reaktion auf die anhaltende vulkanische Aktivität hat der isländische Wetterdienst eine neue Gefahrenbewertungskarte für das Aktivitätsgebiet der Reykjanes-Halbinsel veröffentlicht. Diese ersetzt die bisherige Karte und berücksichtigt nun ein deutlich größeres Gebiet. Hintergrund ist unter anderem die Bildung des magmatischen Gangs am 1. April 2025 im nordöstlichen Teil des Svartsengi-Systems, weshalb ein größerer Gefahrenbereich definiert werden musste.

Die neue Karte bewertet unter anderem Risiken in der Nähe der Sundhnúkur-Kraterreihe, südlich bis Grindavík und nordöstlich über die Kraterkette hinaus. Auch die Möglichkeit von Rissbildungen infolge von Erdbeben wird berücksichtigt. Das Risiko wird für den Großteil der Halbinsel als gering, für Orte wie Reykjanesbær, Suðurnesbær und Vogar als sehr gering eingeschätzt. Dennoch besteht in einem breiten Streifen entlang des magmatischen Gangs ein größeres Gefahrenpotenzial. Die Karte gilt bis zum 22. April 2025.