Island: Neue Erdlöcher in Grindavik

Neue Erdlöcher und Gebäudeschäden in Grindavik – Erde bewegt sich noch

Letzte Nacht registrierte IMO ca. 90 Erdbeben am Dyke. Das ist wieder deutlich weniger als am Vortag und die seismische Aktivität fluktuiert. Neue GPS-Messungen liegen noch nicht vor, aber man kann erwarten, dass sie sich parallel zur Seismizität verhält und ebenfalls wieder rückläufig ist. Doch trotz der Fluktuationen bewegen sich Seismizität und Bodenhebung immer noch auf relativ hohem Niveau, besonders wenn man bedenkt, dass es bereits mehrere Wochen lang so geht. Die Riftbildung ist heute 3 Wochen her, doch bereits vorher gab es besorgniserregende Bodenhebung.

Dass es im Untergrund von Grindavik auch nicht ganz so still geworden ist, wie die geophysikalischen Parameter vielleicht nahe legen, sieht man daran, dass gestern neue Erdfälle entdeckt wurden. Einige der Löcher hat man mit einem Senklot vermessen und festgestellt, dass sie mehr als 20 m tief sind. In den Löchern sammelt sich Grundwasser. Es entstanden auch neue Gebäuderisse. Wahrscheinlich sind dies Spätfolgen der Riftbildung, die jetzt erst langsam an die Oberfläche durchgereicht werden, indem sich Hohlräume, die bereits am 10. November in der Tiefe entstanden, nun nachsacken. Dennoch kann es natürlich weitere Verschiebungen aufgrund der magmatotektonischen Ereigniskette geben. Horizontale Verschiebungen waren in den letzten Wochen in Grindavik größer als vertikaler Bodenversatz. Noch auch eine seitliche Verschiebung des Erdbodens kann neue Hohlräume im Untergrund schaffen, die dann nachgeben.

RUV berichtet, dass gestern Vertreter der Naturkatastrophenversicherung in Grindavik unterwegs waren. Sie begutachteten u.a. das Restaurant Salthúsið, das zu den Häusern gehört, die bereits während der Riftbildung stark beschädigt wurden und durch die neusten Bodenbewegungen weiter in Mitleidenschaft gezogen wurden. Der Eigentümer, Þorlákur Guðmundsson, durfte aus Sicherheitsgründen die Tür des Gebäudes nicht überschreiten, um sein Haus zu betreten. Entsprechend deprimiert klingen seine Statements, aus denen Hoffnungslosigkeit und Resignation herauszuhören sind. Er hatte nicht einmal Gelegenheit, die Lebensmittel aus seiner Speisekammer zu retten, die nun verfaulen und einen üblen Geruch verbreiten.

Ich sehe gewisse Parallelen zu der schnellen Evakuierung des Ortes Plymouth auf Montserrat in den 1990er-Jahren. Dort musste die Bevölkerung auch ihre Häuser binnen Minuten verlassen. Noch heute sieht man in den Ruinen der teilweise verschütteten Stadt die zurückgelassenen Habseligkeiten der einstigen Stadtbewohner.

Island: Verstärkung der Bodenhebung am 30.11.23

Verstärkte Seismizität und Bodenhebung bei Svartsengi

Letzte Nacht ereigneten sich 250 schwache Erdstöße entlang des magmatischen Gangs. Am Vortag manifestierten sich im Tagesverlauf 360 Beben. Nachts registrierte man 180 Erschütterungen, also hat die Seismizität wieder zugenommen.

Gestern Abend veröffentlichte IMO ein Statement zu den Geschehnissen, und im Wesentlichen wurde bestätigt, was ich zuvor geschrieben hatte. Die Bodenhebung betrug gestern weniger als 1 cm innerhalb von 24 Stunden. Seitdem steigerte sie sich im Bereich von Svartsengi und bei Sýlingarfell wieder. Die letzte Messung von heute Abend zeigt eine Hebungsrate von gut 1,5 cm am Tag. Nach wie vor wird eine Eruption für möglich gehalten. Allerdings betont man auf der Website von IMO nicht mehr eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine Eruption. Aber hat die Ausbruchswahrscheinlichkeit tatsächlich deutlich abgenommen, oder steigt sie nicht weiter an, je mehr Magma in das oberflächennahe System strömt?

Ich persönlich habe so mein Problem damit, mir vorzustellen, dass der Sill unter Svartsengi im Zuge der Riftbildung am 10. November komplett leer gelaufen sein soll und dass die Schmelze das Rift gefüllt hat. Zwar ist es richtig, dass das Areal bei Svartsengi während der Riftbildung abgesackt ist, aber war daran tatsächlich ein seitliches Abfließen der Schmelze schuld, oder eher der Umstand, dass sich das Areal durch den tektonischen Effekt der Riftbildung absenkte? Was mich stutzig macht, ist, dass sich das Areal deutlich bis unterhalb der Nulllinie absenkte, von der aus überhaupt erst einmal die Bodenhebung infolge der Magmeninflation anfing. Wie kann die Absenkung des Bodens 3 Mal höher sein als die vorherige Anhebung ohne einen tektonischen Prozess dahinter? Seit dem 10. November hob sich der Boden um gut 23 cm und dürfte bei gleichbleibender Hebungsgeschwindigkeit am Wochenende wieder die Nulllinie erreichen. Geht man davon aus, dass das vorherrschende Denkmodell richtig ist, und Schmelze, die unter Svartsengi aufsteigt, dann in Richtung Osten in den Dyke fließt und bei Sýlingarfell den Boden ebenfalls um mehr als 1 cm am Tag anhebt, müssen immer noch enorme Mengen Magma aufsteigen. Sollte die Schmelze aus dem Sill gar nicht in den Dyke geflossen sein, sondern sich immer noch unter Svartsengi befinden, sitzt man dort auf einer gewaltigen Magmablase, die irgendwann platzt.

Island: Seismizität etwas höher – News vom 29.11.23

Seismizität fluktuiert und war heute Nacht höher als zuvor – Schlechte Nachricht für Grindavinkings

Wie IMO berichtet, gab es in den ersten 6 Tagestunden gut 180 schwache Erdbeben entlang des magmatischen Gangs. Das waren fast doppelt so viele wie in der Nacht zuvor. Gestern gab es im gesamten Tagesverlauf nur ca. 300 Erschütterungen. Der stärkste Erdstoß hatte eine Magnitude von 2,3 und lag in der Nähe von Hagafell.

Laut einem Bericht auf der Website Iceland-Geology soll sich der Gipfelbereich des Vulkans Keilir, der östlich vom Fagradalsfjall liegt, verschoben hat. Dabei kam es zu schweren Erdstürzen und Steinschlägen. Felsbrocken von Caravangröße sollen herabgestürzt sein. Unklar bleibt, ob es erst gestern geschah, oder eine erst jetzt gemachte Entdeckung ist, die schon im Rahmen der Dykebildung stattfand. Auf jeden Fall verdeutlich das einmal mehr, wie groß die Erdbewegungen waren oder sind.

Für die Grindavikings gab es gestern Abend nicht ganz so erfreuliche Nachrichten, denn in einer Fernsehdiskussionssendung bei RUV sagte Víðir Reynisson, Direktor der Zivilschutzabteilung, dass die Bewohner des Ortes erst dauerhaft nach Grindavik zurückkehren dürfen, wenn die Landhebung komplett gestoppt ist und das geologische Ereignis vorbei ist. Vorher müsse man permanent mit einer Eruption oder neuen Dykeintrusion rechnen.

Víðir meinte weiter, dass das Land in Svartsengi jetzt immer noch schneller ansteigt als vor der Gangbildung am 10. November. Demnach sei die Gefahr einer Eruption noch nicht gebannt. Generell hält man den wahrscheinlichsten Ort für eine Eruption in dem Areal der Sundhnúkar-Kraterreihe.

Die neuesten GPS-Werte zeigen allerdings, dass die Bodenhebung an den meisten Messstationen nachgelassen hat. Die Werte liegen nun praktisch überall unterhalb von 1 cm am Tag und dürften in etwa die Hebungsraten wie vor der Gangbildung angenommen haben. Meiner Meinung nach besteht weiterhin ein großes Eruptionsrisiko, aber mit jedem Tag der verstreicht sinkt das Risiko für eine besonders große Eruption.

Island: Mehr Tätigkeiten in Grindavik erlaubt

Trotz anhaltender Bodenhebung längere Aufenthalte in Grindavik erlaubt

Heute Nacht gab fast 100 weitere Erschütterungen entlang des magmatischen Gangs auf Reykjanes. An vielen GPS-Messstationen wird weitere Bodenhebung angezeigt, wenn auch mit verringerter Geschwindigkeit. Unter Svartsengi hebt sich der Boden aktuell mit einer Rate von 1 cm. Westlich von Grindvik sind es gut 1,5 cm Bodenhebung seit der letzten Messung gewesen. Gegenüber den Höchstwerten ist es heute ein deutlich niedriger Wert, generell ist er aber noch vergleichsweise hoch.

Inzwischen überdenken die IMO-Wissenschaftler ihre vorherigen Annahmen, dass das Magma im Gang bereits zum größten Teil erstarrt ist. In einem Bericht hieß es gestern, dass der Gang stellenweise doch deutlich breiter als die postulierten 2 Meter ist. Demnach könnte es doch mehrere Monate dauern, bis die Schmelze im Gang erstarrt und nicht mehr eruptionsfähig ist.

Mit einer Eruption direkt in Grindavik rechnet man vor Ort offenbar nicht mehr. Die Zugangsbestimmungen wurden gelockert und die evakuierten Bewohner der Stadt dürfen tagsüber in ihre Häuser zurückkehren. Es wird auch diskutiert, bald wieder die Arbeit am Fischereihafen aufzunehmen und auch andere berufliche Tätigkeiten zu zulassen. Bald heißt hier, dass schon in der nächsten Woche die Verarbeitung von Fischereiprodukten beginnen soll.

Unklar ist es hingegen, wann die Bewohner endgültig nach Grindavik zurückkehren dürfen, um hier wieder ihr gewohntes Leben aufzunehmen. Ich kann mir gut vorstellen, dass es eine Weile braucht, bis man sich dort wieder wohl fühlt. Das Damoklesschwert neuer Intrusionen und Riftbildung wird über ihnen schweben bleiben, bis die aktuelle Aktivitätsphase auf Reykjanes wieder vorbei ist. Doch diese hat offensichtlich gerade erst begonnen und könnte Jahrzehnte anhalten. Unruhige Zeiten für die Grindavikings.

Offen ist übrigens auch, wann das Thermalbad Blaue Lagune wieder öffnen wird. Es liegt im Bereich der höchsten Bodenhebung und sollte normalerweise nicht so schnell wieder öffnen. Doch was ist heute schon normal?

Übrigens, bei Vatnafjöll manifestierte sich ein Erdbeben Md 3,5.

Island: Schwarmbeben am Dyke – Meldung vom 27.11.23

Neuer Erdbebenschwarm auf Reykjanes während der Nacht – Boden bei Svartsengi hebt sich wieder schneller

Heute Nacht gab es einen Erdbebenschwarm im zentralen Bereich des magmatischen Gangs, der sich am 10, November auf der isländischen Reykjanes-Halbinsel bildete. Der Schwarm dauerte etwas mehr als eine Stunde. Seit Mitternacht wurden rund 300 Erdbeben registriert. Das größte Erdbeben ereignete sich in Sundhnjúkur und hatte eine Magnitude von 3,0. Gestern wurden rund 700 schwache Erdbeben in der Nähe der Intrusion registriert. Das ist deutlich weniger als zur Hochphase der seismischen Aktivität im Zusammenhang mit der Intrusion, doch es sind immer noch sehr viele Erdbeben, die ohne die Hochphase für sich genommen schon Besorgnis erregt hätten. Aktuell hinterlassen sie bei den Vulkanspottern den schalen Nachgeschmack der Enttäuschung, bei den Anwohnern der betroffenen Gegend hingegen einen Lichtblick, dass eine große Eruption ausbleibt. Auch wenn das Risiko einer großen Eruption deutlich gesunken ist, bleibt ein Risiko für eine Eruption im Stil des Fagradalsfjall weiterhin hoch. Die geophysikalischen Parameter liefern zudem immer nur eine Momentaufnahme. Es ist absolut unabsehbar, wie die weitere Entwicklung in der Tiefe aussehen wird. Der Magmenzustrom hatte sich zuletzt zwar deutlich reduziert, könnte aber genauso schnell wieder steigen. Tatsächlich kommen gerade neue GPS-Messwerte herein, die einen Anstieg der Bodenhebung anzeigen. Am stärksten hebt sich der Boden bei Svartsengi: Dort liegt die Hebungsrate nun bei 20 mm am Tag, was darauf hindeutet, dass der Erdbebenschwarm von einem neuen Schub aufsteigendem Magma verursacht wurde.

Auf Reykjanes gab es weitere Erdbeben, aber nicht nur in dem oben beschriebenen Bereich, sondern auch weiter nordöstlich in der Gegen von Keilir. Dort endete der magmatische Gang, der die erste Fagradalsfjall-Eruption wenigstens während ihrer Anfangsphase mit Schmelze versorgte. Übrigens brach damals der Vulkan auch nicht direkt nach der Dykeintrusion aus, sondern erst Wochen später.

Island: Gefahr einer Eruption rückläufig

Bodenhebung auf Island deutlich verlangsamt – Eruptionsrisiko nimmt ab

Heute gab es entlang des magmatischen Gangs bei Grindavik gut 250 Erdbeben. Die meisten hatten geringe Magnituden und manifestierten sich in 3-6 km Tiefe. Auf den Grafiken zu den GPS-Messungen erkennt man, dass die Bodenhebung nun praktisch überall deutlich nachgelassen hat. Eine Ausnahme bildet die Messstation VMOS, die nordwestlich von Grindavik liegt. Dort hebt sich der Boden noch mit einer Rate von 6 mm pro Tag. Während der vertikale Versatz generell rückläufig ist, verzeichnen viele Stationen aber noch einen signifikanten Horizontalversatz.

In einem Interview auf MBL sagte Magnús Tumi Guðmundsson, Professor für Geophysik an der Universität Island, dass nun gut 90 % der Schmelze im Dyke erstarrt seien. Da der magmatische Gang im Schnitt nur 2 Meter breit sei, gehe das recht schnell, denn das umgebende Krustengestein ist deutlich kühler als die Schmelze, und aufgrund der großen Kontaktfläche des Gangs bei geringer Mächtigkeit wird die Schmelze praktisch abgeschreckt. Wobei man bedenken muss, dass sich die Schmelze zwar bis zur Solidustemeratur abgekühlt hat, aber noch lange nicht erkaltet ist. Die Solidustemperatur von Basaltmagma liegt bei etwas weniger als 1000 Grad Celsius. Man kann davon ausgehen, dass die Schmelze mit Temperaturen von etwas mehr als 1250 Grad in den Dyke eingedrungen ist und sich seitdem um ungefähr 300 Grad abgekühlt haben dürfte. Im Zentrum des Dykes gibt es aber immer noch Schmelze, die eruptiv austreten könnten, doch die Wahrscheinlichkeit dafür nimmt stetig ab, obwohl immer noch ein Ausbruchsrisiko besteht.

Generell sieht es momentan so aus, als würde alles von Zustrom neuer Schmelze in den Sill unter Svartsengi abhängen. Da sie dieser seit gestern verringert, kann es gut sein, dass der Ausbruch erstmal ganz ausbleibt. Bis gestern sah es noch so aus, als würde der Sill Ende des Monats wieder soweit mit Magma gefüllt sein wie vor der Intrusion der Schmelze in den magmatischen Gang, wodurch das Eruptionsrisiko oder das Risiko einer neuen Gangbildung wieder sehr hoch gewesen wäre. Tatsächlich stellen diese Betrachtungen nur eine Momentaufnahme dar und die Situation kann sich von einer Sekunde zur anderen ändern.

Island: Daten neuer GPS Stationen online

Neue Daten wurden der Öffentlichkeit zugänglich gemacht – Lokal weiter hohe Bodenhebungsraten

Auf Island hört man offenbar auf Kritik, denn heute wurde die Website mit den öffentlich zugänglichen GPS-Daten überarbeitet. Die Werte wurden nicht nur durch neue Skalierungen ergänzt, sondern auch durch das Hinzufügen der Datensätze mehrerer neuer GPS-Messstationen. Sie liefern jetzt ein deutlich detaillierteres Bild der Bodenhebung. Zu sehen ist, dass sich die Bodenhebung bei Svartsengi abschwächte, aber auch, dass sie im Bereich zwischen Hagafell und Sýlingarfell weiterhin hoch ist. Dort befindet sich das Areal, an dem die Wissenschaftler das Ausbruchsrisiko besonders groß einschätzen.

Der emeritierte Professor Haraldur Sigurðsson forderte noch vor ein paar Tagen, dass man die Daten der Öffentlichkeit zugänglich machen sollte.

Andere Wissenschaftler vertreten in den Medien die Meinung, dass man über die Reaktionen auf die Bildung des magmatischen Gangs diskutieren und die Situation neu bewerten müsse. Aus jedem neuen Szenario würde man lernen. Gemeint ist damit die Frage, ob die Evakuierung von Grindavik gerechtfertigt war, was sie meiner Meinung nach war. Geoforscher Freysteinn Sigmundsson meinte, dass man in der Fachwelt über die Geschwindigkeit erstaunt war, mit der sich der magmatische Gang bildete. Er geht davon aus, dass sich in den Jahrhunderten der Ruhe auf Reykjanes große tektonische Zugspannungen aufbauten, die ihren Teil zu der rasanten Entwicklung des Rifts beitrugen. Wie ich bereits früher anmerkte, muss man sich die Frage stellen, ob das Magma nicht nur der Auslöser eines Ereignisses war, das sich später auch ohne sein Zutun ereignet hätte.

Klar ist, dass auch Wissenschaft und Erfahrung Fehleinschätzungen nicht vermeiden können. Letztendlich weiß niemand genau, was unter unseren Füßen vorgeht und wann Magma bereit ist zu eruptieren. Ich persönlich war davon überzeugt, dass ein Ausbruch unmittelbar bevorsteht. Hieraus ist inzwischen eine Mittelbar geworden. Geologische Ereignisse haben ihre eigene Zeitskala.

Island: Atempause für Grindavik

Nur wenige Erdbeben am Dyke – Experten entwickeln Notfallpläne für Kampf gegen Lava

Heute Nacht wurden seit Mitternacht nur 90 Erdbeben entlang des Dykes bei Grindavik detektiert. Ihre Anzahl hat weiter abgenommen. Rückläufig ist auch die Bodenhebung bei Svartsengi, die ungefähr auf die Werte zurückgekehrt ist, wie wir sie vor dem 10. November sahen. Ob es ein langfristiger Trend ist oder nur eine kurze Verschnaufpause, werden die nächsten GPS-Messugnen zeigen.

IMO-Wissenschaftlerin Kristín Jónsdóttir meinte in einem Interview mit isländischen Medien, dass die Geowissenschaftler von der Schnelle der Entwicklung des magmatischen Gangs überrascht worden seien. Vielfach wird die Situation mit den Vorgängen am Vulkan Krafla verglichen, der zwischen 1975 und 1984 aktiv war. Allerdings verhält sich jeder Vulkan zumindest in Details anders, so dass man Erfahrungen von dem einen Vulkan nicht 1:1 auf den anderen übertragen kann. Die 1970iger Jahre stehen bei den Isländern gerade hoch im Kurs, denn neben den Krafla-Bränden gab es in dieser Dekade noch einen anderen bemerkenswerten Vulkanausbruch auf Island: 1974 brach auf der Westmännerinsel der Vulkan Eldfjall aus. Er befindet sich auf der Insel Heimaey und bildete sich direkt hinter dem gleichnamigen Fischerort. Lava strömte in die Stadt, schnitt eine Schneise durch sie und drohte die schmale Hafeneinfahrt zu verschütten. Damals nahm man den Kampf gegen die Gesteinsschmelze auf, baute Erdwälle und pumpte große Mengen Meerwasser auf die Lavaströme, um sie abzukühlen. Tatsächlich gelang es zu verhindern, dass die Hafeneinfahrt komplett blockiert wurde. Gestern besichtigten Experten der EU Grindavik, um zu prüfen, ob man im Falle einer Eruption hier ähnlich wie auf Heimaey vorgehen könne.

Wasser spielt auch eine Rolle bei dem Erdbebenschwarm, der sich gestern beim Geothermalkraftwerk Hellisheiði im Osten der Reykjanes-Halbinsel ereignete. Wie oben genannte IMO-Wissenschaftlerin meinte, würden die Beben dort nicht natürlichen Ursprungs sein, sondern durch eine Wasserinjektion in den Untergrund hervorgerufen werden. Offenbar pumpt man große Mengen Wasser in die Bohrlöcher am Kraftwerk, um Erdwärme zu gewinnen. Das löste gestern Abend sogar noch ein Erdbeben M 3,4 aus.

Island: Schwarmbeben im Osten von Reykjanes

Schwarmbeben im Hengil-System – Spalten in Grindavik werden verfüllt

Heute Morgen gab es einen kleinen Erdbebenschwarm im Osten der Reykjaneshalbinsel. Es manifestierte sich in der Nähe eines weiteren Geothermalkraftwerks nahe Reykjavik, das auf den Namen Hellisheiði hört. Es liegt in einem Areal, das zum Spaltensystem Hengill gehört, das genaugenommen zwischen Reykjanes und Südisland liegt.

Darüber hinaus gab es weitere Erschütterungen im Bereich des magmatischen Gangs bei Grindavik. Wie IMO berichtet, gab es gestern rund 650 Erdbeben dort, was deutlich mehr ist, als man anhand der Erdbebentabelle auf der Website der isländischen Wetterbehörde hat ablesen können. Das Seismogramm, das ich in dem Bericht von gestern Abend veröffentlicht habe, deutete sowas an. Zwischen Mitternacht und den frühen Morgenstunden wurden 300 weitere Erdbeben registriert. Gegenüber der Hochphase der seismischen Aktivität mag das wenig erscheinen, doch immer noch kann man von einer regen Erdbebentätigkeit sprechen, die in ruhigeren Zeiten bereits eine Meldung wert gewesen wäre. Die letzten GPS-Messungen wiesen auf anhaltende Bodenhebung im Bereich von Svartsengi hin, die in den letzten Stunden aber etwas nachgelassen haben soll. Die Ausbruchsgefahr bleibt hoch, auch wenn sich das Risiko für eine Eruption im südlichen Bereich des magmatischen Gangs reduziert hat.

Im Gegensatz zu den Sizilianern am Ätna, die in der Literatur oft für fatalistisch gehalten werden, gibt man sich auf Island kampfbereit. Dort hat man bereits gestern angefangen, die großen Erdspalten, die sich am 10. November geöffnet hatten, mit Schotter zu verfüllen. Sicherlich mehr als nur eine Sicherheitsmaßnahme, um zu verhindern, dass neugierige Journalisten in die Spalten stürzen: Kaum wurde die Gefahrenstufe etwas reduziert, arbeitet man offensichtlich daran, den Bewohnern der Stadt eine Rückkehr in ihre Häuser zu ermöglichen. Ich finde es toll, da ich Grindavik als Ausgangsbasis zu Touren auf Reykjanes mag, doch aufgrund der anhaltenden Magmenakkumulation unter Svartsengi halte ich allzu viel Optimismus für verfrüht. Aber wie ich die Isländer einschätze, kehren die Anwohner auch nach Grindavik zurück, wenn sich weiter nördlich eine Eruptionsspalte öffnen sollte.